Das absurde zweite Impeachment-Verfahren gegen Trump im Überblick

Donald Trump soll nach seiner ausgelaufenen Amtszeit dennoch seines Amtes enthoben werden. Etwas konkret Illegales hat er nicht getan - die Erfolgsaussichten des Verfahrens sind minimal.

IMAGO / ZUMA Wire
Im Washington hat das zweite Impeachment-Verfahren gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump begonnen. In den letzten Tagen seiner Präsidentschaft hatte das US-Repräsentantenhaus Anklage gegen Trump erhoben, das Verfahren im US-Senat, in dem über Verurteilung oder Freispruch entschieden wird, wurde nun unter Biden aufgenommen. Aber eine der wichtigsten Fragen zuerst lautet, ist das Verfahren überhaupt verfassungsgemäß?

Dazu muss man wissen, dass ein Amtsenthebungsverfahren in den USA ein explizit politischer Prozess ist, der keinerlei Einfluss auf eine strafrechtliche Verfolgung nach Amtsende hat. Aus einer Verurteilung im Senat folgt nur die Amtsenthebung und die Option der Ämtersperre auf Bundesebene. Eine Amtsenthebung eines Präsidenten, der das Amt bereits verlassen hat, ist natürlich vor allem symbolischer Natur, die Ämtersperre ist das einzige Element, das in diesem Fall tatsächlich eine reale Auswirkung hätte.

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Die Verfassung selbst verliert kein Wort zum Impeachment ehemaliger Amtsträger, das Argument der Gegner ist damit simpel: Wenn es nicht in der Verfassung steht, geht es nicht. Der konservative Jurist John Yoo etwa argumentiert genau damit und verweist auch darauf, dass nun ein Senator dem Verfahren vorsitzt und nicht der Vorsitzende Richter des Supreme Court – wie für amtierende Präsidenten vorgeschrieben. An einer Stelle interpretieren die Impeachment-Befürworter damit “Präsident” in der Verfassung als ehemaliger Präsident, an anderer Stelle als amtierender Präsident.

Anhänger wie der konservative Ex-Staatsanwalt Andy McCarthy argumentieren hingegen, der Präsident könne sich nicht durch Rücktritt oder Amtsende aus der Verantwortung stehlen, insbesondere wenn die Anklage im Repräsentantenhaus bereits geschehen ist. Sie verweisen auf entsprechende Regelungen zum Impeachment ehemaliger Amtsträger in den US-Staaten vor Verabschiedung der US-Verfassung und der Tatsache, dass dies in der angelsächsischen Rechtspraxis gängig war, etwa im damals prominenten englischen Impeachment-Verfahren gegen den Ex-Generalgouverneur Britisch-Ostindiens, Warren Hastings. Ein solche Impeachment-Möglichkeit sei damit vorgesehen.

Im US-Senat stimmte nun eine Mehrheit dafür, dass Verfahren als verfassungsgemäß zu behandeln, neben den Demokraten auch sechs Republikaner. Jetzt dreht sich alles um den Anklagepunkt. Laut US-Verfassung kann ein Präsident wegen “Verrat, Bestechung oder anderer schwerer Verbrechen und Vergehen” angeklagt werden. Letzteres wird ihm nun vorgeworfen. Das Hauptargument dreht sich darum, dass Trump den Mob seiner Anhänger, der das Kapitol stürmte, angestiftet hat.

Erfolg gilt als ausgeschlossen

Auch hier stellt sich eine grundsätzliche Frage: Hat er mit seiner Rede am 6. Januar eine Straftat begangen? Auch wenn die Rede aggressiv war – freie Rede ist in den USA besonders geschützt. Und er hat nicht zu Gewalt aufgerufen.

