Streit in der Ampel? Umweltministerin Lemke will Verbrenner-Aus zustimmen

Vergangene Woche hatte FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner noch eine Blockade des Verbrenner-Verbots ab 2035 angekündigt. Jetzt erklärt die grüne Umweltministerin Lemke: Deutschland wird der EU-Richtlinie zustimmen. Die FDP scheint ausgetrickst.

IMAGO / Political-Moments
Bundesumweltministerin Steffi Lemke, 15.06.2022

Umweltministerin Steffi Lemke will am Dienstag im EU-Umweltausschuss dem geplanten Aus von Verbrennerautos zustimmen. „Wichtig ist mir, dass die Bundesregierung heute hier in Luxemburg die Kommission unterstützen wird in dem Ziel, dass ab 2035 keine Pkw mehr zugelassen werden, die CO₂ ausstoßen“, sagte die Grünenpolitikerin im ZDF-„Morgenmagazin“. Das sei auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden.

Damit ist der angekündigte FDP-Widerstand gegen das Verbrenner-Verbot wohl abgeräumt: Erst kürzlich hatte Lindner angekündigt, die EU-Regelung innerhalb der Bundesregierung zu blockieren. „Ich halte die Entscheidung, den Verbrennungsmotor zu verbieten, für falsch“, bekräftigte der Bundesfinanzminister auf einer Tagung des Bundesverbandes der deutschen Industrie. Die FDP werde in der Bundesregierung „dieser europäischen Rechtssetzung nicht zustimmen“, kündigte Lindner an.

Aus Grünen-Kreisen hieß es jedoch gegenüber der SZ, in der Nacht zum Dienstag habe es eine Einigung zwischen FDP und Grünen gegeben. Zuvor hatte Lindner bereits ein Entgegenkommen signalisiert: „Mit synthetischen Flüssigkraftstoffen im Kolbenmotor ist Klimaneutralität genauso möglich. Wenn das abgebildet werden kann auf europäischer Ebene, spricht nichts gegen eine Zustimmung“, erklärte Lindner Ende letzter Woche bei der „deutschen Steuer-Gewerkschaft“ in Berlin.

„Effiziente Verbrennungsmotoren, die klimaneutral erzeugte Kraftstoffe nutzen, können entscheidend zum Klimaschutz beitragen“, meint auch ADAC-Präsident Karsten Schulze. Aber: Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, sind noch überhaupt nicht marktreif – und eher theoretische Zukunftsmusik mit ungewissen Aussichten. Die Technologie unter dem Schlagwort „Grüner Wasserstoff“ steckt noch in den Kinderschuhen. Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben aktuell am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig.

„Im Ergebnis dürfen wir eine Energieeffizienz von etwa 50 Prozent erwarten“, meint Professor Roland Dittmeyer vom Karlsruher Institut für Technologie. Der Fokus von Forschung zu und Entwicklung von E-Fuels läge daher ohnehin auf „Anwendungen, die batterieelektrisch auf absehbare Zeit nicht funktionieren, wie der Flug- oder Schiffsverkehr“. Synthetische Kraftstoffe im Kolbenmotor: Das wird wohl schlicht eine Träumerei des FDP-Wahlprogramms bleiben.

Doch nicht einmal diese weitgehend wertlose FDP-Träumerei schafft es vollständig zum Gipfel nach Luxemburg. In letzter Sekunde scheint Umweltministerin Steffi Lemke noch festgestellt zu haben, dass es für manche Fahrzeuge – Feuerwehrautos, Schiffe oder Flugzeuge – noch gar keine klimaneutralen Alternativen gibt. Lemke will daher Ausnahmen für solche Fälle anregen. Vielleicht ist das das einzige echte Verdienst der FDP: Zumindest Flug- und Schiffsverkehr kollabieren nicht. Lindner beschwert sich jedenfalls darüber, dass E-Fuels in Pkw nun scheinbar doch nicht durch die Richtlinie berücksichtigt werden. Keine Zulassung von Pkw, die CO2 emittieren: Mit dieser Formulierung will die Grüne Lemke selbst Lindners E-Fuel-Nebelkerze den Garaus machen. Denn mit synthetischen Kraftstoffen wird CO2 ausgestoßen – aber nur das, was bei dessen Produktion gebunden wurde. So fallen sie trotzdem nicht unter die EU-Richtlinie. Die heutigen Äußerungen der Umweltministerin „entsprechen nicht den Verabredungen“, meint Lindner.

