Deutschland haftet für europäische Schulden, damit Italien nicht rechts regiert wird

Italiens Botschafter in Berlin Armando Varricchio offenbart indirekt den Zweck des gigantischen Corona-Schuldenprogramms, für das Deutschland in erster Linie geradestehen muss: Es geht darum, EU-kritische und "populistische" Kräfte in Südeuropa klein zu halten.

IMAGO / photothek
Bei der Tagung des IWF am 12.4.2019 war Olaf Scholz noch Finanzminister und Mario Draghi EZB-Präsident. Heute regieren sie Deutschland und Italien.

Italiens Botschafter in Deutschland, Armando Varricchio, hat in einem bemerkenswerten Interview, das er der Tageszeitung Die Welt gab, klargestellt, was sein Ministerpräsident Mario Draghi, dessen Politik als Chef der EZB die faktische Enteignung der deutschen Sparer exekutierte, nun von einem Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Olaf Scholz hatte bereits als Finanzminister im italienischen, nicht im deutschen Interesse gehandelt, als er zur Finanzierung des „NextGenerationEU“-Programms erstmalig die gemeinsame Aufnahme gemeinsamer Schulden durchsetzte – auch Corona-Wiederaufbaubonds genannt. Von den 750 Milliarden Euro erhält Italien allein circa 200. Die EU der „nächsten Generation“ ist also ein Super-Geschäft für Italien und ein mieses Geschäft für Deutschland. Denn am Ende zahlt der die Schulden zurück, der zahlen kann. 

Ein lehrreiches Interview
Armando Varricchio nennt den Wiederaufbaufonds zu recht einen „Gamechanger“, denn er beendet Deutschlands Souveränität und führt letztlich zur Herrschaft der demokratisch nicht legitimierten Eurokratie in Brüssel, die Demokratie hat ausgespielt, die Oligarchie kommt. Wenn der italienische Botschafter zufrieden erklärt, dass es kein Zufall sei, „dass in den Mitgliedstaaten populistische und EU-kritische Stimmen viel leiser geworden sind“ enthüllt er ungewollt Draghis Argument für die Finanzierung Italiens, die in der Verhinderung von Matteo Salvini als Regierungschef besteht. Noch ein Ungarn, noch ein Polen will die Brüsseler Administration unter allen Umständen – also koste es Deutschland, was es wolle – verhindern. 

Als Olaf Scholz als Finanzminister Deutschland in die europäische Schuldenfalle führte, bewies er ein wenig Bildung, als er die Verabschiedung der Corona-Bonds den „Hamilton-Moment“ nannte. Mit Blick auf die Geschichte der USA erklärte damals der deutsche Finanzminister die gemeinsame Verschuldung gewissermaßen zum Anfang für die Vereinigten Staaten von Europa, die das Ziel der Ampelregierung ist. Ein wenig dreist behauptet der italienische Botschafter, dass die Charakterisierung von Standpunkten als „italienische oder deutsche Haltung“ nur „alte Denkmuster“ „reproduzieren“ würde. Schließlich, so Varricchio, seien „alle EU-Länder, einschließlich Italiens, für sich selbst verantwortlich.“

Damit hat er recht. Er hat nur vergessen hinzuzufügen, dass auch Italien für seine Schulden selbst verantwortlich sei. Vollmundig kann der italienische Botschafter daher erklären, dass jeder Staat „Sorge“ für „gesunde Finanzen“ und für die Rückzahlung der Schulden tragen würde, nur erwähnt er hierbei eben nicht, dass am Ende derjenige zahlt, der noch Geld hat. Humor bewies Varricchio, als er hervorhob, dass „Italien im Moment seine Staatsverschuldung“ abbaue. Das dürfte mit den neuen 200 Milliarden Euro auch nicht schwerfallen. Übrigens erwähnte der italienische Botschafter nicht, wie lange der „Moment“ andauert. 

Auf die Frage, ob denn gemeinsame Schulden, im Klartext, Schulden, die Deutschland zurückzuzahlen haben wird, unausweichlich seien, brachte Varricchio die Meisterleistung fertig, sibyllinisch und gleichzeitig gebieterisch klar zu sein. Einerseits nannte er das ein interessantes Thema für eine „Podiumsdiskussion“, anderseits stellte er klar, dass „wir“ hier „nur Schritt für Schritt vorgehen können“, heißt, mit den Corona-Bonds ist der schrittweise Weg in gemeinsame Schulden geebnet.

