Ein Mann kommt voran

Entweder stand das Wohl der Gesamtpartei auf dem Spiel oder er musste halt wegen diverser Rücksichtnahmen von unseren eigentlich gemeinsamen Meinungen absehen. Wer im richtigen Augenblick schweigt, bringt es weit.

Doktor Marc-Jan Eumann ist ein gefragter Mann. Er hat einstmals bei den JuSos beschlossen, etwas zu bewegen, dabei die Leiter der Besoldungsgruppen zu erklimmen und den Verzicht auf eine eigene Meinung dabei nicht zu scheuen. Während wir gemeinsam im Landtag in einer Koalition Politik zu gestalten versuchten, erklärte er mir das eine oder andere Mal, warum er in dieser oder jener Situation leider nicht so kritisch sprechen oder gar Wolfgang Clement kritisieren konnte, wie er eigentlich gerne gewollt hätte. Entweder stand das Wohl der Gesamtpartei auf dem Spiel oder er musste halt wegen diverser Rücksichtnahmen von unseren eigentlich gemeinsamen Meinungen absehen. Natürlich immer nur im Interesse eines höheren Ziels, denn, wenn er nicht mehr dabei wäre, würde schließlich alles noch viel schlimmer.

Alle ehemaligen JuSos werden jetzt nicken, denn diese Formulierungen kennen sie von den Genossen, die als Delegierte vom Parteitag zurück kommen und berichten, was beschlossen wurde. Deshalb haben auch welche Mut und andere machen Karriere. Wenn auch nicht hinreichend für die erste Reihe. Aber Doktor Marc-Jan ist flexibel und dafür wurde er oft belohnt. Mit einem Sitz im WDR-Rundfunkrat, einem Sitz im ZDF-Fernsehrat und im Verwaltungsrat des Deutschlandradios sowie im Kuratorium der internationalen Filmschule Köln, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitz im Landtag. Und Hannelore Kraft machte ihn 2010 zu ihrem Staatssekretär für Medien in der Staatskanzlei NRW.

So ein Job ist schließlich keine Halbtagsaufgabe. Trotzdem – ich habe solche Leute immer zugegeben neidvoll bewundert – schaffte er es mit seinem unbändigen Fleiß, trotz Job, Ehe und kleinen Kindern nebenher noch 2011 zu promovieren. Gut, die Arbeit soll, so einer seiner akademischen Kritiker, im Wesentlichen aus seiner Magisterarbeit mit ein paar wenigen zusätzlichen Erweiterungen bestanden haben und der „Doktorvater“ Horst Pöttker soll von der Magisterarbeit nichts gewusst haben, erklärte der später. Die Nicht-Aberkennung von Eumanns Doktortitel durch die Uni habe ihn erschreckt, er fühle sich von Eumann mehrfach getäuscht. Aber ich finde, ohne Fleiß kein Preis und auch Abschreiben bei sich selbst kann schließlich ganz schön anstrengend sein und Zeit kosten, man muss sein eigenes Zeug wieder lesen – dann das Umformulieren von Sätzen und ganzen Passagen – Strafe genug, lassen wir es gut sein.

Und außerdem hat er ja das alles gar nicht gebraucht, um nun den Posten des Direktors der Rheinland-Pfälzischen Landesanstalt für Medien zu bekommen. Der war nämlich gar nicht ausgeschrieben und eines Doktortitels hätte es dafür auch nicht bedurft. Noch nicht einmal Jurist musste man dafür sein. So etwas hat er nur als Medienstaatssekretär in NRW bei der dortigen Landesanstalt für Medien für den Direktor der LfM mit Rot-Grüner Mehrheit durchgesetzt. Verständlich, denn schließlich wollte der dortige, damals amtierende Direktor Brautmeier (CDU) wieder kandidieren, der war aber kein Jurist. Und dass wegen der Unabhängigkeit den Posten niemand bekommen soll, der nicht mindestens achtzehn Monate aus der Politik raus ist, versteht jeder, denn Medien sollen parteifern sein. Das gilt aber beides zum Glück ja nicht in Rheinland-Pfalz. Und deswegen wurde der Doktor Marc-Jan von einer „Findungskommission“ als einziger Kandidat zur Wahl vorgeschlagen und auch gewählt.

