Die schwarz-rote Regierung von Friedrich Merz wird am Streit um die Rente zerbrechen: Das glaubt eine klare Mehrheit der Deutschen. Nur die Anhänger der Union wollen das anders sehen. Das ist ein Muster – und ein Problem.
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Das Institut INSA und sein Chef Hermann Binkert sind schon längere Zeit die erste Adresse in Deutschland, wenn es darum geht, die politische Stimmung bei uns zu ermitteln. Die neueste Umfrage der Demoskopen aus Erfurt müsste den Strategen im Bundeskanzleramt und in den Parteizentralen von Union und Sozialdemokraten den Schlaf rauben.
Noch nicht einmal jeder dritte Deutsche erwartet, dass die aktuelle Regierungskoalition das reguläre Ende der laufenden Legislaturperiode erreicht. Nur 29 Prozent glauben das.
Einen so schlechten Wert hatte noch nicht einmal die zerrüttete Ampel kurz vor ihrem unrühmlichen Ende. Dabei steht das Bündnis aus CDU/CSU und SPD gerade erst am Anfang und ist noch keine sieben Monate alt: Erst am 5. Mai 2025 haben die Parteivorsitzenden Friedrich Merz, Markus Söder und Lars Klingbeil den Koalitionsvertrag unterschrieben.
Satte 54 Prozent der Wähler sind sich sicher, dass die Merz-Regierung nicht bis zu ihrem geplanten Ende 2029 hält. Jeder sechste Befragte macht keine Angaben, das sind 17 Prozent.
CDU-Wähler tanzen aus der Reihe
Die allermeisten Bürger erwarten, dass sich die schwarz-rote Koalition am Streit um die Rente zerlegt. Das ist inhaltlich durchaus interessant. In der INSA-Umfrage verbirgt sich aber noch eine weitere Zahl – und die ist für das politische Leben in der Bundesrepublik womöglich sogar noch wichtiger:
Entgegen dem Trend bei allen Deutschen glaubt eine Mehrheit der Unionswähler weiter an ein Durchhalten von Friedrich Merz und seiner Regierung. Genau 56 Prozent der Anhänger von CDU und CSU meinen, dass die Koalition mit der SPD auch noch die verbleibenden dreieinhalb Jahre halten wird.
Diesen Glauben haben die Unionsanhänger exklusiv. Bei den Wählern ausnahmslos aller anderen Parteien erwartet jeweils eine deutliche Mehrheit das vorzeitige Ende von Schwarz-Rot. Nur die Menschen im Lager von CDU und CSU sehen das anders. Oder sie wollen es anders sehen.
Da stellt sich schon die Frage: warum?
Das dürfte zum einen am aktuellen inhaltlichen Hauptstreitpunkt liegen: der Rente. Deutschland wird bekanntlich immer älter. Das heißt auch: Immer mehr Wähler sind entweder selbst schon jetzt im Rentenalter – oder kommen da in absehbarer Zeit hin. Die Rentenpläne der Arbeitsministerin und SPD-Co-Vorsitzenden Bärbel Bas sind in der Gesamtbevölkerung in Wahrheit nicht so umstritten wie bei den jungen Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU, die gerade dagegen rebellieren.
Renten-Frage spaltet Alt und Jung
Das sagt nichts darüber aus, wie sinnvoll diese Pläne sind. Aber ob sinnvoll oder nicht: Sie werden von der mehrheitlich älteren Wählerschaft – auch und gerade bei CDU und CSU – nicht so kritisch gesehen wie von den jüngeren Unionspolitikern.
Eine Zahl zeigt das deutlich: In der INSA-Umfrage halten es 46 Prozent aller Deutschen für richtig, dass immer mehr Steuergeld in die Rentenkasse fließt. Nur 28 Prozent lehnen das ab. Allein bei den (wenigen) FDP-Wählern findet eine absolute Mehrheit es falsch, immer größere Summen aus dem Bundeshaushalt an die Rentenkasse zu überweisen.
Man muss den Befund nicht mögen, aber man kann ihn sinnvollerweise auch nicht einfach ignorieren. In der Rentenfrage ist Friedrich Merz ausnahmsweise einmal dichter an den Wünschen der Wähler als seine Kritiker.
Union lebt von älterer Wählerschaft
Deutschland vergreist demoskopisch. Das ist keine Wertung, sondern eine wertfreie Tatsache. Wir leben immer länger, und wir bekommen immer weniger Kinder. Die Alterspyramide steht längst auf dem Kopf: Statt, wie früher, immer mehr Junge und immer weniger Alte – haben wir immer mehr Alte und immer weniger Junge.
