Zuwanderer sollen in Deutschland schneller ärztlich arbeiten – nur nicht als „Ärzte“

Die Regierung Friedrich Merz macht den Weg frei, dass ausländische Fachkräfte künftig schneller ärztlich tätig werden können. Die dürfen sich aber nicht „Arzt“ nennen. Patienten können ja selbst herausfinden, ob ein „Medic Specialistă“ sie behandeln darf.

picture alliance / Rupert Oberhäuser | Rupert Oberhäuser

Man stelle sich vor, man braucht schnell einen Arzt und geht ins Krankenhaus. Aber dann steht man vor den Türschildern der Krankenhaus-Angestellten und muss sich zunächst den halben Lebenslauf von „Herrn Ahmad Al-Khatib, Tabib al-Batinah (Arabische Republik Syrien)“ oder von „Frau Ionescu, Medic Specialistă (Rumänien)“ durchlesen, bevor man als Patient weiß, wer einen überhaupt behandeln darf.

Die Personen sind ausgedacht. Herr Al-Khatib darf in dem Beispiel nur in der Inneren Medizin arbeiten, während Frau Ionescu nur im Bereich der Kardiologie tätig werden darf. Allerdings nur für eine befristete Zeit und nur an einem spezifischen Standort, zum Beispiel dem örtlichen Kreiskrankenhaus. Das klingt absurd. Ist es auch. Aber so in der Art sieht es ein Gesetzesentwurf vor, den die Bundesregierung während einer Kabinettstagung in der Villa Borsig besprochen hat.

In einer Pressekonferenz 1. Oktober hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in wenigen Worten mitgeteilt, dass die Regierung das Gesetz durchbringen werde: Vor allem würden „Pflegekräfte“ dringend benötigt und durch das neue Anerkennungsverfahren könnten Fachkräfte aus dem Ausland schneller in Deutschland tätig werden, sagt Merz. Komisch. Denn eigentlich beschränkt sich der „Referentenentwurf zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsqualifikationen in Heilberufen“ zunächst auf Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Hebammen. Also nicht auf Pflegekräfte.

Die Regierung möchte mit diesem Gesetz sicherstellen, dass Menschen, die in ihrem Herkunftsland eine Arbeitserlaubnis in Heilberufen erhalten haben, schneller und einfacher in Deutschland tätig werden können. In der Bundesärzteordnung soll demnach geregelt werden, dass solche Fachkräfte eine befristete Berufserlaubnis in Deutschland erhalten. Sie dürfen sich aber nicht Arzt nennen. Sondern erhalten übergangsweise die Berufsbezeichnung des Herkunftsstaats mit zusätzlichem Hinweis auf den Namen dieses Staats und auf die Tätigkeit und Beschäftigungsstelle, auf die ihre Erlaubnis beschränkt ist. Im Fall des fiktiven Beispiels könnte ein Namensschild der Fachkraft dann womöglich so aussehen: „Frau Ionescu, Medic Specialistă (Rumänien) – nur Tätigkeit in der Kardiologie, bis 2026 gültig“.

Aber diese absurden Bezeichnungen sind nicht dauerhaft. Sie sind nur eine Übergangslösung, bis die Fachkräfte ihre „Kenntnisprüfung“ bestanden haben und damit ihre volle Approbation erhalten. Bisher war eine umfangreiche „Gleichwertigkeitsprüfung“ üblich, in der Antragsteller allerlei Dokumente und Informationen zu ihrer Ausbildung im Herkunftsland vorlegen mussten, um ihre Approbation anerkennen zu lassen.

Diese Verfahren dauern in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen häufig ein Jahr oder sogar länger, wie die Bundesärztekammer in einem Positionspapier schreibt. Typisch deutsche Bürokratie halt. Diese „Gleichwertigkeitsprüfung“ bleibt nun nur als freiwillige Alternative bestehen. Stattdessen soll direkt eine „Kenntnisprüfung“ stattfinden. Dadurch sollen sowohl die Antragsteller als auch die zuständigen Landesbehörden entlastet werden.

