Blackout – oder der Tod in der Thermoskanne

Ein auf preisgünstige und verfügbare Energie angewiesenes Industrieland redet über Vorbereitung auf einen Blackout wie über die Ausgestaltung der nächsten Ferien. Eine durchgedrehte Regierung kümmert sich nicht um sichere Energieversorgung, sondern provoziert Mangel und Abwürgen der Energieproduktion.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Mittlerweile sagt auch der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, was sämtliche Spatzen von allen Dächern pfeifen: „Wir können flächendeckende Stromausfälle nicht ausschließen.“ Vor allem, wenn die in diesem Jahr verkauften 650.000 Heizlüfter gleichzeitig ans Netz gehen, gebe es dafür nicht mehr genügend Strom, meint er. Jeder Bürger müsste sich vor Augen führen, was passiert, wenn kein Strom fließt, sagt er tatsächlich.

Ein auf preisgünstige und verfügbare Energie angewiesenes Industrieland redet über Vorbereitung auf einen Blackout wie über die Ausgestaltung der nächsten Ferien. Eine vollkommen durchgedrehte Regierung kümmert nicht eine sichere Energieversorgung, sondern sie provoziert Mangel, Not und Abwürgen der Energieproduktion. Das hat Auswirkungen, die man spätestens merkt, wenn das Rolltor der Garage nicht mehr aufgeht, weil kein Strom mehr da ist, und man nicht mehr wegfahren kann.

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Habeck & Co preisen derzeit Wärmepumpen an. Heiztechnikhersteller schauen sowieso schon ganz neidisch auf Big-Pfizer-Pharma. Was die mit politischer Schützenhilfe absahnen, muss doch auch im Hausenergiesektor möglich sein. So wird alle Jahre eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Vor einiger Zeit sollten es Pellet-Heizungen sein, weil sie angeblich als so CO2-neutral gelten. Abgesehen vom sehr energieaufwendigen Herstellungsprozess sorgen in den Heizungsanlagen Motoren und Gebläse dafür, dass die Holzschnitzel aus dem Vorratsbehälter in die Brennkammer transportiert werden. Doch ohne Strom dreht sich kein Motor und kein Gebläse.

Jetzt sind Wärmepumpen angesagt. Das sind umgekehrte elektrische Kühlschränke, die ein bisschen Wärme aus der Erde, dem Grundwasser oder sogar der Luft heraussaugen. Dafür müssen sich ebenfalls Motoren, Pumpen und Gebläse bewegen, häufig so laut, dass es für ausgedehnte Nachbarschaftsstreits reicht. Sie werden angetrieben – durch elektrischen Strom. Ohne Strom versagt die Umwälzung und das wärmepumpenbeheizte Haus bleibt kalt.

Die Energiedifferenz ist vor allem im Winter ziemlich dünn oder nicht mehr vorhanden. Deshalb muss elektrisch durch eine Art Tauchsieder zugeheizt werden. Doch auch hier: Wieder mal ohne Strom nix los, das Haus bleibt weiterhin kalt.

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Smart soll das Heim schon lange werden. Fenster öffnen und schließen per App, Gardinen auf und zu, Licht an und aus – das sind die in PR- und mittelklassigen Tech-Texten oft und gern vermittelten Zukunftsvorstellungen. Ohne App funktioniert nichts mehr. Die Haustechnik ist über ein Computer-Bussystem verbunden. Schnell ein paar Bits zur Deckenbeleuchtung geschickt und schon wird sie gedimmt. Aus der Ferne geprüft, ob alle Fenster geschlossen sind oder ob die Waschmaschine noch läuft – kein Problem mit Strom. Doch ohne Strom lassen sich keine Türen öffnen, Fenster mehr schließen, Lichter löschen.

