Die Panama-Papiere: Nix als Pillepalle und Papperlapapp

Warum gibt es den Staat Panama überhaupt? Ein lehhrreicher Blick zurück ist manchmal einer nach vorn.

Der deutsche GEZ-Journalismus hat einen Klassensprecher: Jan Hofer von der Tagesschau, in Fachkreisen auch als 20h-Fratze bekannt. Der Mann wirkt wie der klassische Schul-Streber, der mit intellektuellen Eigenleistungen geizt, sich aber stets freiwillig zum Tafeldienst meldet, in gebügelten Burlington-Strümpfen beim Sportfest aufläuft und sich im Deutschunterricht mit denunziatorischen Wortmeldungen profiliert a la „Herr Direktor, der Ludger kaut Kaugummi“. Auf dem Pfarrfest verkauft er dann fair gehandelten Kakao, damit die ganze Siedlung weiß „Ich kämpfe auch gegen weltweite Ungerechtigkeiten!“ Meine Mutter mag Jan Hofer. Begründung (ich zitiere wörtlich): „Der hat die Haare so schön.“ Haben Sie auch bemerkt, mit welch schelmischem Mundwinkelzucken Jan Hofer in der Tagesschau seine (von anderen verfassten) Texte zu den Panama-Papieren aufgesagt hat? Wie so oft war die Botschaft zwischen den Worten zu finden: „Hört her, Leute, seid endlich wieder froh, dass es unsere edle Zunft gibt, denn sie hat einen großen Fang gemacht!“ Hat sie? Ich glaube, hier werden ein paar Silberfischchen zusammen gepappt und als seltenes Lachsfilet serviert …

Erstmal ganz kurz zu den lieben „Rechercheuren“ (das Folgende hab‘ ich irgendwo bei eigenartig schon mal gemacht, doch eine Wiederholung schadet nicht): Um den Ausdruck „recherchieren“ im Munde führen zu dürfen, musste man früher vollen Körpereinsatz zeigen und zu allem bereit sein. Für sein Buch „Ganz unten“ hat Günter Wallraff sich eine komplett neue Identität als Türke Ali zugelegt, ist bei Thyssen monatelang schuften gegangen. Die Watergate-Rechercheure durften ihren Informanten nur persönlich treffen, und allesamt standen bei ihren Parkhaus-Pläuschchen mit einem Bein im Knast. Wie lief das jetzt (nach offiziellen Verlautbarungen wohlgemerkt) bei den Panama-Papieren? Offenbar hat einfach irgendeine Petze ein paar USB-Sticks zur Süddeutschen geschickt, Punkt. Ich bin überzeugt, im Prantl-Palazzo hat zum „Recherchieren“ nicht mal jemand seinen Arsch aus dem Drehstuhl hieven müssen.

Was ist (bis hierhin) die Quintessenz der Panama-Papiere? Der Isländische Ministerpräsident hat seine vermögenswirksamen Leistungen nicht zu Hause angelegt. Ja und?! Island ist kleiner als Bielefeld und fast so weit weg wie Grönland, ist mir doch scheißegal, was da läuft. Und außerdem: Ganz offenbar muss beim Bunkern von (mehr oder minder) ehrlich verdienter Kohle im Ausland kein geltendes Gesetz unserer „westlichen Wertegemeinschaft“ umgangen werden, ist alles legal. So wie auch zum Beispiel die Einfuhr von Billig-Textilien aus Fernost grundsätzlich erlaubt ist und solche Ketten wie Kik ganz legal ermöglicht. Wenn uns also bestimmte Finanzgeschäfte, Briefkastenfirmen oder Kik nicht passen, dann gehören die entsprechenden Gesetze auf den Prüfstand und Alternativen (und deren Folgen!) erörtert, wir können es doch niemanden zum Vorwurf machen, wenn er geltendes Recht in seinem Sinne anwendet.Ja, ich weiß, es gibt Schindluder, Grauzonen, moralische Verantwortung und Carsten Maschmeyer. Geschenkt! Weiter:

