Wo der Mohr für Ärger sorgt

Über die skandalöse Abbildung von Afrikanern, Aktivistinnen, die vieles rassistisch finden, und neue Jobperspektiven für progressive junge Medienschaffende.

Was würde eigentlich passieren, wenn echte Rassisten die Macht in Deutschland übernähmen? Der Märtyrer und Kirchenheilige Mauritius müsste dann wahrscheinlich aus dem Stadtwappen von Coburg verschwinden. Das Bild von Uncle Ben von den Reispackungen. Im Rundfunk gäbe es Schlagzeilen wie: „Mohr sorgt für Ärger“. Migranten müssen sich öffentlich beschimpfen lassen. Manche, etwa Betreiber eines Restaurants, bekämen möglicherweise ungebetenen Besuch.

Beginnen wir mit Mauritius, geboren um 250 bei Theben in Ägypten, Patron von weltweit 850 Kirchen. Als Anführer der thebäischen Legion weigerte sich Mauritius zusammen mit seiner Truppe der Überlieferung zufolge, wie von Kaiser Maximian befohlen gegen Christen zu kämpfen und römischen Göttern zu huldigen. Der Kaiser verfügte die Vernichtung der gesamten Legion; Mauritius, seine Offiziere und Soldaten wurden hingerichtet. Mauritius gilt bis heute als Schutzpatron der Soldaten und vieler Handwerker. Der Heilige und Märtyrer wurde schon sehr früh als Afrikaner dargestellt. Bei der Mauritius-Steinfigur am Magdeburger Dom von etwa 1245 handelt es sich um die erste Darstellung eines Farbigen im deutschen Raum. In dem Wappen von gut einem Dutzend Städten findet sich St. Mauritius als Schutzheiliger. Seit 1570 auch im fränkischen Coburg.

„Mohr im Coburger Stadtwappen sorgt für Ärger“, meldet der Bayerische Rundfunk vor einigen Tagen ziemlich frei erfunden. Denn natürlich sorgt der Mohr überhaupt nicht für Ärger. Vielmehr sorgen zwei Frauen – beide nicht aus Coburg und bisher größerer öffentlicher Aufmerksamkeit entgangen – dafür, dass der Transmissionsriemen zwischen selbst noch dem abseitigsten Aktivistengehudel und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuverlässig surrt. Denn Juliane Reuther und Alisha Archie, laut BR „Initiatoren der Kampagne“, verlangen im Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung per Petition die Entfernung des Mauritius-Kopfs aus dem Coburger Stadtwappen. Die beiden, meldet der Sender, ohne zumindest ein bisschen Distanz durch indirekte Rede oder Zitat zu zeigen, „kritisieren die Darstellung eines dunkelhäutigen Menschen mit dicken Lippen und großem Ohrring als ein höchst rassistisches Überbleibsel der Kolonialzeit. In einem Brief fordern sie Coburgs Oberbürgermeister deshalb auf, die Stadt solle sich von dem Wappen distanzieren und ihrem Motto ‚Werte und Wandel’ gerecht werden.“

Damit dem BR-Publikum deutlich wird, dass es sich hier nicht um einen klassischen Bericht handelt, sondern um eine mediale Plattform dieser Forderung, heißt es, hervorgehoben als Zwischenüberschrift und ohne Anführungszeichen: Der Mohr, ein rassistisches Überbleibsel der Kolonialzeit

Welche Kolonialzeit mit welcher Kolonialmacht die beiden Initiatorinnen und der BR-Redakteur im Mittelmeerraum um 250 beziehungsweise in Coburg 1570 vermuten, bleibt unausgeführt. Wahrscheinlich halten sie „Kolonialzeit“ und „früher“ für Synonyme.

Da sie sich mit Geschichte nicht näher befassen, wussten sie wahrscheinlich auch nicht, dass eine politische Kraft den Mauritiuskopf schon einmal aus dem Stadtwappen getilgt hatte, weil der Mohr bei ihnen für Ärger sorgte: nämlich die NSDAP 1934. Sie ersetzte das Mauritiusbild durch ein Schwert mit Hakenkreuz. Im Jahr 1945 führte der kommissarische Nachkriegsbürgermeister in einer seiner ersten Amtshandlungen das Traditionswappen wieder ein.

