Kostenpunkt 75.000 Euro: So kaufen Sie ein Baby

Detaillierte Dossiers, Preislisten mit Einstiegs- und VIP-Paketen: Wer die Kinderwunschmesse "Wish for a baby" besuchte, wurde ungeniert darüber informiert, wie er ein Baby kaufen kann. Ein Skandal mit Ansage – dass eine Überprüfung der Umtriebe so gut wie unmöglich war, hätte der Stadt Köln klar sein können.

picture alliance / Shotshop | Monkey Business 2

Vergeblich hatte der Verein Frauenheldinnen die Stadt Köln dazu aufgefordert, die Kinderwunschmesse „Wish for a baby“ zu verbieten, die Mitte Oktober mitten in der Stadt ihre Tore öffnete. Auch ein Eilantrag vor Gericht konnte die Durchführung der Veranstaltung nicht verhindern.

Allerdings hatte die Stadt Köln zugesagt, die Einhaltung gesetzlicher Grenzen durch Ordnungsbehörden überprüfen zu lassen. Denn Leihmutterschaft und Eizellspende, zwei der Verfahren, die auf der Messe beworben wurden, sind in Deutschland verboten.

Illegal mit Ansage

Vertragsanbahnung oder die Erhebung von Daten zur Kontaktaufnahme waren demnach nicht erlaubt – theoretisch. Wie allerdings ein Mitarbeiter des Ordnungsamts auf illegale Umtriebe hätte aufmerksam werden sollen, ist fraglich.

Wer nicht als solcher erkenntlich war, hatte hingegen keinerlei Mühe, Rechtsbrüche festzustellen: Nicht nur die TE-Reporterin vor Ort wurde detailliert über ihre Möglichkeiten, Leihmutterschaft in Anspruch zu nehmen, aufgeklärt – auch Aussagen anderer Besucher der Messe belegen, dass die rechtlichen Grenzen deutlich überschritten wurden.

So berichten zwei Männer, die laut eigener Aussage mehrfach ungefragt angesprochen und in Beratungsgespräche verwickelt wurden: „Nach kurzem Smalltalk (…) setzten wir uns in eine Ecke des Stands und sprachen über die Möglichkeit ein Kind zu erwerben und austragen zu lassen. Wir wurden zunächst gefragt, ob wir den Erwerb zusammen vollziehen würden oder jeweils ein Kind bekommen wollten (…). Die Pakete, die uns angeboten wurden, würden laut Verkäufer bei 35.000 Euro starten; mit 75.000 Euro könne man das VIP-Paket bekommen.“

Beim Einstiegspaket habe man zwei Versuche, wenn es in beiden Fällen nicht „klappe“, müsse man die weiteren Embryonen gesondert bezahlen.

Auch Zahlungsmodalitäten werden detailliert besprochen – Barzahlung ist möglich. Am Ende des Gesprächs geben die Besucher auf Bitten des Agenten ihre Email-Adressen an, mit der Zusage, dass man ihnen Verträge zuschicken werde – ein klarer Verstoß gegen die Auflage, dass keine Kontaktdaten zur Vertragsanbahnung gesammelt werden dürften.

Ausbeutung des Frauenkörpers

Das Gedächtnisprotokoll der Zeugen zeigt, dass Frauenkörper als Material betrachtet werden: Die Leihmütter kommen aus Kasachstan, Usbekistan, Moldawien, der Ukraine oder Albanien. Von dort werden sie nach Zypern geflogen, wo sie während des ersten Trimesters unter Beobachtung stehen.

Der Markt in Deutschland sei explodiert: 2000 Kinder habe man innerhalb der letzten fünf Jahre für deutsche Kunden austragen lassen.

Für den Fall, dass das Kind in Deutschland geboren werden soll, sichert der Agent juristische Hilfe zu und erläutert das Verfahren: Die Frau komme mit einem Touristenvisum nach Deutschland, würde als Privatpatientin behandelt.
„Die Auswahl der biologischen Mutter findet über Bilder statt.

Die Eizellenverkäuferinnen sind Studentinnen, die in Zypern leben, und die das „machen, um Geld zu verdienen“, erklärt der Agent.

Allerdings ist die Eizellspende nicht zu vergleichen mit einer Samenspende: Frauen müssen sich einer Hormontherapie unterziehen, durch die der Körper möglichst viele Eizellen gleichzeitig zur Reifung bringt, die dann „geerntet“ werden.

