Kreuzzüge gegen die Vernunft

Dogmatiker aller Länder kämpfen wie die Irren um ihre alten kleineren (Deutschland) oder künftig größeren (EU) Nationalstaaten. Nationalstaaten welcher Art auch immer sind aber keine Lösung für eine Welt, deren Kennzeichen das Netz ist.

Zwischen Klimawandelleugnern und Klimawandelhysterikern, Feinstaubignoranten und Feinstaubbesessenen klafft das Nichts. Früher einmal siedelte auf solch breitem Feld die Vernunft, hausten Rationalität und Pragmatismus. Das Feld jedoch ist verheert. Grüne Faschisten streben an die Macht. Das nächste Zwangsregime in Deutschland wird vermutlich nicht braun sein und auch nicht rot. Auch auf der Gegenseite verwüsten marodierende Haufen die Demokratie. Trumps Twitter: „Was zur Hölle ist mit der Erderwärmung? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich.“ strotzt von Borniertheit. (Weiß schon: Mit dem Trumpsatz provoziere ich auf TE ein paar Dutzend mails. Muss sie nicht lesen, kenn‘ sie schon. Ich hätte auf diesen Seiten nichts zu suchen, wird es heißen. Auch wenn mich der Satz davor eigentlich zum neokonservativen Klimarassisten gestempelt hat.)

I.

Der notwendige Diskurs darüber, ob und wie den Folgen eines ganz überwiegend natürlichen Klimawandels am sinnvollsten und effektivsten begegnet werden könnte, findet nicht statt. Die Dogmatiker lassen es nicht zu. Sie treten gegeneinander an wie Kreuzritterheere. Es herrscht ein Glaubenskrieg. Wir retten die Welt und vernichten dabei die Basis von allem, was bisher zählte: Wohlfahrt, Freiheit, Sicherheit. Es zählt jetzt nur noch das Klima. Panik ist erwünscht.

II.

Kein Mensch mit Verstand wird bestreiten wollen, dass sich die Menschheit mittelfristig von Energie aus Kohle, Erdöl, Gas verabschieden muss. Aber nur Irrsinige steigen aus Kohle und Kernenergie gleichzeitig aus, ohne zuvor die Energieversorgung zu vertretbaren Kosten und mit gleichwertiger Versorgungssicherheit zu organisieren. Diese Irren regieren Deutschland.

III.

Auch an der bevorstehenden Verkehrswende ist kaum zu zweifeln. Auf Schiene, Straße, im Luftverkehr herrschen unhaltbare Zustände. Wenn individuelle Mobilität ein Kennzeichen von Freiheit bleiben soll, muss sich alles ändern. Das Gesamtproblem zu reduzieren auf Feinstaubkonzentrationen in Innenstädten, ist blanker Unsinn im Kostüm der Moral. Hysterie bricht aus wie früher die Pest. Geistige Hygiene würde helfen. Aber wir bevorzugen Bittprozessionen. Kinderkreuzzüge werden im Fernsehen übertragen.

IV.

Klima ist nicht alles. Da sind noch andere Glaubenskriege. Es gibt kein einziges vernünftiges Argument dafür, sich die Welt des 19. Jahrhunderts zurückzuwünschen. Der Nationalstaat ist wahrlich nicht die glorioseste Erfindung der Weltgeschichte, sondern nach den bürgerlichen Revolutionen eine wohl unvermeidbare Organisationsform. Der Nationalstaat war die politische Antwort auf die erste industrielle Revolution. Eine adäquate Antwort auf die gegenwärtige zweite und dritte industrielle Revolution kann der Nationalstaat nicht mehr sein. Globalisierung und Digitalisierung von Finanzströmen und Daten erfordern andere Institutionen, wenn die Demokratie überleben soll. Doch Dogmatiker aller Länder kämpfen wie die Irren um ihre alten kleineren (Deutschland) oder künftig größeren (EU) Nationalstaaten. Nationalstaaten welcher Art auch immer sind aber keine Lösung für eine Welt, deren Kennzeichen das Netz ist. Die intelligente Vernetzung der Menschheit wird mit den Mitteln von vorgestern verfehlt.

