„Die Wissenschaft“: Die Coronakrise widerlegt einen großen Irrtum

Die Uneinigkeit der Mediziner in der Coronakrise zeigt: „Die Wissenschaft“, die von Grünen, Fridays for Future und der Klimaschutzbewegung ständig beschworen wird, gibt es nicht. 

imago images / IPON
Demonstranten der Initiative Science for Future vor dem Kanzleramt am 15.11.2019

Vor der Corona-Krise wurden wir täglich belehrt, die Politik solle sich endlich nach „den Erkenntnissen der Wissenschaft“ richten und die Klimapolitik nach diesen unumstößlichen und gesicherten Erkenntnissen ausrichten. Grüne, Greta und „Fridays for Future“ tun dabei so, als würden alle Wissenschaftler eine einheitliche Meinung vertreten und die Politik müsse nichts anderes tun, als diese Meinung umzusetzen.

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Laien stellen sich Wissenschaft in der Tat genau so vor – als Ansammlung gesicherter, endgültiger und unumstrittener Wahrheiten. Jeder Wissenschaftler weiß, dass das Blödsinn ist. Wissenschaft ist eben keine Ideologie oder Religion mit unumstößlichen und unstrittigen Wahrheiten. Bertrand Russell, der große Mathematiker, Philosoph und Logiker meinte: „Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten.“ Wissenschaft soll um Erkenntnis der Wahrheit und Wirklichkeit ringen, aber dies geschieht in ständigen Kontroversen. Der Wissenschaftstheoretiker Karl Popper formulierte das so: „Unsere Theorien sind unsere Erfindungen. Sie sind nie mehr als kühne Vermutungen, Hypothesen; von uns gemachte Netze, mit denen wir die wirkliche Welt einzufangen versuchen.“

Was für Wissenschaftler selbstverständlich ist, merkt jetzt eine breitere Öffentlichkeit, die sich verwundert die Augen darüber reibt, dass „die“ Virologen und Epidemiologen eben nicht einer Meinung sind, sondern ständig streiten, und dass das, was heute als gesicherte Erkenntnis gilt, morgen im Lichte neuerer Erkenntnisse schon wieder anders gesehen wird. 

Das Märchen vom 97-Prozent-Konsens 

Merkel, Guterres und Co.
Mit einem einzigen Virus nicht fertig werden, aber der Natur das richtige Klima vorschreiben
Grüne behaupten, beim Thema Klimawandel sei das anders – und nicht nur sie. Die Bundesregierung erklärte 2019 in Beantwortung einer Anfrage im Bundestag, „99,94 Prozent“ der Wissenschaftler seien sich beim Thema Klimawandel einig. Solche Zahlen sollen suggerieren: Wer diesen unstrittigen Konsens, der angeblich von 97 oder sogar von 99,94 Prozent der Wissenschaftler geteilt werde, nicht teile, könne nur ein kompletter Ignorant und Blödmann sein bzw. ein schlimmer „Klimawandelleugner“.

Wer sich näher mit dem Thema befasst, weiß, dass diese Zahl eine grobe Irreführung darstellt, die suggerieren soll, dass es hier eine Einheitlichkeit gibt, die es in Wahrheit aber nicht gibt. Ich empfehle dazu diesen sehr guten Artikel im Spiegel, der das Märchen vom Konsens zum Thema Klimawandel widerlegt.

Hier heißt es zu der australischen Studie des australischen Wissenschaftlers John Cook, auf die sich die „97-Prozent-Konsens“-These stützen soll: 