Es ist völlig klar, dass das auch politische Folgen hat.
Vier von zehn Wahlberechtigten sind mittlerweile 60 Jahre oder älter. Schon fast 58 Prozent des Wahlvolkes sind älter als 50. Nur noch knapp jeder siebte Wähler ist jünger als 30. Das sind 15 Prozent.
Und die Älteren sind die letzte echte Bastion der Union.
Bei den Wählern unter 25 gewann die „Linke“ (25 Prozent), bei den Wählern zwischen 25 und 34 lag die AfD (24 Prozent) vorn, ebenso wie in der Kohorte von 35 bis 44 (26 Prozent). Bei der Bundestagswahl 2025 waren CDU und CSU zusammen nur in den Altersgruppen Ü45 (33 Prozent) und Ü70 (43 Prozent) die stärkste Kraft.
In der Gesamtbevölkerung holte die Union insgesamt bekanntlich nur 29 Prozent, die Sozialdemokraten schafften sogar nur 16 Prozent. CDU/CSU und SPD hatten also zwar sehr unterschiedliche Wahlerfolge, was die Prozentzahlen angeht. Sie teilen aber ein bemerkenswertes Detail: Es sind die einzigen Parteien, deren Ergebnisse umso besser werden, je älter die Wähler sind.
Alte Wähler wechseln seltener
Je älter wir werden, desto weniger ändern wir unsere Gewohnheiten. Auch das ist keine Wertung, sondern eine schlichte Tatsache. Es gibt unzählige Studien, die das immer wieder übereinstimmend belegen.
Wir wechseln seltener den Lebenspartner. Wir probieren seltener neue Produkte aus. Wir wechseln seltener die Marken, die wir kaufen. Und wir wechseln seltener die Partei, die wir wählen.
Für die Union hat das ein paar Vorteile – jedenfalls kurzfristig.
Die relative Treue ihrer alternden Wählerschaft bedeutet für CDU und CSU, dass ihre Anhänger beiden Parteien mehr verzeihen. Das war wichtiger Grund für den langen Erfolg von Angela Merkel. Obwohl „Mutti“ so ziemlich alle wichtigen politischen Inhalte versenkte, die CDU und CSU über Jahrzehnte ausgemacht hatten, hielt ihr eine relativ alte Wählerschaft die Stange. Das kann man nun positiv als Treue werten – oder negativ als Starrsinn, Naivität und Unbelehrbarkeit. Aber all das ändert nichts am Ergebnis: Merkel konnte mehr oder weniger machen, was sie wollte, und blieb doch immer Bundeskanzlerin – am Ende 16 Jahre lang.
Ein ganz ähnliches Phänomen deutet sich jetzt bei Friedrich Merz an. Er holte bei der Bundestagswahl 29 Prozent. Dann brach er in Rekordzeit so ziemlich jedes Wahlversprechen, peitschte die größte Schuldenorgie der deutschen Geschichte durch und lieferte die Union auf Gedeih und Verderb an die SPD aus.
Trotzdem erreichte die Union bei der jüngsten „Sonntagsfrage“ von INSA 25,5 Prozent. Klar, das ist weniger als bei der Bundestagswahl. Und ja, den Spitzenplatz hält die AfD mit 26 Prozent. Aber nach allem, was sich Friedrich Merz an Wortbrüchen geleistet hat und nach allen Fettnäpfchen, in die er getreten ist, wirkt die Marke von 25,5 Prozent bei nüchterner Betrachtung doch wie ein geradezu unverständlich stabiler Wert.
Man hat sich oft und lange gefragt, weshalb die Grünen all dem Habeck-Baerbock-Unfug zum Trotz bei den letzten Wahlen immer noch deutlich über zehn Prozent gelandet sind. Die Erklärung, die da am ehesten einleuchtete, war: Das ist der harte Kern der Gläubigen, die immer grün wählen – ganz egal, was passiert.
Es sieht so aus, als gebe es bei der Union etwas ähnliches: einen harten Kern der Gläubigen, die immer CDU oder CSU wählen – ganz egal, was passiert.
Wenn das stimmen sollte, dann wäre doch noch Hoffnung für Friedrich Merz.

