Von Sankt Martin zum „Singles Day“

Aus dem St.-Martins-Umzug wurde ein Laternenumzug, aus dem Weihnachts- der Wintermarkt, aus dem Heiligen Nikolaus der Coca-Cola-Weihnachtsmann, aus Ostereiern bloße Schoko-Eier, aus dem Reformationstag Halloween. Was an den christlichen Ursprung des Abendlandes erinnert, wird ausgelöscht.

imago images / Xinhua

Da platzt selbst dem Kult-Kolumnisten der Berliner Morgenpost der Kragen! Unter dem Pseudonym „Kasupke sagt … wie es ist“ veröffentlicht er täglich in einem winzigen Kommentar auf der Titelseite in herrlichem Berliner Original-Dialekt seine Gedanken zu aktuellen Ereignissen, „getarnt“ als Taxifahrer. Herrlich! Das einzige Relikt der alten Springer-Zeitung, die längst zur eher linken Funke-Mediengruppe gehört.

Heute nimmt er die Werbung großer Drogerieketten und Medienmärkte aufs Korn und zeigt sich völlig geplättet: Zum 11.11. werben die doch tatsächlich mit Angeboten zu einem ominösen „Singles Day“, der heute angeblich sein soll. Empörend, „weil ick den 11. Novemba nur als Martinstach kenne, an dem man ne jut jebratene Jans isst.“ Und in der Tat: nach der Lektüre spaziere ich durch meinen Berliner Kiez, sehe die durch Polit-Panik traurig geschlossenen Restaurants, zugeklebt mit Absperrband und großen Plakaten: „Martinsgans to go“. Nun bin ich zwar der Überzeugung, dass jene Traditionsgans nicht aus Togo stammt, aber heute weiß man ja nie. Prominente Klimaschützer konsumieren ja am liebsten von weit her Eingeflogenes oder fliegen selber gern Kurzstrecke. Nein, dieses naive, dümmliche Denglisch, die Sprache der Wichtigtuer, geht einem auf die Nerven. Auch ein Thema immer wieder bei „Kasupke“.

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Dennoch: Die Lokale wissen wenigstens, was heute ist und was man da anzubieten hat. Wer weiß, wie lange noch. Auf allen Speisekarten steht heute jene Gans, die uns an den Heiligen Martin erinnert. Der wunderbaren Legende nach versteckte er sich in einem Gänsestall, weil er sich des Bischofsamtes, das man ihm antrug, nicht für würdig hielt (da müssten heute viele Bischöfe in den Stall statt ins Palais!). Doch die Gänse verrieten ihn durch ihr Geschnatter (obwohl es doch die „fruchtbaren Debatten“ des Synodalen Weges oder der aktuell tagenden EKD-Synode noch gar nicht gab).

Also: Jener St. Martin, der seinen Mantel für einen Bettler teilte (und nicht gleich, wie heute von Kanzeln naiv empfohlen, den ganzen gab!), soll heute geehrt werden. Auch mit dem traditionellen und von Kindern heiß ersehnten Sankt-Martins-Umzug. Die bunten Laternen sind Symbol für die strahlende Botschaft der guten Nachricht des Evangeliums von Jesus Christus, das auch von Martin ausging. Diesen Umzug wollte die Linkspartei Nordrhein-Westfalens ja schon einmal allen Ernstes für öffentliche Einrichtungen verbieten lassen, weil so etwas spezifisch Christliches ja wohl nicht mehr in einen modernen multikulturellen Kindergarten passe. Gregor Gysi sagte mir damals: „Kindergarten! Eigentlich müssten sich doch alle Linken nach St. Martin nennen, weil sie doch auch für das Teilen, für Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung eintreten.“

