Der Fall von der Leyen

Für die künftige Politik der EU ist es ohne Bedeutung, ob von der Leyen heute gewählt wird oder nicht. Aber die Gazetten und Kanäle füllt es: ein guter Tag für die Massenmedien, ein schlechter für die Demokratie.

imago images / Le Pictorium

Nachdem sie den anderen alten Fraktionen des Parlaments der EU als der eigenen EVP schon fast alles versprochen hat, was die hören wollen, kündigte Frau von der Leyen montags ihren Rücktritt als Verteidigungsminister für Mittwoch an. Damit sie noch ein paar Stimmen einsammeln kann und etwas in ihrer heutigen Rede um neun Uhr sagen, was sie sonst nicht hätte sagen können? Warum ist sie nicht einfach gestern zurückgetreten? Klarheit scheint eine Kategorie zu sein, die Politiker und auch andere öffentliche Personen heutzutage scheuen.

Ihre Fraktion EVP hat 182 Abgeordnete. Ob sie alle davon wählen, wird die geheime Abstimmung verbergen. Sie braucht 374 von insgesamt 747 Stimmen. Zu den 182 der Eigenen müssen also 192 der Anderen hinzukommen – vorbeugend gegen Abweichler in der EVP 200.

Nein gesagt haben die Fraktionen Grün (74 Sitze) und Linke (41). Was Identität und Demokratie (73) und Fraktionslose (54) tun, ist unklar. Nicht festgelegt haben sich Sozialdemokraten (153), Renew (108) und EKR (62).

Niemand weiß natürlich, was hinter den Kulissen in den letzten Tagen alles an politischem Stimmenkauf(versuchen) zusätzlich zu öffentlich sichtbaren stattgefunden hat. Deshalb sollte man insbesondre auf das Abstimmungsverhalten von SPD und Grünen achten.

Von der Leyen hat nur einen Versuch. Wenn sie keine Mehrheit bekommt, dann ist sie schlicht  durchgefallen – und aus dem Rennen um die Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der Europäische Rat – also ein EU-Gipfel – muß sich dann binnen eines Monats auf einen neuen Vorschlag verständigen. Dabei muss er das Wahlergebnis berücksichtigen. Das spricht für einen Kandidaten der EVP, also der konservativen Parteien. Denn die beiden anderen großen Parteienfamilien sind  schon bestens versorgt: Für die Sozialdemokraten besetzt der Spanier Josep Borrell das Amt des EU-Außenvertreters. Zudem haben sie sich mit David-Maria Sassoli die Leitung des Europaparlaments gesichert. Die Liberalen bekommen mit Charles Michel den ständigen EU-Ratspräsidenten, der die EU-Gipfel leitet und die Brüsseler Agenda prägt. Also muss es jetzt ein Konservativer sein, der an die Fleischtöpfe darf und besonders große Brocken erhält. Denn Essen ist eine wichtige Sache, da muss Demokratie zurückstehen.

Nach der Rede der Kandidatin am frühen Vormittag werden   sich dann unzählige Abgeordnete in Szene setzen, bevor um 18 Uhr abgestimmt wird. Kenner der Brüsseler Szene sagen, der ziemlich pünktliche Abstimmungstermin sei heute das einzig verlässlich Vorhersagbare. Denn sonst kämen die vielen Reservierungen in der Brüsseler Gastronomie ins Rutschen. Essen und Trinken aber hat in dieser Stadt immer noch Priorität. Sage noch einer, es gäbe über Bruxelles nichts Positives zu berichten.

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Kommentare ( 65 )

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Gerro Medicus
4 Jahre her

Der Fall von der Leyen? Leider ist sie nicht gefallen…

Judith Panther
4 Jahre her

„Erst kommt das Fressen, dann die Demokratie“. Frei nach Brecht.

Lu Ziffer
4 Jahre her
Antworten an  Judith Panther

Aber eigentlich ist doch gerade die Moral in der Politik (Demokratie) verloren gegangen. Welcher Politiker steht denn noch für seine Wähler ein und vor allem welchen Politiker würden sie (alle im Forum) noch wählen und vertrauen. Es geht doch nur noch um das geringste Übel. Auch das ist unmoralisch?

