Tichys Einblick
Bilanz der deutschen Asylpolitik

Zahlen zu Asyl-Zuwanderung und Arbeitslosengeld: Deutschland im Hamsterrad

Die Ampelkoalition setzt zur Transformation des Landes an und will dazu auch das Asylrecht nutzen. Schon blasen Grüne wie Ricarda Lang zu neuer Massenaufnahme. Dabei war die Asylgewährung der letzten zehn Jahre eben keine Erfolgsgeschichte, wie auch das deutsche Handwerk feststellen muss.

Jobcenter der Agentur für Arbeit in Köln

IMAGO / Future Image

Vor zehn Jahren begann die Asylzuwanderung nach Deutschland über ein bis dahin gewohntes Maß hinaus zu steigen. Davon können Bundespolizisten berichten. Es ist aber auch an Zahlen und anderen Realitäten abzulesen. Und dabei war immer auch im öffentlichen Diskurs davon die Rede, dass Deutschland durch Einwanderung – sei sie auch ungeordnet, illegal, was auch immer – einen Teil der eigenen Probleme lösen könnte. Immer wieder war vom „Fachkräftemangel“ die Rede, den die Zuwanderung angeblich stillen sollte.

Wie sich herausgestellt hat, ist nichts dergleichen geschehen. Im Sommer 2022 klagen nicht nur die deutschen Handwerksbetriebe über 250.000 offene Stellen. Daneben könnten bald 125.000 Betriebe – mangels Chef – unwiederbringlich schließen. Auch bei Erziehern und Pflegekräften ist angeblich ein neuer „Höchststand“ des „Mangels“ zu konstatieren, so heißt es im Spiegel. Vielleicht zeigt die paradoxe Formulierung, dass ein Wendepunkt erreicht ist. Dem Höchststand des Mangels muss man letztlich die Mühen der Tiefebene vorziehen, junge Menschen konsequent auf das Handwerk hinführen, weg von einem Schulsystem, das im Abitur für alle gipfelt, hin zu mehr praktischem Lehrstoff. Gut organisierte Fachschulen statt Massengymnasien.

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Jedenfalls erwiesen ist nun aber, dass die Zuwanderung über das Asylsystem bisher keinen dieser Mängel abstellen konnte. Das zeigt auch ein Blick in die Daten der Agentur für Arbeit, auf die der brandenburgische Bundestagsabgeordnete René Springer (AfD) in einer Pressemitteilung hinweist. Springer spricht von einer „massiven Einwanderung in unsere Sozialsysteme“, die zwar von Politik und etablierten Medien noch schöngefärbt, aber nicht mehr geleugnet werden könne. Tatsächlich zeigen die Zahlen zur Asylzuwanderung aus den vergangenen zwölf Jahren ein absurdes Missverhältnis zwischen denjenigen, die sich in irgendeiner Form (für sich und andere) nützlich machen können, und den anderen.
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Als Maßstab dienen können die Asylbewerber aus den acht wichtigsten Herkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien), die weiterhin ungefähr zwei Drittel aller Antragsteller ausmachen. Ein chronologischer Blick auf die Zahlen der Bundesagentur zeigt, dass von 2010 bis 2013 jeweils 3.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus diesen Herkunftsländern dazukamen. Man könnte das als den funktionierenden Teil des Systems ansehen. Schon bald wurde er aber durch die steigende Zahl der Regelleistungsberechtigten (aus ebendiesen Ländern) überflügelt. 

Unter Regelleistungen versteht man Arbeitslosengeld II (Hartz IV) und Sozialgeld. Bezieht jemand andere Zuschüsse vom Staat – etwa zur Erstausstattung der Wohnung, zur Kranken- und Pflegeversicherung, zur Bildung und Teilhabe –, dann gehört er zu den „sonstigen Leistungsberechtigten“. Die Regelleistungsberechtigten sind also nur eine Teilmenge jener, die vom deutschen Staat, also den Steuerzahlern, vom ersten Tag ihrer Ankunft und oft für viele Jahre ernährt, untergebracht und immer wieder unterstützt werden. Zunächst werden Asylbewerber, Geduldete sowie Ausländer, die vollziehbar zur Ausreise verpflichtet sind, mit (seit 2012 gleichhohen) Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Die folgenden Zahlen betreffen also nur die hinzukommenden Asylzuwanderer, die schon länger in Deutschland sind und einen Aufenthaltstitel erlangen.

