Alleinstehender Mann, Single-Frau, schwules Paar mit Kinderwunsch? Kein Problem! Wir schicken eine Kasachin zur Befruchtung nach Zypern, die anonyme Eizellspende kommt nach Wunsch von einer blond-blauäugigen Ukrainerin. Daneben gibt es Praxistipps, wie man deutsches Recht unterlaufen und ein Kind kaufen kann.
An die 60 Leute drängen sich am Samstagmorgen in den kleinen „Regenbogenraum“ der Sartory-Säle in Köln. Ordner bringen zusätzlich Stühle, manch einer muss trotzdem stehen oder setzt sich kurzerhand auf den Boden.
„Ein sicherer Ort, der für Vielfalt, Offenheit und Wissen steht. Besonders für die LGBTQ+ Community gibt es hier wertvolle Informationen zu Möglichkeiten der Familiengründung – von Samenspende bis Leihmutterschaft.“, so beschreibt der Veranstalter den „Regenbogen“-Seminarraum.
Im ersten Vortrag im Rahmen der am 18. und 19. Oktober stattfindenden Messe „Wish for a baby“ soll es darum gehen, wie Leihmutterschaft in verschiedenen Ländern geregelt ist. Eine Informationsveranstaltung. Keine Werbeveranstaltung. Denn Letzteres ist verboten. Theoretisch.
Auf dem Panel, organisiert von einem amerikanischen „Fertility Center“, sitzen vier Menschen, die mit Leihmutterschaft und Eizellspende – beides in Deutschland verboten – ihr Geld verdienen: Eine Ärztin, die Behandlungen durchführt, eine Anwältin, die mit Leihmutterschaft verbundene rechtliche Angelegenheiten klärt, und zwei Männer, die Leihmutterschaftsorganisationen leiten und selbst Kinder durch Leihmutterschaft erworben haben.
Geschlechtsselektion? Ethisch geboten!
Neutrale Information ist angesichts dieser Aufstellung eher unwahrscheinlich. Die Anwesenden – auffällig dabei die Anzahl schwuler Paare – werden darüber aufgeklärt, dass und wie man in den USA, Kanada, Mexiko und Kolumbien Leihmutterschaft in Anspruch nehmen kann. „Wir haben so viele Fälle gesehen. Wir finden eine Lösung für jeden“, sagt Dr. Park, eine kalifornische Ärztin. Mann und Frau, Männerpaare, Frauenpaare, Alleinstehende: Alles kein Problem. Sollten die Kosten in den USA zu teuer sein, kann man die Embryos in den USA herstellen und verschicken.
Brett Griffin-Young erklärt, dass Selektion der Embryonen nach Geschlecht ethisch vollkommen unproblematisch sei. Als es um ein Geschwisterchen für seine Adoptivtochter ging, habe man sich für ein männliches Baby entschieden, weil das Mädchen zu Eifersucht neige: Eine ethisch gebotene Entscheidung also. Die beiden seien „thick as thieves“ – unzertrennlich, malt er das Familienglück aus.
Später wird es noch ein Seminar zu „Methoden der Geschlechtsauswahl“ geben. „Präimplantationsdiagnostik (PGT) ermöglicht eine nahezu 100%ige Genauigkeit bei der Auswahl des gewünschten Geschlechts. Erfahren Sie mehr in unserem Vortrag und starten Sie Ihre Reise zum Elternsein!“, heißt es auf der Homepage.
Verharmlosung und Idealisierung der Auswahl von Kindern nach Geschlecht. Eine diskriminierende Praxis, die in Europa aus gutem Grund verboten ist: In vielen Kulturen besteht bereits ein signifikantes Übergewicht an Geburten von Jungen, weil Mädchen gezielt abgetrieben werden. Viel weniger unethisch ist es da doch, der Adoptivtochter Herausforderungen zu ersparen, die ihrer Persönlichkeitsentwicklung womöglich zugute kämen.
Familienidyll ohne Mutter
Viele verlassen das Podiumsgespräch vorzeitig. Denn nebenan beginnt bereits der Vortrag „Leihmutterschaft Basiswissen: Wo fange ich an – Dein Weg und Unterstützung“. Hier erklärt Tobias Devooght vom „Feel e.V.“ konkrete Schritte zum Kind. Begleitet von seinem kleinen Söhnchen, Familienidylle ohne leibliche Mutter, aber ganz transparent und damit unproblematisch. Vor dem Kind wird schließlich nichts verheimlicht.