Sobald eingewanderte Fachkräfte eine solche „Kenntnisprüfung“ bestanden haben, dürfen sie sich offiziell Arzt nennen. Die Medic Specialistă (Rumänien) wird dann zur Ärztin Frau Ionescu. Die Anforderungen, um sich als Ausländer in Deutschland Arzt oder Apotheker nennen zu dürfen, sollen aber wohl gleichbleiben. Denn die Patientensicherheit, so die Bundesregierung, habe „höchste Priorität“.

Wie hoch diese Priorität wirklich ist, zeigt die Approbationsakte des Arztes Taleb A., der im Dezember letzten Jahres in Magdeburg in einen Weihnachtsmarkt gefahren ist und dabei mehrere Menschen verletzt und getötet hat. TE berichtete. Eine genauere Untersuchung dieser Akte zeigte nun, dass der Vorgesetzte von Taleb A., Dr. Michael Gillner, telefonisch die Einschätzung gegeben hatte, dass Taleb A. als Arzt „fachlich nichts falsch“ gemacht habe. Probleme gebe es aber im zwischenmenschlichen Verhalten: Der Saudi reagiere wahnhaft, wenn er sich eingeengt fühle. Trotzdem hat Taleb A. die Approbation erhalten. Und damals gab es eine „Gleichwertigkeitsprüfung“ statt „Kenntnisprüfung“, um sich als Ausländer in Deutschland offiziell Arzt nennen zu dürfen.

Dass der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen angegangen werden muss, stimmt: In einem Positionspapier der Bundesärztekammer sagt deren Präsident Klaus Reinhardt, dass das Gesundheitssystem dringend auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sei. Dementsprechend bewertet die Bundesärztekammer den Entwurf erstmal positiv. Sie kündigt allerdings an, das Gesetz genau zu prüfen: Es sei notwendig, sorgfältig festzustellen, ob eine Person aus dem Ausland zweifelsfrei einen ärztlichen Beruf in Deutschland ausüben kann. Die Kammer schlägt konkrete Maßnahmen vor, um die Verfahren der ausländischen Antragsteller zu vereinfachen und zu beschleunigen, aber die Patientensicherheit zu hüten: Vor allem müssten Behörden personell besser ausgestattet werden und die Prüfung der Anträge zentralisiert sowie digitalisiert werden.

Einen Schritt in Richtung Zentralisierung machen Merz und Co mit diesem Gesetz. Auch wenn der Schritt klein ist: So wollen sie den Bundesländern ermöglichen, bei anderen Ländern zu fragen, ob dort bereits ein Approbations- oder Arbeitserlaubnisverfahren bearbeitet wird. Dieser Informationsaustausch solle rechtssicher ausgestaltet werden. Nun ja: Und während diese Informationen ausgetauscht werden, kann eine Frau Ionescu dann schonmal an Herz-Operationen mitwirken, bevor Deutschland ihre Approbation offiziell anerkannt hat. Sie operiert dann ja erstmal nicht als Ärztin, sondern als „Medic Specialistă“. Denn aus Sicht der Bundesregierung sind im Ausland erworbene Berufsqualifikationen „grundsätzlich“ gleichwertig mit den deutschen Standards.

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Kommentare ( 52 )

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greenout
1 Monat her

Sind halt qualifizierte Hilfsarbeiter und schon passt es.

Riffelblech
1 Monat her

Das genau ist das Level auf dem sich der gesamte gesellschaftliche Konsens bewegt .
Niemand sollte auch nur annähernd glauben das sich die Spitzenpolitiker dieses Landes von einem derartigen „“ Spezialisten „“ behandeln lassen würden .
. Die sind dem Pöbel vorbehalten .
Genau wie sie niemals ihre Tagungen und Zusammenkünfte in einer Turnhalle machen ,niemals unterhalb von Schlössern und 5-7 Sterne Hotels Tagen ,essen schlafen .
Eine selbsternannte Elite eben die vorgibt das Volk zu vertreten .
Ja sie treten das Volk ………… in den A….

