Das Ende der DDR erinnert erschreckend an die Situation der Bundesrepublik im Herbst 2025. Dysfunktionale Eliten diskutieren Scheinprobleme, etwa die „Stadtbild“-Äußerungen von Friedrich Merz. Die Menschen, die in diesen Stadtbildern leben müssen, verlieren allmählich die Geduld
IMAGO
Friedrich Nietzsche, im heutigen Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt geboren, drohte in der 1882 erschienenen „Fröhlichen Wissenschaft“: „Wie, wenn dir eines Tages oder Nacht, ein Dämon in deine einsamste Einsamkeit nachschliche und dir sagte: ‚Dieses Leben, wie du es jetzt lebst und gelebt hast, wirst du noch einmal und noch unzählige Male leben müssen; und es wird nichts Neues daran sein … Die ewige Sanduhr des Daseins wird immer wieder umgedreht – und du mit ihr, Stäubchen vom Staube!‘“ Stäubchen vom Staube: Hat man den Zerfall der DDR erlebt, die Verstaubung, das langsame Nachgeben morscher Dielen des Systems, sodass man sich fragt, wann sie brechen, das Regnen durchs Dach, das Zusammenfallen des Hauses, weil die Werterhaltung vernachlässigt wurde, so beschleicht einen heute zum Ende des Jahres 2025 von Tag zu Tag stärker das Gefühl, dass die Drohung Friedrich Nietzsches sich an den Ost- deutschen erfüllt.
Bonjour Tristesse: Unter Ostdeutschen taucht in letzter Zeit immer öfter die Frage auf, ob man sich in der Bundesrepublik nach DDR-Zeitrechnung im Jahr 1988 oder doch schon im Jahr 1989 befindet? Tippt man auf das Jahr 1989, dann folgt auf dem Fuß die Frage, ob im Frühjahr, ob im Sommer oder im Herbst 1989? Natürlich, die ewige Wiederkehr des Gleichen findet stets als Wiederkehr des etwas Anderen statt, dennoch kennt man all die Gefühle, den Zorn, die Resignation, die Melancholie, erinnert sich an das Kopfschütteln, an den Wunsch nach Änderung, nach Aufwachen, weil einem alles als ein nicht enden wollender Albtraum erscheint. Kängurus im Kreisverkehr, schrieb ich 1989. Oder war es doch 1988? In den Iden des Merz ist der Herbst der Reformen kein goldener, sondern ein Herbst Ende November: grau, neblig, kalt, abgelebt. Wie die Natur stirbt das System ab, und man fühlt sich an Dantes „Göttliche Komödie“ erinnert, wo am Eingang des Infernos steht: „Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate!“ – „Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!“ Besser wird’s mit dem Maulhelden aus dem Sauerland nicht kommen.
Willkürlicher Umgang
Als der verbeamtete Lehrer und AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul, der bei der Wahl im September – sehr aussichtsreich – für das Amt des Oberbürgermeisters von Ludwigshafen kandidieren wollte, im August 2025 vom Wahlausschuss aufgrund „Zweifeln an der Verfassungstreue“ nicht als Kandidat zugelassen wurde, erinnerte dieser willkürliche Umgang viele Ostdeutsche an den Umgang der DDR-Obrigkeit mit der Kommunalwahl im Mai 1989.
Damals begann die Friedliche Revolution: Zum ersten Mal fragten Bürger nach, dokumentierten Verstöße. Dabei hatte die Stasi alles gut „abgesichert“, denn, so hieß es in internen Papieren: Es sei zu sichern, „daß die Wahlen nicht am Wahltag durch Vorkommnisse beeinträchtigt werden“. Und: „Wir als Mitarbeiter des MfS müssen aber auch erkennen, daß die Wirkungen der PiD [politisch-ideologische Diversion] und anderer feindlicher Angriffe des Gegners nicht ohne Folgen bleiben.“ Wie hatten doch die rot-grünen Informanten des „Netzwerks gegen Joachim Paul“ im Vorfeld der Wahl im besten SED-Jargon an die Oberbürgermeisterin geschrieben: „Lassen Sie nicht zu, dass Ludwigshafen die erste Stadt Westdeutschlands wird, die einen AfD-Oberbürgermeister und Rechtsextremist ertragen muss. Eine Demokratie darf sich nicht hilflos dem Faschismus ergeben.“ Auch dies erinnert an das interne Stasi-Papier, wo es hieß, dass „auch an die Operative Information gedacht werden müsse“. Die Wahlen hätten so zu verlaufen, „wie wir das wollen“, und es hätten nur die gewählt zu werden, „die unsere Linie vertreten“.
