Mach’s gut, CDU

Statt mutiger Reformen setzt die CDU unter Merkel nur noch auf Anbiederung an den Zeitgeist. Ändert die Union ihren Kurs nicht, ist sie noch früher am Ende als der Zeitgeist, dessen Uhr selbst abläuft.

© Sean Gallup/Getty Images

Ob wir langsam mal anfangen sollten, der CDU das Totenglöckchen zu läuten? Ja, es wäre vielleicht an der Zeit, in den Abgesang mit einzustimmen, wenn gewurschtelt wird, wie bisher.

Die letzten beiden Wahlen haben der CDU gepfefferte Niederlagen beschert, aber die Partei meint noch immer, den Schuss nicht gehört zu haben oder schlimmer, nicht hören zu müssen. Zu Tausenden rennen ihr die Wähler davon, weil sie merken, dass sie veralbert werden. Verulkt und verschaukelt durch eine Politik, deren Misserfolg sie allein Angela Merkel anlasten.

Stück für Stück entsorgt die Union nonchalant konservative Positionen, die ihr Anfang der 2000er noch Stimmen einbrachten. Und brandmarkt sie heute als rechts und rückwärtsgewandt. Wer im Parteiprogramm von 2002 blättert, liest so viele Dinge, von denen nichts geblieben ist. Ihre Positionen zur Flüchtlings- und Ausländerpolitik etwa. Ihr Bekenntnis zur Familie. Zu Werten wie Anstand, Fleiß, Rücksichtnahme. Zu Traditionen, Erinnerungen, einer gemeinsamen Kultur. Kein Wunder, denn die CDU von heute will hipp sein, trendy und modern. Da passen vermeintlich staubige Tugenden nicht zu einer Truppe, die mittlerweile so gerne den reformfreudigen Gorbatschow spielen würde, aber nur die Rolle des betonköpfigen, uneinsichtigen Honeckers bekommt. Fehler passieren unter der Fuchtel von Merkel genauso wenig wie damals im Politbüro, früher wie heute stehen auf Befehl Granden bereit, in peinlicher Nibelungentreue die misslungen Projekte wegzureden und ins Groteske zu beschönigen.

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Reformen verwechselt die Union mit Anbiederung an den Zeitgeist. Unterstützt Gender-Quark und frühkindliche Sexualisierung in Kindergärten, statt biologische Tatsachen zu akzeptieren und Kindern ihre Kindheit zu lassen. Macht sich offen für alle Religionen und meint damit doch nur im Besonderen den Islam. Flickschustert bei Finanzen und Euro-Rettung munter umher, statt Wohlstand zu verteidigen. Kümmert sich um Millionen Zugewanderte, die aufgrund inkompatibler Ansichten und mangelnden Qualifikationen kaum etwas für unsere Gesellschaft leisten können, statt den Hausfrauen, Selbstständigen, Handwerkern, Leiharbeitern, Mittelständlern und all jenen, die in unzureichenden Arbeitsverhältnissen stehen, eine Chance oder wenigstens Lichtblicke zu offenbaren. Das konservative Profil ihrer Partei ist so verwässert, dass sich Generalsekretär Peter Tauber bemüßigt fühlt, in der WELT ein 10-Punkte-Papier zu offenbaren, mit der er seine Partei anpreist wie die Marktfrau einen alten Fisch. Dabei steht doch dort nur, was ohnehin das Grundverständnis der CDU sein müsste. Schlimm genug, dieses 1×1 des politischen Konservatismus, weichgespült und rosarot, als Neuheit unter die Leute zu bringen. Vom Abschneiden neuer, kaum brauchbarer Zöpfe liest sich nichts.

Erst wenn die Union nicht mehr nur beliebig von ihrem inzwischen verblassten konservativen Kern daherplappert, sondern ihn auch lebt, dafür einsteht und auch kämpft, wird sie sich wieder fangen. Bis dahin stehen ihr allerdings noch viele Niederlagen und schmerzhafte Erfahrungen ins Haus. Solange kein Wahlergebnis hart genug ist, die Partei wieder zur Heimat Konservativer, besorgter und fragender Bürger und derer zu machen, die sich nicht mehr mitgenommen, verstanden, ausgegrenzt und als Deutsche zweiter Klasse sehen, wird das Totenglöckchen immer lauter bimmeln. Mach’s gut CDU, du hattest deine Zeit.

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