Die Ampel sieht keine „Pflicht“ darin, ihre Kernkraftwerke auf Wiederbetrieb zu prüfen

Die Bundesregierung hatte vor einer Woche eine Anfrage abgebügelt, indem sie eine kritische Studie zum Atomausstieg als „irrelevant“ bewertete. Die Fragesteller ließen nicht nach. Die Ampel wiegelte wieder brüsk ab.

IMAGO / Rolf Zöllner
Faktenchecker, alternative Fakten, Faktenverdrehung, Wissenschaftsleugnung und Aufrufe, der Wissenschaft zu folgen: längst ist der Krieg darum entbrannt, ob Blätter im Sommer grün sind und Feuer entzündet wird ob der Frage, ob Zwei und Zwei wirklich Vier ergibt. Dasselbe Lager, dass beständig dazu aufruft, „der Wissenschaft“ zu folgen, macht aus der heterogenen Akademie einen monolithischen Block; zugleich bevorzugt es Studien, die allein die eigene Ansicht bezeugen. Das ist nicht einmal verwerflich, denn auch Akademiker versuchen im wissenschaftlichen Diskurs häufig nicht, die eigentliche Wahrheit zu erfahren, sondern ihre These zu verteidigen. Problematisch wird es, wenn das Wohl und Wehe einer Nation davon abhängt.

In der Energiefrage geht Deutschland nicht nur einen Sonderweg. Es ist dabei zutiefst davon überzeugt, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen und – natürlich – die Wissenschaft auf seiner Seite zu wissen. Und wenn man dies nicht tut, dann – ignoriert man die Studie. Oder wenigstens die Ergebnisse der Studie. So im Fall der Studie der Radiant Energy Group („Restart of Germany’s Rectors: Can it be Done?“), die herausfand: insgesamt acht deutsche Kernkraftwerke könnten wieder ans Netz gehen, sechs davon innerhalb von neun bis zwölf Monaten. „Die Rücknahme des deutschen Atomausstiegs wird von der Öffentlichkeit unterstützt, lohnt sich wirtschaftlich und ist technisch machbar“, so das Urteil der Experten.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré konfrontierte die Bundesregierung damit. Doch die ließ sich nicht irritieren. Ganze fünf Zeilen reichten aus, um die sicherheitstechnische Lage Deutschlands zu erklären. Zitat: „Eine Bewertung der Ergebnisse ist jedoch vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung zur Beendigung der Nutzung der Atomenergie zur gewerblichen Stromerzeugung und des mit dem 15. April 2023 gemäß des Atomgesetzes vollzogenen Ausstiegs irrelevant.“ Nicht einmal für ordentliche Grammatik, geschweige eine richtige Antwort hatte Staatssekretär Christian Kühn Zeit.

Doch die Geschichte hat ein Nachspiel. Denn Kotré ließ dies nicht auf sich sitzen und hakte nach. Das Umweltministerium hatte nicht nur eine ausweichende Antwort gegeben – es hatte im Grunde gar keine Antwort gegeben und dabei das parlamentarische Fragerecht missachtet. Also neuerlich: welche sicherheitstechnischen Einschätzungen des Papiers teilt die Bundesregierungen, welche nicht? Die Antwort der Bundesregierung in Gänze:

Die Frage, welche rein (sicherheits-)technischen Gründe detailliert gegen eine Wiederinbetriebnahme der einzelnen Anlagen sprechen, bedürfte im Einzelnen einer umfassenden Bewertung durch Betreiber, Sachverständige und Behörden. Diese wäre mit erheblichem finanziellen und personellen Aufwand verbunden. Die Durchführung oder Beauftragung einer solchen Bewertung ist angesichts des gesetzlichen Verbots einer Wiedererrichtung und –inbetriebnahme sowie der gesetzlichen Pflicht zum unverzüglichen Abbau der Kernkraftwerke keine Aufgabe der Bundesregierung.

Es stehen acht betriebsfähige Meiler in Deutschland, doch selbst bei einem Blackout würde man diese nicht anschließen wollen, ja, man will nicht einmal prüfen, ob man sie anschließen könnte. So und nicht anders ist die larmoyante Abwiegelung zu verstehen.

Für Regenbogen-Zebra-Streifen und andere Projekte steht genügend Geld da, solange es in den Wertekanon der Ampel passt – nicht aber, wenn es um die Prüfung der Energiesicherheit geht, zu der auch die mögliche Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken gehört. Dafür ist der finanzielle und personelle Aufwand zu hoch. Schließlich ist dies keine Aufgabe der Bundesregierung. Dabei ist es nicht nur so, dass die Bundesregierung nicht weiß, wie der Zustand ihrer Kernkraftwerke ausschaut. Sie will es auch gar nicht erst wissen. Wer keine Fakten geliefert bekommt, muss sie auch nicht bewerten.