V.

So kennen die Großkonflikte unserer Tage nur Schwarz und Weiß. Dogmen werden mit Dogmen beantwortet. Fundamentalisten beider Lager überfordern die Demokratie. Beide Seiten begnügen sich mit der Bekämpfung der jeweils anderen Überzeugung. Neue Gedanken werden so systematisch verhindert. Der Mensch ist dem Fortschritt, den er selbst ausgelöst hat, nicht mehr gewachsen. Das ist in Großbritannien nicht anders als in den USA und in Deutschland.

VI.

Nachfrage: Hat dieses Land eigentlich noch eine Regierungschefin? Von ihr ist nichts mehr zu hören. Im Prinzip eine gute Nachricht. Man wüsste nur gern, was sie vom Klimaplanwirtschaftsgesetz ihrer Umweltministerin hält. Und wie sie den Schaden wieder gut machen will, den ihr alternativloser Ausstieg aus vernünftiger Politik dem deutschen Volk zufügt. Und wie sie verhindern möchte, dass ein Grundpfeiler unserer Prosperität, die Automobilindustrie, weiter demontiert wird. Und die Bürger weiter enteignet werden. Wenn die Unionsparteien ihre Versprechen ernst nähmen, müsste die sogenannte Klimapolitik, die derzeit alles überwölbt, die Koalition zerbrechen. Dagegen steht der Verdacht, dass längst eine Grüne die Richtlinien der Politik bestimmt, wenn auch unter falscher Flagge.


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Kommentare ( 201 )

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MakeSense
5 Jahre her

Die Nation ist Ausdruck eines abgestuften Bedürfnis einer Gruppe anzugehören. Ein der Menschlichen Natur inhärentes Bedürfnis, das dem Individuum Schutz und Halt gibt. Dieses Bedürfnis drückt sich auch im Subsidiaritätsprinzip aus, das zu den Grundprinzipien der Demokratie gehört. Sie bildet dabei eine sehr wichtige Stufe, denn die Nation ist gleichzeitig weitgehend identisch mit Sprach und Kulturräumen und damit die sinnvollste Stufe der grundlegenden Rechtsetzung. Das Argument der Globalisten, die Welt sei wegen Umwelt, Internet und Freihandel, jetzt der richtige Ort der maßgeblichen Rechtsetzung, übersieht, dass es keine globale Sprache und keine globale Kultur gibt. Damit ergibt sich auch keine echte… Mehr

jansobieski
5 Jahre her

Widerspruch. Die Zerstörung der (eigenen) Energieversorgung ist vollste Absicht und wohlüberlegt. Sie reiht sich ein in ein Konzept der Auflösung eigener, nationaler (!) Versorgungsstrukturen hin zu einer „europäischen Lösung“. Abhängigkeit bedeutet, dass Europa uns den (Strom)hahn abdrehen kann, sofer wir nicht spuren. Ähnlich sieht`s bei der Bundeswehr aus. Nichst funktioniert. Wir sind komplett von anderen abhängig.

Limonade
5 Jahre her

Mich stört das der Nationalstaat ständig als etwas übles und überholtes dargestellt wird. Es kommt vielmehr darauf an ob ein Nationalstaat demokratisch ist oder etwa eine Diktatur und wie sich die Nationalstaaten untereinander verständigen und zusammenarbeiten. Diese pauschale Ablehnung des Nationalstaates ist in Deutschland so weit verbreitet weil viele so tun als hätte es niemals Frieden zwischen Nationalstaaten gegeben. Da wird oft Nationalstaat und Nazistaat gleichgesetzt.

humerd
5 Jahre her

„Kohleausstieg
Unionspolitiker stellen Kohlekompromiss infrage
Fraktionschef Ralph Brinkhaus kann sich eine Verschiebung des Ausstiegs vorstellen. Sein Kollege Carsten Linnemann warnt, man könne zu sehr vom Ausland abhängig werden. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-02/kohleausstieg-cdu-ralph-brinkhaus-kohlekommission-plan-energiewende
Deutschland ist ein Irrenhaus. Auf Druck von manipulierten, fremdgesetuerten krakeelenden Schulschwänzern wird etwas beschlossen und kurz danach in Frage gestellt?! Seriöse Politik geht anders.

