Mit der Verteidigung seines Amigos Weimer hat Bundeskanzler Friedrich Merz in ein fallendes Messer gegriffen und die Skandale um Weimer zu seinen eigenen gemacht. Während er Weimer in der ARD verteidigt, wird dieser im ZDF verhackstückt und vom einstigen Weimer-Verteidiger FAZ filetiert.
picture alliance / dts-Agentur, M. Popow - Collage: TE
Friedrich Merz hat sich entschieden: Er stellt sich nicht nur an die Seite von Wolfram Weimer. Er macht dessen Version der Dinge zur offiziellen Linie des Kanzleramts. Damit hat er sämtliche Verfehlungen seines guten und langjährigen Freundes, den Merz ins Amt gehievt hat, in die eigene Arena verlagert. „Die Vorwürfe, die gegen Wolfram Weimer erhoben worden sind, haben sich alle als falsch erwiesen“, sagte er bei der ARD vor laufenden Kameras. Diese Behauptung kollidiert frontal mit dem, was inzwischen dokumentiert, eingeräumt und von Dritten beschrieben worden ist. Die Kritik und die Forderung nach Konsequenzen kommt mittlerweile von SPD über Grüne, AfD, Linkspartei und FDP – was Merz als Kritik von ganz links und ganz rechts zu labeln versucht und damit wiederum seinem Amigo Weimer einen guten Job attestieren möchte.
Das ZDF ist plötzlich kritisch
Einen kurzen Moment später flankt im ZDF bei Berlin Direkt ein knapp vierminütiger Bericht in den lahmen Verteidigungsversuch von Merz: Sämtliche Skandale – von den massiven Urheberrechtsverletzungen beim Weimerschen The European bis hin zu den angebotenen Mont-Blanc-Paketen des Weimerschen Ludwig-Erhard-Gipfels. Fragen des ZDF werden von einem vorbeilaufenden, ins Mikro knuffenden Weimer nicht mehr beantwortet. Der hat nichts mehr zu seiner Verteidigung vorzubringen. Game over.
Einen Tag, nachdem Merz alle Kritik an Weimer für „haltlos“ erklärt, zieht sich nun die FAZ – bislang nicht nachvollziehbar freundlich und die Skandale ignorierend – auffallend scharf von Weimer zurück und gibt dabei Merz noch einen mit. FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube hält fest, was Merz nicht sehen will: „Friedrich Merz findet, alle Vorwürfe gegen Wolfram Weimer, seinen Kulturstaatsminister, hätten sich als falsch erwiesen. Womöglich kennt er sie nicht, wenn er das denkt.“ In einem einzigen Satz sind damit zwei Ebenen markiert: die Distanz der FAZ zu Weimer und die Distanz des Kanzlers zur Realität (die auch der FAZ bis dahin fehlte).
Die FAZ markiert damit den Fall eines Verteidigungsrings im Fall Weimer.
Kaube erinnert zunächst an den Ausgangspunkt der Affäre: „Es fing damit an, dass eine seiner Zeitschriften sich Texte von angeblichen Autoren ohne deren Wissen angeeignet hat und suggerierte, sie schrieben für Weimers Organ.“ Dass darunter „Georg Simmel“ war, „der seit mehr als hundert Jahren tot ist“, ist mehr als eine Pointe – es ist ein Symbol für die Art von Windigkeit, die sich durch das gesamte Geschäftsmodell zieht.
Viele noch atmende Autoren wussten ebenfalls nichts von ihren angeblichen Beiträgen zu The European; der Verlag sprach später von „dokumentierten“ Fremdtexten und bedauerte „fehlende Quellenangaben“. Auf dieser Grundlage zu behaupten, es habe sich „alles als falsch erwiesen“, ist kühn.
