„Register der Ratlosigkeit“ – erste Kommission der Regierung Merz erweist sich als Nullnummer

Friedrich Merz sieht sich als größter Reformkanzler aller Zeiten. Seine Regierung hat so umfangreich wie nie Arbeitskreise eingerichtet, die so umfangreich wie nie reformieren werden. Nun liegt das erste Ergebnis vor: Die Arbeitskreise erweisen sich als Nullnummer, Merz ist ratlos.

picture alliance / dts-Agentur | -
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU), Pressekonferenz zur Arbeitsgruppe Pflegereform

Dachverbände und Krankenkassen sind Lobbyisten. Entsprechend brauchen sie die jeweilige Regierung, um ihre Interessen durchzusetzen. Deswegen halten sie sich in ihrer Kritik meist zurück. Nicht so, nachdem die Pflegekommission der schwarz-roten Bundesregierung ihre Ergebnisse vorgestellt hat. Die Kommentarlage ist vernichtend: Ein „Register der Ratlosigkeit“ nennt der Bundesverband Privater Anbieter das Paket. Die Krankenkasse DAK-Gesundheit spricht von einem „unverbindlichen Sammelsurium“ und die „Ergebnisse enttäuschen“, bilanziert das Institut der deutschen Wirtschaft.

Die Analyse mag zwar stimmen. Doch dem Institut der deutschen Wirtschaft muss man auch sagen: Enttäuscht sein kann nur der, der sich hat täuschen lassen. Was der Arbeitskreis aus Vertretern des Bunds und der Länder geliefert hat, ist genau das, was von solchen Arbeitskreisen zu erwarten ist: Sie haben bekannte Probleme besprochen und sind zu Lösungsvorschlägen gekommen, die schon ein Dutzend Mal gemacht worden sind. Arbeitskreise zaubern keine Probleme weg, sie durchschlagen keine gordischen Knoten und sie ersetzen vor allem keine Politik. Auch wenn es genau das ist, was Kanzler Friedrich Merz (CDU) mit allen „Kommissionen“ seiner Regierung behauptet. Er täuscht die Wähler. Wissentlich.

Tagung des Koalitionsausschusses
Friedrich Merz ist der größte Reformkanzler aller Zeiten – denkt er von sich selbst
Manche Vorschläge der Pflege-Kommission sind durchaus wünschenswert: So solle der Staat die Zusatzkosten für Heimbewohner auf 1.000 Euro im Monat deckeln. Hört sich gut an. Wer mag da was dagegen haben? Nur: Rund 800.000 Menschen leben in deutschen Pflegeheimen. Sie haben im Monat rund 3.000 Euro Eigenanteile zu zahlen. Würde der Staat diese Kosten „deckeln“, müsste der Steuerzahler im Monat 2.000 Euro übernehmen. Für 800.000 Heimbewohner. Das macht 1,6 Milliarden Euro. Im Monat. Fast 20 Milliarden Euro im Jahr. Woher das Geld kommen soll, hat der Arbeitskreis nicht gesagt.

Und mit was? Mit Recht. Es ist nicht die Aufgabe seiner Mitglieder. Merz und seine Gesundheitsministerin Nina Warken haben diesen – wie andere – Arbeitskreise eingerichtet, um Probleme aufzuschieben und um sich hinter den Teilnehmern verstecken zu können. Das machen die nicht mit. Sie haben damit mehr als Recht. Nicht sie sind zu beschimpfen, sondern hoch bezahlte Politiker wie Merz und Warken, die sich vor den unangenehmen Seiten ihrer Arbeit drücken, in dem sie diese auf Arbeitskreise abschieben wollen.

Manche Vorschläge der Pflegekommission sind vernünftig. So wollen sie Vorsorge fördern. Das kann man jedem nur empfehlen – nicht nur den Älteren –, sich in einem gewissen Abstand mal medizinisch checken zu lassen. Nur baut Deutschland die Vorsorge schon seit Jahrzehnten aus und die Krankheitsraten steigen trotzdem. Vorsorge ist gut, sie hilft, individuell, in manchen Fällen. Aber Vorsorge löst nicht die strukturellen Probleme einer Gesellschaft, die sich einen Sozialstaat gönnt, den sie sich nicht mehr leisten kann: Weil CDU, SPD und CSU mit ihrer grünen Politik eine Deindustrialisierung Deutschlands eingeleitet haben. Weil eingewanderte Fachkräfte die Lücken schließen sollten, die durch die allgemeine Alterung der Gesellschaft entstehen – aber weil allzu oft nicht diese Fachkräfte gekommen sind, sondern Millionen Empfänger von Bürgergeld und anderen staatlichen Transfers, die aus dem Sozialsystem vollalimentiert werden, obwohl sie selbst nie einen Cent in dieses Sozialsystem eingezahlt haben.

„Irgendein Steuerungselement“
Warken lenkt von explodierenden Kosten ab und setzt auf gescheiterte Praxisgebühr
Andere Vorschläge der Kommission sollte Warken einfach umsetzen. Etwa den Heimen mehr Freiheiten in der Planung der Pflege lassen. So gesehen war der Arbeitskreis schlicht Zeitverschwendung. Denn diese Freiheiten fordert der Arbeitgeberverband der Pflege schon seit Jahren. Aber wenn sie nun kommt, ist es ja gut. Vielmehr: Es wäre gut, wenn mehr Freiheit käme. Denn statt diesen Schritt einfach umzusetzen, will Warken über die Vorschläge noch einmal auf der Fachebene diskutieren. Deutschland braucht zwar alles andere als noch mehr endlose Gespräche über bekannte Probleme und längst gemachte Vorschläge – nur hat die Regierung Merz halt nicht mehr zu bieten. Alles andere ist Täuschung.