Allerdings funktioniert die Demokratie in der Bundesrepublik noch. An solchen „Wahlen“ wollen die Bürger nicht teilnehmen. Am ersten Wahlgang beteiligten sich folgerichtig nur 29,3 Prozent der 118 000 Wahlberechtigten, an der Stichwahl noch nicht einmal ein Fünftel. 5,5 Prozent machten ihren Wahlzettel ungültig – zum Teil, indem sie den Namen des nicht zugelassenen Kandidaten auf die Abstimmungsunterlage schrieben. Klaus Blettner, der Kandidat der CDU, dessen Partei sich an dem Manöver in Ludwigshafen beteiligt hatte und dessen Nutznießer er nun ist, wurde also von 13,4 Prozent der Wahlberechtigten zum neuen OB gewählt.
Trauriger Blick zurück
Im Juni 1989 hieß es in einer anderen internen Information des mittlerweile beunruhigten Ministeriums für Staatssicherheit: „Auf der Grundlage von am Wahltag im Ergebnis durchgeführter sogenannter flächendeckender ‚Kontrollen‘ der Wahlhandlung und der Stimmenauszählung in einer erheblichen Anzahl von Wahllokalen getroffenen ‚Feststellungen‘ versuchen insbesondere innere Feinde ‚nachzuweisen‘, dass in der gesamten DDR Wahlmanipulationen vorgenommen, zumindest aber in ausgewählten Wahlbezirken die Wahlergebnisse gefälscht wurden.“
Doch nicht die Wahlmanipulationen stellten für das MfS ein Problem dar, sondern dass Bürger die Dreistigkeit besaßen, die Wahlergebnisse infrage zu stellen und zu vermuten, dass die Wahlen nicht korrekt verliefen: „Vorliegende streng interne Hinweise lassen dabei ein stabsmäßig organisiertes und koordiniertes Vorgehen feindlicher, oppositioneller Kräfte … sowie mit in der DDR akkreditierten westlichen Korrespondenten erkennen.“ Ebenso wie heute die Brandmauer-Politiker wusste man damals: „Innere und äußere Feinde zielen auf die langfristige Schaffung von Spielraum für unkontrollierte gesellschaftspolitische Bewegungen und damit auf eine Destabilisierung der politischen Machtverhältnisse …“ Wie behauptete doch
Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz unlängst? „Die AfD stellt nicht nur die Politik der letzten zehn Jahre infrage. Die AfD stellt die Grundentscheidungen der Bundesrepublik Deutschland infrage, so wie sie seit 1949 getroffen worden sind. Sie stellt alle Grundentscheidungen infrage, die auch von uns mitgeprägt worden sind.“ Belege lieferte Merz nicht.
Für alles, was in der DDR nicht nach dem Willen der herrschenden Elite lief, auch für ihre Fehler, existierte ein idealer Watschenaugust, nämlich der Klassenfeind, der „unsere Menschen“ dazu verführte, entweder die Wahlen zu boykottieren oder gegen den gemeinsamen Wahlvorschlag zu stimmen, was beides auf das Gleiche hinauslief. Wer falsch gewählt oder gar nicht gewählt hatte, wurde registriert. Schon wer nur die Wahlkabine aufsuchte, galt als negatives Element. So wie man heute geächtet werden kann, wenn herauskommt oder man sich dazu bekennt, dass man die „Falschen“ gewählt hat.
Heute geht es nicht mehr um den Klassenfeind, sondern, in der moderneren Formulierung von Markus Söder, um „den Systemfeind“. Für Söder ist „ganz klar, dass die AfD nicht irgendein Wettbewerber ist, sondern der Systemfeind“. Würde die AfD verboten, dann wäre der Status quo ante wiederhergestellt: Es existierten nur noch die Brandmauer-Parteien.
Neue „Nationale Front“
Zugegeben, die Brandmauer-Parteien kann man nicht als Nationale Front bezeichnen, jene von der SED kontrollierte überparteiliche „sozialistische Volks bewegung“ aller zugelassenen Parteien und Massenorganisationen, aber der zweite Teil des Namens „Nationale Front des demokratischen Deutschland“ lebt in dem abgeschabten Etikett „demokratische Parteien“ wieder auf.