Auch beim Ludwig-Erhard-Gipfel liefert Kaube eine Linie, die der von Merz entgegenläuft. Er beschreibt, dass Unternehmen „gegen die Zahlung erheblicher Summen – von 80.000 Euro für Intensivvernetzung war die Rede – Kontakte zu Spitzenpolitikern angeboten“ wurden. Merz sagt dazu, das sei ein gängiges Modell und „da wird nichts verkauft“. Kaube kommentiert trocken, der Kanzler müsse dann zumindest „das Preisniveau erklären“ und stellt die entscheidende Frage: „Ob das Geschäftsmodell auch ein anständiges ist, das für Politik qualifiziert, steht überdies dahin.“ Genau diese Frage blendet Merz systematisch aus. Weimer selbst hat sich mit einem Bauern verglichen, der seinen Hof ja auch nicht aufgeben muss, wenn er ins Bundeskabinett wechselt. Allerdings ist der Bauer noch nicht bekannt, der seine Kabinettskollegen in den Kuhstall stellt und Eintrittsgebühr dafür kassiert, wenn man einem Kanzler beim Ausmisten zuschauen darf.
Nun wird lange darüber gestritten werden, ob so ein Gebaren nur Amtsmissbrauch ist oder ob es schon die Grenze zur Korruption überschreitet. Aber unbestritten sind Weimers Plagiate und Urheberrechtsverstöße so strafbar wie möglicherweise der Bilanzbetrug, der ihm vorgeworfen wird und die Täuschung von Anzeigenkunden über die wahre Größe seines Luftnummern-Medienimperiums. Das eine hat ein strenges Geschmäckle – das andere ist ein klar dokumentierter Gesetzesverstoß des Staatssekretärs, der noch dazu für das Urheberrecht verantwortlich ist. Mehr Ironie geht kaum – und auch, dass er ausgerechnet Texte des bekannten Plagiatsjägers Stefan Weber plagiiert hat.
Erfundene Medienpartnerschaften
Schwer wiegt in Kaubes Text, der unmissverständlich mit einem Titel „Windbeutel Weimer“ die größtmögliche Distanz zwischen FAZ und Weimer bringt, auch die Passage über die erfundenen Medienpartnerschaften. „Merkwürdig war jedenfalls, dass die Weimer Media Group die F.A.Z. als Medienpartner einer ihrer Konferenzen auf deren Internetseite bezeichnete“, schreibt er. „Denn diese Partnerschaft war erfunden, eine weitere Windbeutelei der Firma des Ministers.“ Damit ist ein zentraler Baustein der Weimer-Selbstdarstellung – die Aufladung seiner Formate mit dem Renommee großer Medienhäuser – nicht mehr bloß umstritten, sondern von einem der betroffenen Häuser selbst als Fiktion bezeichnet.
Ähnlich wie die FAZ hat TE darauf hingewiesen, dass auch das Logo des renommierten Londoner Economist nach Anfrage von TE plötzlich verschwunden ist. Offenbar auch ein Fake. Hinzu kommt eine weitere „Luftnummer“, die Kaube dokumentiert: Weimers Behauptung, er habe mit der bayerischen Staatsregierung über eine Art Exil-Außenstelle für Harvard gesprochen. Kaube schreibt: „Auch das eine Erfindung. Bayerns Kultusminister Markus Blume (CSU) zeigte sich wenig amüsiert.“ Damit stehen zwei Dinge nebeneinander: der demonstrative Gestus des großen Vernetzers, der mit Harvard und Staatsregierung jongliert – und die nüchterne Feststellung, dass diese Geschichten allesamt nicht stimmen. Es sind genau solche Punkte, an denen Merz’ Behauptung, alle Vorwürfe seien „falsch“, endgültig ins Leere läuft.
Kaube zerlegt zudem das Bild des „Germanisten“ Weimer, das dieser selbst so gern pflegt. „Wenn Wolfram Weimer sich vor Schriftstellern und Geisteswissenschaftlern wiederholt als Germanist vorstellt, gehört das zum selben Repertoire situationsabhängiger Selbstvermarktung“, heißt es. Er habe Germanistik nur im Nebenfach studiert und „weder jemals etwas zu ihr beigetragen noch etwas anderes über deutsche Literatur geschrieben“ als die skurrilen Sätze seines „konservativen Manifests“. Der FAZ-Herausgeber hält fest: „Weimer kennt die Sachen eben oft nur vom Hörensagen, zitiert gern falsch und ohne Anführungszeichen, bewegt sich aber in einem Milieu, in dem er damit durchkommt.“ Das ist das Gegenteil eines Persilscheins.
