Karl Lauterbach möchte alle automatisch zum Organspender machen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat ein digitales Organspenderegister freigegeben. Doch schon beim Start sagt er, dass es wirkungslos sei – und will, dass jeder Spender wird, der sich nicht dagegen wehrt.

IMAGO / Metodi Popow
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Deutscher Bundestag, Berlin 23. Februar 2024

Auf Organspende-Register.de kann jeder, der das wünscht, sich digital als Freiwilliger zur Organspende melden. Dafür braucht es einen freigeschalteten digitalen Ausweis. Das Verfahren ist so wie immer, wenn in der deutschen Verwaltung die Modernisierer mit den Traditionalisten streiten: Die einen wollen ein kompliziertes digitales Verfahren, die anderen ein kompliziertes analoges Verfahren. Als Kompromiss gibt es einen Mix aus beidem. Dann sind alle zufrieden – außer dem gepeinigten Bürger. Aber der spielt in deutschen Verwaltungen weder für Modernisierer noch für Traditionalisten eine Rolle.

Das komplizierte Verfahren hat dann für eine erste Kritik am Organspenderegister gesorgt. In keinem Pass-Amt stünden Terminals, an denen sich die Interessierten gleich anmelden könnten, kritisiert Eugen Brysch auf dem Fachportal Apotheke-Adhoc.de. Er ist Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Somit könnten die Menschen nicht vor Ort ihre Bereitschaft erklären und dabei Hilfe erhalten. Internet-Unerfahrene seien damit „von dem zusätzlichen digitalen Angebot ausgeschlossen“.

Der Fluch der bösen Tat
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Das wäre nun nicht weiter schlimm. Denn die alte Papierform gilt weiterhin. So gesehen ist das digitale Organspenderegister nur ein zusätzliches Angebot. Doch das Register könnte bald eine ganz neue Rolle erhalten. Für die Ärzte Zeitung ist das Register die „perfekte Vorbereitung für die Widerspruchslösung“. Diese besagt, dass grundsätzlich jeder zur Organspende bereit ist, außer er erklärt ausdrücklich, dass er seine Organe nach dem Tod nicht weitergeben will. Wenn die Widerspruchslösung kommt, dann müsste das über das komplizierte Verfahren des digitalen Organspenderegisters passieren – und würde automatisch diejenigen zu Organspendern machen, die keinen entsprechenden digitalen Zugang haben.

Für Karl Lauterbach ist es eine Frage der Zeit, bis die Widerspruchslösung kommt. Nur so ließe sich langfristig die Zahl der Spenden erhöhen, sagte er zum Start des Registers. Der Gesundheitsminister glaubt also schon zu Beginn des Projekts nicht an dessen Erfolg. Er hat das Register noch von seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) geerbt, dem der Bundestag den Auftrag dazu schon 2020 erteilte. Andere Länder nutzen das Internet, um Verfahren zu vereinfachen – Deutschland, um ein Verfahren zu gestalten, das die Einführung einer Internetseite zu einem vier Jahre dauernden Projekt aufbläht.

Widerspruch zur Organspende: Das ist keine Lösung
Der Arzt und Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger (CSU) kritisiert Lauterbach für diese Forderung: „Lauterbach erklärt die Entscheidungslösung schon für gescheitert, bevor das Organspenderegister überhaupt seine Arbeit aufnehmen konnte. Diese Strategie ist mehr als durchschaubar.“ Statt das digitale Register scheitern zu lassen, gehe es darum, die Bürger dazu zu bringen, sich aktiv in das Register einzutragen. Das jetzige Verfahren sei „viel zu kompliziert“ und werde nur zu einem „Datentorso“ führen.

Pilsinger schlägt vor, „dass sich die Leute auch beim Arzt, Zahnarzt oder in Apotheken eintragen lassen können“. Vor der Widerspruchslösung warnt der Arzt: „Es gibt einfach zu viele Menschen, die sich nicht für oder gegen die Organspende entscheiden können, weil sie die Dimension dieser Entscheidung schon aus rein kognitiven Gründen nicht erfassen können, zum Beispiel behinderte Menschen oder Personen mit psychischen Problemen. Das weiß ich aus meiner täglichen Arbeit als weiterhin praktizierender Hausarzt wohl besser als der Gesundheitstheoretiker Lauterbach in seinem Berliner Elfenbeinturm. Diese Menschen können wir nicht einfach per Gesetz zu Organspendern deklarieren.“

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Kommentare ( 100 )

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Klaus Kabel
1 Monat her

Ich trage eine Widerspruch immer bei mir, da ich sehr oft durch Österreich fahre und dort die Wirderspruchlösung gilt.
Man sollte wissen, dass die Organentnahme nur erfolgt, wenn der Mensch noch nicht tot ist. Um überhaupt an Organe heranzukommen, wurde die Hirntoddefinition eingeführt. Der Hirntote hat Schmerzempfindungen, weshalb Anästhesisten eine Narkose durchführen. Organentnahme bedeutet Eingriff in den Sterbeprozess. Was dort geschieht, wissen auch Ärzte und Medizinethiker nicht. Alles nur Vermutungen.