„Wie finde ich das zu mir passende Land?“, „Wie ist der allgemeine Ablauf?“, „Wie treffe ich informierte Entscheidungen?“. Konkrete Anleitungen, um deutsches Recht zu unterlaufen.
Warum man denn eine Eizellspende brauche, fragt eine Besucherin. Die Antwort ein wenig gedruckst. Weil die Eizelle ansonsten genetisch mit der Leihmutter verwandt wäre. Das wäre psychologisch ungünstig. Denn die Leihmutter soll ja eine gewisse Distanz zur Schwangerschaft aufbauen.
Unverblümt wird erklärt, worauf man achten soll, um das illegale Verfahren der Leihmutterschaft in einem anderen Land durchführen zu lassen, und die Elternschaft in Deutschland anerkennen zu lassen.
Leihmutterschaft für alle
Auch auf der Ausstellerfläche sind Leihmutterschaft und Eizellenspende die bestimmenden Themen. Von 45 Ausstellern widmen sich 17 der Eizellenspende, 23 der Leihmutterschaft, darunter ein Versicherungsanbieter und drei Anwaltskanzleien.
Darauf folgt In-Vitro-Fertilisation, die etwa in Tschechien oder im Baltikum kostengünstiger ist als in Deutschland. Natürliche Reproduktionsmedizin, Adoption (drei Aussteller) oder Coaching (immerhin acht) fristen ein Dasein als Randangebote, mit kleinen Ständen, vorrangig im Eingangsbereich.

Besonders im Fokus: Gleichgeschlechtliche Paare. „Family building for LGBTQ+“ verspricht eine Ärztin, „Same Love Surrogacy“ wirbt zwar mit dem Bild einer klassischen Familie, verspricht aber ebenfalls Kinder für Paare jedweder Zusammensetzung. In Kanada können übrigens auch drei oder vier Personen als Eltern eingetragen werden.
Es wird kein Hehl daraus gemacht, dass das kinderlose heterosexuelle Paar nur Alibi-Adressat ist. Es ist unter den Messbesuchern, zumindest am Samstagvormittag und Sonntagnachmittag, unterrepräsentiert.
Keine Mutter – oder gleich drei?
„Sind Sie Single? Dann ist Griechenland perfekt für Sie. Wir arbeiten mit ukrainischen Leihmüttern. Um die Eizellspenderin auszuwählen, legen wir ihnen Fotos vor, und Sie können eine aussuchen. Das machen wir so lange, bis es wirklich ein Match gibt. Wenn Sie zum Beispiel wollen, dass ihr Kind aussieht wie Sie …. Das Rechtliche regeln wir, und Sie stehen dann auch auf der Geburtsurkunde.“ Eine Frau, die das Kind nicht geboren hat. Die mit dem Kind nicht einmal verwandt ist. Das hat dafür drei Mütter: Die oftmals anonym bleibende Eizellspenderin, die Gebärerin. Und die Käuferin. Bestellt ein alleinstehender Mann das Kind, ist der Mütterüberhang folgerichtig geringer.
Dafür werden Embryonen und Frauen durch die Welt geflogen, von den USA nach Großbritannien, von der Ukraine nach Griechenland, von Kasachstan nach Zypern. Dafür werden Embryonen produziert, selektiert, eingefroren, und nach fünf oder zehn Jahren „eliminiert“, wie eine Beraterin nach mühsamer Suche nach dem passenden Wort ein wenig verschämt mitteilt.

Kostenpunkt: Zwischen 50.000 und 200.000 Euro. Am teuersten ist es in den USA. Ein Versicherungsanbieter ist darauf spezialisiert, Kinder, die in den USA geboren werden, zu versichern – damit die medizinischen Kosten nicht aus dem Ruder laufen.
„Kann man die amerikanische Staatsbürgerschaft denn auch wieder loswerden?“, wird im Seminar gefragt. Bei der gegenwärtigen Regierung… aber die kann sich ja auch wieder ändern. Probleme gibt es etwa bei der Einrichtung von Sparkonten für das „amerikanische“ Kind. Aber auch da gibt es „Mittel und Wege“, sagt Devooght vom Feel e.V.
Geld ist hier eine unangenehme Nebensache. Die verbalen Strategien scheinen gut erprobt: Die Frauen werden nicht bezahlt, sie erhalten eine Kompensation.
Ein „altruistischer“ Akt. Für manche Leihmütter ist es, so Devooght, ein „Lebenstraum“, Kinder für andere Leute zu gebären.
