Dresden: jetzt schon Preise für das Kommunizieren des Versagens

Eine Brücke stürzt ein, weil Warnungen ignoriert wurden, aber die Verantwortlichen bekommen Preise, weil sie danach schnell eine Pressekonferenz organisiert hatten.

picture alliance/dpa | Robert Michael

Im September 2024 geschah etwas, was diejenigen, die mit offenen Augen durchs Leben gehen, wenig überraschte. Die Dresdner Carolabrücke stürzte teilweise ein. Für den Soziologen und grünen Bürgermeister von Dresden, Stephan Kühn, mit dem gewichtigem Titel, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften und die links-woke Dresdner Stadtverwaltung kam der Einsturz allerdings völlig überraschend.

Zwar gab es Monate vor dem Einsturz deutliche Warnungen, die der Stadt bekannt waren, oder zumindest bekannt hätte sein können, beachtet hat man diese Warnungen an verantwortliche Stelle aber offensichtlich nicht. Ein im Mai 2024 vorgelegtes Gutachten beschrieb nämlich eine „fortgeschrittene Korrosion an der Bewehrung“ des Bauwerks. Die gemessenen Chloridwerte lägen bis zu zehnmal über dem Grenzwert. Die Experten warnten unmissverständlich vor einer „akuten Gefährdung“ und einer möglichen „Entfestigung des Betons“. Bereits zwei Jahre zuvor hieß es, die Brücke sei zwar verkehrstauglich, allerdings mit der Einschränkung, dass sie das nur wäre, wenn keine Schäden vorlägen. Die lagen aber, wenn man dem Gutachten Glauben schenkt, vor. Doch anstatt Konsequenzen zu ziehen, blieb alles beim Alten. Verwaltung und Politik wiegten sich in Ruhe, bis im September 2024 dann das Undenkbare geschah. Ein Teil der Brücke stürzte in die Elbe.

Krise als Karrierechance

Der Verfall der Infrastruktur in Deutschland ist nichts neues. In Wiesbaden musste eine Autobahnbrücke zuerst gesperrt und dann gesprengt werden. In den letzten Jahren mussten mehrere Autobahnbrücken kontrolliert gesprengt werden. Die Talbrücke Rahmede (A45) im Mai 2023, die Talbrücke Stettbach (A7, Richtung Fulda) im Mai 2024 und die Talbrücke Landeskroner Weiher (A45) im März 2025. Diese Sprengungen waren notwendig, um den Abriss maroder oder beschädigter Bauwerke zu ermöglichen und Platz für Neubauten zu schaffen.

All das hätte ein Weckruf sein können für die Erosion eines Staates, der sich in immer infantileren Politiksimulationen á la Wumms und Doppelwumms ergeht, dem aber das langsame Verrotten seiner Infrastruktur vollkommen gleichgültig zu sein scheint.

Aber wie immer war nicht alles schlecht. Denn noch im selben Jahr erhielt die Stadt den „BdKomAward 2025“ – für die „herausragende Kommunikation“ während des Unglücks. Und jetzt folgt die nächste Ehrung für die Stadt und ihre alerte Verwaltung: „Ehrenbehörde 2026“, verliehen von der Plattform ehrenbehoer.de. Gelobt wird das „schnelle Handeln“ und die „moderne Krisenkommunikation“. Wumms und Doppelwumms. Der Stadt war es nämlich gelungen Vertreter des politischen-medialen und des politisch-administrativen Komplexes zur gleichen Zeit am selben Ort zu versammeln. Selten war ein Preis verdienter.

Und der nächste Preis wartet schon, denn der Neubau der Carolabrücke in Dresden soll – auf das soll legt die Stadtverwaltung ganz besonderen Wert – bereits 2031 fertiggestellt werden. In drei Jahren könnten (!) die Bauarbeiten beginnen. Die Ausschreibungsunterlagen dafür sollen (!) nach Angaben der Stadtverwaltung Dresden Anfang September veröffentlicht werden. Mit dem Bau selbst könnte (!) voraussichtlich im zweiten Quartal 2028 begonnen werden, teilte die Stadtverwaltung mit. Der Stadtrat hatte zuvor den Bau der vierspurigen Brücke beschlossen und seinen Mitarbeitern einen Sprachkurs verordnet, damit die Verwendung der Möglichkeitsform fehlerfrei funktioniert.