Stefferl
2 Monate her

Das erinnert mich an die Jahre 2015/2016 als die Flüchtlingswelle Fahrt aufgenommen hatte. Da gab es einige Studiengänge, für die eine Aufnahmeprüfung bzw. ein gewisser Notenschnitt notwendig waren. Während die einheimischen Studenten die Prüfungen absolvieren mußten, wollte man die neuen höchstqualifizierten Gäste davon ausnehmen. Warum auch immer? Sie konnten zwar kein Deutsch, sollten aber dennoch ohne besondere Prüfungen und Nachweise gleich in die Studiengänge – manchmal auch in höhere Semester – aufgenommen werden. Das ist dann glücklicherweise anders gekommen.

Stefferl
2 Monate her

Seit ein saudischer Facharzt uns in Magdeburg an seinen medizinischen Kenntnissen teilhaben ließ, bin ich da recht skeptisch. Keinerlei Angst habe ich vor ausländischen Ärzten aus Europa, Japan, USA, Australien, Südkorea oder vergleichbaren Ländern.

Milton Friedman
2 Monate her

> anerkennen von [Drittwelt-] Berufsqualifikationen. Als wenn die Titelinflation nicht schon gravierend genug wäre, importiert der nach Lohnnebenkosten gierende, nimmersatte Staat lieber „Ärzte“ aus Ländern, in denen es üblich ist, Titel zu kaufen, als auch nur einen Cent in seinem Staatsapparat einzusparen und denen zukommen zu lassen, die das Geld verdienen. Dann muss der deutsche 1er Abiturient halt jetzt mit irgendeinem Clan-Prinzen aus der Dritten Welt ums Gehalt konkurrieren. Ist ja nur fair. Mal ne andere Frage: Welche unerwarteten Gruppen dürften zukünftig durch derartige Entwicklungen „völlig zufällig“ besonders jenen Einrichtungen den Vorzug geben (von Ausbildung der Kinder bis Narkose) die… Mehr

mediainfo
2 Monate her

Wenn eine Klinik dringend billige „Ärzte“ braucht, und ein Bewerber einigermaßen seriös daherkommt, dann habe ich eine Ahnung, wie streng geprüft und nachgeforscht wird, ob die Urkunden aus einem fernen fernen fremdsprachigen Land, erstens echt sind, und zweitens die bescheinigten Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Das ist ja nicht das Selbe.

Der-Michel
2 Monate her

In einer deutschen Uni-Klinik. Radiojod – Therapie nach Schilddrüsenkarzinom. Frage an den Arzt: „Schädigt das mein Erbgut?“. Antwort Arzt: „Was meinen?“. Der begleitende Student erklärte dann dem „Arzt“ die Frage ausführlich. Eine bessere vertrauensbildende Maßnahme kann man sich nicht vorstellen.

Britsch
2 Monate her
Antworten an  Der-Michel

Untragbare Zustände

Marcus Tullius
2 Monate her

Warum sollen medizinische Fachkräfte im Merkelland qualifizierter sein als die politische und mediale „Elite“?

the NSA
2 Monate her

Die Ukr war bis 2022 der weltweit groesste Medizin-Studium Magnet, weil das Studium fuer alle aus der ganzen Welt pro Jahr, incl Unterkunft, bloss ca 8,000 USD kostete…..man bedenke, dass eine Med-School in USA mind 30,000 p.A kostet:nur Schulgeld….und wo z.B. in Indien ein Candidate an der strengen Med. Admission Examination, ging er/sie halt in die Ukr…. Die Ukr war fuer die ‚Qualifizierten‘ Inder/Sout East Asians nur ein Sprungbrett, damit sie das USMLE (US Staatsexamen) absolvieren konnten. Ausser PL/Baltics wurden die Fachaz Titel der Ukr von fast keine int. Medcial Association weltweit anerkannt, im Gegensatz zu damals, als die Ukr Soz.… Mehr

Theadoro
2 Monate her

Abitur, NC und jahrelanges Studium + Facharztausbildung für Deutsche, ärztliche Ausbildung nach Gutdünken für unsere Gäste. Ich bin sprachlos.

Dieter Rose
1 Monat her
Antworten an  Theadoro

Nicht nur Sie!!!
Ich schlage vor, unsere Regierenden sollen doch aus dieser Klientel ihre Leibärzte rekrutieren!