Hübsch wird es bei Stromausfall auch im sogenannten Null-Energiehaus zugehen. Dieser Energiestandard für Gebäude soll nach den Vorstellungen des Industrieausschusses des EU-Parlaments zumindest für alle öffentlichen Gebäude gelten. Idee: Das Haus, in das außer beim Bau keine Energie mehr hineingesteckt werden muss. Dazu ist das Gebäude wie eine Thermoskanne so rundum abgeschirmt, dass keine Energie mehr verloren gehen soll. Luftaustausch durch Wände und undichte Fenster soll es nicht mehr geben. So jedenfalls der ideologische Ansatz, bei dem Fenster – außer denen in südliche Richtungen – auf Schießschartengröße verkleinert werden, die sich auch kaum noch öffnen lassen.

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Denn Fenster öffnen, frische Luft hineinlassen – wie schrecklich, geht doch dabei Wärme verloren. Luft wird stattdessen durch dünne Rohre und Filteranlagen geführt, frische Luft atmet man gewissermaßen durch Strohhalme. Die sogenannte „Luftwechselrate“ ist fest definiert, „Lüftungswärmeverluste“ sollen verschwinden. Jedes Fünkchen Wärme aus Waschmaschine, Geschirrspüler und sonstigen Ablüftern soll über Wärmetauscher an die hereinkommende Luft abgegeben werden. Kontrollierte Wohnraumlüftung nennt man das im Gegensatz zur old fashioned „freien Wohnraumlüftung“, bei der noch Fenster geöffnet werden können. Doch irgendwas läuft schief, wenn an warmen Darmwinden die Welt genesen soll.

Das funktioniert nur mit einem ausgeklügelten System an Ventilatoren, Filtern und Mess- und Steuerungstechnik. Dies bedeutet auch: keine Ventilatoren ohne Strom, keine Lüftungstechnik, keine Frischluft mehr von außen. Fenster öffnen geht meist auch nicht mehr. Innen sammelt sich verbrauchte Luft. Blackout – oder der Tod in der Thermoskanne.

Vielleicht können Noch-nicht-solange-hier-Lebende Beratungsstellen aufmachen, wie man mit Stromausfall am besten umgeht, wie es ganz ohne Strom geht. Damit kennt man sich in vielen Ländern aus. Energiewende heißt, von der Dritten Welt lernen. Der Rat muss ja nicht gleich sein, die Dielenbretter zu verfeuern.

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Kommentare ( 59 )

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Waldorf
1 Jahr her

Im Neubaubereich ist gute Dämmung (außen) sicher sinnvoll und Wärmepumpen haben dort sicher auch ihre Berechtigung. Problematisch bleibt der Winter, in dem dann über „den Tauchsieder“ rein elektrisch geheizt wird, mit einigen KW, Wärmepumpen und Minusgrade sind und werden keine großen Freunde. Darauf hat der Autor zurecht hingewiesen, der deutsche (Mittel/nordeuropäische) Winter ist keine gute Wärmepumpenzeit, ihr 3-facher Hebel (Strom-Energieeinsatz, Wärmeausstoß) ist dann Null, d.h. Wärme wie Strom vorhanden ist, woher auch immer. Die schon vorhandenen Akkus (ca 1000€ pro kw/h) lassen sich dem Bedarf wie Module koppeln, nur bringt eine PV Anlage im Winter natürlich weniger Leistung, da die… Mehr

Peterson82
1 Jahr her

Was auch immer dem Autor über die Leber gelaufen ist oder warum auch immer einen Drang dazu hat alles Moderne zu verteufeln. Ich verstehe es nicht. Erstens: Auch mit einer klassischen Gas-Therme bleibt die Wohnung ohne Strom kalt. Es laufen keine Umwälzpumpen und damit auch keine Wärme in den Heizkörpern. Zum Niedrigenergiehaus: Diese Häuser haben in der Regel PV und in wenigen Jahren Speicher. Der Verbrauch dieser Häuser ist so gering, dass selbst Bewohner selbst und elektrische Verbraucher dazu beitragen, dass es ausreichend warm in der Bude ist. Luft durch einen Strohhalm und Thermoskanne? Mir erscheint es, der Kollege ist… Mehr

AchNee
1 Jahr her
Antworten an  Peterson82

Dann fragen Sie doch Ihren Kollegen mit der Wärmepumpe einmal, ob er die fehlenden 40% seines Energiebedarfes rein zufällig dann zukaufen muss, wenn er die Wärmepumpe am dringendsten benötigt (Winter).

