Ökonom Hans-Werner Sinn: Konjunkturprogramme sind überdimensioniert

„Solche Volumina wurden noch nie bewegt. Die Zahlen machen Angst.“

imago Images/Sven Simon

Die Konjunkturprogramme der Bundesregierung zur Überwindung der wirtschaftlichen Einbrüche in Deutschland sind nach Einschätzung des Ökonomen Hans-Werner Sinn überdimensioniert. „Man hat des Guten schon zu viel getan, und wir beginnen Maß und Mitte zu verlieren“, so der frühere Präsident des Ifo-Instituts im Gespräch mit der Zeitschrift Tichys Einblick. „Wir reden von einem Rückgang von sieben Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung, aber die Rettungsprogramme einschließlich der Bürgschaften belaufen sich mittlerweile auf 40 Prozent. Das sind 1,3 Billionen Euro!“, warnt Sinn. „Solche Volumina wurden noch niemals bewegt. Diese Zahlen können schon Angst machen.“

Optimistisch ist Sinn, dass die deutsche Wirtschaft relativ schnell wieder Fahrt aufnimmt. „Den Aufholeffekt wird es geben, denn es wurde ja keine Fabrik oder Anlage zerstört; die Wirtschaft kann auf Knopfdruck wieder aufleben.“ China habe es vorgemacht: Im Januar nach dem Lockdown sei die Wirtschaft rasch eingebrochen, aber im März ebenso stark wieder angestiegen. „Das lässt hoffen, dass es auch für Deutschland wieder einen schnellen Aufstieg gibt, allerdings nicht auf das Ursprungsniveau. Es wird kein V, sondern ein umgekehrtes Wurzelzeichen“, erwartet Sinn.

Keinesfalls sollte man die Wirtschaft jetzt allerdings mit neuen Kosten etwa für den Klimaschutz belasten. „Wir machen es damit der deutschen Wirtschaft schwer, ohne dass das Klima etwas davon hat. Das sollten wir noch mal überdenken, auch für andere Ideen“, erklärt Sinn. „Die Kosten durch die Krise sind so ungeheuer groß, dass wir mit ideologisch motivierten Ausgabenprogrammen vorsichtig sein sollten.“


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Kommentare ( 58 )

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StefanB
3 Jahre her

Sozialisten haben kein Verhältnis zum Geld, denn das kommt ja nach ihren Erkenntnissen bekanntlich aus dem Geldautomaten.

Korner
3 Jahre her

Herr sinn, sie wissen genau, dass das Virus genau richtig kam, um Migrationskosten, die man schon mit unglaublichen Hackentricks verbuchen musste, nun einfach auf das Virus buchen kann. „Man“ meint, so die Tatsachen verschleiern zu können.

Aljoschu
3 Jahre her

Danke, Herr Hoess,
super gut zusammengefasst. Die Alternativen sehe ich ähnlich wie Sie, nur die Ausweichmöglichkeiten werden mit jedem Tag geringer.

Olaf W1
3 Jahre her

Das auf Knopfdruck alles wieder starten kann, ist richtig. Aber wovon? 7,5 Mio (!) Kurzarbeiter – oder nichtgezählte Quasi-Arbeitslose – die auf 40% ihrer durchgängig gerade so austeichenden Bezahlung verzichten müssen, können nicht konsumieren um in den besagten Fabriken Start-Knöpfe zu drücken… Das Geld der „Rettungspakete“ liegt irgendwo oder wurde an Branchen verteilt, die mit Ende dieser Pakete halt eine längere Sterbezeit gewährt bekamen. Ich weiß, die ganzen Hardliner hören das nicht gerne, aber die 9 Mrd., die man in die LH gesteckt/verbürgt hat – und die jetzt 11k MA entläßt, 50% davon in D – hätte man den Leuten… Mehr

G. J.
3 Jahre her

Es ist richtig, was Herr Sinn sagt, aber was er (durch den Bezug auf die 1,3 Billionen) nicht auf dem Schirm hat, ist, dass das Problem nicht Deutschland, sondern EU heißt.
Die EU wäre ohne Corona am Ende gewesen. Mit Corona bietet sich jetzt, indem man weitere unpopuläre Maßnahmen/Bürgschaften dem steuerzahlenden Bürger der Nordstaaten aufbürdet bzw. zumuten kann, die optimale Gelegenheit, die von der Pleite bedrohten Südländer zu sanieren, um das Trauerspiel noch etwas in die Länge zu ziehen.
So gesehen war und ist Corona für die Eurokraten geradezu ein Geschenk des Himmels!