Und so geht alles seinen Gang in einem Land, dass die „Verantwortung vor Gott“ in der Präambel seines Grundgesetzes beschwört. Der kulturelle Verfall im Galopp. Nein, besser: inzwischen in Lichtgeschwindigkeit. Aus dem Sankt-Martins-Umzug wurde ein Lichter- oder Laternenumzug, aus den Weihnachtsmärkten Wintermärkte, aus dem Heiligen Nikolaus der Coca-Cola-Weihnachtsmann, aus Ostereiern bloße Schoko-Eier, aus dem Reformationstag Halloween. Man könnte die Kette endlos fortsetzen. Alles, was an den christlichen Ursprung unseres Abendlandes erinnert, wird ausgelöscht. Gnadenlos. Und wehrlos! Oder kennen Sie irgendein Bischofswort oder eins der C(!)DU, das laut und klar vor dieser Entwicklung warnt?! Stattdessen werben inzwischen viele CDU-(!)-Ortsvereine nur noch fürs „Laternenfest“.

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Heute wäre doch die Gelegenheit, Leben, Wirken und Botschaft von Sankt Martin hervorzuheben und dem kapitalistischen Allotria um den „Singles Day“ eine klare Absage zu erteilen.  Doch selbst protestantische Bischöfe haben keinerlei Interesse, den Reformationstag zu „retten“, erst vor elf Tagen sang- und klanglos begangen. Dabei ist die Botschaft Martin(!) Luthers doch selbst im politischen Raum heute wichtiger denn je: Dem Volks aufs Maul schauen ….  Dieser ganze Corona-Irrsinn zum Beispiel , wie ihn die heutige BILD-Zeitung exakt mit medizinischen Daten belegt, wäre nach Luthers Motto so nicht möglich.

Das Witzige: diese Singles Day-„Tradition“ kommt aus dem China der 1990er Jahre! China! Die Online-Shops lassen grüßen. Auch der Nikolaus ist weithin verschwunden in unseren Breiten. Selbst das liebliche Christkind hat ausgedient. Die heutzutage bekannte Figur des Santa Claus gibt es seit 1931, zum Leben erweckt vom Künstler Haddon Sundblom. Er gab dem Weihnachtsmann seinen freundlichen Gesichtsausdruck, den weißen Bart, und kleidete ihn in Coca-Cola-Rot. Pure Werbung für die inzwischen meist getrunkene Limonade des Globus.

Was der diktatorische Kommunismus nicht schaffte, besorgt der demokratische Kapitalismus: die totale Ausrottung und Kommerzialisierung ehemals christlicher Traditionen. Die Jahresendflügelfiguren von Margot und Erich brachten es nicht fertig, in die deutsche Sprache (und Kultur) einzudringen, geschweige denn nachhaltig zu wirken.  Dafür bedurfte es erst sogenannter Demokratien (Herrschaft des Volkes, und nicht: über das Volk), meist regiert von zwei Parteien mit dem „C“ im Namen, um Holloween, Singles Day oder Lichtermärkte in deutsche Köpfe zu pflanzen. Armes Deutschland.



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Kommentare ( 71 )

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joeiho
3 Jahre her

Ich danke TE und Peter Hahne für alle standhaften und klaren Statements, die sich dem Mainstream entgegenstellen und dabei in Kauf nehmen, dass sie „Feuer“ von vielen Seiten bekommen. Wenn einem dieses unser schönes Land nicht am Herzen liegen würde, müsste man sofort die Sachen packen und dieses verrückt gewordene Land verlassen. Den Regierenden geht es offenbar vor allem um ihren Machterhalt, die Untergebenen bibbern vor Angst vor einem einzigen Virus, und die Kirchenoberen haben statt der Verkündigung der wirklich „Frohen Botschaft“ zu den verschiedenen wunderbaren Anlässen im Kirchenjahr vor allem ihr Schiff im Mittelmehr oder ihre politischen Präferenzen im… Mehr