Bei der Initiatorin Juliane Reuther – hauptsächlich kommen die passenden Zitate von ihr – schreibt wie ihre Kollegin Alisha für das Online-Magazin Noizz, mit dem die Axel-Springer AG versucht, im ähnlichen Stil wie das gerade gescheiterte SPIEGEL-Jugendformat Bento Klicks junger „woker” Großstadtprogressiver einzusammeln. Andere Überschriften bei Noizz lauten: „Umbenennung der Mohrenstraße – der Kampf geht in die nächste Runde“ und „Fünf fragwürdige Zitate von Horst Seehofer, die uns eindeutig zu rechtspopulistisch sind“.

Reuther, nach eigenen Angaben Redakteurin für „Popkultur, Politik und Feminismus“, kritisiert an dem Mauritiuswappen, „dass diese Merkmale, die man an diesem Mann sieht, sehr rassistisch geprägt sind“. Besonders missfallen ihr wie gesagt die dicken Lippen. Sollte es demnächst zur Errichtung von identitätspolitisch korrekten George-Floyd-Denkmalen kommen, dann ergeben sich für die Gestalter kaum lösbare Darstellungsprobleme.

Bis vor kurzem hätte man also Leute, die sich über die Darstellung von Schwarzen ärgern und sie beseitigen wollen, noch auf einer politisch ganz anderen Seite vermutet. Auch diese Gewissheit löst sich in der Säure der Identitätspolitik auf. Bis eben hieß es noch, die Darstellung Farbiger sei dann empörend, wenn sie als untergeordnete und naive Personen dargestellt werden. Damit wurde gerade die Verbannung des Films „Vom Winde verweht“ begründet.

Mauritius hatte als römischer Offizier sogar eine Führungsposition; als Schutzheiliger der Stadt Coburg und Patron hunderter Kirchen erfährt er Verehrung statt Herabsetzung. Sein Porträt ist genau so wenig rassistisch wie das Bild des stilisierten Uncle Ben auf den Reispackungen, das jetzt laut Unternehmen wegen Aktivistenprotesten überarbeitet werden soll, wahrscheinlich mit dem Ziel, ihn verschwinden zu lassen. Auch das Wort ’Mohr’ soll bekanntlich von Apothekenschildern und dem Schild der Mohrenstraße in Berlin getilgt werden. Das Wort ’Mohr’ leitet sich von dem griechischen mavros (μαύρος) ab, das so viel wie schwarz, dunkel oder gebräunt bedeutet. Als sich die Emanzipationsbewegung noch nicht in den Händen von Indentitätslinken befand, gab es in der afroamerikanischen Community der USA die Losung ’black is beautiful’. Wahrscheinlich wird auch dieser Solgan demnächst dekonstruiert.

Wo Mohren für Ärger sorgen, verschwimmen auch Begriffsgrenzen. Vor wenigen Tagen beschimpfte eine journalistische Aktivistin, tätig für öffentlich-rechtliche Sender, ehemals Trainee und Aktivistin der mit Staatsgeld unterstützten Neuen Deutschen Medienmacher,die Anwältin Seyran Ates und den Autor und Psychologen Ahmad Mansour als „Rassisten“, weil sie sich nicht der Solidaritätsadresse für die taz-Müllkolumnistin Hengameh Yaghoobifarah anschließen wollten:

Und eine andere Aktivistin definiert Hautfarben kurzerhand als Konstrukte und die weißwurstfarbene taz-Kolumnistin mit dem langen Namen in eine schwarze um:

Noch nie war es so leicht wie heute, Antirassist zu sein. Rassist allerdings auch. Es gilt zwar das Mantra, es gebe keinen Rassismus gegen Weiße. Zwei Zielpersonen mit Migrationshintergrund, die einen von Jan Böhmermann initiierten Aufruf kritisieren, können sich durchaus das Label ’Rassist’ einfangen. So, wie aus „Kolonialzeit“ ein allgemeiner Begriff für „früher“ geworden ist, bezeichnet „Rassist“ mittlerweile jemanden, der die Ansicht des linkswoken Juste milieu nicht teilt, während auf der anderen Seite jemand als progressive Meinungsschreiberin durchgeht, die im Bezug auf das Coburger Stadtwappen strukturell die gleichen Forderungen vorträgt wie die NSDAP 1934. Vielleicht ist ja das der so oft angeführte Alltagsrassismus.