Georg Caltern
1 Monat her
Antworten an  Klaus Kabel

Die Entnahme wird OHNE Narkose durchgeführt, weil die Betäubungsmittel beim Empfänger Gegenreaktionen auslösen könnten. Die Spender stöhnen und winden sich.
Organentnahme bedeutet ausweiden eines lebenden und Schmerz empfindenen Menschen. Ich kann nur jedem potentiellen Spender empfehlen, einer Entnahme zuzusehen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.

Stormaner
1 Monat her

Letzte Woche sind bereits das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und das Digital-Gesetz aus dem Hause Lauerbach mit wenig öffentlicher Beachtung in Kraft getreten. Mit diesen Gesetzen wurde der unmündige gläserne Patient per Staatsakt verfügt. Künftig können sich interessierte Kreise umfassend anhand einer für alle verbindlichen elektronischen Patientenakte über den individuellen Gesundheitsstatus der Bürger informieren bzw. die Krankenkassen detaillierte Auswertungen über Gesundheitsrisiken ihrer Versicherten vornehmen – natürlich auch über den aktuellen Impfstatus. Da braucht es bei zukünftigen Pandemien kein 2G oder 3G mehr. Auf Knopfdruck kann man seine Pappenheimer identifizieren. Um den Schein der Verfassungsmäßigkeit zu wahren, besteht allerdings ein jederzeitiges Widerspruchsrecht gegen die… Mehr

Zossener
1 Monat her

Zum heutigen Auferstehungstags meines Erlösers nur soviel:“wenn Gott Organtransplantationen eingeplant hätte, wären sie problemlos unter den Menschen austauschbar.“
Das sind sie aber nicht. Im Gegenteil Du bist dazu verdammt, nach Empfang eines Organs Dein Immunsystem lebenslang mit Medikamentenhämmern „zu betäuben“.

Also nein danke. Ich gebe keins und nehme keins. Meine Zeit liegt in Gottes Hand. Wenn es Zeit wird, nach Hause zu gehen, gehe ich.

stony71
1 Monat her

Warnung: Bisher bin ich freiwilliger Organspender. Wenn die Widerspruchslösung kommte, widerspreche ich. Ganz einfach!

Teiresias
1 Monat her

„Ihr werdet nichts besitzen…“ – noch nicht einmal uns selbst.

Wenn wir uns ncht selbst gehören, wem dann?
Alten Millardären, die sich Sorgen um ihren Organnachschub machen?

Wolfgang Richter
1 Monat her

Nach der wirtschaftlichen und monetären Enteignung wollen die Linksgrünen sich jetzt auch zum wiederholten Male noch der menschlichen Körper bemächtigen. Meinen bekommt Ihr nicht, ganz sicher. Sie geben einfach nicht auf. Dabei wird immer von „Verstorbenen“ fabuliert, wohl lügend und wissend, daß von Verstorbenen die Organe zum Transplantieren nicht zu gebrauchen sind. Sie brauchen die Organe von noch lebenden Körpern, die mit der medizin-ethischen Krücke „Hirntod festgestellt“ sodann für diesen Zweck „freigegeben“ werden.

Michael Palusch
1 Monat her
Antworten an  Wolfgang Richter

Man sollte nicht alles auf die Linksgrünen schieben. Bestrebungen, den menschlichen Körper der ökonomischen Verwertung zu übereignen, die gibt es schon seit Jahrzehnten.

Fieselsteinchen
1 Monat her

Welche Regelung soll für AfD-Wähler oder AfD-Mitglieder gelten? Wer möchte ein AfD-Spenderorgan sein eigen nennen, ohne die Befürchtung mit „rächter“ DNA kontaminiert zu werden? Ich bitte um eine Erklärung!

