Söder als Kanzler durch die Hintertür? Wenn Wahlparolen keine Rolle mehr spielen

In der Union rumort es: Jetzt wird offenbar versucht, Markus Söder mit der Jamaika-Verhandlung zu beauftragen. Dass der überhaupt als Kandidast firmierte, spielt für die Union keine Rolle mehr. Die Führungsriege, die das alles versemmelt hat, findet in Laschet das ideale Bauernopfer.

IMAGO / Political-Moments

In der Union rumort es: Wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf CDU/CSU-Kreise berichtet, soll es in der Parteienfamilie Bestrebungen geben, eine Jamaika-Koalition unter einem Unionskanzler voranzutreiben. Doch dieser Unionskanzler soll nicht Laschet sein: Stattdessen soll Söder gedrängt werden, das Zepter an sich zu reißen, und sich im Zweifel für die Wahl zum Bundeskanzler aufstellen zu lassen. Söder, der stets beliebter als Kanzlerkandidat Laschet war, hatte sich in der parteiinternen Auseinandersetzung am Ende nicht gegen den CDU-Parteiapparat durchsetzen können.

Bundestagswahl 2021
Ein Wahlergebnis ohne Regierungsauftrag
Jetzt, nach dem tiefen Fall Armin Laschets, erkennen Söder-Fürsprecher die Chance, den Franken nachträglich doch noch auf den Schild zu heben. Rückenwind bekommen diese Gedankenspiele von den Grünen: Dort zeichnet sich ab, dass Robert Habeck nach dem desaströsen Wahlkampf Annalena Baerbocks nun wieder in den Vordergrund drängen könnte. Auch Christean Wagner, Mitbegründer des Konservativen „Berliner Kreises“ der CDU/CSU, hat öffentlich solche Überlegungen angestellt. Zwar müsse Laschet kein schlechter Kanzler sein, meint das CDU-Urgestein: Aber Friedrich Merz oder eben Markus Söder könnten genauso eine Regierung führen. Die Sägegeräusche an Laschets Stuhl sind nicht zu überhören – genauso wie das Zähneklappern vieler Unionspolitiker aus Angst vor dem endgültigen Absturz der Partei. Die Rechnung Söders könnte darauf aufbauend einfach sein: Vielleicht haben Habeck oder Lindner am Ende gar keine Lust auf Scholz und Esken. Dann könnte er sich, ganz im Söder-Stil, von vorgeschickten Unionspolitikern „bitten lassen“ – und diesmal erfolgreich zugreifen.

Söder hatte gegenüber Laschet immer die besseren Beliebtheitswerte: Doch auch er hat die Wahl verloren und mit 31,7 Prozent der Zweitstimmen in Bayern das schlechteste CSU-Bundesergebnis aller Zeiten eingefahren. Auch wenn Kandidat Laschet daran sicherlich seinen Anteil hatte: Söders One-Man-Show in Bayern kam wohl auch nicht gut an. Der Ministerpräsident und seine CSU-Lakaien stichelten immer wieder gegen den Unionskandidaten Laschet – bis die CSU aufhörte, gegen ihren eigenen Kanzlerkandidaten Wahlkampf zu machen, vergingen Wochen. Wochen, in denen sich wohlmöglich viele Wähler genervt von den Schwarzen abwendeten. Doch jetzt soll der ungeliebte Kanzlerkandidat als Sündenbock vom Hof gejagt werden – als Bauernopfer, das von den wahren Problemen der Union ablenkt. Denn der Kern des Problems der schlechten Werte von CDU und CSU war nie Laschet.