Also gewählt ja, aber nicht von allen, denn acht Mitglieder der 42-köpfigen Kommission sind erst gar nicht erschienen und nur 19 von 34 stimmten dann dafür. Aber das macht nichts, denn eigentlich ist eine solche Position ja per se unabhängig und hinter einer solchen Sache böse Parteipolitik zu vermuten, das kann man ja nur von böswilligen Journalistinnen wie Isabelle Klein im Deutschlandfunk erleben, die, wie Doktor Marc-Jan richtig anmerkte, ihm ja nicht einmal zur Wahl gratuliert hat!

Trotzdem setzt er sich für deren Meinungsfreiheit ein, denn die verteidigt er in seiner neuen Position an allererster Stelle. Sogar im Falle von Klein: „wenn das Ihr journalistischer Stil ist, dann nehme ich das gerne hin“, sagte er. Als Kämpfer für die Meinungsfreiheit sitzt der neue Direktor nämlich immer noch gleichzeitig im Verwaltungsrat des Deutschlandfunks. Vielleicht wird das Isabelle Klein in Zukunft noch zu spüren bekommen. Wie er da kämpft. Bevor dies aber geschieht, sollten Sie das entsprechende Interview unbedingt beim Deutschlandfunk nachlesen. Oder besser noch nachhören. (5.12. um 15:46 einstellen) Es ist journalistisch ein Genuss und reif für den Grimme-Preis.


Roland Appel ist einer der Sozialliberalen, die 1982 die FDP verließen. Von 1990 bis 2000 war er Mitglied des Landtages von NRW und ab 1995 einer der beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen. Seit 2000 ist Appel Unternehmensberater.

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Kommentare ( 28 )

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spindoctor
6 Jahre her

Wie Herr Erdogan schon (anlässlich Böhmermann) sagte – das deutsche Staatsfernsehen.
Korrekter hätte es aber geheissen: die deutschen Staatsmedien.

Lars Bäcker
6 Jahre her

Solche Typen braucht (k)ein Land.

asklepion
6 Jahre her
Antworten an  Lars Bäcker

Dummerweise haben wir in unserem Land so viele davon in entscheidenden Positionen.

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Was kassiert der denn jeden Monat dafür? Wer bezahlt ihn?

Dreierbande
6 Jahre her

Herrn Eumann konnte ich während seiner Zeit im WDR-Rundfunkrat ganz aus der Nähe erleben. Verbindlich in den Umgangsformen, manchmal fast lausbubenhaft, hat er immer dafür gesorgt, dass er eine Art „junge“ graue (Nachrück-)Eminenz war. Schön im Hintergrund, aber direkt beim Chef (hier: Vorsitzender des Rundfunkrats). Und gern wurden auch die Annehmlichkeiten, die ihm qua Amt zustanden, für nichtberechtigte Parteifreunde genutzt.

Petra Hansen
6 Jahre her

Mein lieber Scholli, das verlinkte Interview ist wirklich ein Hammer. In mehrfacher Hinsicht. Frau Klein gibt tatsächlich ein winziges Fünkchen Hoffnung zurück, daß zumindest der DLF kein vollständig der Staatspropaganda verpflichteter Sender ist. Und dieser Eumann ist ja ein völlig glattpoliertes, von jeglicher Selbstreflexien befreites teflonisiertes A…h. Der paßt aber sehr gut zum SWF. Ich bin während des Einheitstages durch das Manu-Land gefahren. Also diese a…hkriecherische schleimige Hofberichterstattung war zum fremdschämen…