Warken steht vor bitteren Entscheidungen. Aber kein Mitleid. Sie hat sich wählen lassen für diese bitteren Entscheidungen, sie wird dafür um ein Vielfaches besser bezahlt, als sie es in der freien Wirtschaft je verdienen könnte. Jetzt soll Warken halt ihren Job machen: Das heißt: Sie muss Leistungen kürzen oder Beiträge erhöhen – oder beides. Und sie muss den Betroffenen erklären, warum die Einwanderung und die grüne Wirtschaftspolitik zu solchen Ergebnissen führen, obwohl Christdemokraten und Sozialdemokraten seit zehn Jahren behaupten, dass Einwanderung und grüne Wirtschaftspolitik das Land zum Besseren verändern würden. Die Regierung Merz könnte freilich auch Einwanderung und grüne Wirtschaftspolitik zu etwas Vernünftigem ändern. Aber wer daran glaubt, täuscht sich – und ist an seiner nächsten Enttäuschung ein gutes Stück selbst schuld.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 12 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

12 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Ohanse
4 Stunden her

Das Problem wird spätestens gelöst, sobald Deutschland den nächsten Krieg verloren hat. Countdown läuft bereits, und die Rentner wählen freudig weiter CDU und damit ihren eigenen Untergang. Hochverdient übrigens.

NochNicht2022
4 Stunden her

Die Ministerin hat keine Ahnung vom Gesundheitsmarkt resp. dem GKV-SYstem … Was soll da eine von ihr miteingesetzte Kommission schon „aus dem Hut zaubern“ können? Man muß Aufgabenstellungen und Personen schon auswählen können … sonst kommt nur Bullshit (hier liebevoll Sammelsurium genannt) heraus. Und das Ganze als Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ konzipiert … für die auf der politischen Ebene (aws das wohl sein soll?) am 7. Juli 2025 die Arbeitsaufträge beschlossen und am 13. Oktober 2025 als Arbeitsaufträge konkretisiert wurden.

woderm
5 Stunden her

Fazit: Auch in diesem Sektor bringen sie es nicht.

Brauer
5 Stunden her

Der Ansatz wäre…Leistungen nur für Menschen die auch einzahlen…somit nicht für Neubürger.

Nihil Nemo
5 Stunden her

Die deutschen Sozialsysteme stehen vor dem Zusammenbruch. Da hilft keine Kommission. Der Grund ist auch allen klar, nur darf er nicht genannt werden. Merz könnte eigentlich gleich zurücktreten. Oder er würde benennen, wessen Beschlüsse, Verordnung und Gesetze er und seine Vorgänger hier umsetzen. Aber ein Deutscher geht seinen weg, und wäre der noch so falsch.

Sterling Heights
5 Stunden her

Warken: „chronisch rezidivierende“ Inkompetenz. Schnippisch, Phrasenverkuenderin. Sie wird Spahn und Lauterbach toppen. Aber sie passt zu dieser BlackRock Truppe.

Emsfranke
5 Stunden her

Jeder Ministeraspirant sollte verpflichtet werden, vor einer möglichen Ernennung die Ballade des Zauberlehrlings auswendig aufsagen zu können. Erst danach könnte zumindest im Ansatz vermutet werden, dass die zu ernennende Person ein Grundwissen über Folgen des Handelns begriffen hat.

Unglaeubiger
5 Stunden her

Im Märzen die Kälber…………Ja, sie sind entweder jung und wild, es fehlt an Erfahrung und Wissen. Dies hält sie jedoch nicht davon ab, sich wie die Großen, Wissenden zu gebärden. Aber auch unter den alten Kühen und Ochsen gibt es zu viele Großmäuler, Rosstäuscher, Nichtskönner, Gernegroß, usw. Die werden jedoch in der Wirtschaft regelmäßig geschlachtet und meist zu Hunde- oder Katzenfutter verarbeitet. In der Politik werden sie gepampert, gehätschelt und verwöhnt. Je weniger sie leisten, je größenwahnsinniger sie sich gebärden, je rückgradloser und charakterloser sie auf die Menschlein losgelassen, desto mehr huldigen sie sich selbst. Und die Menschlein? Sie schauen… Mehr

Peter Gramm
6 Stunden her

Der ganze Gesundheitssektor ist ein völlig kaputtes System welches von Günstlingen bevölkert wird. Immer mehr Betroffene können sich a) die Beiträge nicht mehr leisten, b) die Zuzahlungen in den Pflegehiemen nicht mehr leisten, c) von den Gesundheitsdienstleistern und der Pharma gnadenlos abgezockt werden….Gier allerorten. Diejenigen, die diese gesetzlichen Möglichkeiten zur Abzocke geschaffen haben sind davon nur marginal betroffen. Sie haben sich zu Zeiten die Taschen vollgemacht und sollen Probleme lösen die sie selbst so gut wie nicht betreffen. Kommissions und/oder Stuhlkreistheater für’s Volk.

Kraichgau
6 Stunden her

wenn ich nicht mehr weiter weiss…bild ich einen Arbeitskreis…Merz hat wohl einen recht „aktuellen“ Beraterkreis 🙂
von dem Herrn ist nur eins zu erwarten,Geld für seinen Herrn und Meister Larry Fink,auf diesem oder jenem Weg wird das Steuergeld schon ankommen