Ausgrenzung von Rechtsparteien – das führt jetzt zum nächsten Wahlsieg

In Österreich soll die immer stärker werdende FPÖ durch einen Boykott als Partner in Regierungskoalitionen geschwächt werden. Ob diese Brandmauer-Strategie erfolgreich sein kann? Eher nicht, wie jetzt die Regionalwahlen in der Steiermark zeigen. Von Richard Schmitt

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FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek während des Wahlkampfs zur Landtagswahl in der Steiermark, Graz, 21.11.2024

Wie in Deutschland soll auch in Österreich die immer stärker werdende Rechtspartei durch eine Brandmauer gestoppt, durch einen Boykott als Partner in Regierungskoalitionen geschwächt werden. Ob diese Strategie erfolgreich sein kann? Eher nicht, wie jetzt die wichtigen Regionalwahlen in Österreichs zweitgrößtem Bundesland, in der Steiermark, zeigen: Die FPÖ holt heute einen triumphalen Wahlsieg, die ÖVP, die SPÖ und die Grünen verlieren stark. Und just die Verliererparteien ÖVP und SPÖ basteln in Wien aktuell an einer neuen Regierungskoalition.

Die FPÖ soll offenbar so wie die AfD in Deutschland vom Regieren eines EU-Landes abgehalten werden: Diese recht unpopuläre und auch von Wirtschaftsgrößen abgelehnte Strategie ist von Österreichs Konservativen und den Sozialdemokraten bereits vor einigen Wochen ausgerufen worden, gemeinsam mit der links-liberalen Kleinpartei NEOS wird bereits über Koalitionsdetails für die nächste Bundesregierung verhandelt. Zuerst sollte dieser Verbund der Wahlverlierer „BDM“ heißen, also „Bündnis der Mehrheit“, nach einiger Kritik an dem mit historisch belasteten Institutionen verwechselbaren „BDM“ nennen sich die drei Parteien nun „BDV“, „Bündnis der Vernunft“.

Trotz massiver Unterstützung dieser ÖVP-SPÖ-NEOS-Verbindung durch alte Medienstrukturen setzte es jetzt in der Steiermark die nächste harte Niederlage für die konservative Kanzler-Partei und auch für die Sozialdemokraten: Die FPÖ holte sich den Wahlsieg mit 35,4 Prozent der Stimmen (+12 Prozentpunkte), die ÖVP stürzte von 36,05 Prozent auf 26,07 Prozent ab (-9,98 Prozentpunkte), die SPÖ verlor von 23,02 Prozent erneut auf 21,6 Prozent (-1,42 Prozentpunkte), die Grünen halbieren sich auf nur noch 6,1 Prozent (-5,98 Prozentpunkte) und die NEOS schafften mit 5,8 Prozent (+0,43 Prozentpunkte) auch nicht wirklich ein gutes Ergebnis.

Dieser erneute gewaltige Wahlsieg der FPÖ so kurz nach dem Erfolg bei der Nationalratswahl hat natürlich mehere Gründe, so spielte etwa auch eine gute Positionierung der Freiheitlichen durch ihren steirischen Landesparteichef Mario Kunasek bei regionalen Aufreger-Themen sicher eine Rolle. Dennoch machen fast alle Meinungsforscher und Politikexperten auch ÖVP-Kanzler Karl Nehammer und seine Anti-FPÖ-Linie sowie die Ausgrenzung der FPÖ von Regierungsverhandlungen durch Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen für dieses Wahldesaster der ÖVP und der SPÖ mitverantwortlich.

Und ebenso fatal für Österreichs Konservative, die bisher mit den Grünen regierten: In der „Jetzt-erst-recht“-Stimmung flog auch noch auf, dass der ÖVP-Finanzminister eine Budgetkatastrophe bis nach dem Wahltag Ende September verschwiegen hat. Außerdem ließ die ÖVP nun auch zu, dass Österreichs Veto gegen eine Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengenraum von der EU-Spitze ausgehebelt worden ist – was ab Jänner 2025 eine weitere Verschärfung der Migrationskrise bringen wird.