2012 – lange vor dem Merkel-Beschluss zur deutsch-österreichischen Grenze – gelangten so 10.000 Leistungsberechtigte ins deutsche System, die vielleicht auch schon in den Vorjahren zugewandert waren. 2013 waren es schon um die 17.000 neue Anspruchsberechtigte. 2014 kamen doppelt so viele hinzu, denen nur rund 7.000 neue Beschäftigte gegenüberstanden.

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2015 bekam die Rakete dann bekanntlich Schub: 101.000 Regelleistungsberechtigte strömten ins Sozialsystem, aber nur 18.000 weitere Asylzuwanderer konnten vom Arbeitsmarkt aufgenommen werden (Verhältnis: fünf zu eins). 2016 kamen gar 398.000 zu versorgende Menschen hinzu, denen gerade mal 42.000, die für ihr Brot arbeiten konnten, gegenüberstanden (zehn zu eins). Erst 2018 gelang eine gewisse Bremsung des Zuwachses, der vermutlich aus dem zwei Jahre zuvor erfolgten Schließen der Balkanroute und somit dem Ende der akuten „Flüchtlingskrise“ zu erklären ist. 2019 setzte ein leichtes Abschmelzen der Regelleistungsbezieher an, das aber wirklich nur im Schneckentempo vorangeht.
Die Dynamik des Systems liegt bei den Hilfskräften

Im Januar dieses Jahres waren noch immer 893.000 Asylzuwanderer aus den wichtigsten acht Herkunftsländern auf Regelleistungen des deutschen Staates angewiesen. Dem stehen nur 460.326 Menschen gegenüber, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und aus den Top-8-Asylherkunftsländern stammen. Etwa zwei Drittel der Asylzuwanderer haben damit Anspruch auf Regelleistungen aus den Sozialkassen und vom deutschen Staat.

Auch wenn man die etwas anders berechnete SGB-II-Quote zu Rate zieht, also Menschen im Rentenalter herausrechnet, sind immer noch 49 Prozent der Asylzuwanderer unter der Altersgrenze nach Sozialgesetzbuch II leistungsberechtigt. Für Deutsche liegt diese Quote bei 5,6 Prozent. Sie ist an sich vergleichbar der Arbeitslosenquote, allerdings fällt dieselbe bei Asylzuwanderern im Vergleich niedriger aus (nur 31 Prozent von ihnen waren im Januar offiziell arbeitslos), was darauf schließen lässt, dass bei den restlichen 18 Prozent das Arbeitseinkommen nicht zum Leben ausreicht.

Es sind also neben den Nicht-Arbeitenden vor allem Geringverdiener, viele von ihnen nicht sozialversichert, die ins Land gekommen sind. Blickt man genauer auf die Beschäftigten aus den Top-8-Asylherkunftsländern, dann erkennt man auch, warum das so ist. Unter den 460.000 inzwischen in Deutschland beschäftigten Asylbewerbern aus den Top-8-Herkunftsländern besitzen 43 Prozent keinen Berufsabschluss; zu weiteren 25 Prozent liegen der Bundesagentur keine Angaben vor. Der Anteil der Hilfskräfte lag im Januar 2016 bei 43,5 Prozent, schnellte zuletzt aber auf 50 Prozent hoch. Hier liegt die Dynamik dieses Teilsystems in den vergangenen sechs Jahren.

