Deutsche Altersaussichten: Kein Wohneigentum und länger arbeiten

Wohneigentum zu erwerben, wird für immer mehr Menschen unerschwinglich. Das zeigt eine neue Studie. Zugleich arbeiten immer mehr Menschen noch im Alter von über 65 Jahren weiter.

IMAGO / Dirk Sattler
Ein älterer Mann sucht in einem Mülleimer nach Pfandflaschen

Die allgemeine Verarmung in Deutschland schreitet voran. So könnte man zwei aktuelle Nachrichten interpretierend zusammenfassen.

2012 arbeiteten in Deutschland elf Prozent der 65- bis 69-Jährigen, im Jahr 2021 lag der Anteil bei 17 Prozent. Und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 13 Prozent (2012: zehn Prozent). Als einen Grund für den Anstieg in Deutschland nennen die Statistiker die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Auch das zunehmende Bildungsniveau sei ein Grund für den Verbleib älterer Menschen im Arbeitsmarkt: Höhere Bildungsabschlüsse gehen oft mit einer längeren Erwerbstätigkeit einher. In der Generation 65+ waren unter den Hochqualifizierten hierzulande 2021 noch 13 Prozent erwerbstätig, unter den Geringqualifizierten waren es 4,5 Prozent.

Vortrag Roland Tichy
Die deutsche Lust an der Verarmung
Man kann allerdings wohl auch vermuten, dass der Anstieg des Anteils der älteren Arbeitnehmer auch damit zu tun hat, dass eine Existenz als Rentner in zunehmendem Maße unattraktiv wird und aus Angst vor großen materiellen Einbußen hinausgezögert wird. Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Dezember 2022 geht hervor, dass im zurückliegenden Jahr 2022 knapp 1,07 Millionen Beschäftigte erfasst sind, die 67 Jahre oder älter waren. Das waren 15.000 Menschen mehr als im vergangenen Jahr und 200.000 mehr als 2015. Mehr als 400.000 Beschäftigte sind bereits über 70 und rund 138.000 schon über 75 Jahre alt. 13.000 Beschäftigte sind sogar schon 85 Jahre und älter.

Erwerb von Wohneigentum wird immer schwieriger

Der Standard-Weg, um eine Existenz als Rentner ohne allzu schmerzhafte Einbußen am Lebensstandard erträglich zu machen, ist der Erwerb von Wohneigentum, der ein mietfreies Wohnen im Alter erlaubt. Doch die Aussicht darauf schwindet für viele Menschen, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, über die das Handelsblatt berichtet: Die Zinswende im Jahr 2022 hat den Anteil des erschwinglichen Wohnungsangebots deutlich reduziert – auch für Gutverdiener. Bei Einfamilienhäusern zum Beispiel sank der Anteil dieses Angebots für die einkommensstärksten 20 Prozent der Haushalte seit Beginn des vergangenen Jahres von 62 auf 47 Prozent im dritten Quartal.

Für rechnerisch in der Mitte liegende Einkommenshaushalte (Median) ist der Anteil des erschwinglichen Angebots an Einfamilienhäusern in diesem Zeitraum von 40 auf 28 Prozent gefallen. Als erschwinglich gilt eine Immobilie, wenn Haushalte höchstens 30 Prozent ihres Einkommens für Zins- und Tilgungszahlungen auf ein gewährtes Darlehen aufwenden müssen.

Ähnliche Angebotsrückgänge zeigen sich auch für andere Objekttypen und Einkommensgruppen, heißt es in der Studie. So etwa für Reihenhäuser oder Eigentumswohnungen. In Großstadtregionen fällt die Veränderung besonders stark aus. Im Mittel der sieben größten Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart hat sich der Anteil an erschwinglichen Ein- und Zweifamilienhäusern für die einkommensstärksten 20 Prozent der Haushalte halbiert.