Proll27
1 Monat her

Ich möchte weder Organe oder Gewebe spenden noch solche empfangen, erst recht kein Blut, natürlich. Mir wäre die Vorstellung, auf das Organ eines Fremden angewiesen zu sein, ein Graus. Für mich ist Organtransplantation mit der Menschenwürde nicht vereinbar. Menschen sind keine Ersatzteillager, sondern Individuen (also Unteilbare), deren Lebenszeit beschränkt ist und einer wie auch immer gearteten Macht unterliegt. In der Begrenztheit unseres Daseins liegt ein Teil unseres Lebenssinns. Memento mori.

brummibaer_hh
1 Monat her

Kleiner Tipp. Blicken Sie einfach mal über die Grenze nach Österreich. Dort ist diese Widerspruchslösung bereits seit Jahren Realität. Außerdem möchte Lauterbach eben nicht jeden zum Organspender machen – genausowenig, wie derzeit niemand Organspender wäre. Er möchte, dass jemand, der das nicht möchte, dem ausdrücklich widerspricht. Derzeit darf man nur jemandem die Organe entnehmen, der ausdrücklich zustimmt. Es wäre also schön, würde der Autor die Sache sachlich richtig und nicht manipulativ formulieren. Übrigens gilt die Widerspruchslösung keinesfalls nur in Österreich, sondern in den meisten westeuropäischen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien, Niederlande, Belgien, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich… Soll ich weiter aufzählen?

Michael Palusch
1 Monat her
Antworten an  brummibaer_hh

Das diese woanders gilt, macht sie nicht besser. Mit Widerspruchslösung ist JEDER potentieller Organspender. Zudem eröffnet diese „Lösung“ dem Mißbrauch Tür und Tor. Oder würden Sie ihre Hand dafür ins Feuer legen, dass bei einer evtl. spruchreifen Organentnahme der Widerspruch den Operateur immer auch rechtzeitig erreicht?

Last edited 1 Monat her by Michael Palusch
brummibaer_hh
1 Monat her
Antworten an  Michael Palusch

Nun, genau dasselbe Problem gilt bei der anderen Lösung auch. Ich arbeite als Krankenpfleger in einem Uniklinikum und habe Menschen kennen gelernt, die so dachten wie Sie – bevor deren Nieren bzw. Herz so krank wurden, dass sie selbst auf der Spenderliste standen. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen das nie passieren wird, aber vielleicht denken Sie auch mal an diese Menschen. Komischerweise antworten sich 65% der Menschen organspendebereit, wenn sie gefragt werden. Aber nur 15% der Menschen tragen einen entsprechenden Ausweis bei sich.

Michael Palusch
1 Monat her
Antworten an  brummibaer_hh

Netter Versuch, mit Emotionalität meine Argumentation entkräften zu wollen. Die hochemotionalen, traurigen Bilder von wartenden Organempfängern, besonders gern auch von leidenden, todkranken Kinder, wer kennt sie nicht?! Das ist aber, bei allem Mitgefühl, nicht die Frage! Wer seine Organe spenden will, soll genau das tun. Freiwillig! Ich wende mich aber entschieden dagegen, Menschen von Staats wegen quasi zum Ersatzteillager auf Abruf zu deklarieren. Und das Problem des Mißbrauchs besteht bei der anderen, der Opt-in Lösung, nicht. Denn man kann es schwerlich als Mißbrauch bezeichnen, wenn dem ausgewiesenen Organspender Organe nicht entnommen wurden, da der Organspendeausweis nicht rechtzeitig auffindbar war. Das… Mehr

Gudrun Wolfrath
1 Monat her

Wir erinnern uns (z. B. im „Stern“ zu lesen): „Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer“, sagte der SPD-Politiker.
Demnach kommen die Totgesagten als Organspender gar nicht mehr in Frage. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis erkrankten ausschließlich die Geimpften. Sie haben sie erholt und tragen hoffentlich keine „Zeitbombe“ in sich. Ob sie spenden möchten, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Und die Ungeimpften: siehe oben.

Fieselsteinchen
1 Monat her
Antworten an  Gudrun Wolfrath

Seien Sie bloß vorsichtig! Das Blut sowie die Organe der Umgeimpften werden Goldstandard erreichen. Was denken Sie, wie schnell plötzlich und unerwartet ausgewaidet wird! Die sog. Organspende, hoffentlich ist jedem klar, dass so etwas nicht mit einem toten Spender funktioniert, steht nicht allein, es schließt sich eine lebenslängliche Supplementation von Medikamenten an, um die Abstoßungsreaktion zu verhindern. Da lauert auf lange Sicht eine ganze Menge Geld. Früher habe ich anders darüber gedacht, aber heutzutage würde maximal das eigene Kind/Ehemann/Geschwister an eine Spenderniere kommen, niemand anders, die Gefahr, sich „rechts“ zu infizieren, ist einfach zu groß! Der Mensch dient nicht als… Mehr

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  Fieselsteinchen

: wir sind ja auch gezwungen, welche die illegal ins Land kommen, auszuhalten. Dauerhaft. Oder für „Sendungen“ zu zahlen, die wir gar nicht bestellten. Oder eine Regierung machen zu lassen, die vollkommen außer Rand und Band scheint.