Produkt defekt? Dann wird abgetrieben
Und diese Kinder unter bestimmten Umständen dann eben auch wieder abzutreiben: Darauf angesprochen sagt einer der Agenten, man könne eine Frau nicht „packen und dazu zwingen“, aber bei Vertragsabschluss würde darauf geachtet, dass sie „offen dafür sei“. Es würde in den Vertrag aufgenommen, dass das Kind aus medizinischen Gründen abgetrieben werden kann: Wenn es Mehrlinge werden, aber nur ein Kind erwünscht ist, oder falls sich im Laufe der Schwangerschaft „Komplikationen“ zeigen.
An den meisten Ständen bekommt man nicht nur gefragt und ungefragt Broschüren über das Portfolio in die Hand gedrückt, sondern auch eine Visitenkarte und die Aufforderung, sich zu melden. Meistens gibt es auch Sitzgelegenheiten. Die sind fast immer besetzt: Paare und Einzelpersonen lassen sich beraten, wie man die illegale Dienstleistung anderswo in Anspruch nehmen kann. Man kann auch seine Kontaktdaten angeben – auch das: Eigentlich verboten, schließlich wird hier offiziell nur informiert, nicht geworben. Eine junge Frau fragt, ob sie denn auch Eizellspenderin werden könne. Nein, das sei illegal in Deutschland. Aber sie könne in ein anderes Land reisen, um dies dort durchführen zu lassen. Will sie ihre Kontaktdaten vielleicht gleich dalassen?
Egoismus pur
Die hormonelle Belastung einer Eizellspende? Kein Wort darüber. Die emotionale Belastung für eine Frau, die eben ein Kind geboren hat, und der es umgehend weggenommen wird, während sich ein homosexueller Mann oberkörperfrei mit dem Neugeborenen auf der Brust ablichten lässt, als sei er eine frischgebackene Mutter?
Nicht der Rede wert. Das Trauma des Kindes, unvermittelt von der Frau getrennt zu werden, die neun Monate lang Schutz, Versorgung und Bindung sicherstellte? Kein Thema. Ebenso wenig das Recht eines Kindes auf leibliche Eltern oder überhaupt das Recht des Kindes, aus der liebenden geschlechtlichen Vereinigung zweier Menschen heraus gezeugt zu werden – und nicht hergestellt.
Das Kind ist das Mittel zur Erlangung des angestrebten Lebensglücks und Ware. Ware ist auch der Frauenkörper, sind die Eizellen, die er unter hormoneller Manipulation zur Reifung bringt, sind auch die emotionalen und psychischen Ressourcen der Frauen, die das Kind austragen.
Feministinnen protestieren
Kinderhandel, Menschenhandel, Ausbeutung, Herabwürdigung der Frau zum Materiallager und Inkubator: Vor den Sartory-Sälen protestieren Feministinnen gegen die Messe. Sie hatten bei der Stadt Köln vorgesprochen, und, nachdem das Ordnungsamt die Messe nicht untersagt hatte, einen Eilantrag vor Gericht eingebracht. Das Ergebnis: Ein „Teilerfolg“, sagt Monika Glöcklhofer vom Verein Frauenheldinnen. Den Veranstaltern wurden Auflagen vorgeschrieben, Vertragsanbahnung ist nicht erlaubt.

Genau das aber findet hier statt: Vorvertragliche Kontakte werden etabliert, Informationen bezüglich der individuellen Situation und des konkreten Vorgehens erteilt, Kontaktdaten ausgetauscht.
Ordnungsamt „kontrolliert“ vergeblich
Dies zu überprüfen, ohne sich inkognito auf der Messe zu bewegen, ist vollkommen illusorisch. Schließlich wird kein Betreiber eines Messestands dem Mitarbeiter des Ordnungsamts erzählen, dass er soeben potenziellen Kunden ein Formular ausgehändigt hat, mit dem sie einen Antrag auf die Formalisierung eines Vertrages stellen können. Aber immerhin: Die Stadt wurde sensibilisiert. Glöcklhofer ist davon überzeugt, die Messe im nächsten Jahr verhindern zu können, die jeweils im Herbst in Köln, einige Monate später in Berlin stattfindet.
Gemeinsam mit Frauenheldinnen demonstriert auch die Initiative „Lasst Frauen sprechen“. Deren Repräsentantin Ina Wagner weist wie Glöcklhofer darauf hin, dass die Messe „unter dem Radar“ stattfinde: Gezielte Werbung für die Zielgruppe, keine Außenwerbung; Passanten gibt es in der kleinen Straße, die zum belebten Friesenplatz führt, nur wenige.
