Rede zum 9. November: Steinmeier überschreitet die Grenzen seines Amtes

Frank-Walter Steinmeier findet es angebracht, dass „ein Teil des demokratisch gewählten Parlaments von der Gestaltung ausgeschlossen“ wird. Den Ausschluss von bald 14 Millionen Wählern betrachtet der Bundespräsident als Ausdruck einer wehrhaften Demokratie: Heuchelei pur. Das Staatsoberhaupt spaltet, statt zu einen, und offenbart eine zutiefst undemokratische Haltung.

picture alliance/dpa/Pool AP | Maryam Majd

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD mit ruhender Mitgliedschaft) hat 87 Prozent seiner 120 Monate währenden Amtszeit als Bundespräsident hinter sich. Aber das ist nur sehr begrenzt beruhigend. Denn nun will das nie vom Volk gewählte Staatsoberhaupt nichts Geringeres tun als die Demokratie retten. Oder besser gesagt, seine Vorstellung von Demokratie: Rettung vor den „Rechtsextremen“, wie er sie nennt. Gegen sie soll es weiterhin nicht nur eine „poröse“ (Steinmeier) Brandmauer, sondern auch ein Parteiverbot geben. Wobei Steinmeier keineswegs die Ex-Mauerbauer-SED und ihre radikal umstürzlerischen, antikapitalistischen Ziele meint.

Nun hat Steinmeier also mal wieder das Wort ergriffen. Zum 9. November – dem in der deutschen Geschichte mit so unterschiedlichen Erinnerungen behafteten Tag. Eine wegweisende Rede hat außer einigen nach Bellevue geladenen Beta-Prominenten nur die Hofberichterstattungspresse erwartet. „Heute sollte man dem Bundespräsidenten zuhören!“ So kündigte der „Tagesspiegel“, namentlich Chefredakteur Christian Tretbar persönlich, die Steinmeier-Rede an.

Fazit vorweg: Die Rede ist an Grenzüberschreitungen eines streng zur Neutralität verpflichteten Staatsoberhauptes nicht zu überbieten. Sie strotzt vor Ideologie, Einseitigkeit und Verschwörungsnarrativen.

Steinmeiers Probleme mit dem 9. November 1989

Steinmeiers aktuelle Rede zeigt, dass er seine Vergangenheit nie hinter sich gelassen hat. In den 1980er Jahren war er Mitarbeiter der von der DDR finanzierten Zeitschrift „Demokratie und Recht“. Aus dieser Zeit schöpft Steinmeier nach wie vor sein politisches Credo. Noch 1990 mitten hinein in die Wiedervereinigung forderte Steinmeier eine „Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation“.

Steinmeier plädierte da gegen den „Beitritt“ der DDR. Steinmeier damals weiter: „Es führt keine demokratische Brücke von der Verfassung der BRD zur Verfassung des neuen Deutschland.“ Er bedauert, mit der Wiedervereinigung bekäme die DDR „nicht einmal die Chance, ihre Geschichte, ihre Besonderheit, ihre Utopien, vielleicht ihre Identität in den Einigungsprozess einzubringen“.

Dass Steinmeier in seiner Rede den 9. November 1989 weitestgehend umschiffte, hat wohl mit seiner nicht abgeschlossenen Distanzierung zu seiner ideologischen Herkunft zu tun. Steinmeier will all das vergessen haben, er bemüht sich am 9. November 2025 erst gar nicht, zu vertuschen, aus welchem Stall er kommt. Die eindringliche Mahnung eines Alexander Issajewitsch Solschenizyn (1918 – 2008) vom 13. Februar 1974, dem Vorabend seines erzwungenen Exils, wird damals und heute nicht bei Steinmeier angekommen sein: „Lebt nicht mit der Lüge!“

Steinmeiers Verirrung Nr. 1

Steinmeier sagt aktuell, der Antisemitismus sei nicht zurück, sondern er sei immer da gewesen. Wörtlich: „Er kommt von rechts, von links, aus der Mitte, es gibt ihn unter muslimischen Einwanderern.“ „Es gibt ihn“ dort! Da fehlt nur noch – in leichter Abwandlung – Merkels Floskel: Nun ist er halt da. Auf den Straßen: „Pro Palästina“ mit den Transparenten „From the river to the sea – Palestine will be free“.