In Berlin gibt es mittlerweile Bestrebungen, die Mohren- in George-Floyd-Straße umzutaufen. Angenommen, das würde passieren: Glauben die Aktivisten eigentlich, dass das den tatsächlichen Rassismus und ganz grundsätzlich die Konflikte in der Gesellschaft mildern oder gar auflösen würde? Wahrscheinlich nicht. Konfliktmilderung ist ja auch gar nicht ihr Ziel.

In der neuen Zeit des Antimohrenkampfes könnte möglicherweise auch der Betreiber des Kieler Fischrestaurants „Zum Mohrenkopf“ ungebetenen Besuch von Aktivisten bekommen. Er heißt Andrew Onuegbu, wanderte mit 20 aus Nigeria aus und lebt schon länger in Norddeutschland. Ihn stört der doppelte Mohren- beziehungsweise Mauritiuskopf am Restauranteingang nicht nur nicht, er erklärte auch mehrfach auf besorgte Nachfrage, er halte diejenigen – fast ausschließlich Weiße – die Kopf wie Bezeichnung für rassistisch erklären, für wirre Gestalten.

Aus Sicht einer Noizz-Redakteurin hat Onuegbu obendrein Schuld auf sich geladen, als er auch noch diese Auszeichnung annahm:

Die Gaststätte „Zum Mohrenkopf“ scheint die Corona-Zeit gut überstanden zu haben. Sie bietet sogar eine Ausbildung zur Fachkraft an:

Sollte die Noizz-Reaktion der sehr unvielfältigen, weil fast reinweißen und woken Bento-Belegschaft folgen, dann ergäben sich für die Geschickten unter ihnen unter Andrew Onegbus Aufsicht neue berufliche Perspektiven.

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Kommentare ( 37 )

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WGreuer
3 Jahre her

Es gibt offensichtlich immer mehr Linksgrüne, die einfach nur dumm sind. Die sind so unsagbar dämlich, dumm, verdreht, gehirngewaschen und verblödet, dass derartiges und Schlimmeres dabei raus kommt. Man weiß einfach nicht mehr, was man bei all dieser Dummheit sagen kann.
Ich befürchte, Bezmenov hatte Recht: die Gehirnwäsche dieser verdrehten Leute ist so komplett, sie erst dann erkennen wie falsch sie liegen, wenn die eigenen Leute sie an die Wand stellen.

Johann P.
3 Jahre her

Warum hat sich der Moderator Dieter Moor bei seiner Namensänderung nur auf den Vornamen beschränkt (Max Moor)? Max Mohr wäre doch mal ein klares Zeichen für die Black Lives Matter-Bewegung gewesen! Ach so, damals gab es diesen Mumpitz noch nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden, gell? 😉

Riffelblech
3 Jahre her

Wenn man nur ein paar Wochen zuwartet dann ist das Rassismusding genauso durch wie die Gretageschichte und die FFF Kids. vom Tisch Obwohl MMM immer wieder mühsam versuchen diesen Pudding aufzuwärmen.
Dann werden wir möglicherweise Reihenweise beschimpft wenn wir an der Fleischtheke anstehen . Und die Medien sind mit Hallo und purer Lust dabei .
Es bleibt wohl nichts anderes über als cool zu bleiben und die speziellen, immer beklopptteren Strömungen der Zeitangaben sich vorbei treiben lassen wie ein Stück Holz auf dem Wasser .