Doch Lindners Widerstand für die E-Fuels ist womöglich Maskerade: Das Verbrenner-Aus würde de facto so oder so kommen. Solche Minimalleistungen entsprechen den Erwartungen der 11,5 Prozent, die die Liberalen 2021 gestärkt in den Bundestag geschickt hatten, wohl eher nicht – das zeigen die Umfragen konstant. Dass die FDP es nicht einmal schafft, ihre Placebos zur Wählerberuhigung an Rot-Grün vorbeizubekommen, ist bezeichnend für eine Ampel, in der die FDP weitgehend zum Feigenblatt einer linken Regierung geworden ist.

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Kommentare ( 92 )

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Klaus Weber
1 Jahr her

Daß diese verhuschte und dogmatische Grüne, der es in keiner Weise um funktionierende Lösungen für den Klimawandel geht, sondern ausschließlich darum, das grüne Glaubensbekenntnis durchzusetzen, sich für das Verbrennerverbot einsetzen wird, war mir klar! Wenn die FDP nur noch einen Funken Selbstachtung hat, dann beendet sie jetzt diese unselige Koalition….

Innere Unruhe
1 Jahr her

Ich finde es gut, das es bald keine Verbrenner mehr gibt!!!
Ich finde Afrikaner brauchen keine Mobilität, denn das wird wohl die Konsequenz sein, wenn die EU grundsätzlich alle Firmen und Zuliferer boykotiert, die Verbrenner bauen.
Afrika fährt Verbrenner, aber wie lange, wenn der Nachschub ausbleibt?
Auch Inder brauchen keine Mobilität. Ebenso wie Lateinamerika.
EU soll hier konsequent sein und alle, wirklich alle, die sich noch trauen, Verbrenner zu nutzen, boykotieren.
Entwicklungshilfe? – Erst wieder, wenn der letzte Verbrenner, das letzte Mofa verschrottet sind.
Oder möchte man sehenden Auges, Afrikaner in die Klimakatastrophe fahren lassen?

Peter Gramm
1 Jahr her

Die Realitäten werden die Grünen dazu zwingen iher Ideologie wieder abzuschwören. Genau so wie momentan dass sie die Kohlekraftwerke wieder anfahren müssen. Grüne sind wie kleine Kinder zu Weihnachten….Mama, Papa….ich will haben. Ist halt nicht alles möglich was man haben möchte, zumal bei vielen dieser Geister die bildungsnotwendigen Ansätze völlig fehlen.

HPM
1 Jahr her

Die FDP kämpft wohl ein Rückzugsgefecht Die Herstellung von E-Fuels aus Wassersoff (mit nachfolgender Hydrierung von CO2) ist der mögliche Weg zur Klimaneutralität bei Verbrennungsmotoren. Allerdings ist die Synthese von Kohlenwasserstoffen auf diesem Weg nicht sehr effektiv, d.h. mit hoher Verlustleistung verbunden. Die derzeit sehr geringen und teuren Mengen von synthetischem Kraftstoff sind noch gar nicht kommerziell nutzbar. Später werden sie wahrscheinlich schweren Transportfahrzeugen und Flugzeugen vorbehalten bleiben. Wenn Energie so billig und im Überfluß vorhanden sein sollte, daß man sich das leisten kann, könnte auch der private PKW Verkehr wieder mit einbezogen werden. Allerdings dürfte das vom Umfang des… Mehr

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her

Lemke stimmt dem Verbrenner-Aus zu, der Kubicki stimmt im Gegenzug für Frau Ataman. In beiden Fällen bekommen die Grünen, was sie wollen, und die FDP zeigt stolz ihr nichtvorhandenes Rückgrat. Business as usual.

K.Behrens
1 Jahr her

alles nicht interessant! Hochwertige Fahrzeuge und sonstige wertsteigernde Prätiosen behalten ihren Wert! Warum in Hamburg eine Yacht bei Blom und Voss wie zu Christos besten Zeiten verhüllt von Herrn Laborarzt Tschentscher sozusagen als mafiöses Konstrukt lahm gelegt wurde? Herr „Laborarzt“ möchte in Hamburg diverse Experimente durchführen!