Stiller Ruf
5 Jahre her

Lass das mal unseren genialen Alt-BP, J. Gauck, hören. Der sah das ja diametral anders…

Franz Nemcek
5 Jahre her

Abschnitt IV. Einerseits freue ich mich, dass so viele Kommentare mein Urteil über den Nationalstaat als auch in der Zukunft adäquaten Organisationsrahmen für Interessenvertretung und Demokratie teilen. Anderseits hätte auch die schlichte Auffassung an Herrn Herles gereicht, seine Position erst einmal zu begründen. Wenn jemand die Behauptung aufstellt, der Mond hatte gestern eine rote Pappnase auf, dann versucht man ja auch nicht, dies zu widerlegen, sondern man verlangtest einmal nach Beweisen. Demokratie setzt eine gewisse Interessenhomogenität und Kompromissbereitschaft voraus. Das ist im Weltmaßstab nun einmal nicht gegeben. Einen Vorgeschmack werden wir demnächst in der EU erleben, wenn durch den Austritt… Mehr

Hadrian17
5 Jahre her
Antworten an  Franz Nemcek

Ist doch eigentlich eingängig. Wenn Nationalstaaten ihre nationale Souveränität an eine übergeordnete Institution abgeben, die nicht einmal basisdemokratisch legitimiert erscheint … sind diese Nationalstaaten schlicht obsolet. Sie haben die Begründung für ihre Existenz schlichtweg aufgegeben. Also wird es neue Gebilde geben. Zum einen im „Heimatbereich“, was in z. B. durch den Rückfall in die Kleinstaaterei im Stile der Territorien vor 1848 geschehen kann, zum andern supra(ex)nationale Verwaltungsgebiete, etwa die EU, die sämtliche über den regionalen Anforderungen liegende grundsätzliche Verwaltungs- und Hoheitsrechte an sich reißen werden, respektive die nutzen, welche ihnen ohnehin schon in so überreichlichem Maße freiwillig überantwortet wurden und… Mehr

Adorfer
5 Jahre her

Genau meine Meinung. Die einen „Eliten“ sabotieren, die wahren Eliten halten´s Maul. Leider.

Hoffnungslos
5 Jahre her

Rufen Sie jetzt ernsthaft nach Frau Merkel? Angela wird nicht helfen und ihre Fehlentscheidungen korrigieren. Diese Frau sieht keine Fehler bei sich. Ach Herr Herles…Wieso ist der Nationalstaat in Zeiten der Netztechnologie am Ende? Warum akzeptieren auch Sie nicht, dass die Vielfalt diesen Planeten kennzeichnet? Diese Vielfalt ist eine unserer großen Ressourcen. Warum muss alles gleichgeschaltet werden und was hat das mit dem „Netz“ zu tun? Vielfalt, Unterschiedlichkeit und die Möglichkeiten zu offenem, freien Dialog sind für die Zukunft nötig!

Don Nicolas
5 Jahre her

Nachdem ich die meisten Leserkommentare las (205 ist ja schon eine Menge), muss ich sagen, **

Gerro Medicus
5 Jahre her

Hmmm, Herr Herles, da geißeln Sie die Dogmatiker und doch bedienen Sie sich selber des Dogmatismus. Oder wie sonst kann man die folgenden Zitate aus Ihrem Artikel verstehen: „Kein Mensch mit Verstand wird bestreiten wollen, dass sich die Menschheit mittelfristig von Energie aus Kohle, Erdöl, Gas verabschieden muss.“ „Eine adäquate Antwort auf die gegenwärtige zweite und dritte industrielle Revolution kann der Nationalstaat nicht mehr sein. Nationalstaaten welcher Art auch immer sind aber keine Lösung für eine Welt, deren Kennzeichen das Netz ist.“ Auf beide Feststellungen bleiben Sie einen schlüssigen Beweis schuldig, ja es wird dem Leser nicht einmal eine Erklärung… Mehr