Ostdeutsche wissen, dass die Inflation des Begriffs „Demokratie“ ein sicheres Zeichen dafür ist, dass selbige schwindet oder nicht vorhanden ist. In der DDR war alles, angefangen vom Namen Deutsche Demokratische Republik, „demokratisch“. In der politischen Kommunikation wie auch in den Stasiakten wimmelte es nur so von „unserer Demokratie“ oder „unserer demokratischen Presse“. Vor dem Mauerbau warnten Schilder die Ostberliner: „Sie verlassen den demokratischen Sektor“. In den Augen der SED, der Einheitspartei aus Kommunisten und Sozialdemokraten, und der Stasi war einzig die DDR demokratisch. Im Westen hingegen herrschten die Hetzer, der Klassenfeind, die Ultras, die Faschisten, die kalten Krieger, die Revanchisten.
Noch am 6. April 1989 gelangte die Kreisleitung der SED im Ministerium für Staatssicherheit intern zu der Einschätzung über den äußeren Feind: „Um von den inneren Problemen abzulenken, verstärkt die CDU ihre Hetze gegen die DDR. Das zeigen die Wahlen in der BRD, wo immer mehr Rechtskräfte Oberhand gewinnen, die CDU verliert und die SPD-Grünen-Bündnisse immer neue Fragen aufwerfen.“
Man selbst hielt sich hingegen für demokratisch, für fortschrittlich oder progressiv, für humanistisch, während jenseits der Mauer die Menschenfeinde fortwährend bei „unseren Menschen“ Zweifel zu säen versuchten. Damals nannte man die Populisten noch Demagogen, meinte aber dasselbe, Volksverführer eben. Denn das Volk zeigte sich leider stets anfällig für die Verführungen durch Faschisten, Militaristen, Agenten der Imperialisten.
„Unsere Menschen“ müssen geschützt werden, deshalb darf man dem Feind keinen Millimeter Raum zugestehen. Ostdeutsche kennen nur zu gut die Sprache, die jetzt wieder auf allen Kanälen benutzt wird, die Sprache der eigenen moralischen Überhöhung und der moralischen Abwertung des anderen, des Klassen- oder „Systemfeindes“, der ständig zu entlarven ist, mit dem keinerlei Gemeinsamkeiten existieren, der mit allen Mitteln bekämpft werden muss.
Die Stasi beschäftigte ein Heer von Mitarbeitern und ein Heer von Informanten, um bei „unseren Menschen“ herauszufinden, wer wer ist, denn es ging um das vom Staat definierte Wir. Oder wie Merz sagte: „Diese AfD ist parteipolitisch für uns ein harter Gegner.
Und den werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln bekämpfen.“ Mit allen „demokratischen Mitteln“, wie die DDR? Walter Ulbricht wollte bekanntlich den Westen überholen, ohne ihn einzuholen. Honecker fistelte: „Vorwärts
immer, rückwärts nimmer“, und war im August 1989 immer noch überzeugt: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ So überzeugt wie Friedrich Merz im August 2025 vom Herbst der Reformen, denn: Union und SPD arbeiten gemeinsam für den Zusammenhalt.
Eine „gute Bundesrepublik“
„Ich bin mir sicher, wenn uns das gelingt, dann werden wir auch der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung klarmachen können: Es geht hier um eine wirkliche, gute Bundesrepublik Deutschland.“ Deutschland müsse ein erfolgreiches Land in der Mitte Europas bleiben. „Ein Land, in dem sich gut in Freiheit, in Frieden, im Wohlstand und mit einem sehr ausgeprägten Sozialstaat leben lässt.“ Ein „sehr ausgeprägter Sozialstaat“ ist allerdings ein sozialistischer Staat. Wer gar nichts kann, muss Phrase können, wobei der Beweis für die Phrase nicht die Wirklichkeit, sondern die nächste Phrase darstellt. Letztlich kommt es aber nicht auf die Überzeugungskraft der Phrase
an, sondern auf den Respekt vor der Repression.
