Sofortprogramm „Klimaschutz“: Habecks Rechnung ohne Sonne und Wind

Es fehlt bei Robert Habeck und seinem Staatssekretär Patrick Graichen weiterhin völlig eine Idee, woher denn die Energie künftig kommen soll, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst.

IMAGO / Jürgen Heinrich
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, präsentiert die sogenannte Eröffnungsbilanz Klimaschutz am 11.1.2022 in Berlin.
„Klimaschutzminister“ Robert Habeck will die Geschwindigkeit der Emissionsminderung verdreifacht sehen, so verkündete er bei der Vorstellung seiner „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“. Nein, er hat nicht festgestellt, dass China und Indien die größten „Klimaverschmutzer“ der Erde sind und Deutschland kaum zwei Prozent zum von menschlichen Aktivitäten emittierten CO2 beiträgt. Sein Dilemma: Er kann schlecht sagen, es seien zu wenige Kohle- und Kernkraftwerke ausgeschaltet worden. Da erwiesen sich CDU und SPD in der Merkel-Regierung grüner als die Grünen und führten das Noch-Industrieland Deutschland in eine Energiekatastrophe, deren Umfang erst langsam für weitere Kreise sichtbar und spürbar wird.

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So verlegt er sich vor allem auf Wortgeklingel: „Die Geschwindigkeit der Emissionsminderungen müsse verdreifacht werden“, wieder mal soll ein neues „Klimaschutz“paket kommen, ein erstes bis Ende April, ein zweites bis Sommer. Von „Klimaschutz-Sofortprogramm“ ist die Rede, Sektoren auf einen Zielpfad bringen und Maßnahmen in die Wege leiten. Der Text klingelt nur so von »Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen«, »Ausschreibungsschwellen«.  Zu dem schönsten Spruch dürfte gehören: »Öffnung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen«. Statt Ackerbau künftig also noch mehr Fotozellen in der Landschaft.

Das, was für jede Industrieanlage vorgeschrieben ist, fehlt hier vollkommen: der Entsorgungspfad. Wohin der gefährliche Sondermüll kommen soll, wird nicht aufgeführt. Dafür macht Habeck der Sonne Dampf: „Wir entfesseln die Solarenergie mit einem Solarbeschleunigungspaket.“ 

Sonne und Wind haben in diesem Jahr zwar erstaunlich wenig geliefert, ohne Kohle und Kernkraftwerke wäre Deutschland vor allem im vergangenen Herbst in Dunkelheit versunken. Doch Habeck setzt sich an die grüne Spitze: mehr Windräder, mehr Solarflächen, Wasserstoff als letztes Rettungsmärchen, mit dem auch schon Vorgänger Altmaier den öffentlichen Raum deformiert hatte.

Habeck führt den Strompreisschwindel seines Vorgängers Altmaier fort. Genervt von der Kritik, Deutschland habe die höchsten Strompreise weltweit, hatte der eine Reduzierung der sogenannten EEG-Umlage eingeleitet und über die CO2-Steuer den Stromkunden als Steuerzahler weiterhin abgezockt. Die Steuer hat den Vorteil, dass sie jedes Jahr mehr liefert, weil sie automatisch von Jahr zu Jahr erhöht wird.

Klimaschutz-Sofortprogramm
Habeck bläst zum Angriff auf Naturschutz, Bürgerbeteiligung und Marktwirtschaft
Es fehlt bei Habeck und seinem Staatssekretär Patrick Graichen weiterhin völlig eine Idee, woher denn die Energie künftig kommen soll, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst. Da gibt es eigentlich nur die Kernkraft. Strom wird dann eben von den Kernkraftwerken gekauft, die die Nachbarländer rings um Deutschland bauen. Doch bis die stehen und gar Strom liefern können, vergehen mindestens 20, 30 Jahre.

So will er zwei Prozent der Fläche mit Windrädern zupflastern. Das klingt wenig, ist aber viel, weil es so viele freie Flächen in der dicht besiedelten Bundesrepublik gar nicht mehr gibt. Vor dem letzten Schritt, in Berlin Tausende von Windrädern hinzupflanzen, schreckt er zurück.