Michael Palusch
1 Jahr her

Es wird immer absurder!
Habeck sagte in Lubmin, wir erinnern uns, das ist da wo NS2 ungenutzt darauf harrt ihrer Bestimmung nachzukommen, Deutschland könne gut durch den Winter kommen.
Dafür gibt’s nur zwei kleine Voraussetzungen, wir müssen gaaaanz viel Energie sparen und… das Wetter muss mitspielen!
Wann wird es soweit sein, dass wir den Wettergott wieder anbeten und ihm Opfer darbringen müssen?
Mal ganz im Ernst:
Der Wirtschaftsminister des Ex-Exportweltmeisters Deutschland predigt Askese und hofft auf gutes Wetter!
Mehr Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit, der Programm gewordenen Hilf- und Planlosigkeit geht kaum.

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
StefanB
1 Jahr her

Nebenbei noch diese Meldung zur EZB als POLITISCHER Akteur in Sachen „grüner Transformation“:

EZB: Neues Klima-Scoring für Unternehmen

„Die jedem Unternehmen zugewiesene Klimapunktzahl soll allerdings nicht transparent gemacht werden. „Ein Ziel ist es, das Risiko des Eurosystems gegenüber klimabedingten finanziellen Risiken zu verringern“, erklärte die EZB zu ihren Plänen. Die Maßnahmen dienten der grünen Transformation der Wirtschaft und stünden im Einklang mit den Klimaneutralitätszielen der Europäischen Union.“

—> Wann folgt die Klimapunktzahl (= Scoring) für natürliche Personen (= „Verbraucher:innen“)?

https://app.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/zentralbank-ezb-banken-sollen-kapitalplaene-im-abschwung-ueberpruefen-neues-klima-scoring-fuer-unternehmen/28690172.html

Karl Schmidt
1 Jahr her

Herr Landsberg hat ein Problem damit, dass Bürger eine angemessene Raumtemperatur herstellen. Er hat kein Problem damit, dass grüne Politiker die Bürger mit der durch sie geschaffenen drohenden Notlage erpressen, indem sie sich unverändert weigern, die vorhandenen Kraftwerke zu nutzen. Das augenscheinliche Missverhältnis bei der Verteilung von Pflichten, das sich die politisch-mediale Klasse angewöhnt hat, fällt hier besonders auf: Wäre eine Ermahnung der Bundesregierung nicht deutlich angebrachter gewesen?

TinaTobel
1 Jahr her

Neben den jüngst gekauften 650.000 Heizlüftern gibt es auch noch eine unbekannte Anzahl von Heizlüftern und Radiatoren, die sich schon länger in den Haushalten befinden. Diese würden bei einem Gasausfall ebenfalls angeworfen werden.
Außerdem hat Deutschland alleine schon durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine jetzt rund 1 Millionen** Einwohner mehr als vor einem Jahr. Dementsprechend steigt natürlich auch der private Energieverbrauch. Nichts gegen diese Aufnahme an sich, ganz und gar nicht! Aber man sollte den dadurch hervorgerufenen Bedarf ebenfalls einberechnen, anstatt darüber zu klagen, dass private Haushalte angeblich zu wenig Energie sparen.
**Kennt jemand die genaue Zahl?

Guzzi_Cali_2
1 Jahr her

Ich heize zwar – gezwungenermaßen – mit Gas, aber mein Haus ist so gebaut, daß jeder Sonnenstrahl die Bude aufheizt. Unter Normalbedingungen würde ich tagsüber die Jalousien schließen, aber weil ich nicht weiß, was mich erwartet, lasse ich alles immer offen. Da das Haus gut isoliert ist, dauert es eine Weile, bis die Kälte ins Haus kriecht. Bei einer langen, kalten Phase, wo auch kaum Sonne scheint, bin ich natürlich auch verraten, aber immerhin habe ich noch einen Holzofen und sehr viel Brennholz – zumindest über DIESEN Winter komme ich damit. Danach ist die lethargische deutsche Gesellschaft vielleicht auf den… Mehr