Die Grundsatzentscheidung des Supreme Court im Fall Brandenburg gegen Ohio verlangt, zur strafrechtlichen Verfolgung müssten Äußerungen “darauf abzielen, unmittelbar bevorstehende gesetzlose Handlungen anzuregen oder hervorzurufen” und “wahrscheinlich sein, solche Handlungen anzuregen oder hervorzurufen”. Trump verwendete zwar aufgeladene Sprache, rief allerdings in der Rede explizit dazu auf, sich friedlich zu verhalten. Außerdem begannen einige Gewalttaten am Kapitol wohl schon, während Trump noch redete. Sicherlich hat er die Stimmung aufgeheizt. Dass er allerdings zu “unmittelbar bevorstehender” Gewalt aufrief und zusätzlich jedem klar war, dass die Äußerungen zu Gewalt führen würden, dürfte kaum nachzuweisen sein, schließlich schien auch kaum jemand mit der Gewalt gerechnet zu haben

Da das Impeachment am Ende ein politisches Verfahren ist, könnte er theoretisch trotzdem verurteilt werden. Die Entscheidung liegt ganz bei den Senatoren, die als Geschworene agieren. Ihr Urteil kann nicht vom Supreme Court überprüft werden und nimmt kein strafrechtliches Urteil vorweg. Während die Anhänger des Impeachments hier argumentieren, in so einem Verfahren seien niedrigere Hürden als in einem strafrechtlichen Verfahren vor Gericht notwendig, halten dem die Gegner die Gefahr eines Präzedenzfalls zu Ungunsten der Meinungsfreiheit entgegen. Eines der wichtigsten Argumente der Anhänger ist es, dass sich der Kongress als Verfassungsorgan gegen Trumps mögliche Unterlassung, das Kapitol zu schützen, verteidigen muss. Ob Trump die Sicherheitsbehörden aber tatsächlich behinderte, wie gern behauptet wird, und was in der Befehlskette an dem Tag vorging, wurde bisher nicht öffentlich rekonstruiert, bleibt größtenteils im Dunkeln und wurde in der verabschiedeten Anklageschrift nicht behandelt.

Eine Verurteilung Trumps ist am Ende unwahrscheinlich. Bereits jetzt halten nur sechs Republikaner das Verfahren überhaupt für verfassungsgemäß, 17 von ihnen müssten aber für eine Verurteilung stimmen, die nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Das gilt als ausgeschlossen.

Beide Seiten wollen außerdem das Verfahren in wenigen Tagen über die Bühne bringen. Die Republikaner haben keine Lust sich noch ewig mit dem ehemaligen US-Präsidenten zu beschäftigen. Die Demokraten haben unzählige Nominierte für Ämter in Bidens Regierung, die noch auf eine Bestätigung des Senats warten. Am Ende wird Trump sich durch den Freispruch als Sieger präsentieren, und die Demokraten alle Republikaner, die mit Nein stimmen, als Trumps Büttel darstellen. Was die Senatoren von Trumps Verhalten am 6. Januar und dem rechtliche Rahmen auf der anderen Seite halten, wird am Ende kaum jemanden interessieren.

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Kommentare ( 27 )

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Sani58
3 Jahre her

Bei uns läuft das unter Feindbeobachtung. Wer heute mal den DLF gehört hatte, bekommt den Eindruck Trump steht unmittelbarer vor einer langjährigen Zuchthausstrafe. Häme und Hass sind derart offensichtlich, den (Medien) geht wohl langsam der A…äh, Po auf Grundeis.

Der Winzer
3 Jahre her

Die Präsidentschaft von Donald J. Trump war unverzeihlich und muss rückgängig gemacht werden.
So oder so ähnlich würde es wohl eine Dame aus der Uckermark formulieren … .

Thorsten
3 Jahre her

Die Demokraten vergeuden mit diesem Verfahren ihre Resourcen (vor allem Zeit und Personal) und behindern damit ihre Amtsführung.
Das zeigt, dass die ein Racheprozess ist und ihnen das Wohl des Landes zweitrangig ist, geschweige denn die „Wunden zu heilen“.
Da das Verfahren höchswahrscheinlich als Posse enden wird, ist es die nächste Blamage der Democrats …

country boy
3 Jahre her

Impeachment-Verfahren? Eigentlich hätte Trump das Bundesverdienstkreuz verdient. Wenige andere Politiker haben das Intelligenzniveau des deutschen Mainstreamjournalisten so schonungslos offengelegt wie dieser Politiker. Unvergessen sind z.B. die Politshows, für die Sender wie WDR, NDR oder ZDF verantwortlich sind. In diesen in der Tradition von Hexenprozessen stehenden Tribunalen wurde über Trump Gericht gehalten. Die Moderatoren bemühten sich nicht einmal um einen Anschein von Neutralität, sondern spielten sich als scharfe Chefankläger auf. Verteidiger gab es natürlich keine. Dafür aber eine „Diskussions-„gruppe von Lästermäulern, die sich dabei zu übertreffen versuchten, Gift und Galle gegen Trump zu spucken. Wenn also unbedingt ein Impeachment-Verfahren notwendig ist,… Mehr