Klar, da verharmlost einer den grenzenlosen Israel- und Judenhass der Hamas, die ihre Drahtzieher und Waffenlieferanten vor allem im Iran hat – einem Iran, dem Steinmeier 2019 ein Glückwunsch-Telegramm zum 40. Jahrestag der iranischen Revolution geschickt hatte.

Steinmeiers Verirrung Nr. 2

Steinmeier sagt nun: „Nie in der Geschichte unseres wiedervereinten Landes waren Demokratie und Freiheit so angegriffen.“ Steinmeiers Gerede vom „besten Deutschland, das es jemals gab“ (Rede vom 3. Oktober 2020) scheint also vergessen. Denn nun meint Steinmeier am 9. November 2025, die Demokratie in Deutschland sei „aktuell bedroht durch rechtsextreme Kräfte, die unsere Demokratie angreifen und an Zustimmung in der Bevölkerung gewinnen“.

Nicht auf dem Schirm hat Steinmeier: den rapiden Verfall der Gewaltenteilung; ein um sich greifendes – staatlich gefördertes – Denunziantentum; eine staatliche alimentierte Etablierung eines NGO-Schattenimperiums; eine Politisierung von Gerichten, Staatsanwaltschaften und der Wissenschaften; den Entzug des passiven Wahlrechts eines OB-Kandidaten in Ludwigshafen; Eingriffe einer damaligen Kanzlerin in die korrekte Wahl eines Thüringer Ministerpräsidenten; Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit durch fragwürdige Impfungen; den Verlust an innerer Sicherheit durch importierte Kriminalität; die Abgabe nationaler Souveränität an UNO, WHO und an demokratisch nicht legitimierte EU-Gremien mit einer „Präsidentin“ als „Spitzenkandidatin“, die auf keinem Wahlzettel stand; die in Deutschland geträumten Träume von einem deutschen Kalifat mit der Scharia als „Grundgesetz“; die Gewaltakte linksterroristischer Gruppierungen gegen die Infrastruktur und gegen „rechte“ Politiker. Ach ja: Und die „Wahl“ eines „Staatsoberhauptes“, den das Volk nie wählen würde.

Steinmeiers Verirrung Nr. 3

Steinmeier sagt, ohne den Namen „AfD“ in den Mund zu nehmen: „Ja, und da sind Unvereinbarkeitsbeschlüsse und Brandmauern ein Signal (…). Mit Extremisten darf es keine politische Zusammenarbeit geben.“ Offensichtlich außer mit den Ewig-Gestrigen von der Ex-SED, möchte man ergänzen. „Nicht in der Regierung, nicht in den Parlamenten. Wenn dadurch ein Teil des demokratisch gewählten Parlaments von der Gestaltung ausgeschlossen wird, so ist dieser Ausschluss doch selbst gewählt. Und jeder hat, wenn er die Regeln akzeptiert, die Möglichkeit, auf das demokratische Spielfeld zurückzukehren, dort aktiv zu werden und wirksam zu sein.“

„Ein Teil“? Hier geht es um eine Partei, die bei den vergangenen Wahlen 20,8 Prozent der Stimmen errang. Mittlerweile liegen Prognosen bei bis zu 28 Prozent, womöglich bald über 30 Prozent. Sind bundesweit demnächst 14 Millionen Wähler ein vernachlässigbarer „Teil“? Oder ist nicht mittlerweile die Partei, für die Steinmeier 2009 als Kanzlerkandidat antrat, mit derzeit prognostizierten 14 Prozent, in manchen deutschen Ländern mit fünf oder sechs Prozent gar nur ein Teilchen? Gibt es Bürger und Wähler erster sowie Bürger und Wähler zweiter Klasse? Wäre es nicht die Aufgabe eines Staatsoberhauptes, zu einen statt weiter zu spalten?

