Neuwahlen im März – so geht es weiter mit der Bundesregierung

Christian Lindner hat den Sprung aus der Ampel nicht rechtzeitig geschafft. Jetzt ist ihm Kanzler Olaf Scholz zuvorgekommen und hat den Finanzminister entlassen. Damit kommt die Ampel absehbar zu ihrem Ende – TE erklärt, wie es weitergeht.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Ein Stein, zwei Vögel. So lautet ein amerikanisches Sprichwort. Es passt auf die deutsche Situation. Denn keine 16 Stunden nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten kommt es auch in Deutschland zum Politwechsel. Die Ampel ist nun am Ende. Sie tut es aber nach ihrer Art: nicht klar, direkt, deutlich und entschlossen. Sondern auf einem verschlungenen, intriganten und für den Wähler kaum nachzuvollziehendem Weg. TE dröselt auf, wie es weitergeht.

Das Ende der Ampel

Das Ende der Ampel kommt. Aber nicht gleich. Olaf Scholz will bis Weihnachten durchregieren. Kurz vorm Fest will er die Vertrauensfrage stellen, über die stimmt der Bundestag dann am 15. Januar ab. Zu Neuwahlen käme es dann im Januar. Wahrscheinlich ist der von TE bereits vergangenen Donnerstag genannte 2. März, an dem Hamburg seine neue Bürgerschaft wählt. Bis Weihnachten will Scholz das Rentenpaket durchbringen, Steuersenkungen, Subventionen für die Industrie und Beschlüsse über das Asylsystem.

(K)Eine Mehrheit für Olaf Scholz

Aktuell ist unklar, ob der Kanzler im Bundestag bis Weihnachten noch eine Mehrheit hinter sich hat. Er könnte sich diese mit Stimmen der FDP oder der CDU-CSU sichern. Scholz hat ausdrücklich nur Christian Lindner entlassen. Im Amt belassen wollte er die FDP-Minister Marco Buschmann (Justiz), Volker Wissing (Verkehr) und Bettina Stark-Watzinger (Forschung). Auch hat Scholz angedeutet, mit CDU-Chef Friedrich Merz über Mehrheiten im Bundestag zu verhandeln.

Ein Ende der „Schuldenbremse“

Olaf Scholz gibt nun den Grünen und den Linken in der SPD nach und beendet faktisch die „Schuldenbremse“. Die Verfassung will der Kanzler mit einem „Überschreitungsbeschluss“ umgehen. Nach zweieinhalb Jahren will Scholz den Krieg in der Ukraine zum Anlass nehmen, um eine „Notsituation“ zu erklären, die ihm eine grenzenlose Verschuldung erlauben. Das bedeutet in der Realität: Weil Krieg in der Ukraine herrscht, will Scholz die steigenden Sozialausgaben bezahlen. Weil Krieg in der Ukraine herrscht, will der Kanzler neue Subventionen verteilen. Weil Krieg in der Ukraine herrscht, will der Bund das Rentenniveau hochhalten.

Ein Politikwechsel

Olaf Scholz begründet die Entlassung Lindners mit einem Kompromissangebot, das der FDP-Chef ausgeschlagen hat. Lindner hatte niedrigere Steuern gefordert, eine seriöse Haushaltspolitik, einen Abbau der Bürokratie und Senkung der Sozialleistungen. Scholz hat ihm nach eigenen Angaben als „Kompromiss“ vorgeschlagen: Der Bund solle die Netzentgelte deckeln, Arbeitsplätze in der Automobilbranche über ein „Paket“ sichern, eine „Investitionsprämie“ ermöglichen und die Unterstützung für die Ukraine erhöhen. Für all das hätte der Bund seine Schulden massiv ausbauen müssen. Scholz hat Lindner als Kompromiss also genau das Gegenteil dessen vorgeschlagen, was der verlangt hat. Der FDP-Chef konnte gar nicht annehmen.

Olaf Scholz darf weitermachen

Olaf Scholz ist der gewählte Kanzler. Abgewählt kann er nur auf zwei Wegen werden. Durch eine negativ beantwortete Misstrauensfrage, die Scholz erst im Dezember stellen und im Januar beantworten lassen will. Oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum. Dafür müssen sich die anderen Parteien aber auf einen anderen Kandidaten einigen. Das wäre nur möglich gewesen, wenn CDU-CSU und AfD gemeinsam abgestimmt hätten. Das kann die Union nach ihren Aussagen zur „Brandmauer“ gegen die AfD kaum tun.

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Kommentare ( 90 )

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Diogenes
29 Tage her

Wann kommt der Tag, an dem sich der Scholz selbst sein Entlassungsschreiben ausstellt. Das würde auch das nochmalige peinliche Bundespresidiale Schauspiel ersparen.

BellaCiao
29 Tage her

»Die drei miesen Tricks des Kanzlers« (Artikel von Wolfram Weimer)
https://web.de/magazine/politik/ampel-miesen-tricks-kanzler-olaf-scholz-40316688

Scholz geht es vor allem darum, Schaden von sich selbst abzuwenden. Es gibt ansonsten keinen Grund, die Neuwahlen bis März 2025 zu verzögern.
Mittlerweile erscheinen solche Artikel schon bei den großen Web-Portalen.

