Kreml- und Putin-Kritiker Nawalny stirbt nach jahrelanger Haft in Strafkolonie

Russlands bekanntester Regimekritiker Alexei Nawalny stirbt mit nur 47 Jahren in einem sibirischen Straflager. Ein befreundeter Journalist spricht von „Mord“, die harten Haftbedingungen ebenso wie Isolationshaft hätten dazu geführt. Nawalny war international als politischer Gefangener anerkannt.

IMAGO
Vor der russischen Botschaft in London haben Anhänger von Alexei Nawalny am 16.02.2024 Blumen niedergelegt

Er galt als einer der populärsten Oppositionellen von Präsident Wladimir Putin: Alexei Nawalny. Nun ist einer der härtesten Putin-Gegner in einem Straflager mit nur 47 Jahren gestorben. Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow spricht von einem „Mord“, es sei Absicht, dass die Haftbedingungen zu Nawalnys Ableben geführt hätten. „Sein Tod in einer Strafkolonie erinnert uns an die Realität des Regimes von Wladimir Putin.“

Muratow war früher Chefredakteur der 2022 verbotenen „Nowaja gaseta“ und gilt heute in Russland als „ausländischer Agent“. Die Anmerkung fällt also nicht zufällig – autoritäre Systeme leben davon, alle paar Jahre ein Exempel an den „üblichen Verdächtigen“ zu statuieren. Eine der bekanntesten Journalistinnen der Nowaja gaseta war Anna Politkowskaja, die 2006 ermordet wurde. Vier weitere Mitarbeiter der Zeitung wurden ebenfalls ermordet.

— Hubertus Knabe (@hubertus_knabe) February 16, 2024

Nawalny wurde mehrfach verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt. Im Jahr 2020 wurde Nawalny Opfer eines Giftanschlags mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe und wurde deswegen in der Berliner Charité behandelt. Die Tat wird dem russischen Geheimdienst FSB zugeschrieben. Nach seiner Rückkehr im Januar 2021 wurde Nawalny sofort festgenommen. Er nutzte die folgenden Prozesse gekonnt aus, um die Herrschaft von Wladimir Putin zu kritisieren.

Danach war er in verschiedenen Straflagern inhaftiert. Im Dezember 2023 galt Nawalny als verschollen. Danach stellte sich heraus, dass der Regimekritiker in die sibirische Jamal-Strafkolonie verlegt worden war. Nawalny wurde vor seinem Tod immer wieder in Isolationshaft gesteckt und schikaniert. Der Anwalt Nawalnys, Leonid Solowjow, wollte den Tod seines Mandanten bislang nicht kommentieren.

Die Bewertungen von Nawalnys ideologischer Position und seinen politischen Ambitionen gehen auseinander. So bewertete der Economist Nawalny 2011 als russischen Nationalisten. Später soll Nawalny seine Positionen revidiert und auch für die tschetschenische Frage Verständnis geäußert haben.

Nawalny galt als einer der bekanntesten Kritiker der Partei „Einiges Russland“, die er als „Partei der Gauner und Diebe“ bezeichnete. So gut wie alle Kundgebungen von Nawalny wurden vom russischen Staat abgesagt oder unterdrückt.

Der Europäische Gerichtshof hatte die Verhaftung Nawalnys als „willkürlich“ bewertet. In nahezu allen Staaten Europas und in den USA wurde er als politischer Gefangener anerkannt. Versuche, eine Freilassung Nawalnys zu erwirken, wurden als Einmischung in interne russische Angelegenheiten abgelehnt. Bundeskanzler Olaf Scholz bewertete den Tod von Nawalny mit den Worten: „Die furchtbare Nachricht zeigt einmal mehr, wie sich Russland verändert hat und was für ein Regime in Moskau regiert.“

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