Wieder ist die Stimmung im Land so mies und grau wie zu Honeckers Zeit, genauso groß die Verachtung für die Regierung und der Verdruss über „Propaganda“-Medien, die an die Stelle der Beschreibung der Realität die Realität der Beschreibung gesetzt haben. Sie glauben tatsächlich, dass Wirklichkeit nicht die Gesamtheit dessen ist, was existiert und geschieht, unabhängig von der subjektiven Wahrnehmung oder Vorstellung, sondern das, was sie sagen, schreiben und senden. Stellt man die „Tagesschau“ an, sieht man: Die Studiotechnik ist moderner, nicht aber die Technik der Propaganda, des Framings, der Halbwahrheiten, der assoziierenden Unwahrheiten. Wieder einmal geht es nicht darum, was die Menschen wissen
wollen, sondern darum, was „unsere Menschen“ wissen sollen.
Die Züge fuhren nicht pünktlich, die Infrastruktur brach zusammen. Progressive Lehrer trieben die Schüler am 1. Mai zu Demos wie bis vor Kurzem zu Fridays-for-Future-Demos. Kritik wurde als „rechts“ denunziert, denn „unsere Demokratie“ vertrug keine Kritik. Sie kam ja auch nicht von „unseren Menschen“, sondern war Resultat der politisch ideologischen Diversion (PiD) des Imperialismus, wie es heute eben die „Fake News“ der Populisten, finsterer Reaktionäre wie Trump oder Putin
sind, die die arglosen Bürger verführen. Überhaupt scheinen „unsere Menschen“ willenlose Opfer populistischer Propaganda, rechter Medien, weshalb alle nicht rot-grünen Medien verboten werden müssen. Eine dysfunktionale Elite kämpft mit allen Mitteln um ihr Überleben – und eher geht das Land zugrunde als sie.
Was man in Westdeutschland nach einer langen Erfolgsgeschichte nicht fassen kann oder will, ist in Ostdeutsch- land eine Wiederholung: Man befindet sich in einem System, das zusehends zerfällt. In dem Maße, indem sich der wirtschaftliche Zusammenbruch vollzieht, steigt die Verschuldung. Dass es im Osten nicht zu Firmeninsolvenzen kam, lag nur daran, dass ein Volkseigener Betrieb (VEB) oder eine Produktionsgenossenschaft im Handwerk oder in der Landwirtschaft nicht fallieren konnte. Denn wie könnte ein Staatsbetrieb de facto insolvent werden, solange der Staat nicht insolvent ist.
Nur mit Dumping überlebensfähig
Ohne die von Franz Josef Strauß vermittelten Kredite wäre die DDR allerdings insolvent gewesen. Zwar konnte sie 1989 noch ein statistisches Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent vorweisen, doch implodierte die Wirtschaft. weil sie die drei Hauptaufgaben nicht mehr harmonisieren konnte: die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung, den Schuldendienst insbesondere gegenüber ausländischen Gläubigern und die Investition in die eigene Wirtschaft, die zunehmend vom Weltmarkt abgekoppelt wurde und nur dort konkurrenzfähig war, wo sie zu Dumpingpreisen arbeitete.
Die Produktion zu Dumpingpreisen torpedierte die Verbesserung beziehungsweise auch nur den Erhalt des Lebensstandards der Bevölkerung. Für den Westen zu Dumpingpreisen arbeiten mussten die DDR-Betriebe, weil der Schuldendienst zu gewährleisten war. Man benötigte schließlich fortwährend neue Kredite, um erstens die Versorgung der Bevölkerung zu sichern und zweitens für den Kauf von Rohstoffen, Maschinen und Ausrüstungen, die man nicht selbst produzieren konnte.
So entstand ein Teufelskreis. Das System vermochte seine Widersprüche nicht mehr auszubalancieren. Aus Mangel an Rohstoffen oder an Zulieferungen kam es zur temporären Einstellung der Produktion. Da die Arbeitnehmer nicht entlassen werden konnte und das Instrument der Kurzarbeit nicht existierte, saßen sie untätig herum oder „fegten den Hof“. Schlechte Laune, hoher Krankenstand, auch Apathie waren die Folgen. Dieselbe Misere in der bundesdeutschen Gegenwart: fehlende Perspektiven, steigende Abgaben und Steuern bei immer weniger Leistung, zudem die tiefe Störung des deutschen Selbstbilds, die beste Wirtschaft und die beste Organisation zu haben, wachsendes Chaos durch Fehlentscheidungen der Eliten, Leistung, die sich nicht mehr lohnt.