Am Stand eines US-amerikanischen Instituts wird einer jungen Frau erklärt, dass Eizellspende verboten sei. Sie könne diese aber in einem anderen Land durchführen. Einige Tage später erhält sie eine Mail: Man wolle sich mit ihr in Verbindung setzen, um „über eine Zusammenarbeit zu sprechen, um Patienten zu helfen, die mit Unfruchtbarkeit kämpfen“. Vage genug, Details gäbe es nur im persönlichen Gespräch.

Die Frau als Rohstofflieferant und Inkubator.

Nicht geliefert wie bestellt? Reklamation

In einem weiteren Gespräch fragen Testbesucher, was passiert, wenn der Embryo einen genetischen Defekt aufweise, der erst während der Schwangerschaft erkannt würde. Wenn etwas nicht in Ordnung sei, würde ein Gespräch vereinbart – natürlich könne man die Schwangerschaft abbrechen, wenn es nötig sei.

Der Agent beteuert mehrfach, dass eine Abtreibung möglich sei. Man könne die Leihmutter nicht zwingen, stelle aber sicher, dass sie für eine Abtreibung offen sei, bevor man sie engagiere. Bei Mehrlingen gäbe es ohnehin eine medizinische Indikation zur „selektiven Reduktion“. Weigert sich die Leihmutter kategorisch, muss der Kunde das Kind mit „Defekt“ nicht nehmen – es wird anderweitig zur Adoption freigegeben.

Das Kind als Ware, bei Reklamation wird das Produkt gegebenenfalls zerstört.
Auch in diesem Gespräch werden finanzielle Optionen erörtert, Kontaktdaten ausgetauscht. Kein schwarzes Schaf, sondern gängige Praxis auf der „Wish for a baby“.

Ein Antrag auf die Formalisierung eines Vertrags, der Besuchern auf der Messe ausgehändigt wurde, liegt TE vor – ebenso wie Dokumente, die Besuchern im Nachgang zugeschickt wurden.

Geschlechtsselektion – Teil des Lieferumfangs

Darin: Detaillierte Preislisten. Wer als Single mit anonymer Eizellspende und nur einem Versuch vorliebnimmt, kommt bei Einmalzahlung bereits mit 63.500 Euro zum Kind. Wer die – in Deutschland ebenfalls verbotene – Geschlechtsselektion dazubucht, muss mit mindestens 77.500 Euro rechnen. Will man zwei Kinder, etwa, weil bei einem Männerpaar jeder der beiden genetischer Vater eines Kindes sein möchte, werden zwei Frauen gleichzeitig benutzt. Kostenpunkt: Mindestens 132.800 Euro mit kolumbianischen Frauen, die die In-Vitro-Fertilisation in Albanien vornehmen lassen. Günstiger ist es, wenn die ganze Prozedur in Kolumbien stattfindet.

„Beratung, nicht Verkauf“, beteuert die Agentur im Dienstleistungsdossier. Auf der nächsten Seite heißt es, man biete die „umfangreichsten Programme, zum besten Preis“. „Lieferung“ und „Liefertermin“ heißt es unumwunden. Das Dossier beschreibt, wie Embryos produziert werden, die womöglich sterben und nicht eingesetzt werden können. Aber keine Sorge: Der Prozess kann so lange wiederholt werden, bis es funktioniert.

Das Geschäft mit dem Kinderwunsch 

Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein schweres Los. Allerdings sind es häufig Lebensentscheidungen, die Kinderlosigkeit bedingen: Wer keine heterosexuelle Partnerschaft eingehen will, oder das Zeitfenster der weiblichen Fruchtbarkeit mit dem Aufbau der Karriere verbringt, sagt damit zumeist „Nein“ zum leiblichen Kind. Leihmutterschaft verspricht, die Konsequenzen solcher Entscheidungen nicht tragen zu müssen.

Die tragen stattdessen junge Frauen, die sich der Prozedur der Eizellentnahme unterziehen und Frauen, die um die halbe Welt geflogen werden, um die im Labor erzeugten Kinder auszutragen.

