Eine schräge Idee: warum nicht mal vernünftig sein?

Bis jetzt haben die Grünen mit ihrem Heizgesetz vor allem eines bewirkt: die Nachfrage nach Wärmepumpen ist fast genauso eingebrochen wie ihr Wählerzuspruch. Wären sie klug, müssten sie den Plan kurzerhand in die Tonne befördern.

IMAGO

Mit seinem Gebäudeenergiegesetz will Robert Habeck nach eigenem Bekunden erreichen, dass die Deutschen, getrieben von Geld und Strenge, möglichst schnell von Öl- und Gasheizungen auf die elektrisch betriebene Wärmepumpe umrüsten. Es empfiehlt sich, ab und zu daran zu erinnern, worin ursprünglich einmal die Absicht eines Politikers bestand. Denn in vielen Fällen gerät das in Vergessenheit. Mitunter, so scheint es, auch bei den Urhebern politischer Ideen selbst. Ein beschlossenes Heizgesetz gibt es noch nicht, seine Auswirkung lassen sich aber jetzt schon bestaunen: Die Nachfrage nach Wärmepumpen brach in den vergangenen Monaten sogar noch ein bisschen stärker ein als der Wählerzuspruch für die Grünen. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle sackte die Zahl neuer Förderanträge für Wärmepumpen 2023 auf einen Monatsdurchschnitt von gerade 8 200. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag dieser Monatsschnitt bei 29 000. Im August 2022 gingen bei dem Amt 148 047 Anträge ein. Die immer noch relativ hohen aktuellen Auslieferungszahlen für Wärmepumpen täuschen. Damit arbeiten die Hersteller noch alte Aufträge ab. Gleichzeitig stieg die Zahl der verkauften Gasheizungen im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 14 Prozent.

Der Grund ist denkbar einfach: Diejenigen, die eher der Gasheizung vertrauen oder schlicht über keine wärmepumpengeeignete Immobilie verfügen, fühlen sich von dem angekündigten Paragrafenwerk angespornt, jetzt noch schnell ihre alte Anlage gegen eine neue auszuwechseln, von der sie hoffen, dass sie die nächsten zwei Jahrzehnte durchhält. Wer auf der anderen Seite mit dem Gedanken spielte, sich eine Wärmepumpe anzuschaffen, schiebt sein Vorhaben erst einmal auf. Die wenigsten möchten sich eine Heizung einbauen, ohne zu wissen, welche Regeln dafür gelten, vor allem, wieviel Förderung es gibt. In der Ökonomie heißt dieses Verhalten Attentismus – also Abwarten, bis Rahmenbedingungen und Preise feststehen. Und das ist völlig rational.

Auf die ersten Zorneswogen reagierten die Grünen erst einmal mit der bockigen Feststellung, ihr Heizgesetz sei alternativlos für die Klimarettung und außerdem perfekt ausgearbeitet; Kritik daran beruhe also entweder auf Falschbehauptungen oder Begriffsstutzigkeit. Mittlerweile bauten Habecks Leute in das eigentlich makellose Werk dann doch eine Menge Ausnahmen und Zusatzregelungen ein, um aufgebrachte Bürger und Kommunalpolitiker zu beruhigen. Der grüne Fraktionsvize Andreas Audretsch verkündet: „Wir werden das Gesetz noch pragmatischer und sozialer machen“. Jetzt gibt es eine Übergangsfrist von drei Jahren, in der sich eine kaputte durch eine anderswo gekaufte gebrauchte Gasheizung ersetzen lässt, es stehen etliche Alternativen zur Wärmepumpe im Gesetzentwurf, außerdem eine Ausnahmeregelung für kommunale Gebäude. Wer die umgemodelte Neufassung studiert, fragt sich allerdings: Wozu dann überhaupt ein Gesetz? Es würde völlig ausreichen, Fördersätze zu verkünden. Die schmerzen zwar den Ordnungspolitiker – aber diese rare politische Spezies steht in Deutschland sowieso kurz vor dem Aussterben. Also: der Bundestag beschließt eine Subventionsstaffel für die Heizungsumrüstung – und im Übrigen entscheidet einfach jeder selbst, ob er auf Wärmepumpe umsteigt oder eine Alternative wählt. Wer es schafft, sich eine Immobilie zuzulegen, der sollte auch ohne fürsorgliche Bearbeitung aus Berlin in der Lage sein, sich für die Heizungstechnik zu entscheiden, die am besten zu seinem Haus und seinem Budget passt.