60 Prozent der Asylzuwanderer bleiben ohne Erfolg bei Lehrstellen

Dagegen stagniert der Fachkräfteanteil bei knapp unter 40 Prozent. Gefallen ist der Anteil der Spezialisten (von zeitweise fünf auf zuletzt 3,7 Prozent) und Experten (von 11,5 auf 7,2 Prozent im Oktober 2021). Bei den 438.000 arbeitsuchenden Asylzuwanderern aus den Top-8-Herkunftsländern sieht die Lage noch düsterer aus: 87 Prozent verfügen über keinen Berufsabschluss, nur vier Prozent besitzen eine Berufsausbildung, sieben Prozent sind Akademiker.

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Nun ist alles das kein Zufall, denn bei der Zuwanderung über Asyl geht es eben gerade nicht um Qualifikationen wie etwa im neuen britischen Zuwanderungssystem, das die Regierung Johnson installiert hat.

Und diese Qualifikationen wären eben nicht nur bei den vielen Studienberufen des jungen Deutschland notwendig, sondern auch bei „einfacheren“, gemeinhin etwas herablassend behandelten Tätigkeiten wie dem Handwerk. Während das deutsche Handwerk seinen goldenen Boden allmählich verliert, haben 60 Prozent der über das Asylrecht Zugewanderten (aus den acht wichtigsten Herkunftsländern) keine Lehrstelle gefunden. Das sind 15.000 von insgesamt 25.000 Bewerbern. Jede Linksregierung, die auf sich hält, müsste aus diesen Zahlen ein Antidiskriminierungspaket schnüren, das sich gewaschen hat. Aber die Ursachen liegen womöglich anderswo.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der Bild-Zeitung, dass alle Vorhaben der Ampel – ob beim Klimaschutz oder Wohnungsbau – angesichts dieser Situation ins Leere laufen. Ohne Handwerk keine Windräder, keine Fassadendämmung, auch kein Bauprogramm für die hunderttausend Neubürger jedes Jahr.

Grüne: Aufnahme von Afghanen forcieren

Daneben ist klar geworden, dass auch die Zuwanderung über das Asylsystem nicht geeignet ist, diesen und viele andere Mängel zu beheben. Die Erzählung von den dringend benötigten Fachkräften, die man sich durch die illegale Zuwanderung über den Balkan und das zentrale Mittelmeer verschaffen wollte, ist ein wahres Polit-Märchen, das einer linken Transformationsagenda gehorcht und daneben den vermeintlichen Rettungsaktivismus im Mittelmeer befördert. Tatsächlich belastet diese Art Zuwanderung die sozialen Sicherungssysteme Deutschlands. Und trotzdem wird sie nun seit zehn Jahren unter unterschiedlichen Regierungsbündnissen, vom Bund, von den Ländern und gewissen Kommunen, schließlich von einer dubiosen, selbst staatlich ausgehaltenen „Zivilgesellschaft“ forciert.

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Wenn die wirtschaftlichen Argumente – wie im Fall Afghanistans – weniger gut tragen, dann schwenkt man einfach wieder auf die Humanitätserzählung um, wonach es human sei, gerade Frauen und Mädchen aus Afghanistan zu befreien. Das sind Rettungsphantasmen, die jede Revolutionsoper adeln würden, aber in der aktuellen Realpolitik, die sich auch auf das eigene Land beziehen sollte, wenig zu suchen haben. Die Rede ist übrigens von Ricarda Lang, die im Mai forderte, die Aufnahme von Afghanen aus Afghanistan zu „forcieren“.  Aber wer sollte sich über solche Töne der grünen Jugend wundern, da doch die Altvorderen – Joschka Fischer und Annalena Baerbock – schon im Herbst darüber informierten, dass Europa und Deutschland eine „massive Flüchtlingsbewegung“ bevorstehe. Fischer rief die Deutschen bei dieser Gelegenheit zu einer „großen humanitären Geste“ auf.  Noch größer? Geht kaum noch, jedenfalls nicht mit Corona-Flaute und Ukraine-Krise.
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