Die Panama-Papiere haben durchaus einen Skandal historischen Ausmaßes in petto, der allerdings steckt tief drin und steht daher nicht im Skript von Jan Hofer: das Land Panama als solches. Die Tatsache, dass Panama überhaupt existiert und wie es verwaltet wird, sollte zumindest als beachtenswürdige Eigentümlichkeit der Weltgeschichte gesehen und überliefert werden. Warum gibt es dieses Land? Bis 1903 gehörte es zu Kolumbien, und die Abtrennung war (zurückhaltend gesprochen) nicht ganz freiwillig. Es lohnt sich, manchmal ein wenig zurück zu blicken, um die politische Gegenwart (etwa: die Krim- Annexion) umfassender einordnen und ggf. anders bewerten zu können. Ich habe lange überlegt, wie ich die unglückselige, knapp 100 Jahre zurück liegende Geschichte des Panamakanals am unterhaltsamsten und prägnantesten rüberbringe, sie hat es echt in sich. Dann fand ich die Worte eines schnoddrigen Besteller-Autoren, der in der frühen Bundesrepublik weitestgehend allen bekannt war, heute hingegen längst in Vergessenheit geraten ist. Ich zitiere ihn gern. Es handelt sich um den (sehr) konservativen Joachim Fernau, und bevor sie gleich aufschrecken, von „kruden Thesen“ oder ähnlichem sprechen, darf ich Ihnen vorab versichern: das Geschilderte deckt sich inhaltlich weitestgehend sogar mit den Angaben bei wikipedia.de, und dann muss es ja stimmen, oder?

Joachim Fernau zum Panamakanal in „Halleluja“, Berlin 1977, S. 238 ff.

„Es war einmal ein französisches Projekt gewesen. Frankreich hatte zweihundertsechzig Millionen Dollar zum Fenster hinausgeworfen, als – der Kanal war erst zu einem Drittel fertig – die französische Gesellschaft Bankrott machte. Skandalprozesse hatten damals ganz Paris erschüttert, (…) und alle waren froh, als man 1888 die ganze Akte stillschweigend zu Grabe getragen hatte. Roosevelt fand das Projekt hinreißend. Er hatte selbst erlebt, wie höllisch der Weg der amerikanischen Flotte um Kap Horn zu den Philippinen und Hawaii gewesen war, und er war entschlossen, den Kongreß herumzukriegen. Es gelang ihm. (…) 1902 übernahm Amerika gegen eine Abfindung von vierzig Millionen Dollar alle Rechte der französischen Gesellschaft. Jedoch, man hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht; der Wirt war Kolumbien. Zwei kleine Paragraphchen hatte Teddy, der Harvard-Jurist, übersehen: Frankreich war nicht berechtigt gewesen, die Rechte weiterzugeben. Und der Vertrag lief überdies in einem Jahr aus. (…) Hier zeigte sich der Präsident nun als wahrer Rauh-Reiter. Er sattelte im Geiste sein Streitroß, und die Wallstreet schnallte ihm noch Sporen an, damit die Sache Schwung bekam. Er beschloß, das Gebiet dem »Zwerg« Kolumbien vollständig zu entreißen. Nun ist »entreißen« für so gute Menschen wie die Amerikaner ein Ding der Unmöglichkeit. Befreien, ja, oder befrieden, das ist etwas anderes; das ist geradezu eine amerikanische Mission. Der Geniestreich Teddy Roosevelts bestand nun darin, das Kanalgebiet reif für eine Befreiung zu machen. Sie sehen, welch moderner Geist er war. Er entfachte in der Provinz Panama eine »Revolution«, entsandte zu ihrer Unterstützung ein paar dicke Brummer der Flotte und ließ die Unabhängigkeit der Provinz ausrufen. Schon zwei Wochen später anerkannte man die »Republik Panama« und kaufte ihr für zehn Millionen Dollar die Zone von fünfzehnhundert Quadratkilometern als amerikanisches Hoheitsgebiet ab. Mir scheint, Sie haben ein paar böse Worte auf der Zunge? Nicht doch! Das steht uns nicht zu. Quod licet Jovi, non licet bovi. 1905 wurde Theodore Roosevelt wiedergewählt.“

Ich füge dem nichts hinzu. Schönen Sonntag!

LudgerK_CD

Mehr zu Ludger unter www.ludger-k.de

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