Habeck bedient die Klage der Investoren, die mit dem Bau von Windrädern prächtig verdienen wollen, es gebe zu wenige Flächen für weitere Windräder in Deutschland. Deshalb sollen mehr „Flächenpotenziale“ für Windräder erschlossen werden. Im Klartext: Windräder dürfen näher an Städte und Gemeinden rücken. Konkret fallen soll die Sicherheitsvorschrift, dass in einem Umkreis von Drehfunkfeuern und Wetterradar keine störenden Bauten errichtet werden dürfen. Diese Funkfeuer sind so etwas wie Leuchttürme, die Strahlen aussenden, an denen Piloten ihre genaue Position bestimmen können. Ziemlich schlecht, wenn zum Beispiel beim Anflug auf Frankfurt ein Airbus in Schwierigkeiten gerät, weil die Positionssignale durch rotierende Windräder irritiert werden.

Unwichtig geworden ist auch militärisches Radar, die Bundeswehr bringt sowieso kaum noch Flugzeuge in die Luft. Von Windrädern gestörte Wetterradarsignale werden offenbar nach Habecks Ansicht auch überbewertet.

„Windkraftpflicht“
Schlechte Nachricht für Habeck – Mehrheit will kein Windrad vor der Haustür
Nichts steht über jene bayerische 10H-Sonderregel in dem Papier, nach der Windräder mindestens zehnfach so weit von Siedlungen entfernt stehen müssen, wie sie hoch sind. Das schafft einen gewissen Abstand. Nur die bayerischen Kommunen können selbst entscheiden, wie sie mit der Regel verfahren. Habeck sagt nicht, ob er über eine Bundeskeule den Bayern diese Regel austreiben will. Das würde so einfach nicht werden.

Insofern nichts Neues. Was bleibt für die, die eigentlich das Geld für all die Pläne erwirtschaften soll, die Industrie? Die wandert zum großen Teil ab, verlagert ihre Produktion ins Ausland. Der Teil, der im Lande bleibt, soll mit reichlich Geld zum Schweigen gebracht werden. „Für den Einstieg in klimaneutrale Produktionsverfahren benötigt die Industrie einen verlässlichen Förder- und Investitionsrahmen“ – das bedeutet im Klartext, dass viel Staatsgeld in die Unternehmen fließt, die fleißig dem grünen Klimawahn applaudieren und künftig Habeck hochleben lassen.

Eine Umstellung auf sogenannte Wasserstoffwirtschaft wäre nach Einschätzung eines Experten des Stahlherstellers Salzgitter übrigens von der Dimension her vergleichbar mit dem Wiederaufbau Deutschlands nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. Das, so darf man getrost annehmen, liegt weit außerhalb der Reichweite jeder Ampel-Regierung.

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Kommentare ( 155 )

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P. Pauquet
2 Jahre her

Jaaaa! Die Rettung naht in Form eines Landwirtes (echt, mit Mistgabel und so?) und Kinderbuchautors aus dem Philosoph ischen als Wirtschaftsminister und Alles. … Alles wird besser und einfach genial. … “Wir wissen zwar nicht wovon wir reden, aber wir machen es einfach!“

EinDemokrat
2 Jahre her

Die Grünen Spinner versuchen etwas, wo rüber die Normalbürger nur noch den Kopf schütteln, eine industie- und arbeitsplatzvernichtende Klimapolitik. Das wird der nächste Streitpunkt und eine weitere Spaltung der Bürger geben nach Migrations- und Coronakrise geben.
Aber desto mehr die Gesellschaft gespalten ist, desto besser lassen sich solche Wahnsinnsprojekte durch ziehen!