Besonders vernichtend fällt die kulturpolitische Zwischenbilanz aus. Über Weimers Amtsführung schreibt Kaube: „Weder in Sachen Restitutionsgesetz noch in der Frage der Finanzierung der Bayreuther Festspiele, noch auch in Bezug auf die Nürnberger NS-Kongresshalle ist seit seinem Amtsantritt vor sieben Monaten irgendetwas von Belang geschehen.“ Er fasst zusammen: „Er interessiere sich nicht, heißt es von Nahestehenden.“ Vereinbarte Gespräche würden kurzfristig abgesagt, Finanzierungszusagen zurückgezogen, eine kulturpolitische Agenda sei nicht erkennbar. Am Ende steht das Urteil: „Auf der Habenseite von Wolfram Weimer stehen bislang vor allem Redensarten und in eigener Sache Ausredensarten.“
All das steht nun schwarz auf weiß – nicht bei einem „rechten Nischenportal“, nicht bei Bloßstellungsjournalisten, sondern bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, deren Name die Weimer Media Group bisher gern in ihre Glanzfolien einsortierte. Wenn der Kanzler im gleichen Moment erklärt, alle Vorwürfe hätten sich „als falsch erwiesen“, stellt sich nicht mehr nur die Frage nach der Informationslage, sondern nach der Absicht. Entweder Merz kennt diese Punkte tatsächlich nicht – oder er hält es für politisch opportun, so zu tun, als gäbe es sie nicht. Aber schon sind wohl Staatsanwälte am Werk, eine Compliance Untersuchung der bayerischen Staatsregierung und jede Menge privater Anwälte, die Merz belehren können.
Das fallende Messer
Für Merz gilt dabei dieselbe alte Weisheit, die jeder Börsianer kennt: Greif nicht in ein fallendes Messer. Im Fall Weimer ist das Messer längst im freien Fall – staatsanwaltschaftliche Vorprüfungen, Unterlassungserklärungen, erfundene Medienpartnerschaften, öffentlich dokumentierte Hochstapeleien und Erfindungen. Merz hat mit beiden Händen in das Messer gegriffen. Wer in dieser Lage vor laufender Kamera behauptet, es sei im Grunde nichts dran, kettet das Schicksal des eigenen Amtes an die Standfestigkeit eines Staatsministers, dessen Bilanz selbst eine ihm bislang gewogene FAZ als „äußerst bescheiden“ bezeichnet.
Merz hätte die Möglichkeit gehabt, sich Zeit zu verschaffen: unabhängige Prüfung, transparente Aufklärung, ein klares Signal, dass das Amt des Kulturstaatsministers wichtiger ist als die Person, die es derzeit innehat. Stattdessen versucht er unbeholfen wie ein Pennäler, die Debatte für beendet zu erklären, während die Faktenlage täglich dichter wird.
Je weiter der Fall Weimer voranschreitet, desto weniger steht nur noch der Staatsminister zur Disposition. Mit jeder demonstrativen Loyalitätsbekundung macht der Kanzler den Skandal ein Stück mehr zu seinem eigenen. Und am Ende tötet Spott. Fast das komplette Kabinett Merz/Klingbeil hat mit Weimer am Tegernsee gekuschelt und gemauschelt. Was wollt ihr uns noch über „Werte“ erzählen, bitteschön?
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Es ist eine relativ kleine Affäre – Röper grübelt, wie weit westliche Politiker an den Mega-Affären des Banderastans beteiligt waren? https://anti-spiegel.ru/2025/wie-tief-sind-fuehrende-vertreter-des-westens-in-den-ukrainischen-korruptionsskandal-verwickelt/ Laut Artikel wurden viele Westler mit Aufsichtsratsposten der Ukro-Staatskonzerne versorgt. Auch in dem Energiekonzern der ersten Affäre, wo sogar der Finanzchef aus dem Westen kam – dem das Klauen von 100 Millionen kaum entgehen konnte.