(mit Material von dts) 

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Kommentare ( 45 )

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jopa
1 Jahr her

Grün wählen als neue Form des Ablaßhandels? Reizvolle idee und paßt zu den Wahlergebnissen, wenn man die entsprechenden Parteien einen Grünen Front/Kirche zuordnet. Aufgabe, formulierte den folgenden Satz um: Wenn das Geld im Beutel klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.

niezeit
1 Jahr her

Die affektierten Belehrungspolitiker und andere Angehörige der „Haltungs“-Branche wollen schließlich ernährt werden. Na wenigstens gibt’s dann in ein paar Jahren wieder ein vergammeltes Land, das aufzubauen als Ziel sich lohnt. Aber ob dann wieder ein potentes Nachbarland als Starthilfe für die nächste heruntergekommene DDR zur Verfügung steht? Die Generation unter 50 ahnt davon kaum etwas, da sie täglich mit mehreren Sendungen über Hitlers Unterhose abgelenkt wird. Schrecken sells.

89-erlebt
1 Jahr her

Passt doch zum Strike in Frankreich wo das gesetzliche Renteneintrittsalter von 62 auf 64 erhöht werden soll … im Zahlerland soll es bis 67 … 70 gehen. Keine Fragen mehr.

Fui Fujicato
1 Jahr her
Antworten an  89-erlebt

Der wirklich interessante Aspekt ist doch nicht nur das Renteneintrittsalter in Deutschland – im Vergleich zum Renteneintrittsalter in allen anderen EU-Staaten – sondern auch die Rentenhöhe in Deutschland – im Vergleich zum letzten Einkommen … In allen anderen EU-Staaten erhalten Rentner prozentual wesentlich höhere Renten als in Deutschland, wo alle Steuerzahler dazu gezwungen werden über EU-Subventionen die wesentlich höheren Renten (bei geringeren oder garnicht vorhandenen Zusatzaufwendungen & Abgaben) & einen erheblich früheren Renteneintritt in allen übrigen EU-Staaten zu finanzieren !!!

country boy
1 Jahr her

Entschuldigung, warum sollen Deutsche auch noch Wohneigentum erwerben wollen. Jetzt werden zunächst einmal die Migranten bedient. Für Deutsche heißt es: Hinten anstellen!

Everhard
1 Jahr her

Der kluge Mann wohnt zur Miete. Das galt schon immer.
Eigenes Wohneigentum ist eine tolle Sache, weil es luxuriös ist und ein gutes Gefühl gibt.
Preiswert ist es nicht.

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Everhard

Kein Vermieter wird ja wohl vom draufzahlen leben. Es ist bloß so das Eigentümer mehr Geld in ihre Immobilie stecken. Kann man ja ganz gut an mancher abgewohnten Wohnung oder Mietshaus sehen.

FKR
1 Jahr her

Ein ganz großer Schock wird die neue Grundbesitzabgabe sein. Menschen , welche sich zusätzlich über Immobilienbesitz rentenversichert haben, werden
Dann zur Kasse gebeten. Das ist nichts anderes als eine Rentenkürzung wie die
Rente mit 67 auch.

Donald G
1 Jahr her
Antworten an  FKR

Nicht zu vergessen die gewaltige Erhöhung der Grundstückswerte bei der Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, damit auch die restlichen, noch in Privathand stehenden Wohnungen und Grundstücke in den lukrativen Städten und Gemeinden nicht mehr an die Nachkommen der derzeitigen normal verdienenden Eigentümer, sondern an Hedgefonds oder andere Spekulanten gehen.
Warum währt sich hier keiner. Warum gibt es keine Partei die das thematisiert und bei Wahl sofort rückgängig zu machen verspricht? Was ist los mit diesem Land?