Robert Tiel
3 Jahre her

Vaehrta Herr Kasuppke, da muss ick Ihnen mal janz dolle wiedasprechen: Der Balina an sich iss keen Katholik, janz im Jejenteil: Der iss als Hujenotte mal vor denen abjehaun. Deswejen jibt et son Quatsch wie Fasching und Maatinsjans und Rabimmel rabammel east, seitdem die Katholischen aus Bonn zujewandat sind. Vorhea jab et ne jut jebratene Jans, also ne jute Jabe Jottes nua an Weehnachten. Also am 25. und 26. Am 24 . jab et imma Würstchen und Kaatoffelsalat. Und am 11.11. hat man sich in Balin ann Kopp jefasst, watt die am Rhein wieda für Fisimatenten machen. Aba nüscht für… Mehr

retneug
3 Jahre her

Martinsgans to go könnte man auch „zum Davonlaufen“ übersetzen

Silverager
3 Jahre her
Antworten an  retneug

Als diese fürchterliche Unsitte aufkam, las ich zum ersten Mal an einer Bäckerei: „Kaffee togo“ und habe doch tatsächlich geglaubt, die schenken jetzt Kaffee aus Togo aus.

Skeptischer Zukunftsoptimist
3 Jahre her

Sie können es wahrscheinlich kaum erwarten, bis der Islam die ganzen christlichen Traditionen und Feiertage endgültig abschafft und seine dann dafür einführt. Da arbeiten sie eben schon mal ein bisschen vor.

Nis Randers
3 Jahre her

„Weihnachts- der Wintermarkt, aus dem Heiligen Nikolaus der Coca-Cola-Weihnachtsmann“
Müsste es nicht „Coca-Cola-Wintermann“ heißen?
oder gar „Coca-Cola-Wintermann/frau/divers“ alternativ „Coca-Cola-Wintermann*in“
Ich bin verwirrt…

Ratloser Waehler
3 Jahre her

Was mir aufgefallen ist: Ich suche seit einigen Wochen nach einem schönen Kalender für das Jahr 2021. Dabei ist mir das Motiv des Monats Dezember wichtig – hier suche ich für diesen Monat etwas weihnachtlich Besinnliches – eine Kerze in einem schönen Farbenszenario würde mir schon reichen. Ich habe bestimmt 50 Kalender angesehen, aber in keinem einzigen ein weihnachtliches Motiv gefunden, meist habe ich eine Winterlandschaft in weiß mit blauem Himmel gefunden (bei einem Kalender gab es auch das Bild einer Sanddüne mit gelben Blumen 🙁 ).. und ich frage mich, ob bei Kalendern auch schon auf Motive, die auf… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Ratloser Waehler
Onan der Barbar
3 Jahre her

Deutschland schafft sich ab, Ungarn und Polen bleiben christlich!

Richard Kaufmann
3 Jahre her

Herzliche Dank, Herr Hahne, für Ihren Artikel. Sie sind ein Überbleibsel aus einer längst untergegangenen Zeit des aufrechten Journalismus. Heute sind die Klebers gefragt, die gerne im Mainstream schwimmen

Auswanderer
3 Jahre her

Für mich sind die Deutschen so in den Jahren um 1927 zurückgekehrt. Die Wirtschaftskrise kommt wieder und dann werden wir wohl wieder den Sozialismus geniessen dürfen, nur diesmal international! Die Industrie war damals auch der Regierung zugewandt, da die als einzige eine glorreiche Zukunft versprach. Im Prinzip alles schon mal da gewesen. Jetzt frage ich mich nur noch wer diesmal der Bösewicht sein wird, den man einsperrt und malträtiert! Im Augenblick glaube ich an den alten weissen Mann. Vermutlich sind die blauen Hemdchen für die Kids schon in China beim Genossen bestellt?

Philokteta
3 Jahre her

Ja, Herr Hahne, armes Deutschland.
Und sehr viele unserer Mitbürger finden das alles auch noch super. Das ist meiner Meinung nach der größere Skandal. Würden nicht so viele auf das alles anspringen, wäre der Spuk nicht so mächtig.
In meinem dörflichen Stadtteil hieß der Weihnachtsmarkt bisher wenigstens noch Weihnachtsmarkt.