Weder Scholz noch Laschet haben das Sagen
Bundestagswahl: Entschieden ist – nichts!
Doch diese Erzählung soll nun gestrickt werden. Die bitter notwendige „Erneuerung“ der Union – sie soll ohne Armin Laschet geschehen, so scheint es längst beschlossene Sache zu sein. Doch die Köpfe, die sich nun in den Vordergrund drängen, sind alles andere als neu. Heute Nachmittag kommt die Unionsfraktion zusammen, um ihren Vorsitzenden zu wählen. Der Amtsinhaber Ralph Brinkhaus hatte Laschet mit seiner Bitte nach einer Verschiebung der Wahl eiskalt auflaufen lassen. Den möglichen Weg in die Oppositionsführung will Brinkhaus sich selbst sichern – und ihn damit Laschet verbauen. Sollten heute letzte Versuche, die Wahl aufzuschieben, scheitern, dürfte es zur Kampfkandidatur innerhalb der Fraktion kommen: Es gilt als sicher, dass auch Norbert Röttgen dann Anspruch auf die Fraktionsführung erheben würde. Auch Jens Spahn könnte seinen Hut in den Ring werfen – im Machtvakuum nach der Wahl droht der Hahnenkampf.

Doch Brinkhaus, Söder und Spahn sind alles andere als neu oder unverbraucht. Im Gegenteil – sie sind die führenden Köpfe der Unionspolitik der letzten 16 Monate. Als Gesundheitsminister hatte Spahn federführenden Anteil an der desaströsen Coronapolitik – einer Coronapolitik, die von Markus Söder als oberstem Lockdown-Paladin mitgetragen und von Brinkhaus in polemischster Art und Weise im Bundestag verteidigt wurde. Erneuerung ist das nicht – eher die altbekannte Truppe, die nach den letzten verbleibenden Pfründen greift. Die Hoffnung auf nochmal vier Jahre Ministerämter und Dienstwagen stirbt eben zuletzt. Sollte zu diesem Zwecke am Ende doch noch Söder als Ritter in aufpolierten Rüstung die Union von einem schlechten Wahlergebnis in eine Regierung retten, wäre das zwar demokratiepolitisch wenig schön. Aber wie schon die Berufung von Urusla von der Leyen zur Kommissionspräsidentin zeigte: Wenn es um Macht geht, war halt alles andere nur PR und Propaganda.

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Kommentare ( 84 )

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84 Comments
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Britsch
2 Jahre her

Alle Vorgänger in der CSU waren besser als Söder.
Für andere Parteien ist natürlich Söder besser.
Man muß Csu Angehörigen nur klar machen daß Söder gut ist
und somit am Ruder bleibt.
Die Anderen bekommen automatisch ehemalige CSU Wähler

Georg J
2 Jahre her

Noch ein Wort zu Söder: er ist eine „Megaegomaschine“. Wenn er sagt „das Land braucht…“, dann meint er in Wirklichkeit sich selbst. Dieser Wahlkampf hat gezeigt, dass Söder zum Glück nicht Kandidat wurde, er ist einfach nicht teamfähig und darüber hinaus ein Verwandlungskünstler bei dem man nie einschätzen kann wie er bei Änderungen der Lage reagiert. Der Mann ist weder teamfähig, noch zuverlässig, noch vertrauenswürdig. Die Art und Weise wie er mit dem Kandidaten Laschet umgegangen ist und bis heute umgeht hat Söder als einen charakterlich nicht geeigneten Spitzenkandidaten gezeigt. Ich bin mir sicher, er wird bei der nächsten Landtagswahl… Mehr

andreas donath
2 Jahre her

Sie werden es aber gerade nicht tun und weiter vor sich hin merkeln. Und damit verdientermaßen untergehen. Die Unionsparteien sind tot, sowas von tot. Merkel hat ihnen ein tiefes Grab geschaufelt und sie haben ihr dienstbeflissen 16 Jahre lang die Schaufeln dafür geliefert.

frechdachs
2 Jahre her

Es sind, so wird das auch jetzt wieder ganz deutlich, die Parteien die unser Land zugrunde richten. Der Parteienstaat mit seinen „Parteisoldaten“ ist neben der grauen Frau die Wurzel allen Übels uns wird uns so weiter übel mitspielen.