Jo_01
6 Jahre her
Antworten an  Petra Hansen

Auch ich fand das Interview unter Berücksichtigung, dass es eine DLF-Journalistin führte, nicht schlecht. Aber die Frage sei gestellt: wo sind wir eigentlich hingekommen, wenn ein einzelnes Interview einer einzelnen Journalistin heutzutage schon solche Jubelarien (Grimme-Preis?) zur Folge hat. Die Dame hat ausnahmsweise mal ihren Job gemacht bzw. ihn ernst genommen! Das war bis vor ca. 10-15 Jahren der Normalfall. . Und bitte überbewerte das keiner – der DLF und die weit überwiegende Mehrheit der dort tätigen Journalisten-Darsteller sind entweder selbst ideologisch linksgrün verblendet oder sie verbiegen sich wider besseren Wissens wie der Herr Direktor, um den es im Artikel… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

In anderen Zusammenhängen, weiter östlich und früher, nannte man das Seilschaften. Ist es mehr als ein Zufall, daß zwischen heute und damals nur das „E“ durch ein „P“ ausgetauscht wurde ?
Nur um falsche Gedanken bereits im Keim zu ersticken: Funktioniert natürlich analog in C*U, und den anderen „Altparteien“. Nennt man auch Korruption oder Filz, auch Vetternwirtschaft, od. vulgo: Selbstbedienung. D ist ein Selbstbedienungsladen geworden!

endstadium0815
6 Jahre her

Mit der Stärke und der konstruktiven Nachbefragung der Journalisten wachsen auch die Anforderungen an die Politiker. Das was wir heute in der Summe an Mainstream Journalisten haben bringt auch die Politiker oder Meinungssprecher im unteren Niveau heraus. Mehr solcher mutigen Interviews, auch mit Ministern und der Kanzlerin. Das macht doch eine Demokratie aus wenn sich die Regierenden erklären müssen. Mittlerweile ist es leider wie in einer Diktatur, jeder hat Angst davor bei einer kritischen Meinung seine Existenz zu gefährden. Hätte nie gedacht eine solche Zeit erleben zu müssen. Ich kannte sie nur aus Erzählung und Erlebnissen bei dem Besuch unserer… Mehr

Mathematikerin
6 Jahre her

Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel, Herr Appel, ohne den mir dieses abstossende Musterexemplar der Schamlosigkeit, Verlogenheit und Unverschämtheit glatt entgangen wäre.

Meine Gratulation, Frau Klein, zu dem gelungenen Interview, in dem Sie Nerven, Stil und Medienkompetenz gezeigt haben.

Horst
6 Jahre her

Und wieder ein Mann ohne Eigenschaften.

Generisches Gesicht, keine Meinung. Ideal für die Politik.

asklepion
6 Jahre her
Antworten an  Horst

Das ist systembedingt. Schauen Sie mal einen Herrn Tauber, Altmaier, Gröhe, Frau Ska Keller ectr. an. Der Bundestag/EU Parlament ist bis unters Dach mit solchen Politikern vollgestopft.

Teufelskralle
6 Jahre her

Wenn er für seine Dissertation mehr oder weniger die Magisterarbeit abgeschrieben hat, ist das nicht weiter schlimm. Es wird sowieso nur eine Arbeit sein, die außer ihm und dem Doktorvater kaum jemand gelesen haben wird. Selbst die Mitglieder einer Prüfungskommission überfliegen so etwas nur. Es gibt in Deutschland ganze Berge von Dissertations- und anderen Müll aus den Geschwätzwissenschaften, die auf Nimmerwiedersehen in Bibliotheken verschwinden. Wichtig daran ist nur der Doktortitel als Karrierebeschleuniger im Parteienfilz.

asklepion
6 Jahre her
Antworten an  Teufelskralle

In wiefern die Doktorarbeit von Interesse für das breite Lesepublikum ist oder eben nicht ist hier doch nicht der entscheidende Punkt. Entscheidend ist ob sie gemäß den geltenden Regeln erstellt wurde und Neuland erschließt. Das Letztere ist beim Abschreiben (auch von sich selbst) nun einmal nicht der Fall. Selbst der Doktorvater fühlte sich offensichtlich getäuscht. Ein Aberkennen des Doktortitels wäre also selbstverständlich gewesen. Warum dies nicht erfolgte ergibt sich leider nicht aus dem Artikel.