LadyGrilka55
1 Jahr her

Warum erwähnen Sie in diesem Artikel nicht, dass die EU plant, ab 2030 die Nutzung von Haus- oder Wohnungseigentum zu verbieten (!), wenn die Gebäude nicht neuen irrsinnigen „Klima-Bestimmungen“ entsprechen? Diese Horror-Pläne kann man bei YouTube anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=PP2rqrCReI8 Falls es soweit kommt, werden noch etliche weitere Millionen von Menschen ihr Wohneigentum verlieren, weil sie sich die teuren Anpassungen nicht leisten könnten. Auch das wird insbesondere die Alten treffen, denn welcher Rentner kann sich eine Hausrenovierung im mittleren oder hohen 5-stelligen Bereich leisten? Das ist kalte Enteignung derer, die sich ihr Häuschen als Altersvorsorge lebenslang vom Mund abgespart haben. So erbarmungslos… Mehr

JuergenR
1 Jahr her
Antworten an  LadyGrilka55

Die sogenannten „Eliten“ wissen ganz genau, daß es zwar einen Klimawandel gibt (das Klima änderte sich schon immer), dieser aber nicht menschengemacht ist. Das Narrativ wurde nur erzeugt, um noch mehr Vermögen von unten nach oben umzuverteilen. Man vergesse nie Klaus Schwabs Dictum für das Jahr 2030: „Du wirst nichts mehr besitzen und du wirst glücklich sein“. Genau diesem Zweck, der Enteignung der meisten Hauseigentümer, dienen die immer weiter verschärften Grenzwerte. In der Tat können sich viele Rentner aber auch jüngere Menschen extrem kostenintensive energetische Sanierungen ihres Hauses nicht mehr leisten. Sie müssen verkaufen. Das Überangebot führt zu einem rapiden… Mehr

bkkopp
1 Jahr her

Wohnungseigentum zu erwerben war in Deutschland schon seit 50-60 Jahren schwer, weil die durchschnittlichen Kaufpreise immer in einem Mißverhältnis zu den durchschnittlichen Einkommen standen. Deshalb haben auch nur ca. 50% der Deutschen Wohnungseigentum, und mindestens die Hälfte davon hat dies ganz, teilweise oder mindestens mit finanzieller Starthilfe geerbt. Wegen des relativen Booms in der Niedrigzinsphase seit mehr als 10 Jahren, sind die Bodenwerte und die Baukosten derart überproportional gestiegen, dass es heute nur nochmals schwerer geworden ist, weil in mehreren Metropolregionen schon Reihenhäuser eine Million kosten können. Auch bei Eigentumswohnungen gibt es unter € 4000 – 5000 pro Quadratmeter nicht… Mehr

erwin16
1 Jahr her
Antworten an  bkkopp

Stimmt das ist richtig so. Meine Erfahrung, ich habe vor 23 Jahren gebaut. Damals waren die Zinsen auf ähnlichem Niveau wie heute. Das Problem ist teilweise das geringe Eigenkapital und die exorbitanten Baupreise, die durch staatl. Auflagen in die Höhe getrieben wurden. Zudem sind die Ansprüche auch zu großen Teilen exorbitant gestiegen, viele sind nicht bereit zu verzichten und sich nur auf den Bau zu konzentrieren. Ich habe noch für 250 Tsd DM massiv mit Firma ohne Keller aber rel. hochwertig gebaut. Heute ist das Ding das doppelte wert! Innerhalb von 20 Jahren! Dieser ganze Bereich ist extrem überhitzt und… Mehr

JamesBond
1 Jahr her

Einfach in Italien was erwerben – das ist besser als hier.

Hieronymus Bosch
1 Jahr her

Wer bereits mit 14 Jahren in die Lehre ging, hat genug vom Arbeitsleben und geht in die vorgezogene Altersrente! Von meinen Bekannten macht das jeder, weil jeder vom Leben noch etwas haben will! Wenn ich sie auf freiwilliges Weiterarbeiten bis 69 Jahre anspreche, fassen sich sich nur an den Kopf!

Alrik
1 Jahr her
Antworten an  Hieronymus Bosch

Warum nicht? Wenn die Kollegen nett sind und die Kantine gut & der Kaffe gratis ist kann man durchaus halbtags noch weiterarbeiten. 😉 Seitdem man als Rentner ohne Obergrenze dazu verdienen kann ist sogar die Kombination „Rente mit Abzügen nach 35/45 Jahren“ und halbtagsjob eine Option – zumindest für gut verdienende echte Fachkräfte.