Die Blockade-Politik gegen Rechtsparteien dürfte also auch in Österreich nicht wirklich den anderen Fraktionen helfen. Konservative und Sozialisten haben sich hinter dicken Brandmauern eingebunkert, ihre Wähler laufen ihnen trotzdem – oder genau deshalb – in Scharen davon.

Richard Schmitt, Journalist, Wien


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Kommentare ( 20 )

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J. Braun
8 Tage her

Es ist mir unverständlich, wie jemand bei einem Ergebnis von zirka einem Drittel der Stimmen von einem „Wahlsieg“ schreiben kann. Für mich heißt Wahlsieg 50% und mehr und damit die Fähigkeit, eigenständig und ohne Kompromisse eine Regierung bilden zu können. Was solche „Wahlsiege“ mit einem lächerlichen Drittel der Stimmen heißen, sieht man ja am „Wahlsieger“ AfD in Thüringen. Man sollte bei den Aussagen schon auf dem Teppich bleiben — die FPÖ hat diese Wahl eben gerade nicht gewonnen, sondern nur einen beachtlichen Stimmenzuwachs erzielt.

Luckey Money
8 Tage her
Antworten an  J. Braun

Nach ihrer Logik ist der mit dem besten Ergebnis nicht der Gewinner?
In Österreich versuchen die Verlierer genau mit diesem infantilen Argument für schlichte Gemüter zu punkten. Das wird nicht gelingen.

So argumentieren nur die Verlierer…..
So hat Honecker auch argumentiert…;)

Last edited 8 Tage her by Luckey Money
Dellson
9 Tage her

Das lahme Pferd darf weiter galoppieren. Ob als schwarzer Hengst oder roter Fuchs ist doch egal. Hauptsache weiter Richtung Sonnenuntergang. In welchem Zustand sich diese Form der Demokratie befindet, erkennt man an der völlig gleichgültigen Ignoranz der weiter gewachsenen Anzahl an FPÖ Wählern. Man blendet wortlos, folgenlos über 35% der Wähler aus. Phänomenal. Während man alle armen Minderheiten dieser Erde beklagt, unterstützt, anprangert, wird beflissentlich eine ganze Bevölkerungsgruppe aller Klassen für Scheintod, taubstumm erklärt. Nicht einmal die Kirchen sind in der Lage Barmherzigkeit zu zeigen. Nein sagen sie, auch Jesus hatte einen Geldbeutel! Das wird böse enden, wenn sich der Wind… Mehr

Evero
9 Tage her

Geht doch so weiter wie in Wien und auch in Deutschland. Die Brandmauerparteien, trotz großer Unterschieden in der Programmatik, vereint die Verhinderung der rechten Volksparteien. Sie werden auch in Graz eine antirechte Mehrparteienkoalition zusammenzimmern. Das bedeutet auch hier wieder die Verschleppung notwendiger Problemlösungen um Jahre, wofür die Bürger die FPÖ gewählt haben.

Hummi
9 Tage her

Auch die Österreicher sind wie die Deutschen nicht in der Lage einen Politik unumstößlich auch zu wählen ! In der Steiermark kann die ÖVP und SPÖ trotz Verluste eine Regierung bilden und die FPÖ schaut wieder nur in die Röhre

kasimir
8 Tage her
Antworten an  Hummi

Nein, dem ist nicht so. Habe gerade im Radio Steiermark gehört, dass der ÖVP- Landeshauptmann Christopher Drexler mit der FPÖ Koalitionsverhandlungen aufnehmen wird. Auch die SPÖ hat schon gesagt, dass sie gern mitmischen würden und hier bei uns in der Steiermark die Wiener Brandmauer nicht gilt. Auf regionaler Ebene ist die Politik hier doch noch etwas vernünftiger. Die sehen, dass sie keine Partei mit 35% Wählerstimmen ausschließen können. Auf Dauer wird sich in Österreich die Brandmauer nicht halten können, denn hier ist die FPÖ bereits in etlichen Bundesländern auf Platz1 oder Platz2. Ich freue mich auch für Mario Kunasek. Er… Mehr

lube
9 Tage her

Danke TE für den Bericht . Bei DLF und Welt kein Wort zur Steiermark. Im DLF berichtet man aber stolz, dass in Basel ein Volksentscheid zur Durchführung einer Gesangsveranstaltung von Links gewonnen wurde.
Da bleib ich gern bei Eich und beim Kontrafunk.
Glückwünsche gehen raus an die Steirer zu 35%.