Engel
1 Jahr her
Antworten an  Guzzi_Cali_2

Ich hab zwar nicht soviel Holz vor der Hütte wie Sie, aber ich gebe trotzdem nicht den Geist auf. Gas-Beheizt wie ich bin, überlege ich natürlich bei jedem Bischen. Ich kann aber auch mit Decken und Kocher über den Winter kommen.
Die Frage ist doch eher, wann die Weicheier ausrasten! Und das werden sie meiner Meinung nach bald.
Insofern schaue ich mir das Schauspiel an und lächele höhnisch, wenn jemand wieder sagt , dass er das nicht hatte kommen sehen.

moorwald
1 Jahr her

Deutschland hat sich nach der totalen Niederlage zum wirtschaftlich stärksten europäischen Land entwickelt.
Da ist es nur logisch (manche Konkurrenten werden sogar „gerecht“ sagen), daß der Absturz am heftigsten ausfallen wird.
Aber was bleibt dann noch von einem Land, das bereits rechtsstaatlich, verfassungsmäßig und ethnisch zur Unkenntlichkeit entstellt wurde?

Waldorf
1 Jahr her
Antworten an  moorwald

Ein Problemfall, wie immer, wo schlechte Politik ein Land in Schieflage drängt. Venezuela könnte als abschreckendes Beispiel dienen, wohin der nächste Versuch von Sozialismus führt. Maduro und Chávez haben das Land massiv in Chaos und Armut getrieben, Tausende in die Migration. Der Ölreichtum hält die Linke Junta an der Macht, derweil das restliche Land immer weiter zerbröselt. Das könnte unsere, dem Klimawahn verfallene Grüne Junta auch schaffen, nur dass unser Reichtum nicht auf den Verkauf von Bodenschätzen gründet. Wir bauen allerlei Dinge für die Welt, von Autos über Anlagen bis Chemieprodukte. Produktion läßt sich nicht wie Bodenschätzen verkaufen, nur auslagern,… Mehr

moorwald
1 Jahr her
Antworten an  Waldorf

Gut, daß Sie noch einmal hervorheben, daß unser bisheriger Wohlstand nicht auf natürlichen Reichtümern, sondern auf Leistung beruht.
Reichtümer überstehen auch politische Umbrüche und Diktaturen – Leistung, einmal abgewürgt, fällt ins Wachkoma.

Last edited 1 Jahr her by moorwald
Teide
1 Jahr her

Herr Douglas,
ist doch kein Problem. Ich weiß nicht ob bei jedem die gleiche Werbung aufploppt. Ich bekomme diese hier.

https://tinyurl.com/44pv4k7s

Das ist dann die Lösung für Elektroautos. Kann man nicht besser erfinden.

Last edited 1 Jahr her by Teide
mlw_reloaded
1 Jahr her

Handfeste Stromausfälle in Wohngebieten wird es ziemlich sicher keine geben. Die Publicity wäre verheerend! Nein, vorher werden einfach alle Industrieparks abgestellt. Damit bloß niemand was merkt.
Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass die Besitzer von Ölheizungen nun ihren Nachbarn eine lange Nase drehen würden? Dieselaggregat dazu und das Haus bleibt hell und warm. Sehr, sehr lange wenn der Tank voll ist.

J. Braun
1 Jahr her
Antworten an  mlw_reloaded

Aber Wasser haben die dann trotzdem keines, da im Zuwassersystem kein Druck mehr sein wird, wie anders als per elektrischer Pumpe kommt das Wasser in den Wasserturm? Wohl dem, der einen Garten und dort eine Zisterne für das Gießwasser hat und so wenigstens Toilettenwasser im Haus.
Und immer darauf achten, daß der Generator Drehstrom liefert, sonst funktioniert der Elektroherd nicht mehr. Und vor dem Einspeisen des eigenen Generatorstroms die Hauptsicherung abschalten!