Die Leute spürten in der DDR spätestens Mitte der 80er-Jahre, dass das System, langsam, aber sicher zusammenbrach. Selbst die Kreisleitung der SED im Ministerium für Staatssicherheit musste in ihrer geheimen Auswertung feststellen: „Trotzdem haben wir noch im internationalen Vergleich einen erheblichen Rückstand. Eine Ursache dafür ist eine zu geringe Modernisierung unterschiedlicher Bereiche und volkswirtschaftlicher Zweige. 18,5 Prozent unserer produktiven Grundfonds sind bereits abgeschrieben, über 20 Prozent sind älter als 20 Jahre. Das entspricht einem Investitionsbedarf von circa 500 Milliarden Mark. Der Anteil der Investitionen lag 1987 bei 9,9 Prozent des Nationaleinkommens. Längerfristig werden aber 20 Prozent benötigt.“ Für das Ministerium trat eine völlig neue Situation ein. Was bisher undenkbar war: Auch die Stasi musste sparen.
Michail Gorbatschow sprach am 8. Oktober 1989 unter vier Augen mit Honecker. Er warnte ihn eindringlich, dass den, der zu spät komme, das Leben bestrafe. Doch Honecker blieb taub. Anschließend hielt Gorbatschow die gleiche Rede noch einmal vor der Partei- und Staatsführung. Honeckers Nachfolger Egon Krenz kommentierte damals die Haltung der beiden Staatschefs gegenüber dem früheren UdSSR-Botschafter in Bonn, Valentin Falin: „Ihrer hat alles gesagt, unserer hat nichts verstanden.“
Man konnte einer politischen Klasse dabei zuschauen, wie sie sich einigelte, von der Entwicklung in der Welt verabschiedete und ihren eigenen Legenden auf den Leim ging. Wenn Merz sagt: „Und darum wird der Meinungskampf mit der AfD und werden die zukünftigen Wahlkämpfe in Deutschland vermutlich allein um die Frage gehen: die oder wir“, erinnert man sich an Erich Honecker. Noch am 19. Januar 1989 prophezeite Honecker, dass die Mauer „in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen“ werde.
Die Ostdeutschen haben vor 37 Jahren schon einmal eine Regierung auf der Flucht vor der Realität beobachtet. Bereits damals stand fest: Die Wirklichkeit ist der Igel, der am Ende immer gewinnt, und die zu Zuschauern degradierten Bürger haben die Kosten des Rennens zu bezahlen.


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Wenn ich durch die Stadt gehe, frage ich mich des öfteren, was mich mehr anwidert, angewidert hat: Das zerfallende Grau von 1989 oder das sanierte Hellbeige, endlos verschmiert mit roten Parolen, die mich wieder an das zerfallende Grau erinnern. Ich bin heute mehr am Kotzen, zumal die roten Parolen wieder materielle Gewalt sind und die Schmierfinken gepampert werden. Die saßen früher im Jugendwerkhof.
Der Hang autokratisch Probleme zu lösen, die sich in der realen Welt durch neue, andere, besser oder schlechtere, bestenfalls ablösen lassen, ist einer gewissen Sorte Mensch, trotz erschreckend drastischer Geschichtsbeispiele, einfach nicht vermittelbar. Ein schönes Beispiel – filetiert von Herrn Somuncu – taz – Kolumnistin Frau Ulrike Herrmann: https://www.youtube.com/watch?v=j9MBGSSTLuw&t=217s
Das erinnert nicht nur daran, das ist Stasi-Arbeit. Die Stasi war nie weg, die ist bei den Linken und Grünen untergetaucht! Und die Stasi half wohl auch Merkel in der Regierung Kohl auf einen Ministersessel und nach Schröder auf den Kanzlersessel. Schröder wollte D nach vorne bringen, Merkel sollte aus Rache die BRD zerstören.