Franz Schroeder
3 Jahre her

Ist der weißen Weltbevölkerung eigentlich bewusst, daß sie mittlerweile die Minderheit stellt und ihre Tage gezählt sind?
Diese Entwicklung hat erst vor rund siebzig Jahren Fahrt aufgenommen und es wird bald keinen weißen Rassismus mehr geben.
Was wir gerade erleben ist der Beginn des schwarzen Rassismus unter der Dummen und unüberlegten Federführung grünlinker Ideologie.
Klar ist die schwarze Bevölkerung in USA und Europa noch eine Minderheit, aber Global gesehen schon lange nicht mehr.

Unsere Enkel werden die volle Auswirkung des Umkehrrassismus deutlicher spüren als ihnen lieb ist.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Franz Schroeder

Die Analyse von Jordan Peterson dazu: https://twitter.com/M_T_Franz/status/1276764887562289152

Jasmin
3 Jahre her

Bin ich jetzt auch Rassist, weil ich gerne Mavro Daphne trinke? Oder weil ich die Tendenz habe, wenn ich in der Sonne liege, eher braun als schwarz zu werden? Oder bin ich dann eher Nazi? Ist es mir noch erlaubt, schwarze Klamotten zu tragen, oder darf ich jetzt kein weiß mehr tragen? Muss ich jetzt wie CR rumrennen, damit ich niemanden verletze (außer meinen Augen beim Blick in den Spiegel)? Sind Schwarzwurzeln noch erlaubt? Muss ich meinen Kater rasieren, weil der schwarz ist, oder sollte ich ihn ins Tierheim geben? Könnt ewig so weitermachen, aber ich will den antirassistischen Sufragetten… Mehr

Timur Andre
3 Jahre her

Köln müsste auch umwappnen, die Heiligen Drei…alle aus dem Mittleren Osten

Bummi
3 Jahre her

Diese Aktivisten bei denen inzwischen jeder Rassist ist gehören in eine Anstalt und sollten auf ihren Geisteszustand untersucht werden. Nach der unsäglichen Indoktinierung in der DDR durch die Partei im Besitz der absoluten Wahrheit kommen wir immer näher an diese Zustände. Fürterlich. Aber man soll ja nicht Boshaftigkeit unterstellen wenn es nur bloße Dummheit ist.

Mike
3 Jahre her

Nicht mehr zu steigern ist der Irrsinn dann, wenn Angehörige der Religion des Islam, selbst dann wenn sie mit ihrer Religion nichts am Hut haben sollten, als Pauschalankläger auftreten gegen Kolonialismus, Sklavenhandel, rassistische Unterdrückung von Minderheiten und für Black Lives Matter. Wir sprechen diese Ankläger wohlwollend frei von einer Kollektivschuld an dem brutalen historischen Kolonialismus, der menschenverachtenden Sklaverei, die es im Islam immer gab und die ihm erst von Weißen mit Gewalt verboten werden musste, als Weiße endlich damit aufhörten, nachdem sie vorher gern von den Arabern gekauft hatten. Von der rassistischen Unterdrückung der Mindeheiten in islamisch dominierten Ländern fast… Mehr

Olaf W1
3 Jahre her

Ja, danke für diesen Einblick. Nach intensiver Selbstreflektion füge ich mich und gestehe offen: ICH BIN RASSIST! Und das ist gut so! Der westlichen Welt scheint es so gut zu gehen, dass wir uns solche Debatten und deren „Auslebung“ leisten, den ganzen links-grün angehauchten verkrachten Existenzen das Wort überlassen und diese mittels „freien Wahlen“ noch in Amt und Würden bringen. Krank ist für unsere Zeit gar kein Ausdruck mehr. Perverser Exzess trifft es eher. Und das gegen gesunden Menschenverstand. Aber was „Georg-Maßen“ ich mir an? Ich bin ein rückständiger Rassist. Was ich den Schwarzen/Muslimen/Migranten/Grünen/Linken/Gutmenschen zu sagen hätte, steht heute unter… Mehr

Peter Silie
3 Jahre her

Einfach mal auf YouTube nach unser Lehrer Dr. Specht – political correctness suchen. Das ist sehr erhellend.
https://youtu.be/qMuM4glK2iA