Die Leidtragenden sind auch die zahllosen Embryonen, die produziert werden und absterben, oder als befruchtete Eizellen eingefroren werden und nach einigen Jahren der dystopischen Existenz im Eiscontainer getötet werden. Und natürlich sind auch die geborenen Kinder Opfer dieser Praxis: Je nachdem, in welchem Land Leihmutterschaft stattfindet, werden ihre Mütter aus der Geburtsurkunde getilgt, die genetischen Mütter bleiben ohnehin zumeist anonym.

Identität – das vertuschte Problem

Die meisten Menschen nehmen als selbstverständlich hin, dass ihnen durch Zeugung und Geburt eine Identität eingestiftet ist. Sie wird nicht erworben oder gewählt, sondern man wächst nach und nach hinein.

Man kennt ein Wegfallen dieses natürlichen Eingebundenseins im Allgemeinen allenfalls im Zuge von Adoption, bei Verlust eines Elternteils durch Scheidung, oder, weil Vater oder Mutter die Familie verlassen. Oft erlebt man solche Prozesse bewusst mit. Wie existenziell es ist, wenn Kindern diese Bindung bereits bei der Zeugung vorenthalten wird, wird hingegen ignoriert.

Die Profiteure der Leihmutterschaft wissen, wie bedeutsam diese Bindung ist, denn sie unterlaufen sie bewusst: Standardmäßig werden zwei Frauen an dem Prozess beteiligt, damit keine eindeutige Herkunft nachgewiesen werden kann. Am Ende hat das Kind keine „eigentliche“ Mutter. Ist es die unbekannte Frau, von der das Kind genetisch abstammt? Die, zu dem es neun Monate lang eine Bindung aufgebaut hat? Oder diejenige, wenn es sich denn um eine Frau handelt, die für das Kind bezahlt hat?

Das deutsche Recht ist sich des Zusammenhangs zwischen Menschenwürde und Identität bzw. Zugehörigkeit jedenfalls bewusst – noch. Es unterbindet mit dem Verbot von Leihmutterschaft nicht nur die Degradierung von Frauen, sondern eben auch, dass der Mensch als bindungsloses Produkt betrachtet wird.

Auf der Kinderwunschmesse „Wish for a baby“ wurde deutsches Recht jedoch massiv gebrochen. Selbst wenn diese Messe aufgrund der vorliegenden Belege rechtswidrigen Verhaltens in Zukunft verboten würde, würden sich Anbieter und Käufer auf anderen Foren zusammenfinden.

Es ist evident, dass Leihmutterschaft global bekämpft werden muss. Ein nationales Verbot reicht nicht aus. Einzig effektiv ist ein Vorgehen wie in Italien unter Georgia Meloni: Hier steht seit 2024 auch unter Strafe, Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch zu nehmen. Wo es keinen Weg gibt, das fremde Kind ins eigene Land zu bringen, wird dieser Form des Menschenhandels wirksam bekämpft.

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Kommentare ( 36 )

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MartinKienzle
1 Monat her

Fräulein Diouf, echauffieren Sie sich nicht: Jene Erscheinung namens „Kinderwunschmesse“ ist das Ergebnis des sogenannten „Feminismus“, der Frauen die natürliche Geschlechtsidentität der Ehefrau, Mutter sowie Hausfrau raubte, das wiederum bewirkte, dass jene mit Blick auf die Weiblichkeit vollends orientierungslos sind; anstatt, wie Sie, Verbote durchzusetzen, muss lediglich der sogenannte „Feminismus“ gänzlich annulliert werden, um jene fatale Entwicklung für Frauen zu beenden!

Alfons Kuchlbacher
1 Monat her

Ich bin der Meinung: Jedem seine Entscheidung frei überlassen. Das ist jedoch ein weiteres Indiz, dass wir uns am Ende unserer Zivilsation befinden.

Milton Friedman
1 Monat her

Bitte immer daran erinnern, dass wenn Sie diesen Organ- und Menschenhandel* ablehnen, dann sind sie Frauen- und Menschenfeindlich!!!

*Ob es noch Organ- oder schon Menschenhandel ist, ist Linken so schwer zu entlocken, wie eine Antwort auf die simple Frage, was von beidem – Mensch oder Organ – ein 9 Monate alter Fötus sei.

P. Pauquet
1 Monat her

Der Organhandel ist ein seit Jahrzehnten florierendes Geschäft! Legal, illegal und scheißegal.