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Alles von der überwältigenden Mehrheit der Bürger dieses Landes per freier und geheimer Wahlen exakt so selbst bestellt.
Die CDU-Wähler sind die dümmsten von allen, denn sie unterstützen mit ihrer Wahl eine Politik, die nicht nur das Land in den Abgrund führt, sondern sich auch gegen sie persönlich richtet.
Die Wähler der linken Parteien haben aus persönlicher Sicht rationale Gründe, diese Partei zu wählen: es sind mehrheitlich Einwanderer, Bürgergeldempfänger etc., denen diese Parteien das Vermögen der Deutschen versprechen und Leute aus dem Millionenheer derer, die ihren Job aus Steuermitteln finanziert bekommen und diesen Job vermutlich verlieren würden, wenn linke Ideologien nicht mehr die Politik bestimmen.
Ergänzend könnte man hinzufügen, dass viele oder auch fast dle Mehrheit der Älteren ARD und ZDF-Konsumenten sind, weil sie es immer waren und eben nicht unbedingt aufgeschlossen gegenüber neuen Medien sind, ja sogar vielfach gar keine Ahnung davon haben, dass es sie überhaupt gibt. Diese erschreckende Erkenntniserhält man, wenn man sich im eigenen engen und weiteren Umfeld einmal umhört. ARD und ZDF waren immer die soliden und zuverlässigen Informanten und sind es auch noch. Basta! Und diese Rituale – Tagesschau, Heute– Nachrichten, etc. bestimmen den Abend, und das wird sich auch kaum ändern. Allerdings gibt es auch seit längerem durchaus… Mehr
Dieses kollektive rumgeheule um die Regierung und Kanzler Merz , ist nur noch peinlich . Jeder wusste doch schon vor der Wahl, das Merz niemals ein richtiger Kanzler sein würde , er kann es nicht , was ihm ja schon Merkel attestierte . Jeder wusste auch, das Merz nur mit der SPD oder den Grünen koalieren würde und sich somit in eine politische Abhängikeit von Linksgrün begibt . Jeder hörte auch, das Alice Weidel genau diese Entwicklung immer und immer wieder vorhergesagt , hält Merz und die Union an der Brandmauer fest und koaliert mit der SPD ! Nun ist es so… Mehr
Ein Kanzler, der den Ukrainekrieg noch immer für gewinnbar hält, ist längst zur zentralen Gefahr für uns geworden.
Unser Kanzler denkt in anderen Dimensionen. Wie ein Investmentbanker. So ergibt Gewinn in Zusammenhang mit Ukrainekrieg einen Sinn.
Vor welchen Zuständen die BRD steht, ist wohl den wenigsten klar:
Vor Jahren las ich in einer dieser Illustrierten im Arzt-Wartezimmer ein Interview mit dem jungen Jens Spahn. Dort antwortete er auf die Frage nach seinem Berufswunsch: Bundeskanzler.
Hoffnung für Merz wäre eine Katastrophe für Deutschland. Die starrsinnigen Unionswähler zementieren den links-grün orchestrierten Niedergang unseres Landes
Die Analyse ist nur zum Teil richtig. Sie berücksichtigt nicht, dass sich der Nachtwächterstaat zum Robin-Hood-Staat weiterentwickelt hat. Der Klassengegensatz lautet heute nicht mehr Kapital gegen Arbeit, aber auch nicht Alt gegen Jung, sondern die Klasse der direkt oder indirekt Staatsalimentierten gegen die Klasse derer, die den ganzen Umvertelungszirkus durch ihre Wertschöpfung ermöglichen. Die Politik zielt darauf ab, die Klasse der ersteren, die vom Bürgergeldempfänger bis zum Bundespräsidenten reicht, durch Subventionen (vulgo Bestechung) ständig auszuweiten. Der Feind ist der wirtschaftlich und geistig selbstständige Bürger.
„Nur die Anhänger der Union wollen das anders sehen. Das ist ein Muster – und ein Problem.“
Das habe ich auch in der Vergangenheit bei einigen Autoren des liberal-konservativen Spektrums festgestellt.
Man kann die Realität ignorieren, aber nicht die Folgen der Ignoranz. Das Land geht vor die Hunde und das wird irgendwann spürbar. Deshalb wird auch daran gearbeitet, ein totalitäres Regime zu errichten. Aber die Alten können es aussitzen und hoffen, daß sie tot sind bevor der Absturz passiert. Andernfalls müßte man sich seiner Verantwortung stellen.