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Kommentare ( 59 )

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Diogenes
8 Monate her

„…indem sie eine kritische Studie zum Atomausstieg als „irrelevant“ bewertete(n).“ Stimmt, – für Irre ist diese Studie ohne Zweifel nicht relevant. Es bedarf nicht mehr des geringsten Beweises, daß wir es mit einem moralisch verbrämten Glaubensbekenntnis zu tun haben, dessen Reichweite und Verbreitung existenzvernichtetende Ausmaße angenommen hat. Es gibt kein Land auf diesem Globus, das, wenn es sich das wirtschaftlich leisten kann und nicht von der Natur in nur ganz seltenen Fällen von natürlicher, unbegrenzter Energie übermäßig beglückt ist, – nicht mit der effektivsten (!) aller Energiequellen, der Atomkraft, seine Existenz aufrecht erhält. Bei der Gelegenheit muß man immer wieder… Mehr

Chris Friedrich
8 Monate her

Kein Geld für eine existenzielle Prüfung. Aber Hunderttausende für Visagisten und Star-Fotografen herausschmeißen, dafür ist Geld da. Dabei nützt es nicht die Bohne, wenn ich mir so manchen teuer gestylten Politiker*:-;@ innen ansehe. Und natürlich für ein kleines, bescheidenes Kanzleramt.

Moses
8 Monate her

Die laute fanatische Ignoranten haben immer nur eine alternativlose Meinung. Sollten solche an die Macht kommen, sind sie extrem gefährlich, sie verspüren dann einen unbändigen Wunsch, die Welt neu umzuformen.

Eberhard
8 Monate her

Widersinnig wie vieles in der linksgrünen Philosophie. Der Kanzler selber leitete die Zeitenwende ein und alle in der Ampel nutzten sie. Fortlaufend werden seit und durch die Ampel Ansichten und Gesetze geändert oder durch neue ersetzt. Damit wurde und wird noch vieles über Bord geworfen, was vorher absolut unumstößlich. Warum soll dann ausgerechnet jegliche Diskussion oder überhaupt Nachdenken über die Verbesserung unserer derzeitigen Energieproblematik mit vorhandener Kernkraft „irrelevant“ sein?

Eberhard
8 Monate her

Hier werden ganz eindeutig und aus rein absurden ideologischen Gründen enorm wichtige und dringend notwendige Aufgaben von einer dafür zuständigen Regierung abgelehnt. Ist sie doch verantwortlich, auch für Notsituationen entsprechende Vorsorge zu treffen. So hat sie dafür zu sorgen, dass auch in einer Notsituation oder eintretenden Ernstfall die Versorgungssicherheit in hohem Maße gesichert bleibt. Engpässe durch einseitige Abhängigkeiten auf allen Gebieten, hier besonders der Energieversorgung, gehören zu den kritischsten Problemen in Notsituationen. Das sollten eigentlich die Erfahrungen seit Pandemie und Ukrainekrieg eindeutig belegen. Nicht nur, dass die Ampel mehr und mehr unsere Wirtschaft an die Wand fährt und damit unseren… Mehr

Werner Geiselhart
8 Monate her

Auch hier gilt der weise Spruch des großen Denkers Dieter Bohlen: Wie macht man Bekloppten klar, dass sie bekloppt sind.
Grünlinke Ideologen sind unfähig, ihr vorgefasstes Denken einem Realitätscheck zu unterziehen und dessen Ergebnisse anzuerkennen.
Mir ist kein Gebiet bekannt, in dem die deutschen Grünen von ihrer jahrzehntealten Programmatik abgewichen sind, wo sie dazugelernt haben. Wenn das passiert ist, dann versehentlich, siehe die fanatische Befürwortung der gentechnischen Covid-Impfung, obwohl sie Gentechnik in jeder Form nach wie vor katagorisch ablehnen.
Ein (w)irrer Haufen von gefährlichen Phantasten.

Kaltverformer
8 Monate her
Antworten an  Werner Geiselhart

Die Grünen waren auch gegen ISDN 🙂
Von der Magnetschwebebahn fang ich gar nicht erst an, denn die haben sie erfolgreich torpediert.

Or
8 Monate her

Ganz ehrlich TE, wundert euch dieses Verhalten.
Was diese Bundesregierung vom Bürger hält, hat sie ausgiebig mit der Ernennung einer Antidiskriminierungsbeauftragten Ataman bewiesen, die das indigenen Volk abgrundtief hasst.

Nämlich im besten Fall: Nix !

Last edited 8 Monate her by Or
AnSi
8 Monate her

Heute in der Welt „Strom und Gas würden bei Ende von Energiepreisbremsen teurer“. Ach was!? Na und! Da gibt es tatsächlich Kommentare, die es GUT finden, wenn man 30 Cent/kWh zahlt (die Preisbremse gibt es ja „erst“ ab 40 Cent). Gagaland hat ja kein Stromproblem. Hat so ein Grüner gesagt und die wissen ja Bescheid! 😉
Ich greife mir da an den Kopf! Wir zahlen 6 Cent. Aber bei uns kommt der Strom ja auch aus dem bösen AKW. Zehohzweiarm! Ohne Preis-Bremse! 🤣

Last edited 8 Monate her by AnSi
Retlapsneklow
8 Monate her

Wenn sich die Parlamentsmehrheit über Parteigrenzen hinweg für den Wiederbetrieb der KKWs entscheiden würde, was angesichts der Lage nicht ausgeschlossen werden kann, wäre dies für die Grünen so wenig tragbar, dass sie die Koalition verlassen würden.

Delarue
8 Monate her

Momentan läuft es noch ganz gut,für die Realitätsleugner.
Für die gibt es aktuell kein „Wahr oder unwahr“ mehr, sondern „Gut oder Böse“.
Deswegen machen dort auch so viele mit: Ein niedriger IQ reicht aus.Man muss nur fotogen sein.