Wer glaubte, dass wäre das Ende der Fahnenstange gewesen, sollte sich mal beim Psychotherapeuten überprüfen lassen und sein gesamtes Weltbild überdenken, soweit er/sie überhaupt dazu fähig ist.

Das ist die Zukunft und nicht mehr der Anfang! … Wehret den Anfängen ist längst zu spät! Überall und zu jeder Zeit!

Last edited 1 Monat her by P. Pauquet
maru
1 Monat her

Ich frage mich, ob solche künstlich erschaffenen Wesen überhaupt richtige Menschen sind, ob sie ausgestattet sind mit einem Gottesfunken.
Haben Sie eine Seele?
Sie sind nicht in der Liebe erschaffen worden, sondern aus geschäftlichem Kalkül in einem Labor.
Aus einer christlichen Perspektive sind das KEINE richtigen Menschen, sondern Laborwesen.
Gruselig!

MarcusPorciusCato
1 Monat her

Ob etwas rechtens ist oder nicht, ist nur eine Frage der Interpretation.
Je nachdem, was gerade ins Narrativ passt, ist 2+2 = 3, = 4 oder = 5 – manchmal auch 6.

Philokteta
1 Monat her

„Die Hybris des Menschen in Schicksalsfragen und sein selbstherrliches Eingreifen in Geburt und Sterben nimmt immer unerträglichere Formen an.“
Diese Aussage stammt aus einem Forum zu Social Freezing von 2014.
Ich bin der Meinung, daß, wer auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann, sich damit abfinden sollte, so schmerzlich das auch im Einzelfall sein kann. Es gibt kein Recht auf ein Kind.
Ich bin entsetzt, daß es eine Kinderwunschmesse überhaupt gibt, so, als handele es sich um die neuesten Automodelle.

Laurenz
1 Monat her
Antworten an  Philokteta

Tja, so ist Demokratie. Wenn Sich eine Mehrheit gegen Ihre Position entscheidet, müssen Sie Sich damit abfinden. Lieber ein Deutsches Retorten-Kind als ein Gastarbeiter-Kind.

Milton Friedman
1 Monat her
Antworten an  Philokteta

Ich kenne die aktuellen Preise nicht, aber ich meine, für betroffene Paare belaufen sich die Kosten pro „Versuch“ auf 4.000€. Da kommen schnell Kleinwagenpreise zusammen, die Paare bereit sind in die Hand zu nehmen. Man hört eigentlich erst auf, wenn Körper und Portemonnaie nicht mehr können.

Kein Wunder, dass sich um diese Summe eine Industrie entwickelt, und dass es sich bei solchen Summen lohnt eine ganze Messehalle anzumieten.

karlotto
1 Monat her

Die posthume Samenentnahme , Kinder für Israels gefallene Soldaten ,macht so einen Sinn.
Ein verbot , ist also eine lächerliche Illusion.

Hutschnur
1 Monat her

…“Wo es keinen Weg gibt, das fremde Kind ins eigene Land zu bringen, wird dieser Form des Menschenhandels wirksam bekämpft.“…..Wohl kaum. Dann wird das von der Leihmutter ausgetragene Kind eben adoptiert. Diese Messe und ihre Kunden sind Beispiele des „alles ist möglich“ Zeitgeist ohne Rücksicht oder, wie es so schön heißt, „Risikofolgenabschätzung“. Wie die heutige Gesellschaft mit Kindern und Kindsein umgeht, angefangen bei der Plandemiezeit ( die Kleinen machen alles so toll mit) über Kinderfeste mit pädophilen Drag-Queens bis zum hier besprochenen Baby-Handel ist in meinen Augen einfach nur krank und widerlich.

Laurenz
1 Monat her

Moin Frau Diouf, das kann man so sehen, wie Sie, muß man aber nicht. Wenn Sie daran was ändern wollen, müssen Sie die Christen der Welt um sich versammeln & auf einen Kreuzzug gehen & in den Sünder-Staaten einmarschieren. Auch Meloni kann so nichts verhindern. Zur Not geht man eine Scheinehe mit der Leihmutter ein & läßt sich dann wieder zügig scheiden. Stellen Sie doch die eigentliche Frage. Warum haben Frauen im Westen keinen Bock Kinder zu zeugen? Wie viele Kinder haben Sie schon in die Welt gesetzt, 7 oder 9? Anna Magdalena Bach konnte, wie Sie, Frau Diouf, gut… Mehr