Last edited 29 Tage her by BellaCiao
R.Baehr
29 Tage her

Unfassbar dieser Totalversager auf dem BK-Sessel. Wieso die Vertrauensfrage nicht sofort? Und seine Rede bestand großteils nur aus dem nicht mehr hörbaren Statement, die Ukraine zu unterstützen, jetzt noch mehr und noch länger bis zum eigenen Staatsbankrott wohl, ich möchte wissen, warum diese amerikanische Marionette auf deutschen Boden gar kein Rückgrat hat. Das ist kein deutscher BK, sondern wahrscheinlich ein amerikanischer Erfüllungsgehilfe ohne Charakter und Anstand. Eine Figur fürwahr zum fremdschämen. Und noch schlimmer der deutsche Untertan, der solche Figuren immer wieder und wieder an der Macht hält.

Ronald M. Hahn
29 Tage her
Antworten an  R.Baehr

Bei seinem Ukraine-Unterstützungsgelaber in einer dieser Situation hab ich gedacht, ich trau meinen Ohren nicht.

Ohanse
29 Tage her

Merz muss sich die Frage stellen lassen, was er für wichtiger hält: Seinen Brandmauerblödsinn oder Deutschland?

Klaus D
29 Tage her
Antworten an  Ohanse

Es geht doch nicht um eine brandmauer gegen rechts sondern darum seine eigenen wähler und lobbys nicht zu belasten bzw diesen weniger zu geben. Das konnten wir ja gut bei den bauernprotesten sehen. Eigentlich müsste die CDU/CSU gegen die subventionen sein aber auch die AfD ist da ja zurückgerudert.

Ernst K.
29 Tage her
Antworten an  Ohanse

Natürlich seinen Brandmauerblödsinn. Haben Sie da noch Zweifel?

Mikmi
29 Tage her

Frau Bearbock fordert die Aufhebung der Schuldenbremse, für Ukrainehilfen?
Wer ist sie, wir wollen das nicht, Schulden machen für ein anderes Land, weil sie ein Versprechen gegeben hat? Frau Bearbock ist die Außenministerin von Deutschland, solche Zusagen zu machen, liegt nicht in ihrem Amt und wir haben hier das sagen, nicht diese unfähige Ministerin.
Warum wird sie nicht entlassen, gegen Deutsche Interessen gehandelt, eigenmächtig zusagen gemacht, ja schon fast Kriegserklärungen getätigt?

Dr_Dolittle
29 Tage her

Herr Scholz hat sich in seiner „Ansprache“ gestern als Adept der Modern Monetary Ttheory präsentiert, nach der der Staat konsequenzlos so viele Schulden machen und so viel Geld drucken kann wie er möchte. Wenn diese Theorie zuträfe – nach welcher Logik muß dann der Bürger Steuern zahlen? Ich finde DAS wäre mal einen größeren Beitrag bei TE wert. Immerhin hat ja der neue Vize Finanzminister mehr oder weniger gesagt, daß der Staat ja nicht gleich pleite ist wenn er mal eine Weile keine Steuern kriegt. Oder gilt das nur für Untertanen, damit die nicht auf die Idee kommen sie seien… Mehr

jansobieski
29 Tage her

Da unter eine CDU gar nichts anders oder besser wird, möglicherweise sogar schlechter, ist jegliche Diskussion, welcher Kopf da vorne steht und welche Hansel unter ihm, was auch immer machen, völlig obsolet.

H. Priess
29 Tage her

Abgewählt kann er nur auf zwei Wegen werden. Durch eine negativ beantwortete Misstrauensfrage, die Scholz erst im Dezember stellen und im Januar beantworten lassen will. Oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum.
Warum MUSS er irgendwas tun? Wenn ich das richtig sehe muss er gar nichts. Natürlich könnte er eine der Möglichkeiten zu nutzen wenn er sich an politische Gepflogenheiten halten würde aber er ist ein Antidemokrat und dem sind solche Dinge fremd. Er modelt sein Kabinet um und sagt: Seht her! Die Regierung ist Handlungsfähig also kein Grund zur Veranlassung. Wir werden es erleben!

Ernst K.
29 Tage her

Sofern die FDP tatsächlich in die Opposition geht, könnte Merz der Minderheitsregierung zu Mehrheiten, auch für den Haushalt, verhelfen. Sein Programm ist ohnehin mit Rot-Grün kompatibel.

Ombudsmann Wohlgemut
29 Tage her

„Durch eine negativ beantwortete Misstrauensfrage…“
Es sollte wohl Vertrauensfrage heißen.

Aber da die anderen FDPler ebenfalls kündigten, werden sie den Kanzler sicher nicht unterstützen.
Ist es dann für Scholz überhaupt möglich, einfach die Schuldenbremse auszuhebeln, wenn er keine Mehrheit hat?
Ich hoffe doch nicht!

Ernst K.
29 Tage her
Antworten an  Ombudsmann Wohlgemut

Mit Unterstützung von Merz ist es ihm möglich.