Ein Blick nach Genua

In Genua stürzte 2018 eine Autobahnhochbrücke ein. Die Genovesen hatten nicht das Glück wie Dresden, wo die Brücke am frühen Morgen, lange vor Einsetzen des Verkehrs eingestürzt war. In Genua war die Brücke zur Hauptverkehrszeit eingestürzt. Die Folge waren schrecklich. Es gab 43 Todesopfern. Aber: In nur eineinhalb Jahren wurde eine neue Brücke geplant und gebaut. Entworfen hat sie der Architekt Renzo Piano.

Die Ehrung für Dresden zeigt ein großes Muster. Politik und Behörden werden für ihr Scheitern auch noch ausgezeichnet. Zumindest wenn sie ihr Scheitern eloquent verkaufen.

Ob Energiepolitik, Sozialkassen, Bildung, Wohnungspolitik, Einwanderung oder Verkehr, das Prinzip ist dasselbe. Die Substanz wird vernachlässigt, aber man feiert sich für seine Politiksimulation. In Dresden gipfelt das nun in einer bitteren Ironie. Die Stadtverwaltung wird geehrt für ihr Krisenmanagement einer Krise, die sie selbst hätte verhindern können.

Die Carolabrücke steht nicht mehr. Das System, das sie einstürzen ließ, steht jedoch fester denn je.

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Kommentare ( 45 )

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Don Didi
26 Tage her

Genua: „In nur eineinhalb Jahren wurde eine neue Brücke geplant und gebaut.“
In China wäre innerhalb 24h eine Behelfsbrücke da und nach 6 Monaten eine komplett neue, doppelt so große Brücke gebaut.
In Japan wäre die erste Brücke erst gar nicht eingestürzt.
Die Stadtverwaltung wird geehrt für ihr Krisenmanagement einer Krise, die sie selbst hätte verhindern können.“

Nein, korrekt wäre:
„Die Stadtverwaltung wird geehrt für ihr Krisenmanagement einer Krise, die sie selbst verursacht hat.“

Martin Buhr
1 Monat her

Ich versuche eine Uebersetzung : Ich bin gelernter Gas-Wasser Installateur . Eine meiner fehlerhaften Gasinstallationen fuehrte zu einer Explosion . Das Haus beherbergte 32 Personen und die Explosion erfolgte , als 30 von denen bei der Arbeit waren . So blieben halt nur noch 2 Personen , die der Explosion erlagen . Nach dem obigen Bericht habe ich also 30 Personen das Leben gerettet , weil meine fehlerhafte Arbeit in fachmaennischer Voraussicht den Zeitpunkt der Explosion unbedingt und praezise berechnet hatte . Hier fehlt es mir ein wenig an Phantasie und an Denkstrukturen , die wohl nur Beamten und Politikern… Mehr

Riffelblech
1 Monat her

Deutschland sollte endlich Preise für die bescheuertste Bürokratie ,die dämlichste Politik und die unverschämteste Bezahlung der unfähigsten Politiker einführen .
Weiterhin sollte ein Preis für die längste denkbare Verzögerung einer dringend notwendigen Struktursanierung eingebracht werden .
Ach ja, einen Preis für unverschämtestes Belügen und Verleumden in Funk und Fernsehen gibt es ja schon .
Also geht doch !

bfwied
1 Monat her

In allen Städten oder auch Ländern, in denen Linksgrüne das Sagen haben, ist alles, von der Bausubstanz bis zum gesellschaftlichen Zusammenleben marode, kaputt, geschönt mit unsäglichen Narrativen. Warum sollten die sich nicht auch noch preisen und salben, weil sie mal ein faules „Muh“ von sich geben? In China: 800 m lange 6-spurige Brücke in eineinhalb Tagen(!!!) abgebrochen, ausgewechselt, dem Verkehr freigegeben! Italien: Genua: Länge der neuen Brücke ca. 1.100 m, Bauzeit inkl. Abriss der alten: eineinhalb Jahre. Bei mir: 3 m breite Fußgängerunterführung einer zweispurigen Straße saniert: Bauzeit: 11 Monate. Dresden, s. o.: Baubeginn vielleicht nach 4 Jahren. Bauzeit: vielleicht(!!!)… Mehr

Elmar
1 Monat her

Vielleicht gibt es in Dresden bald auch Preise für den schönsten Müllhaufen vor der Haustür. Im Reich der woken Dresdner ist nichts Absurdes unmöglich.