1. Wie man nicht nur an der causa “ Paul“ , auf die Aufzählung anderer, noch deutlich gravierender Fälle kann hier hoffentlich verzichtet werden, erkennt, funktioniert “ die Demokratie“ in Schland bestenfalls noch rudimentär, in bestimmten Bereichen nicht mehr. Im Fall Paul haben die Antidemokraten gewonnen. Dass man um deren Ziel immer noch herumschwurbelt, ist erstaunlich. Die Frage , wer bzw wieviele hier warum was ( nicht) gewählt haben ist irrelevant. Die eigentliche Fragen betreffen andere Sachverhalte als die mehrheitlich akzeptierte Simulation und Inszenierung z.B. von „Wahlen“. Akklamationen des “ Angebotenen“ sind und werden keine Wahlen ieS. . 2. Warum… Mehr
Tolle Analyse des Jetzt im Vergleich mit den letzten Tagen der DDR. Die Frage, die mich als Westler umtreibt, ist jedoch eine andere: was ist nach der Wiedervereinigung schiefgegangen, dass die Bonner Republik mit all ihren institutionellen Strukturen in Gesellschaft und Wirtschaft derart unter die Räder kommen konnte? Wie hätten wir wachsamer sein können? Hätte der Verzicht auf den Umzug vom Rhein an die Spree einen positiven Effekt gehabt?
Klare Zeitzeugenberichte aus der DDR wie dieser sollten dringend mit derselben Vehemenz gesammelt werden, wie man es schon mit denen der NS-Diktatur tat. Denn: Wenn die darin geschilderte Banalität des alltäglichen Horrors verstummt, bleiben für die Nachwelt nur schrille Abziehbilder, die von Agitatoren auch genauso verwendet werden. Ostdeutsche haben eine weltweit einmalige Sicht: Sie erlebten nicht nur den Niedergang eines Systems wie die restlichen Osteuropäer, sondern konnten das Geschehene nicht verklären durch Emigration in den Westen (sie blieben in Deutschland) oder durch Reduzierung des Geschehenen als sowjetische Okkupation (da nur ein Teil Deutschlands sowjetisch besetzt war, nicht das ganze Land).… Mehr
Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich, sagt man. Wer hätte aber gedacht, dass das in diesem speziellen Fall so schnell gehen würde? Ich nicht. Aber der Prozess an und für sich ist eine Konsequenz der menschlichen Natur und kann in der Geschichte der Menschheit immer aufs neue beobachtet werden. Wir können nur erkennen, was geschieht und uns selbst so gut als möglich auf das Kommende vorbereiten, v.a. geistig.
In diesem Sinne wünsche ich allen Mitlesern und der Redaktion gesegnete Weihnachten!
^Sehr gut, Herr Mai ! Die Parallelen, auf die es ankommt, haben vordergründig nichts mit der Art des Systems zu tun. Eine wegen Ideologie (nach Innen und nach Außen), Unfähigkeit, Ignoranz und Unbelehrbarkeit der politischen und in der Folge auch wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und religiösen Elite zugrunde gerichtetes Land ist es, was ein System an den Rand des Kollapses führt. Nicht vergessen – die französische Revolution wurde formal ausgelöst durch die Erhöhung der Brotpreise. Diese Rolle haben inzwischen die Energiepreise übernommen – im Wirtschaftlichen wie im Privaten. Einen Unterscheid gibt es allerdings zwischen der damaligen DDR und der heutigen BRD: es… Mehr
Als gelernter Ostdeutscher würde ich nicht sagen, dass wir uns im Jahr 1988 oder 1989 befinden, sondern eher im Jahre 1953 oder 1961. Das System beginnt sich erst zu etablieren. Und auch der Verweis darauf, dass Wahlen noch funktionieren, weil der Raub der Wahl ja nur noch von 13 Prozent goutiert wird, ist imho ein Sedativa der eigenen Hilflosigkeit. UnsereDemokratie ist davon nicht beeindruckt. Selbst wenn sie rechnerisch nur noch von 0,5 Prozent gewählt werden würden, weil sich 99,5 Prozent enthalten, werden sie sich als legitimiert betrachten und einfach weitermachen. In der BRD ist noch genug Substanz um 50 Jahre… Mehr
Aber der Todeskampf wird viel länger dauern. Immerhin haben wir noch 50% Kapitalismus und der Kapitalstock ist deutlich höher als in der DDR. Wenn der Tod überhaupt eintritt. Selbst Staaten mit ähnlich geringen natürlichen Ressourcen und noch dysfunktionalerer Politik überleben irgendwie. Und vielleicht ist ja Tourismus für wohlhabende Asiaten und Nordamerikaner das künftige „Geschäftsmodell“ Deutschlands und Europas …