Der Euro erweist sich immer mehr als Instrument zur Ausbeutung Deutschlands. Dass Italien bei diesem Thema eine „wichtige und konstruktive Rolle“ spielen wird, darf man dem italienischen Botschafter getrost glauben. Varrichio jedenfalls setzt wohl zu recht auf Olaf Scholz, der weniger deutscher Bundeskanzler, sondern Italiens Kanzler für Deutschland zu sein scheint. 

Man kann weder Italien, noch Armando Varricchio dafür kritisieren, italienische Interessen wahrzunehmen – und dabei geschickt alle Möglichkeiten zu nutzen, die sich bieten oder geboten werden. Es ist nicht die Aufgabe der italienischen Regierung, es ist nicht die Aufgabe des italienischen Botschafters in Deutschland, deutsche Interessen, das heißt die Interessen der steuerzahlenden Bürger Deutschlands zu vertreten, sondern das ist die Aufgabe der deutschen Regierung, allen voran die Aufgabe von Bundeskanzler Olaf Scholz. An dieser Frage wird sich entscheiden, ob die Bundesregierung eine Regierung für oder gegen Deutschland ist.  

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Kommentare ( 91 )

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91 Comments
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Roland Mueller
2 Jahre her

Die mir bekannten Italienerinnen und Italiener, hauptsächlich meine ehemaligen Arbeitskollegen und die Verwandten und Bekannten von meiner Frau, erwarten von den 200 Milliarden Euro, definitiv nichts. Sie meinen, das es mehr als zweifelhaft ist, das die im Artikel geschilderte Rechnung aufgeht.

gelernter Ossi
2 Jahre her

Und da wundert es noch irgendjemanden, wenn die Deutschen demnächst WIEDEREINMAL einem neuen Führer hinterherlaufen könnten? Wir werden zum X. Mal enteignet. Es reicht langsam.

Nibelung
2 Jahre her

Eigentlich muß es heißen, der deutsche Bürger haftet für den unverantwortlichen Schuldenberg und die damit einhergehenden Gefahren für das eigene Vermögen. Die politischen Protagonisten garantiert nicht, denn die verschwinden gegebenenfalls von der Bildfläche und es war ja schon immer leichter das Vermögen der anderen als Pfand einzutauschen im guten Glauben, wir würden es schon nicht merken und sie leben in der makaberen Hoffnung, daß sich noch alles regeln lassen würde, wären da nicht äußere und auch innere Umstände, die uns das Genick brechen können. Wer einer Schuldenunion zustimmt, wohlwissend daß er dabei bestehendes Recht bricht, den kann man als Politgauner… Mehr

Sonny
2 Jahre her
Antworten an  Nibelung

Wie man an unseren kürzlichen Wahlergebnissen ganz wunderbar erkennen kann, ist der deutsche Bürger viel zu dumm, um dem allen einen Riegel vorzuschieben. Wir hätten doch die Möglichkeit gehabt, dieses Regime zu brechen. Stattdessen findet eine fortlaufende Unterwerfung statt. Nein. Das ist kein Stockhom-Syndrom. Das ist pure Idiotie und Dummheit.
Aber damit stehen wir nicht alleine da. Es gibt genügend korrupte Politiker, die überall auf der Welt auf die Dummheit der Menschen setzen.

Last edited 2 Jahre her by Sonny
Riffelblech
2 Jahre her

Ein klein wenig rebelliert eine aufgeklärte Minderheit gegen den Coronairrsinn . Das alleine schon reicht aus ,um die Schafherde der Gut— und Allesgläubigen in Wallung zu bringen . Aufgebracht wird trompetet : „ wie kann man nur ……“ Um wie vieles größer müsste der Aufschrei der Bevölkerung sein ,wenn diese erkennen würde ,was mit den Deutschen ,ihrer Leistung ,ihrer Arbeit ,ihres Geldes ,derzeit vor sich geht . Es regiert in Europa eine Autokratie von Machthabern die D. immer noch als Zahlmeister versteht . Und die eigene Regierung sagt dazu : „ freilich,wir zahlen gerne „ Diese Typen haben ihre Haut… Mehr