Michaelis
9 Tage her
Antworten an  lube

Bei GMX wird zwar „berichtet“, aber die beleidigenden und herabwürdigenden Bezeichnungen der FPÖ bleiben. Solange sich diese diffamierende Wortwahl („Rechtspopulisten“ usw.) nicht ändert, solange sollten sich die bürgerlich-konservativen Parteien vor einer Zusammenarbeit mit dem Mainstream HÜTEN!!!

Or
8 Tage her
Antworten an  lube

Wer braucht heute noch den DLF und die WeLT ?

joly
9 Tage her

OK- aber leider braucht es 50% der Sitze plus einen. Alles andere hilft nicht. Das ist auch für Schland dringend nötig.

R.Baehr
9 Tage her
Antworten an  joly

so ist es und dann wird hoffentlich noch in absehbarer Zeit ohne Wenn und Aber abgerechnet mit den bis dahin Verantwortlichen von diesen unglaublichen Zuständen hier im Land, Stichwort Corona, Ukraine, Asylantenunwesen.

imapact
9 Tage her

Die Verluste der SPÖ halten sich in Grenzen, die der ÖVP sind natürlich enorm… aber rein rechnerisch können beide „Groko“ bilden. Die Österreicher sind den Deutschen um einiges voraus, aber trotz riesiger Gewinne für die FPÖ und Halbierung der Grünen: der Trend ist richtig, aber es reicht noch immer nicht.

Juri St.
9 Tage her

Das macht Hoffnung für Februar in Deutschland. Nach dem Theater in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sollte jeder wissen, was ihn erwartet, wenn er die Altparteien, insbesondere die Brandmauer-CDU wählt. In Deutschland brennt es diesseits der Brandmauer und das ist bekanntlich besonders gefährlich.

Teiresias
8 Tage her
Antworten an  Juri St.

„…sollte jeder wissen,…“
ÖRR, Springer, Bertelsmann & Co werden dafür sorgen, daß 80% nicht wissen werden, was sie erwartet.
Solange das Medienkartell es schafft, den Leuten weiszumachen, daß „Rechts“ irgendwie noch schlimmer ist, geht es weiter wie bisher.

jopa
8 Tage her
Antworten an  Juri St.

Bin man neugierig was die Nationale Front macht, wenn die CDU Blockflöte in Thüringen nicht zum MP gewählt wird. (Heide Simonis Effekt). Das wird dann lustig. Und vielleicht ändern man dann noch mal die Geschäftsordnung, damit eine Wahl nichts ändern kann…

Michaelis
9 Tage her

Der Sündenfall war dieses absolut unsägliche Verhalten des grünen „Bundespräsidenten“ v.d. Bellen, der nach den Nationalratswahlen nicht nur die FPÖ schwer diskriminierte, sondern die ÖVP mit Karl Nehammer auch noch „aufforderte“, die SPÖ unbedingt in seinen Koalitionsverhandlungen zu berücksichtigen. So etwas tut man nicht als „Staatsoberhaupt“, aber es war halt wie immer: die Linksgrünen kennen weder Anstand noch Vernunft, sondern nur Machtstrategie und Hinterhalt. Die Steirer haben dies mit Sicherheit bei den heutigen Wahlen „gewürdigt“.

BK
9 Tage her

Dass man sich vor der FPÖ in sein linkes Ghetto einmauert, zeigt doch nur die eigene Abartigkeit, die nur der Ideologie folgt, aber ohne jeden Sachverstand ist. Die Aufgabe des Staates sollte lediglich darin bestehen, die eigene Zivilgesellschaft vor Gewalt von innen und außen zu schützen, so wie ein Gerichtssystem aufrechtzuerhalten, um Streitigkeiten zu schlichten. Alle anderen Anforderungen der Gesellschaft können die privaten Unternehmen selbst erledigen. Eine Einflussnahme von außen, ob nun UNO, EU oder NGO ist generell abzulehnen, weil sie die Souveränität Österreichs missachtet.