Markus Termin
2 Jahre her

Man darf nicht vergessen, dass Söder in Bayern selbst Federn an die Freien Wähler gelassen hat, und zwar nicht zu knapp. Abzüglich der Nichtwähler wollen ca. 2/3 der Bayern Söder nicht. Die FW sind in Bayern in etwas das, was die CSU mal war. Wenn das bayerische Politbüro ihn mit 80+ % bestätigt, ist das nur Pfeifen im Walde.

IdonotloveMoerkl
2 Jahre her

Der riesige rosa Elefant im Raum wird geschont: Merkel ist alleinverantwortlich für die Dekonstruktion der CDU. Zu 100%.

Demokratius
2 Jahre her

Hatte Marco Wanderwitz mit den „diktatursozialisierten Ostdeutschen“ etwa ausschließlich Merkel gemeint? Dann hätten wir Sachsen ihn gründlich missverstanden.

Demokratius
2 Jahre her

Marco Wanderwitz (running gag) hat, genau wie Veronica Bellmann, sein Direktmandat an die AfD verloren. Die pauschale Diffamierung der Ostdeutschen als Diktatursozialisiert und für die Demokratie ungeeignet haben dazu beigetragen, dass die CDU gerade in Sachsen für die Masse der Menschen unwählbar geworden ist. Dennoch wird er aufgrund seines hervorragenden Listenplatzes wieder in den nächsten Bundestag einziehen. Bellmann dagegen, die ich persönlich sehr schätze, weil sie sich als eine der Wenigen der Abgeordneten ihr konservatives Profil bewahrt hat, hat leider keine Chance mehr auf einen Sitz. Gehorsame, Merkel verpflichtete Parteisoldaten werden aufgrund des Proporz weiter den Merkelismus vertreten. Hoffnung auf… Mehr

Weiss
2 Jahre her
Antworten an  Demokratius

Für mich ist die CDU keine patriotische und konservative Partei mehr und aus diesem Grunde mausetot. Sie kann sich in ihrer Bedeutungslosigkeit nur noch an der Macht klammern. Die harte Oppositionsbank könnte möglicherweise zur Selbstzerfleischung der CDU und zu innerparteilichen Richtungskämpfen führen, da sie ja dann auch wegen der AfD im Rücken ein eigenständiges konservatives und patriotisches Profil entwickeln müßte ? Warum also weiter als CDU an der No Border und No Nation Politik der NWO festhalten und den demokratischen Nationalstaat Deutschland beschädigen ? Es könnte schon so sein, dass nicht alle CDU-Politiker den Kurs der Selbstzerstörung weiter fortsetzen wollen… Mehr

Dagmar
2 Jahre her

Wer nun gerade an die Macht kommt in der Politik spielt kaum noch eine Rolle: Der Bürger hat eigentlich keinen Einfluss mehr auf die große Politik, er kann nur die Kandidaten wählen, die ihm vorgesetzt werden, und das sind immer dieselben Personen. Viele Bürger spüren das uns sind frustriert! Beispiel Corona: Ein IT-Fachmann hat seine Recherchen über die weltweiten Corona-Netzwerke und deren Finanzierung bei einer Unternehmensberatungsfirma im Internet veröffentlichen lassen. Vermutlich gibt es diese Netzwerke schon seit 2016, geführt von einem harten, kleinen Kern von Insidern. Diese Netzwerke sind gigantisch, unzählige Player in diversen Hierarchien werkeln dort an der Corona-Agenda.… Mehr

meckerfritze
2 Jahre her

CDU und CSU sollten getrennte Wege gehen.

andreas donath
2 Jahre her
Antworten an  meckerfritze

Deswegen wäre trotzdem keine der beiden Parteien für einen freiheitsbewussten Konservativen mehr wählbar. CDU und CSU sind nur noch etwas für betreute Denker.