Doch davon lassen sich die Frauen nicht abhalten: Sie weisen auf das Unrecht hin, das hier unter den Augen der Öffentlichkeit und doch verborgen angebahnt wird.



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Niemand kennt das genetische Erbe, was man sich dabei einhandeln kann und Adoptionen und Leihmutterschaft kann zum Hochrisikogeschäft werden und da sollte man die befragen, wo es grandios schief gegangen ist. Wer seine eigene Schöpfung kreiert im gemeinsamer Übereinkunft, am besten in einer legitimen Ehe ist immer noch am besten dran wenn was schief geht, was man sich dann selbst zuschreiben muß und keine störenden Einflüsse von außen geschehen und wer nicht fähig ist eigene Kinder zu schaffen, sollte die Finger weg lassen, denn das ist eine weitere Art dem Herrgott ins Handwerk zu pfuschen und kann sowohl den Kindern,… Mehr
Menschenhandel und Menschenproduktion – total unmoralisch, die kleinen Wesen können einem wirklich leidtun. Gut, der Mensch ist schon länger auch eine Ware, das hier aber treibt es auf die Spitze.
Kleiner Reminder: In Köln »regiert« in den letzten Jahren die CDU zusammen mit GRÜNEN und Volt.
Deshalb ist es vielleicht garnicht schlecht, wenn dieser gottlose Verein hinter der »Brandmauer« bei seinen Genossen bleibt.
Jetzt frage ich mich, wann „der Staat“ als Zuhälter groß ins „Geschäft“ einsteigt mit Importzöllen und Steuern.
Da geht doch was? Oder?
Die histrionische Frühgeburt des Wassermannzeitalters, der Augustineremerit und Theologieprofessor Martin Luther, störte sich einst am freien Handel mit Ablässen. Ganz Protestant, war ihm der freie Handel zu wenig „authentisch“.
Unter dem modernen Authentizismusdiktat leidet inzwischen die ganze westliche Welt. Es braucht tatsächlich vor allem die rechte Autorität. Dann lösen sich auch die Fragen nach Kind- und Elternschaft.
„Besonders für die LGBTQ+ Community gibt es hier wertvolle Informationen zu Möglichkeiten der Familiengründung.“ Mir schleierhaft, dass eine solche Veranstaltung hierzulande stattfinden darf. Aber in Zeiten, in denen über die Menschenwürde von Ungeborenen diskutiert wird und Queer ins Grundgesetz aufgenommen werden soll, auch wieder irgendwie konsequent. Und wer sich ein Baby kaufen will, tut’s sonst vermutlich im Ausland.
Ich habe weder vor Putin und Trump , weder vor den Chinesen oder den Nordkoreanern Angst. Angst machem mir die Perversitäten und Verrücktheiten, die der sogenannte freie Westen , nicht müde wird Tag für Tag aufs Neue hervorzubringen. Jetzt also eine Leihmutterschaftmesse . Wie krankhaft ist das denn, selbst kein Kind zu zeugen, aus welchen Gründen auch immer um sich das den Kinderwunsch mit Geld zu erfüllen ! Weit entfernt der DDR genannten Zone Deutschlands , auch nur eine Träne nachzuweinen, aber es gehört zur Wahrheit, dass man mit 18 oder 20 zu Eltern wurde und seine Familienplanung mit Mitte… Mehr
Wer Familie plant, hat die Kontrolle über sein Leben.
Und dieses verloren.
Kinder als „Ramschware“. Wir kommen langsam aber sicher in eine Art „Endphase“ der sogenannten zivilisatorischen Entwicklung. Ich denke aber „da geht noch was“.
Was sagen eigentlich die Amts & Asylgeschäftskirchen, insbes, die sog. „Deutsche Bischofskonferenz“ unter der Fuchtel des besonders woken Bätzing, zu diesem perversen MENSCHENHANDEL?
Apropos, die sog. „katholische“ Kirche überträgt wohl demnächst eine „Queere Messe“ aus St. Anna -oder St. Ander?- aus Münster. Mal sehen, ob das auch so eine lustige „Pornoswhow“ wird, wie kürzlich im SODom zu Paderborn, die ertaunlicherweise keine Konsequenzen aus Rom zur Folge hatte?
Ich hatte heute Morgen im MoMa den Eindruck, dort wurde für dieses Thema geworben – sorry, darüber berichtet. Ich habe nur kurz in den Beitrag hineingesehen, aber das war mein Eindruck.
Tenor: Andere Länder sind viel „liberaler“ als wir, da muss aufgeholt werden, um wieder ein „modernes“ Land zu werden.