Steinmeiers Verirrung Nr. 4

Steinmeier sagt: „Zu seinem eigenen Schutz enthält unser Grundgesetz die Möglichkeit, Vereine und Gruppen zu verbieten, Parteien von der staatlichen Finanzierung auszuschließen und sie sogar gänzlich zu verbieten, wenn sie sich aggressiv-kämpferisch gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung richten. Die rechtlichen Hürden für ein solches Verbot liegen hoch, die Verfahren sind lang. Die Entscheidung trifft das oberste Gericht (…). Dieser Tage schreien Gruppen vom rechten Rand bei diesem Thema reflexhaft auf: ‚Das ist undemokratisch!‘ Da kann ich nur sagen: Sie haben es doch selbst in der Hand!“

Und weiter: „Wer sich gegen den freiheitlichen Kern unserer Verfassung stellt, der kann nicht Richterin, Lehrer oder Soldat sein. Verfassungsfeinde können auch von der Wahl zur Landrätin oder zum Bürgermeister ausgeschlossen werden. So ein Ausschluss ist nicht per se undemokratisch. Im Gegenteil: Er ist Ausdruck der wehrhaften Demokratie!“ Ja, wir kennen das. Walter Ulbricht hat es im Mai 1945 mit Blick auf den Aufbau der DDR auf den Punkt gebracht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“

Brechen wir Textanalyse und Textinterpretation ab und begnügen wir uns mit einer süffisanten Erinnerung: Steinmeier kam ins oberste Staatsamt, weil Angela Merkel es 2017 so wollte. Dafür adelte Steinmeier Merkel 2023 mit dem allerhöchsten Orden der Republik, den bislang nur Adenauer und Kohl erhalten hatten. Und Steinmeier wurde 2022 wiedergewählt, weil es CDU-Chef Friedrich Merz so wollte. Noch Fragen?

Doch – eine Frage bleibt tatsächlich noch offen: Wer hat endlich den Mumm, eine Änderung des Grundgesetzes anzustreben? Entweder indem man das Amt des Bundespräsidenten abschafft. Oder indem man das Staatoberhaupt vom Volk wählen lässt. Steinmeiers real praktiziertes Amtsverständnis sollte Anlass genug für diese Überlegungen sein. Dann hätte sich Steinmeier doch noch – ungewollt – um dieses Land verdient gemacht. Dafür gebührt ihm dann ein Orden.


 

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Kommentare ( 257 )

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Micky Maus
1 Monat her

Es ist genauso ein Lügner und Hetzer und spiegelt die gesamte deutsche Regierung wieder.

Supersilent
1 Monat her

Hier wird der Staat aktiv wenn man im Schnellimbiss ein Zigeunerschnitzel bestellt oder im Supermarkt fragt wo die Negerküsse liegen. Beleidigt dieser Hetzer große Teile der Bevölkerung passiert nichts, der Staatsanwalt wird nicht ermitteln, die linksgrüne Staatspresse schweigt und es gibt auch keine Talkshow zu dem Thema.

Wann geht das Volk endlich auf die Straße um diese Diktatur zu beenden? Oder glaubt wirklich jemand das hier irgendetwas noch demokratisch ist?

Micky Maus
1 Monat her
Antworten an  Supersilent

Ich ziehe meinen Hut vor den damaligen Ossis. Die haben den „sozialistischen Staat“ zu Fall gebracht. Jetzt leben wir hier in einer totalen Diktatur ersten Grades, und alle, besonders die WESSIS halten still. Sind die Wessis blöder oder mehr Feigling, oder wollen und können sie nicht begreifen wie uns diese verlogene Regierung verarscht?

Der Ketzer
1 Monat her

Steinmeier hat den jungen Leuten einen guten Tipp gegeben, um der Wehrpflicht zu entkommen: „Extremisten dürfen keine Lehrer, Richter oder Soldaten sein“
[Satire]
Wenn der Einberufungsbescheid kommt, einfach auf die Rede Steinmeiers verweisen, eine Kopie des AfD-Mitgliedsausweises beifügen und anmerken, dass es ja wohl niemand wagen wird, die Worte unseres Staatsoberhauptes in Frage zu stellen …
Sicherheitshinweis: Die Kopie des AfD-Mitgliedsausweises sollte nicht gefälscht werden, wie etwa die Nachweise der Deutschkenntnisse von Einzubürgernden. Man wird davon ausgehen müssen, dass die Echtheit geprüft wird …
[Satire Ende]

Siggi
1 Monat her

Mein Gott Walter.