Kuno.2
3 Jahre her

Es weiß doch Jeder, dass es bei der Amtsenthebung ausschließlich um Trumps dann nicht mehr mögliche neue Präsidentschaft geht. Wobei ich auch glaube, dass Trump die besten Jahre schon gesehen hat.
Jüngere Leute, z.B. Steve Bannon, haben dann sicher eine Chance.

Thorsten
3 Jahre her
Antworten an  Kuno.2

Richtig, ich sehe Ted Cruz (Governeur von Texas) in der Pole Position.
Noch dazu macht er einen verdammt guten Job. Texas ist erschreckend erfolgreich und wird Kalifornien wohl das Wasser abgraben.

Schwabenwilli
3 Jahre her

Die Angst der Demokraten vor Trump muss wirklich riesig sein. Pelosi ist dermaßen von Hass zerfressen, die schnapp noch über wenn das Impeachment nicht durchgeht. Und es wird nicht durchgehen. Trump mag zwar menschlich das allerletzte sein aber beim Lügen fängt es doch schon an, verglichen mit Biden……… Die Reps haben auch Angst, sie haben niemand der bei den Wählern so populär ist wie Trump ist. Würde das Impeachment durch irgendwelche linken Tricks klappen und Trump wäre es verwehrt nochmal anzutreten, würde mit Sicherheit seine Tochter seinen Platz einnehmen, vermutlich gegen Harris und die wird nach den vier Biden Jahren… Mehr

gorbi
3 Jahre her

Etwas ähnliches ist schon mal passiert. Im November 1932 hatten die Nazis deutlich an Boden im Parlament verloren, hielten jedoch noch immer die Macht. Aufgrund der im März 1933 angekündigten Wahl fürchteten die Nazis, die Macht an linksorientierte Parteien zu verlieren. Dann, am Abend des 27. Februar 1933, entflammte der Reichstag. Die Deutschen waren entsetzt darüber, dass man das Parlamentsgebäude angezündet hatte. Ein Mann wurde sofort verhaftet, von dem die Nazis behaupteten, er sei ein Kommunist, der für die linkspolitische Opposition arbeiten würde. Die Deutschen forderten eine Rückkehr zu Recht und Ordnung. Die Nazis agierten schnell und fertigten die „Verordnung… Mehr

Cabanero
3 Jahre her

Es lohnt sich, beim Amtsenthebungsverfahren etwas genauer hinzusehen. Denn es geht überhaupt nicht um den Sturm auf das Capitol und nur marginal um Trump. Beide Seiten führen das (sinnlose) Verfahren, weil sie bisher nicht wissen, wie es ohne Trump weitergeht. Das Verfahren kauft ihnen Zeit und mindert den Phantomschmerz. Die GOP ist gespalten und droht zu zerfallen. Sie besteht längst aus drei Parteien, die einander nicht minder mißtrauen als die beiden großen selbst: dem „Lincoln Projekt“ linksliberaler, meist ostküstenbasierter GOPs, die offen Wahlkampf für Biden gemacht haben. Sie wenden sich an jene früheren Mittelschicht-elitären Wähler, die Trump vergrault hat und… Mehr

LRH
3 Jahre her

Die Amerikaner sind Trump wieder los geworden ! Erdogan Putin Xi Jinping Rohani und Nicolás Maduro beherrschen ihre Länder wie ein Mafiaclan den man nie wieder los wird ! Keiner stört sich daran ! Gegen Trump gab es Talkschau Bashing ohne Ende !

moorwald
3 Jahre her

Es kann auch sein, daß die Demokraten schon weiter denken und eine abermalige Kandidatur Trumps befürchten. So soll er vorher noch ein bißchen beschädigt werden.
Aber die Rechnung wird nicht aufgehen. In vier Jahren werden die Wähler übergenung von Biden und vor allem Harris haben