Dr. Slonina
4 Jahre her

Kramp Karrenbauer wird neuer Verteidigungsminister.
Das Idiotenkarrussell dreht sich weiter.

Gerro Medicus
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Slonina

So ist es. Ein Bekannter von mir prägte dazu den schönen Begriff IDIOTENROCHADE.

Dr. Slonina
4 Jahre her

Es ist nicht zu fassen! Sie ist tatsächlich gewählt worden. Betrug am Wähler. Eine Niete an der Spitze eines überflüssigen außerordentlich kostenintensiven Vereins!

Gerro Medicus
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Slonina

Dann geht ja vielleicht doch die Vermutung auf, dass vdL die Wunschkandidatin aller EU-Skeptiker und -Hasser ist! Was sie mit der Bundeswehr geschafft hat, das schafft sie vielleicht auch mit der EU?

country boy
4 Jahre her

Warum wurde eigentlich erst nach den Wahlen klar, dass Manfred Weber als Spitzenkandidat ungeeignet ist?
Warum hat man nicht von vornherein von der Leyen aufgestellt?

reiner
4 Jahre her
Antworten an  country boy

die frahge stelle ich mir auch..wochenlang weber und timmermanns und plötzlich versageruschi ,unglaublich.da stinkt doch was gewaltig .

Dr. Slonina
4 Jahre her

Die Wahl der Versagerin von der Leyen wäre der nächste schmerzhafte Tiefschlag für die Demokratie. Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir vielleicht schon einen Schritt weiter.

Hans Deutsch
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Slonina

Leider ist diese Polit-Versagerin tatsächlich nun gewählt worden. Naja, nachdem sogar solche Pfeifen, wie dieser Oppermann noch für sie geworben haben, hat die SPD wieder einmal die „staatstragende Rolle“ übernommen und wird sich damit weiter abschaffen. Und das ist gut so!

pcn
4 Jahre her

17.59h
Der Fall v.d.Leyen. Fällt sie nach unten, so wie alles, wenn man Dinge und Personen loslässt….? Oder dem Naturgesetz widersprüchlich…nach oben? – Nun ja, was gelten in der Politik schon Naturgesetze. Bei denen gibt es ja auch den anthropogenen Klimawandel durch CO2!
Jo…das muss! Schon wegen der CO2Steuer.

niemand
4 Jahre her

Bitte etwas mehr Vertrauen in das elektronische Abstimmungssystem des EU-Parlamentes. Dat teuer Dingens wird doch keine nicht gewünschten Ergebnisse abliefern.

Was seit Tagen läuft ist doch nur billigste Demokratiesimulation fürs verehrte und verarschte Wahlvolk.

Die Dame ist gewählt. Wurde bereits in 2016, 2018 und 2019 als High Potencial für höheres auserkoren.

Kontra
4 Jahre her

UvdL ist die zweite Niete im Hosenanzug (wer quatscht den beiden Weibern bloß diese bonbonfarbenen Blazer auf?) mit mehr Gören im Haus als seetaugliche U Boote bei der Marine. Nur vor einem brauchen sich die EU Abgeordneten nicht fürchten, das sie deutsche Intressen vertritt- das ganz sicher nicht. Möge sie bei der Wahl krachend scheitern!

mmn
4 Jahre her
Antworten an  Kontra

Ich habe vor vielen Jahren einmal gelesen, es gehe bei den Farben um die Hervorhebung der Politikerin auf Gruppenfotos bzw. Filmaufnahmen. Übrigens sollte man aus Gründen der Logik eher von einem Hosenkostüm sprechen, da der Anzug eine Hose als Bestandteil bereits impliziert. Dagegen ist die Hose eine Modifikation des klassischen Kostüms (mit Rock).

Dieter Rose
4 Jahre her

meine Vorhersage:
das Peter-Prinzip
wird siegen . . .