Siggi
1 Monat her

Gesichert Staatsfeind #1. Früher waren das andere. Heute der Deutschland und Deutschenhasser.

Endlich Frei
1 Monat her

Das war keine Rede, sondern die Bestătigung all dessen, was die AFD Steinmeier und der Regierung an demokratiefeindlichem Handeln vorwirft. Der Grund, warum die Bürger massenhaft zur AFD überlaufen!

rolandino
1 Monat her

Steinmeier, eine Schande für jeden Demokraten…

Siggi
1 Monat her
Antworten an  rolandino

Für ganz Deutschland. Wir haben einen Verbrecher zum Kanzler und zum Präsidenten gemacht. Recht und Gesetz sind für die Beiden nur Empfehlungen.

Die Aufarbeitung wird all das zeigen. Das wird die größte Massenverhandlung, die es je in Deutschland gegeben hat. Ich freue mich schon jetzt auf das Gewinsel der Täter.

Manche werden sich wieder auf den Befehlsnotstand berufen, andere, wie dieser Hafensänger, werden nie zur Einsicht kommen.

Micky Maus
1 Monat her
Antworten an  Siggi

Wenn es zu einer Aufarbeitung kommen sollte, beseitigen doch alle Verbrecher vorher die Unterlagen und Beweise, nur ein Beispiel ist die Flintenuschi, als seltsamerweise alle Mails gelöscht waren. Oder dieses unfähige Pack setzt sich vorher nach Amerika ab, siehe Baerbock. Und viele andere können nicht mehr belangt werden, weil sie Gedächtnislücken haben, also nicht Herr ihres Geistes sind oder an irgendeiner anderen Geisteskrankheit leiden oder plötzlich gesundheitliche Probleme haben.

Regina Lange
1 Monat her

Frank-Walter der Spalter – er macht seinem Namen wieder mal alle Ehre! Christian Drosten und Olivia Jones waren z.B. an seiner Wahl beteiligt! Es wird Zeit das Amt abzuschaffen oder den Präsident (so er unbedingt gebraucht würde) durch allgemeine Wahlen zu bestimmen und nicht durch den Parteienfilz aus dem “ demokratischen Spektrum“ und ihren zugeneigten Gönnern und Fans! Ich möchte gar nicht wissen, was da vorher an Absprachen, Gefallen und anderen korrupten Kleinigkeiten abläuft! Deshalb nehme ich den Frank-Walter auch nnicht besonders ernst und es ist mir piepegal was er labert! Nicht mein Präsident!

Supersilent
1 Monat her
Antworten an  Regina Lange

In jedem demokratischen Land wird ein Staatspräsident direkt vom Volk gewählt nur in der besten BRD aller Zeiten nicht. Wir leben schon lange in einer DDR 2,0.

Last edited 1 Monat her by Supersilent
Peter W.
1 Monat her

Herr Steinmeier ist ein unsympathischer Vertreter der woken Minderheit. Das stört ihn nicht, den Herrn Bundespräsident aller Deutschen.
Würde ich diesem Mann Geld ohne Sicherheiten leihen, ihm mein Kind oder Auto anvertrauen? Niemals!
Trotzdem hat er es in das höchste Staatsamt geschafft.

Supersilent
1 Monat her

Für so eine Rede hätte er, als Deutschland noch demokratisch war, sofort seinen Hut nehmen müssen. Heute? Das Schweigen im Walde. Dieses Land liegt sowas von am Boden …..

Micky Maus
1 Monat her
Antworten an  Supersilent

Schon als er damals die AfD als „rechtsradikale Rattenfänger“ bezeichnete, damit auch mich als Ratte hinstellt, und jetzt mit dieser volksverhetzenden Rede zum 9.11. zeigt er wieder, was dieser verlogene Antidemokrat für einen dreckigen verlogenen Charakter hat.