DavidHatKeinerGerechnet
3 Jahre her

„Die Zahlen können schon Angst machen.“, müssen sie aber nicht. Immer locker ** ? Eine Hyperinflation ist in absehbarer Zeit zumindest höchst unwahrscheinlich. Zum BIP möchte ich etwas anmerken: diese Zahl wird überall auf der Welt unterschiedlich ermittelt, auch pro Land oder z.B. für die EU, Zitate aus Wikipedia: „Die Aussagekraft des BIP bezüglich der Wirtschaftsleistung der Menschen in einer Volkswirtschaft ist begrenzt,[…]“. „Unter bestimmten Bedingungen werden die Ergebnisse für einzelne Staaten verzerrt.“ Das ist die nette Art, es auszudrücken. Die Zahlen sind weitestgehend unbrauchbar, würde manch einer sagen. Diverse Wirtschaftzweige werden garnicht erst berücksichtigt. Daher ist die Vergleichbarkeit zu… Mehr

Rudi Huschke
3 Jahre her

Es wurden zwar eine Fabriken zerstört, aber die Zuversicht der Menschen. Wird nicht konsumiert braucht es auch keine Fabriken…

Everhard
3 Jahre her

Ich bin ja nicht ganz sicher, aber entweder habe ich einen Rechenfehler oder Prof. Sinn.
Aber die 1,3 Billionen € werden ja für die gesamte EU genannt.
Und da sind es dann nicht 40% des BIP – das würde für Deutschland stimmen – sondern nur 9%.
Unabhängig davon bringe ich mein Geld vor dem Euro in Sicherheit, so gut es geht.

Alf
3 Jahre her

Lieber Herr Sinn,
Ihr Nachfolger Clemens Fuest hat das Konjunkturpaket der Koalition gelobt. „Das Konjunkturpaket ist breit angelegt und größtenteils gut durchdacht. Es kombiniert Anreize zur kurzfristigen Belebung des Konsums mit Impulsen für öffentliche und private Investitionen sowie Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen. ifo-Klima-Expertin Karen Pittel sagte: „Es ist begrüßenswert, dass klimafreundliche Zukunftstechniken und Infrastrukturen ausdrücklich berücksichtigt werden.“
Könnt Ihr Euch bitte mal einigen. Soll der Bürger noch hören, was das ifo Institut zum Besten gibt.
Das Konjunkturpaket ist eine Nebelkerze und sonst nichts. Für diese Beurteilung reicht gesunder Menschenverstand.

albert
3 Jahre her
Antworten an  Alf

Der Nachfolger Fuest ist eben jünger, und vor allem, jünger „in Amt“ und Würden, will heißen, er muss sich das Wohlwollen, den Stallgeruch, die Nestwärme , das Bussi-Bussi-Feeling unserer famosen regierenden Luftgitarristen noch verdienen. Da hilft es einfach, wenn man diesen begnadeten Jimmy Hendrixen – so voll der Gnaden – eben gehörig Honig ums Maul schmiert. Und als Begrüßungstatement, also solange sie noch folgen können, ist das berits unabdingbar. Selbst wenn man seine kritischen Einwände dann, unterm kratzfüßelnden Honigmondeln versteckt, auch irgendwie mitliefert, wie Fuest es durchaus macht. Noch ist es ja kein Kratzfuestelnmodule downloader ESP LINK v1.0ssen er sich… Mehr

Diogenes
3 Jahre her
Antworten an  Alf

Sinn ist unersetzlich! Fuest ist ein Lakai der Deutschland-Vernichter, auch wenn er versucht, seinen seltenen und ungeschliffenen, regime-opportunistischen Äußerungen das Gewicht eines Prof. Sinn zu geben versucht.
Sinn war das IFO Instutut in personam. Und, wie gesagt, es wird ihm keiner das reine Wasser seiner unparteiischen Urteile und Analysen reichen können. Mit ihm hat das Ifo Institut seinen vornehmen, selbst gesetzten Auftrag verloren.

Peter Hoess
3 Jahre her

Dieses Land ist unheilbar krank und wartet nur noch auf seinen Gnadenschuss.