Contra Merkl
2 Jahre her

Robert Habeck will jetzt volles Risiko, All In beim Klimaschutz. So wird der letzte Wohlstand, Natur und Arbeitsplätze in der Industrie verzockt. Ist ja nicht sein Geld, sein Arbeitsplatz. Nach Merkel gleich die nächste Abrissbirne. Zuverlässig Strom erzeugende Kraftwerke werden plattgemacht und durch zufällig erzeugende Sonnen und Windenergie ersetzt. Falls das nicht klappt sollen es Gaskraftwerke richten, aber Gas wollen die Grünen ja auch nicht. Weshalb sollen Windräder eigentlich nachhaltig sein ? Den Beton kann man ja wieder aufbereiten und den Stahl wiederverwerten, der Rotor ist Sondermüll dessen Entsorgung bis heute ein Problem ist und zunehmend mehr wird. Nach 20… Mehr

J. Werner
2 Jahre her
Antworten an  Contra Merkl

„Und wir werden noch alle fluchen, wenn wir mit 60 km/h nachts über die BAB schleichen müssen, weil am laufenden Band die Rotorblätter bzw. WKAs dreispurig transportiert werden“… Da freut sich Muttis Liebling schon jetzt ins Fäustchen, wie gestern zu sehen und zu hören war. Macht macht Spaß! „… Vielleicht gelingt es ja auch…“ Das Totalversagen ist also bereits angedacht? Also, was lernen wir von Habeck : Mist bauen auf Ansage und alle dazu bringen, „da mitzutun“ , das macht noch ein wenig mehr Spaß, als nur die Macht brutal auszuüben.

Christa Born
2 Jahre her

Na dann ziehen wir uns alle mal warm an, wenn es jetzt richtig losgeht mit Einsprüchen, Bürgerwiderstand, Mangel an Handwerkern und Fachkräften, Lieferengpässen, Genehmigungsverfahren, mit der Realität und deutscher Bürokratie eben etc etc. „When the rubber meets the road…“, wie der pragmatische Ami sagt, „when the shit hits the fan…“

Watzmann
2 Jahre her

Noch eine kleine Ergänzung als es noch Wind gab. Aus der Struwwelpeter: „Die Geschichte vom fliegenden Robert!“

Kindermund
2 Jahre her

Vorschlag zur Güte: Warum nehmen die nicht wie versprochen die KKWs „vom Netz“ und schließen sie direkt an ein paar Windräder an, die so den Wind für die anderen Windräder generieren, die dann grundlastfähig ihre Nennleistung abliefern können?
Ich mein‘ ja nur…

Falke53
2 Jahre her

Klingt irgendwie alles wie seinerzeit in den Fünfjahresplänen der DDR-Planwirtschaft. Man erhöht mal wieder die Rolle der Bedeutung! Substanzloses Gequatsche ohne jeglichen sachlichen oder gar logischen Inhalt. Einfach nur destruktiv. Hauptsache das!

Bernd Bueter
2 Jahre her

Dann fahren Sie mal durch Rastdorf/LK Emsland.
Die kleine Gemeinde ist übersät mit alten Enercon Propellern. Der Firmengründer Wobben stammt aus dem Ort und hat sie massenhaft den Landwirten „angedreht“. Ist schon von Vorteil, wenn man sich im Gemeinderat „gut auskennt“. Mit Bauplätzen wird es eng..
Mann sollte ein Enercon-Museum davon machen..

Franz Grossmann
2 Jahre her

Es ist schon erstaunlich, dass viele Menschen in Deutschland immer wieder sogenannte Politiker wählen, die vollkommen befreit sind von irgendeiner Kompetenz und mit missionarischem Eifer ihre absurden Theorien verfolgen. Ohne die Festlegung von bestimmten Mindestanforderungen, sollte es nicht möglich sein, dass man in höchste politische Ämter kommt.

Jens
2 Jahre her

Reisebericht, gestern den 11.01.2021: Auf der Fahrt von Warschau, begonnen gegen 07.00 Uhr in die Ostschweiz sind mir eine Menge Windräder aufgefallen welche entweder kompletten Stillstand hatten oder minimale Drehbewegungen welche, meiner Meinung nach kaum für eine Stromerzeugung reichten. Die Beobachtung endete gegen 16.30 Uhr wegen der zunehmenden Dunkelheit zwischen Hof und Nürnberg. Dazu kommt noch das es während fast der gesamten fahrt (70%) durchweg zu Nebel kam welcher wohl auch der im Winter eher sehr kurzen Zeit für Solarstrom Erzeugung nicht sehr hilfreich war. Mir graut vor der Zukunft dieses Landes