Seit den ersten Ermittlungen von Alexander Wallasch und schließlich Apollo-News ist so viel Zeit vergangen – so ist nach dem Vorbild Scholz Aussitzen angesagt. Die Kontaktanbahnung mit Politikern scheint seit MP Rüttgers nicht aus der Mode gekommen zu sein – nach Merzels Verteidigungsrede für Weimer wohl auch andernorts nicht unüblich. Mal recherchieren was sich da andere Blätter erlaubt haben… Kommt daher das beredte Schweigen der Mainstream-Verlagshäuser?
Weimer wird vorerst im Amt bleiben, da der Skandal künstlich aufgeblasen wirkt und lediglich ein Skandälchen ist.
Merz wird seine Position so lange er kann besetzen und dann klammheimlich verschwinden. Er hat gar kein Interesse an seinem Image oder dem Image der Partei (Ist ja sowieso im Keller) und auch nicht am Land. Warum sollte es ihn also kümmern welchen Amigos er unter die Arme greift? Deutschland ist bald weg, seine Kumpanen werden bleiben.
Sich darüber Gedanken zu machen, kann nur in absoluter Verzweiflung enden.
Der Kanzler hat bestimmt noch so veraltete Begriffe wie „Freundschaft“ oder „Loyalität“ im Kopf. Das wird ihm nochmal den Hals brechen.
Ich denke Weimer sitzt im Kanzleramt und grübelt den ganzen Tag darüber nach, wie er sein Käseblatt und sein Forum vermarkten kann .. so manches Telefonat und manche EMail wird wohl über die Kommunikation des Amts laufen – in jeder Firma der freien Wirtschaft sofort ein Kündigungsgrund. Buddy Merz schaut zu und will nix wissen. Kurz: beide korrupt und sind sofort auszutauschen. Dass das nicht zur Vertrauensfrage führt bedeutet, dass alle SYSTEMPARTEIEN mittlerweile vom Berliner Schlendrian korrumpiert sind und man diese nicht mehr als Demokratisch legitimiert betrachten sollte, sondern eher als Vorstufe zur „Parteiendiktatur“. Die Lüge von der bösen AfD… Mehr
Ich kann es nur immer wiederholen: Merz hat eine politische Instinktlosigkeit, die ist kaum zu toppen.
Man fragt sich ständig, wer sind seine Berater, welche Informationsquellen benutzt er überhaupt? Ich könnte ihm aus dem Stehgreif 20 nennen, wenn er diese täglich läse, das würde schon ausreichen, damit er einigermaßen auf Kurs käme. Aber so wird das nichts, er wird scheitern, wie noch kein Kanzler gescheitert ist.
Die Frage, die sich auftut, hat er so schlechte Berater, oder ignoriert er deren Ratschläge? Fast könnte man letzteres vermuten, wie sein allgemeines Auftreten zeigt. Nur meine Vermutung, kann mich ja täuschen.
Sich von diesem zwielichtigen Wichtigtuer und Absahner zu distanzieren und ihm den freiwilligen Rücktritt nahezulegen bzw. ihn zu entlassen, setzen politische Urteilskraft und Rückgrat voraus. Über beides verfügt Merz nicht. Wer es selbst mit der Wahrheit nicht so genau nimmt wie der Sauerländer, wird sich damit schwertun, seinen halbseidenen Wegefährten in die Wüste zu schicken.
Wenn sogar die FAZ von der Fahne geht, sollten für Merz alle Alarmglocken dröhnen. Was macht er? Er stellt seinem Amigo Weimer die allerhöchste Bescheinigung einer völlig weißen Weste aus, bevor Prozesse in diesem Fall, die mit Sicherheit kommen, überhaupt erst angefangen, geschweige entschieden sind. Der Fall Weimer kann ganz schnell zu einem Fall Merz werden bzw. er ist es schon, wenn man seine unqualifizierten Äußerungen richtig einordnet.