„Das Ergebnis: Weniger als ein Prozent der Studien widersprachen ausdrücklich dem Einfluss des Menschen. Gut zwei Drittel hatten keine Position zu dem Thema – sie blieben außen vor. Das Resümee von Cook und seinen Kollegen: 97 Prozent legten einen menschlichen Einfluss zugrunde. Die Studie belegt also lediglich eine Banalität: Wissenschaftler sind sich weitgehend einig, dass der Mensch zur Klimaerwärmung beiträgt. Selbst hartgesottene Kritiker der Klimaforschung zweifeln nicht an dem physikalischen Grundsatz, dass Treibhausgase aus Autos, Fabriken und Kraftwerken die Luft wärmen. Zu den eigentlich entscheidenden Fragen jedoch macht die Cook-Studie keine Aussage: Wie groß ist der menschengemachte Anteil am Klimawandel? Und wie gefährlich ist der Klimawandel? Die bedeutendsten Fragen der Umweltforschung sind weitaus schwieriger zu beantworten – und hier gehen die Meinungen der Wissenschaftler weit auseinander. Die Kontroversen und Unsicherheiten dazu dokumentiert sorgsam der aktuellen Klimabericht auf Tausenden Seiten.“

Natürlich ist das Thema Klimawandel keine Ausnahme davon, wie Wissenschaft funktioniert. Die naive Meinung der „Fridays for Future“-Kids und grüner Ideologen, wir müssten uns nur alle sofort nach dem ausrichten, was „die Wissenschaft“ uns sagt, ist Ausdruck eines grundsätzliches Missverständnisses über das Wesen der Wissenschaft. In der Corona-Krise wird das deutlich. Es gibt weder eine einheitliche Meinung über die Sachverhalte noch darüber, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind. Aber bitte glauben Sie nicht, dass die Grünen (wobei ich nicht nur die gleichnamige Partei meine, sondern die Anhänger des grünen Zeitgeistes, die Medien und Politik beherrschen) diese Lehre aus Corona ziehen werden. Ideologen lassen sich niemals durch die Wirklichkeit belehren, sonst wären sie keine Ideologen. 

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Kommentare ( 61 )

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Karl Schmidt
3 Jahre her

Die Grünen verwechseln Naturgesetze mit Wissenschaft. Natürlich hat sich die Wissenschaft lange mit Naturgesetzen beschäftigt – aber nicht nur. Und selbst bei Anwendung von Naturgesetzen ist nicht alles vorhersagbar oder zu berechnen: Schauen Sie mal, für welchen Zeitraum das Wetter für Ihren Wohnort vorhergesagt wird. Die Grünen nehmen für sich in Anspruch insoweit weltweite Prognosen über Jahrzehnte erstellen zu können – und sind den „Wissenschaftlern“ damit weit voraus.

cmh ungefragt
3 Jahre her

Möglicherweise liegt das daran, dass die meisten nicht auf die Idee kommen, dass es etwas anderes als die Theologie sein könnte, wenn sich die Theologen des gar nicht so finsteren Mittelalters und die ach so aufgeklärten Wissenschafter von hier und heute gleich deppert verhalten. Es dürfte sich bei den Gründen wohl eher um um ein zeitloses und menschliches Ungenügen handeln und nicht um „die“ Theologie. Ja dieses Gerede und dieser Hochmut machen die mögliche und erforderliche Selbsterkenntnis unmöglich. Denn wenn es im Mittelalter die Theologie war, die die Pest gebracht hat, dann können es heute auch nicht die mündigen Bürger… Mehr

meckerfritze
3 Jahre her

Ich würde eher sagen: Deutsche lassen sich nie durch die Wirklichkeit belehren. Das sieht man auch, wenn man in die Geschichtsbücher schaut.

Entenhuegel
3 Jahre her

Wer sich die legendäre „97%-Studie“ näher anschaut, muss selbst als Nicht-Wissenschaftler entsetzt sein über die offenkundig zielgesteuerte Methodik derselben, die schon statistisch gesehen eine Beleidigung all dessen ist, was methodisches bzw. wissenschaftliches Arbeiten ausmacht. Man scheidet 2/3 der Grundgesamtheit (Artikel in Wissenschafts-Webseiten mit Stichwort „Klimawandel“), da ohne erkennbaren Aussagetrend, willkürlich aus (auch Nicht-Entscheidung ist und bleibt eine Aussage), sucht sich dann diejenigen heraus, die einen anthropogenen Klimawandel zu 100% ausschließen und ordnet dann willkürlich alle übrigen Aussagen als Zustimmung zum menschengemachten Klimawandel ein. Dabei verzichtet man freilich auf jede qualitative Betrachtung der „Zustimmende“ Artikel. So türkt man sich 97% oder… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her