Vermutlich käme Habeck seinem deklarierten Wärmepumpenziel näher, wenn er sein missratenes Gesetz einfach in die Tonne treten würde. Mit anderen Worten: warum es nicht mal – ein irrer Gedanke, zugegeben – mit ein bisschen Vernunft versuchen? Gewiss, der Vizekanzler müsste dann zugeben, monatelang für den politischen Abfallhaufen gearbeitet zu haben. Aber das tat er doch auch schon im Fall der Gasumlage, die er wegen ihrer irreparablen Fehlkonstruktion schreddern musste.
Im Regierungsviertel, hieß es am Dienstag in einem Medium, würden die Koalitonspolitiker jetzt den Versuch unternehmen, ihre Umfragewerte „mit guter Arbeit und Lösungen“ zu verbessern. Wie raffiniert. Die gute Lösung wäre sogar ziemlich einfach: die Ampel-Politiker, speziell die Grünen bräuchten einfach nur weniger Transformationsideen, Papiere, Gesetze und Gesetzeskorrekturen produzieren. Es würde ihnen sogar nützen. Den Nerven der Bürger erst recht. Ginge Robert Habeck jetzt einen vorgezogenen Weihnachtsurlaub im Streckbetrieb, dann könnte sogar sein persönliches Ansehen wieder steigen.

Seinen Hausfotograf, eine Herde Wildpferde und eine engagierte ZEIT-Redakteurin, die zwischendrin ein paar gefühlvolle Porträts schreibt, kann er ja gern auf seine Erholungsreise mitnehmen.

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Kommentare ( 107 )

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107 Comments
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Niklas
10 Monate her

Grüne Politik: Man stellt etwas Hübsches ins Schaufenster, während hinter dem Vorhang eine riesige, hässliche Maschinerie installiert werden muss, damit wegen dem Wahnsinn im Scheinwerferlicht nicht alles zusammenbricht. Die Beispiele sind Legion: Industriestrompreis, Energiewende, Wärmewende, Atomausstieg, Fahrradwahn, feministische Außenpolitik, Verkehrspolitik, Bahnwahn, Ausländerpolitik, und, und, und… nur genuin dumme Menschen haben die Verfasstheit, auf den Budenzauber der grünen Scharlatane hereinzufallen.

F. Hoffmann
10 Monate her

Eine schräge Idee: warum nicht mal vernünftig sein?“ geht leider nicht. Die Grünen haben eine vorbereitete Truppe mit einer bereits feststehenden Agenda in die Regierung transplantiert und ziehen jetzt diese Agenda durch. Die FDP wacht gelegentlich auf und mault laut und fällt, mit oder ohne faule Kompromisse, um. Man will das Projekt „Ampel“ bzw. die damit verknüpften Pensionsansprüche zahlreicher Abgeordneter und in Ämter untergebrachter Abhängiger nicht gefährden. Die SPD? Kann man vergessen, bewegt sich auf dem intellektuellen Niveau ihrer Vorsitzenden E..

Siggi
10 Monate her

Die Präzession ist die Ursache des Klimageschehens. Der Einfluss des Menschen im Verhältnis dazu kann vernachlässigt werden. Wenn Wissenschaftler dies ständig nicht berücksichtigen, ist das allein dem Geschäftsmodell der Grünen geschuldet. Dazu ein paar Erklärungen. Die Präzession der Erdachse ist ein langsamer Prozess, der etwa 26.000 Jahre dauert. Derzeit befinden wir uns in einer Phase, in der die Nordhalbkugel der Erde im Sommer der Sonne näher ist als im Winter. Dies hat Auswirkungen auf das Klima, da es die Intensität und Verteilung des Sonnenlichts auf der Erde beeinflusst. Die Präzession kann auch Auswirkungen auf die Meeresströmungen haben, die das Klima… Mehr

StefanZ
10 Monate her

Vernunft und Grün schließen sich gegenseitig aus. An der Ideologie wird festgehalten. Es werden höchstens ein paar Ablenkungsmanöver gestartet. Wenn die Umfragewerte nicht passen, wird halt an einem Verbot der AFD gebastelt. Wer hier ständig antidemokratisch und totalitär agiert, merkt mittlerweile sogar der ein oder andere Bundesbürger. Das muss man erstmal hinkriegen.

Teiresias
10 Monate her

Da Deutschland kein Förderland für Gas und Öl ist, hat die entsprechende Prohibition in Deutschland auch keinen Einfluss auf den globalen CO2-Ausstoß.