Edwin Rosenstiel
1 Monat her

„Es gab 43 Todesopfern.“ 
Korrekt müßte es heißen
Es gab 43 Todesopfer. 
Kann schon mal passieren, vermutlich beim Kopieren (und Einfügen).
Auch der Satz:
„Die gemessenen Chloridwerte lägen bis zu zehnmal über dem Grenzwert.“ ist nicht ganz koscher, denn er würde eher bedeuten, daß zehnmal gemessen wurde, und der Grenzwert wurde immer überschritten.
Die Aussage soll aber wohl sein, daß der gemessene Wert das Zehnfache des erlaubten Grenzwertes betrug, oder?
Ansonsten Zustimmung zu den Aussagen des Autors.

bfwied
1 Monat her
Antworten an  Edwin Rosenstiel

Soll man das noch nach „Schreiben nach geöhr(!)“ und 2-3 Seiten im Abituraufsatz, wenn überhaupt, noch erwarten können?

AM
1 Monat her

Interessant ist der Vergleich mit dem Einsturz der wesentlich größeren Reichsbrücke in Wien über die Donau am 1.8.1976. Zitat aus Wikipedia: „Noch am 1. August beschloss die Wiener Stadtregierung, zwei Ersatzbrücken über die Donau anzulegen, eine Straßenbahnbrücke sowie eine für den Individualverkehr. Die Pläne waren am 4. August fertig, und das Bundesheer begann am 17. August gemeinsam mit Straßenbaufirmen, die Behelfsbrücken zu errichten. Nach fünf Wochen war eine eingleisige Straßenbahnbrücke fertig, das zweite Gleis wurde einige Wochen später verlegt. Der Bau der Brücke für den Individualverkehr dauerte bis in den Dezember.“ Die Bergung der alten Brücke fand parallel statt und war im… Mehr

H. Priess
1 Monat her

Auch für Dresden gilt: Nicht das erreichte zählt sondern das erzählte reicht! Man zeichnet sich gegenseitig für das Versagen aus und klopft sich auf die Schulter vor Begeisterung. Als normaldenkender Mensch kann man vor lauter Kopfschütteln ein Schleudertrauma bekommen. Wie in der Stadt, in der die Pegida entstand, solche Vollversager ans Ruder kommen konnten habe ich bis heute nicht begriffen. Die Parteien der nationalen Einheitsfront haben sich, wie schon in Thüringen, zusammengeschlossen um die AfD als Wahlsieger mit 19,4% (CDU 18%, Grüne 14%, SPD 9%) an der Regierungbeteiligung zu verhindern. Ganz Demokratisch natürlich. Früher das Tal der Ahnungslosen, heute das… Mehr

RiverHH
1 Monat her

Das marode System grün-linksradikaler Zerstörung wird sehr bald komplett einstürzen, und nicht nur die Brücken. Nur, was kommt danach? Schafft die AfD die Wende? Hat dann der Islam den Schrotthaufen übernommen?
Sollte das der Fall sein werden sich die neuen Herren wie zu Hause fühlen. In allen Bereichen nähern wir uns solch vorbildlichen Staaten wie z.B. Syrien, Afghanistan und Eritrea mit schnellen Schritten an. Vielerorts sieht es doch genau so aus wie in diesen Staaten.

human person
1 Monat her

Bis zum Jahr 2031 soll der Aufbau der Carolabrücke abgeschlossen sein. Uwe Steimle erzählte dazu eine lustige Geschichte: Chinesische Architekten wurden eingeladen, um zu prüfen, ob der Wiederaufbau schneller abgeschlossen werden könnte. „Ja“, war ihre Antwort, „aber wegen drei Tagen kommen wir nicht nach Dresden.“