Sehr schöner Artikel. Wissenschaft ist Hypothese und Falsifikation oder Verifikation derselben. Dies setzt einen weitläufigen und fortlaufenden Diskurs voraus. Spätestens seit das grüne Establishment die angebliche Einigkeit der Wissenschaftler beim Thema Klimawandel verkündet hat, den Diskurs für beendet erklärte und die Welt in Klimaretter und „Klimawandelleugner“ (die Ähnlichkeit zum bekannten Wort „Holocaustleugner“ ist wohl kein Zufall) unterteilt hat, ist das Kind in den Brunnen gefallen, denn zweifelsfrei bewiesen ist bis heute: NICHTS. Außer einem: Dass der Mensch das Klima erwärmt, steht außer Frage. Die Fragen sind: Wie tut er das, was ist dafür ursächlich, wie relevant ist das alles beim… Mehr

pcn
3 Jahre her

465 Moleküle heizen ..ach, was sag‘ ich..verbrennen die Erde…und alle die schönen Modellrechnungen, wo man meint, der Computer sei der Idiot und nicht der, der davor sitzt. Mann, was hab‘ ich da schon erlebt. Aber Fakt ist doch, seien wir froh, dass wir in einer relativen Warmzeit (noch) leben dürfen. Was glotzten diese FfF-Kids, wenn sie vor lauter Hunger in die leere Bratröhre guckten. Dagegen hilft auch kein Smart Phone. Wenn sich die Sonne abkühlt, bis jetzt zwar noch nicht einwandfrei wissenschaftlich abgesichert, dann werden die meteorologischen Werte für’s Klima anders ticken; auch für die Spinner von der esoterischen Klimasekte.… Mehr

Wolfgang Brauns
3 Jahre her

Schade, wenn der Autor sich nicht an die „eigenen Regeln“ hält.
Erst völlig richtig feststellen, „Wissenschaft soll um Erkenntnis der Wahrheit und Wirklichkeit ringen.“
Dann aber in einem Satz schreiben: „dem physikalischen Grundsatz, dass Treibhausgase aus Autos, Fabriken … wärmen“.
Was auch der hartgesottenste Klimarealist nicht widerlegen kann (leugnen schon eher), ist die physikalische Erkenntnis, daß CO2 in bestimmten Frequenzbanden Infrarotstrahlung „aufnehmen“ kann.
Aber welche konkreten Auswirkungen diese, quasi labormäßige, Erkenntnis dann auf das Chaos-System Wetter und Klima hat, entzieht sich bisher jeglicher physikalisch exakter Quantifizierung.
Schließlich heißt es ja sogar bei den 97% auch immer noch halbwegs korrekt „TreibhausTHEORIE“.

StefanB
3 Jahre her

„Die naive Meinung der „Fridays for Future“-Kids und grüner Ideologen, wir müssten uns nur alle sofort nach dem ausrichten, was „die Wissenschaft“ uns sagt, ist Ausdruck eines grundsätzliches Missverständnisses über das Wesen der Wissenschaft.“

Er handelt sich nicht um ein „tiefes Missverständnis“, sondern um bösartige Absicht zur bewussten Täuschung der Öffentlichkeit und damit Wähler zum Zwecke der eigenen Bereicherung. Oder einfacher ausgedrückt: Betrug.

herbert b.
3 Jahre her

„Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist
oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die
er aufgewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht
den Werth des Menschen.“ [G.E. Lessing]

Anna Log
3 Jahre her

Das hängt davon ab, wieviel Macht diese „Minderheit der Minderheit der Minderheit“ hat und wieviele, und mit welcher Machtpossition ausgestattet, sich ihnen entgegenstellen. Bleibt die große Mehrheit tatenlos, so hat diese kleine Minderheit freie Bahn.