Christen als Opfer gibt es nicht mehr?

Wie sich die Reaktionen auf die Anschläge von Christchurch und Sri Lanka unterscheiden: In Christchurch war es „rassistischer Terror“ gegen „Muslime“, in Sri Lanka hatten „Betende“ irgendwie einen Unfall.

LAKRUWAN WANNIARACHCHI/AFP/Getty Images

Längst machen sich Leser sarkastisch lustig über deutsche Medien – wenn ein „Mann“ eine Frau vergewaltigt hat oder mit dem Messer sein Opfer schwer verletzt oder getötet, dann hört der „Mann“ in der Regel nicht auf den Namen Karl-Heinz.

Das funktioniert auch auf globaler Ebene: Wenige Minuten nach dem schauderhaften Anschlag in Christchurch waren der Täter als „Weißer“ verortet und die Opfer als „Muslime“, eine korrekte Darstellung. Nach dem Anschlag in Sri Lanka mit über 300 Toten ändert sich die Darstellung: Bundesaußenminister Heiko Maas spricht nicht von „Christen”, sondern von „Betenden und Reisenden“, die in die Luft gesprengt oder zerfetzt wurden.

— Auswärtiges Amt (@AuswaertigesAmt) April 21, 2019

Maas macht das schon „richtig”. Täter und Opfer werden auf Unglücksopfer in einem Verkehrsunfall reduziert, so was kann mal passieren. Hillary Clinton, die nach Christchurch die „globale muslimische Gemeinschaft“ als Opfer sah von „Islamophobie“ und „Rassismus“ und als Täter einen „Superrassisten“ erkannte, twitterte und anonymisiert aktuell die Opfer: In Sri Lanka ist es anonyme Gewalt gegen „Easter-Worshipper“. Bei Barack Obama sind es „Angriffe“ auf ebensolche Oster-Betende, und Theresa May spricht nur von „Gewalt“ und nicht wie in Neuseeland von „Terrorismus“.

Ist ein Mann mit einem Auto, oder ist es gar nur ein Auto gewesen, das in eine Reihe von Oster-Betenden gerast ist? War es nicht eine koordinierte Attacke von islamischen Terroristen, denen in den Kirchen hunderte Christen und in den Hotels weitere Touristen aus christlich geprägten Ländern zum Opfer fielen?

Sprachgebrauch ist kein Zufall. Sprache wird gezielt eingesetzt. Der Anschlag in Neuseeland galt als rassistische Attacke auf die gesamte muslimische Welt – in Sri Lanka nur auf betende Urlauber. Der terroristische islamische Hintergrund der Tat wird ausgeblendet, die Spuren zu den Verantwortlichen werden verwischt.

Terrorattentate
Lieber nur Lamm Gottes
Kaum irgendwo ist die Rede von Christen. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz findet deutlichere Worte: „Die Extremisten wollten Christen absichtlich am Ostersonntag treffen.“ Christen leiden darunter, dass sie keine Schutzmacht mehr haben – Bischöfe schweigen, ihre Regierungen verleugnen die Tat, die Medien machen sie zur Leerstelle. Christen verüben Rassismus, aber werden bei Anschlägen auf Christen per Definition selbst keine Opfer.

Christen als verfolgte Gruppe oder Opfer gibt es nicht mehr. Wenn Opfer erst individualisiert werden, wird die Tat klein, die Bedrohung verschwindet, der Charakter der Tat zum Unfall, der Vorgang verharmlost. Christen als Verfolgte gibt’s gar nicht, obwohl diese Religionsgemeinschaft in diesen Jahren hunderte von Opfern durch muslimische Täter zu verzeichnen hat.

Allerdings – solches „Framing“ funktioniert nicht so, wie die Manipulateure es sich vorstellen. Sie erreichen vielmehr genau das Gegenteil des Gewollten. „Mann“ wird dechiffriert – im Kopf. Die Folge ist dann wirklich undifferenzierte Schuldzuschreibung.

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