D. Ilbert
2 Jahre her

Glauben Sie wirklich, „das System“ sei am Ende? Ein Prophet bin ich nicht, aber meine Intuition, meine Kenntnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen, sagt mir: Wir stehen am Anfang. Warum? Die €-Länder sind mittlerweile finanziell derart miteinander verwoben, daß eine „Aufdröselung“, ohne die Pleite einiger Länder, gar nicht mehr möglich ist. Dies wird man nicht zulassen. Ausweg: VSE. Vereinigte Staaten von Europa. Schlagartig fallen die Schulden- und Forderungsberge in sich zusammen. Übrig bleiben „nur noch“ die Staatsverbindlichkeiten und Forderungen gegenüber außerhalb des Staatenbundes stehenden Gläubigern und Schuldnern. DAS ist für Sozialisten eine unwiderstehliche Konstellation. Zusammen mit all den (nicht nur in Deutschland)… Mehr

Hans-Georg Villy
2 Jahre her

Ein interessanter und wichtiger Artikel. Er beschreibt in aller Deutlichkeit einen wesentlichen Hintergrund für die Milliarden-Subventionen: Brüssel will durch sehr viel Geld mit aller Macht das Aufkommen rechter, sprich konservativer Strömungen und in der Folge entsprechende Regierungsbildungen unterbinden oder zumindest klein halten, um ungehindert linke Politik und Ideologie bei Themen wie Migration, Klima oder Energie durchzusetzen. Konservative Kräfte in der EU und im Europaparlament müssen daher mehr als bisher geeint auftreten, durch sinnvolle und intelligente Konzepte überzeugen, Schwachstellen der bisherigen EU-Politik konsequent aufzeigen und für eine effektive Öffentlichkeitsarbeit sorgen.

Medienfluechtling
2 Jahre her

Es geht Scholz wohl eher darum, Ruhe zu haben für seine Transformation von Recht und Gesetz aus den Händen der Nationalstaaten nach Brüssel. Wenn dann auch das Vermögen der Menschen weg ist, kann sich keiner mehr eine selbständige Meinung erlauben und muss akzeptieren, was aus Brüssel bestimmt wird. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen…

Imre
2 Jahre her

Der Autor ist anscheinend unverbesserlicher Optimist. Oder wie sonst soll man das Kriterium werten:“ An dieser Frage wird sich entscheiden, ob diese Bundesregierung eine Regierung für oder gegen Deutschland ist.“ Für Realisten ist das keine Frage mehr, man sehe sich nur das Kabinett und dessen Chef an. Da ist auch nichts mehr zu entscheiden, das liegt bereits alles fest, und zwar eindeutig zum Nachteil der hiesigen Bewohner. Seit dem Zustand von vor 0,5 – 5/7 Jahren hat es in Summe keine Wende zum Besseren gegeben. Nach wie vor haben wir eine demolierte und ausgezehrte CDUCSU, eine unglaubwürdige, hinfällige und substanzlose… Mehr

Falk
2 Jahre her

Früher oder später wird so einiges Platzen. Wahrscheinlich mehr oder weniger gleichzeitig… Eben genau das, was eine „Bedingung“ für einen Great Reset ausmacht, bzw was er benötigt. Die Scherben werden dann aufgesammelt und die „brave new world“ kann beginnen. Schwab: „erschaffen von Bedingungen für eine“ Interessengruppen Ökonomie Eine lglobalisiertee Welt, ird am besten von einer selbstgewählten Koalition aus multinationalen Unternehmen, Regierungen und zivilen Organisationen „gemamaged“ – regiert!“ im Original: „… Creating conditions for a „stakeholder economy“ A globalised world is best managed by a self-selected coalition of multinational corporations, governments and civil society organizations. Wie es Merkel schon angekündigt hat,… Mehr

Maria KH
2 Jahre her

Halten Sie einmal mit so vielen Leuten wie möglich ein Schwätzchen etwa über Negativzinsen, Energiepreise, Inflation, die Renten und Schulden in der EU etc. Versuchen Sie, im Small Talk herauszufinden, was über Ursachen und Zusammenhänge bekannt und verstanden ist. Gern auch mit Akademikern und „glühenden Europäern“.

Danach verstehen Sie, wie hocheffektiv wir hier von „halt du sie dumm, ich halt sie arm“ regiert werden.

thinkSelf
2 Jahre her
Antworten an  Maria KH

Daran wird sich auch nichts ändern, so lange der zentrale Mittelstand die Probleme nicht wirklich in der Kasse spürt. Dazu müssen die Realeinkommen in dieser Gruppe aber um mindestens 50% fallen.
Aber gerade diese Gruppe arbeitet eh direkt oder indirekt beim Staat, wo das als aller letztes passieren wird. Der Weg nach unten ist noch lang.