Die Förderländer fördern weiter, was gefördert wird, wird verkauft und was verkauft wird, wird verbrannt.

E-Auto und Wärmepumpe haben keinen Einfluß auf die globale CO2-Bilanz und sind damit auch innerhalb der Wahnwelt der CO2-Phobiker vollkommen sinnlos.

Diese einfache Tatsache ist viel zu wenig bekannt – vor allem, wenn man es mal mit Vernunft versuchen möchte.

Dr.KoVo
10 Monate her
Antworten an  Teiresias

Sie sind hier nicht konsequent genug. Der Einfluß von CO2 auf die Temperatur ist so wie der Flügeschlag eines Schmetterlings in der Sahara auf einen Sack Reis in China. Und den Treibhauseffekt gibt es im Treibhaus, aber nicht in der Atmosphäre. Dafür richten wir die Industrie zugrunde und verschleudern Milliarden an Steuergeldern. Aber 80% der Bevölkerung wollen das so, oder?

Teiresias
10 Monate her
Antworten an  Dr.KoVo

Natürlich ist die Geschichte vom bösen CO2 Unsinn. Da es sich hierbei aber um einen religiösen Glaubenssatz handelt, der vom BVerfG sogar über das Grundgesetz gestellt wurde, lässt sich das Narrativ an der Stelle schlecht durchbrechen. Zu viele „Klimaforscher“ und „Wissenschaftler“ (beides keine geschützten Begriffe, jeder darf sich so nennen) sind der Politik hier zu diensten. Daß der Kauf eines E-Autos oder einer Wärmepumpe keinen Einfluß auf Öl- und Gasförderung hat, ist unbestreitbar objektiv richtig. Der Unfug, der uns als „Klimapolitik“ verkauft wird, ist daher unbestreitbar objektiv falsch. Es gibt, anders als bei der Geschichte vom bösen CO2, keine Möglichkeit… Mehr

Last edited 10 Monate her by Teiresias
pbmuenchen
10 Monate her

Die Weltbevölkerung wird dieses Jahr wieder um 60 Mio. anwachsen, dieser Umstand in Zusammenhang dem Thema ist eigentlich Beweis genug, dass das Vorhaben der Regierung vollkommen Sinn- und Hoffnungslos ist. Das Ergebnis wird in jedem Fall destruktiv sein, ohne dass sich, global betrachtet, irgend etwas zum positiven wenden könnte. Um es in einem Wort zu sagen: Wahnsinn.

Enrico Stiller
10 Monate her

Früher: „Wissenschaftlicher Sozialismus“, heute wissenschaftlich alternativlose grüne Politik. Früher: Konterrevolutionäre, heute Klimaleugner. Früher: Die Partei, die Partei, die hat immer Recht – heute: Grünenskeptiker sind unmoralische Faschisten. Früher: Kampf gegen das Kapital, heute gegen die verschwörerische Fossil-Lobby…
Merkt denn keiner was? Nichts hat sich geändert. Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch!

Ben Clirsek
10 Monate her

Schlachtet das Goldene CO2 Kalb. Das wäre mal ein Anfang. Und dann überlegt, wie man mit geringem Kapitaleinsatz ein Maximum an Wirkung, Impact wie es so schön neudeutsch heißt, erzielen kann. Vor allem bei tatsächlichen Umweltprobleme wie z.B. der Meeresverschmutzung.

Riffelblech
10 Monate her

Ein guter und richtiger Artikel ! Aber meint der Autor allen Ernstes ,bei den Grünen und ihren willigen Gefolgsleuten der Roten und Gelben und Schwarzen würde es so etwas wie Vernunft geben ? Doch wohl eher nicht . Klimarettung als oberstes Ziel auszulegen ist genauso sinnvoll wie auf dem Mond Getreide anzubauen . Behaupten kann man es ,es als Ziel ausgeben wohl auch . Aber in der Umsetzung ?…? Demzufolge sind die ausgegebenen Ziele der oben Genannten eben nicht die Klimarettung sondern schlicht die Abwrackung der deutschen Wirtschaft und die Überführung des „ Wirtschaftswunders „ BRD in einen drittklassigen Wirtschaftsstandort… Mehr

AlexR
10 Monate her

Dafür sind die GrünInnen zu blöd und durch ihre Religion vom Denken befreit. Demnächst wird die Erde auch zur Scheibe erklärt, damit Bärbocks Hunderttausende Kilometer stimmen.