Maja Schneider
1 Jahr her

Alles mehr als zutreffend, das Deprimierende ist nur, dass es vermutlich immer so weitergehen wird: Die FDP schiebt immer mal etwas Kritik ein, einigt sich dann mit den Grünen, argumentiert etwas herum, dass sie doch viel erreicht habe etc. und ändern wird sich gar nichts. Keine Partei ist so selbstbewusst und selbstgewiss wie die Grünen, denn im Falle von Neuwahlen, wozu es aber nicht kommen wird, wartet die CDU doch schon sehnsüchtig darauf, in eine Koalition mit ihnen eintreten zu können und nach ihrer Pfeife zu tanzen, Merkel hat ihr Ziel fast erreicht. Was soll da schon schief gehen (außer… Mehr

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  Maja Schneider

Es ist ein abgekartetes Spiel Die Grünen herrschen, die anderen Altparteien dienen. Ihr Zweck ist, diese Demokratie-Scharade aufrecht zu erhalten. Natürlich funktioniert das. Selbst intelligente Menschen durchschauen es nicht, zu tief geht die Konditionierung. Sehen Sie den Herr Tichy höchstselbst als Beispiel. Ein kluger Mann, zweifellos, doch wie oft wird auf TE die AfD erwähnt? Kubicki will gegen Impfplicht stimmen,das ist eine Meldung wert, obwohl jeder Leser (die Kommentare beweisen es) längst weiß, dass der Kubicki sowieso nur wieder lügt. Aber ein Wort über die einzige Partei verlieren, die tatsächlich dagegen stimmen wird? Warum ist die AfD der Redaktion keine… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Alexis de Tocqueville
Carl22
1 Jahr her

In der Koalit.vereinbarung steht (7. Dez.2021) : „Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission werden im Verkehrsbereich in Europa 2035 nur noch CO2 -neutrale Fahrzeuge zugelassen“, allerdings lag zu dieser Zeit lediglich ein Vorschlag der EU-Kommission vom 14.Juli 2021 auf dem Tisch. Die EU-Kommission sprach völlig unzweideutig vom Vorschlags-Charakter ihrer Ausführungen.: Pressemitteilung EU vom14.Juli2021: „Die Europäische Kommission hat heute ein Paket von Vorschlägen angenommen, um die Politik der EU in den Bereichen Klima, Energie, Landnutzung, Verkehr und Steuern so zu gestalten, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden können.“ Es handelte sich definitiv um einen Gestaltungsvorschlag, was… Mehr

Dr. Slonina
1 Jahr her

Die Dummheit und nahezu absurde ideologische Verblendung der in dieser Angelegenheit handelnden politischen Akteure ist daran zu erkennen, daß ein Verbot von Verbrennermotoren eine Reduktion von ca. 1% des Weltausstoßes an CO2 zur Folge haben könnte. Vorausgesetzt, man könnte schlüssig beweisen, daß menschengemachtes CO2 die Ursache der Klimaerwärmung ist. Was bisher nicht der Fall ist. Deutschland produziert aktuell etwa 2,5 % der Emissionen an CO2, die auf unserem Planeten weltweit ausgestoßen werden. Der Anteil davon an privaten Autoemissionen liegt bei etwa 40 %. Spielt offensichtlich keine Rolle in den Köpfen dieser Leute. „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs… Mehr

Emsfranke
1 Jahr her

Woher nimmt man als gelernte Zootechnikerin die Expertise, um sich ein Urteil über Energieversorgung und die Produkte eines Industrielandes Deutschland zu erlauben?

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  Emsfranke

Ach, wieso nicht? Ein abgebrochenes Studium der Theaterwissenschaften oder Kinderbücher schreiben befähigt doch auch dazu. Jedenfalls stellen sich all die Juristen im Bundestag auch nicht besser an. Und da war mal diese Physikerin, wie hieß sie noch, Erika. Die verstand von der Energieversorgung eines Industriekandes auch bloß genau so viel wie diese schwedische Göre mit dem Asperger. Eigentlich sogar weniger, denn bis zu Atomkraft vor Dunkelheit hat es selbst bei der Göre gereicht. Zootechnikerin ist so gesehen fast schon überqualifiziert.

Peter Gramm
1 Jahr her
Antworten an  Emsfranke

Ganz einfach, sie fragt die gelernte Küchenhilfe oder die andere Fachfrau für Pleiten Pech und Pannen. Bei den Grünen ist alles versammelt.