Lindners Linksruck

Die FDP wird von der Union lernen, wie es ist, wenn man vom rotgrünen Establishment nicht mehr gebraucht wird, um grüne Inhalte durchzusetzen. Die FDP wird so wenig von den linken und linksliberalen Kräften in Politik und Medien geliebt wie die Union, sie wird eben nur auf Zeit benötigt.

IMAGO / Mike Schmidt

Dass Christian Lindner die Aufgabe zufällt, die Schaffung eines Klima-Ministeriums anzukündigen, sagt mehr als tausend Analysen aus, wie weit die FDP inzwischen nach links gewandert ist. Heinrich IV. von Navarra soll einst gesagt haben: „Paris vaut bien une messe“ (Paris ist eine Messe wert). Der „gute König Heinrich“ konvertierte vom Protestantismus zum Katholizismus, um König von Frankreich zu werden. Doch im Gegensatz zur Konversion von Heinrich IV. wird die Konversion der Lindner-FDP zur rotgrünen Gesinnung das Land nicht einen, sondern die Spaltungen und Verwerfungen in jeder Weise noch vergrößern. Um den Übertritt ins linke Lager zu kaschieren, behauptet Lindner: „Wir treten nur in eine Regierung der Mitte ein, die den Wert der Freiheit stärkt.“ Um zu belegen, dass eine Regierung der Linken, der die FDP angehören wird, eine Regierung der Mitte sei, beruft sich der FDP-Chef auf Armin Laschet und Friedrich Merz, die „uns gestern öffentlich Respekt gezollt“ haben, „weil sie Inhalte teilen. Mit dieser Ehrlichkeit zeigen die beiden Charakter. Ihre Äußerungen belegen, dass Deutschland aus der Mitte regiert würde.“ Lindner dürfte vergessen haben, wie wenig Armin Laschet als Kronzeuge taugt, der einst verkündet hatte, dass es nicht Aufgabe der CDU sei, alles, auch programmatisch, aufzusammeln, was sich rechts der politischen Linke befände, als ob nicht rechts von der politischen Linken die Mitte zu finden wäre. So viel zum Begriff der Mitte bei Lindner und Laschet.

Wer den Opportunismus der FDP nicht lobt, ist in Lindners Augen eben eine „Einzelstimme“, die man „entschuldigen“ muss.

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Die Einschätzung des Sondierungsergebnisses durch den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Ralph Brinkhaus, als „strammste Linksagenda, die wir seit Jahrzehnten gehabt haben“, ist durchaus zutreffend, wenn man nur daran denkt, dass Christian Lindner die Einführung eines Klimaschutzministeriums lobt, das letztlich vergleichbar ist mit der Staatlichen Plankommission (SPK) der DDR, nur mit weitreichenderen Konsequenzen. Schließlich wird das Klimaschutzministerium als Suprema, als primus inter pares unter den anderen Ministerien, als zentrales Vollzugsorgan zur Großen Transformation, zur Überführung der Sozialen Marktwirtschaft in eine grüne Kommandowirtschaft dienen, geht man danach, was die Grünen bis jetzt über dieses Ministerium geäußert haben.

Auf dem Grünen-Parteitag vor Monaten formulierte Robert Habeck sehr klar, dass die freie Marktwirtschaft wichtig sei, aber nur, wenn der Staat dafür sorge, dass „die großen Kräfte der Märkte, der Marktwirtschaft in die richtige Richtung laufen – und dann brauchen wir alle die Freiheit der Märkte, die Kreativität der Unternehmerinnen und Unternehmer“. Lindner äußerte in einer Talkshow von Anne Will, bei dem auch Robert Habeck als Gast anwesend war: „Wir brauchen einen Rahmen, den der Staat setzt. Daraus müssen sich die Klimaziele ergeben. Aber auf dem Weg dahin möchte ich gerne Naturwissenschaftlern und Technikern das Vertrauen geben, die wissen, wie wir es konkret machen.“

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Vor der Wahl schrieb ich über diese Talkshow und über die sich bestätigende Prognose, dass wer gelb wählt, grün bekommt: Anne Will fragte daraufhin Robert Habeck: „Hat Christian Lindner mit seinem ‚der Markt regelt es selbst‘ den Stein der Weisen gefunden?“ Der verteidigte seinen Koalitionspartner in spe mit den Worten: „Das ist nicht seine Position, so habe ich es auch nicht verstanden. Er sagte, Kreativität des Marktes nutzen und einen klaren rechtlichen Ordnungsrahmen, da würde ich gar nicht widersprechen.“ Denn, so Habeck: „Ordnungsrechtlicher Rahmen und Verbote sind das Gleiche. Dass wir uns immer für die Übersetzung ins normale Deutsch rechtfertigen müssen, ist ein Treppenwitz dieses Wahlkampfs.“ Im normalen Deutsch besteht allerdings ein fundamentaler Unterschied zwischen Freiheit und Zwang. Dass dem Grünen-Parteichef dieser Unterschied unbekannt ist, verwundert nicht, und leider erstaunt es inzwischen auch nicht mehr, dass Christian Lindner diese Position zu übernehmen scheint.

Im Grunde teilen beide damit das Diktum Stalins, der verfügt hatte, dass, wenn die Richtung stimmt, die Kader alles entscheiden würden. Und die Richtung lautet in der Formulierung von Robert Habeck: „Klimaschutz ist die existenzielle Aufgabe unserer Generation. Wir können keine Koalition eingehen, die nicht den Weg des Paris-Pfads beschreitet.“ Der sogenannte „Klimaschutz“ ist aber nur der Transmissionsriemen zum Systemumbau, wie es Luisa M. Neubauer einmal in einem taz-Interview beschrieben hat: „Menschen, die sich mit der Klimafrage beschäftigen, stellen irgendwann auch die kapitalistische Wirtschaftsweise infrage.“ Genauer kann man eigentlich die Funktion der Klimaapokalyptik nicht beschreiben, als es Neubauer unternahm: „Die Klimakrise ist die Kumulation von multiplen Krisen auf der Welt. Sie ist größer als die Frage unserer steigenden Emissionen … Es geht um unsere imperiale Lebensweise, die neokoloniale Entwicklungszusammenarbeit. Die Klimakrise ist auch eine Krise, die von Männern verursacht wurde.“

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Natürlich weiß man in der FDP, worauf man sich einlässt, deshalb hat das Pfeifen im Wald für die FDP zunächst die WELT übernommen, die ihren Lesern in mehreren Beiträgen fast verzweifelt einreden will, dass das Sondierungsprogramm eine Meisterleistung der FDP sei, die es verstanden hätte, die Positionen der bürgerlichen Mitte zu vertreten.

Und weil auch Christian Lindner nicht entgangen sein sollte, in welche Falle er gelaufen ist, wird man in der FDP zum Verpackungskünstler. So behauptet Lindner: „Der Strom wird durch die Abschaffung der EEG-Umlage günstiger – eine Milliarden-Entlastung vom Single über die Familie bis zu Mittelstand und Handwerk.“ Der Strom wird natürlich nicht günstiger, die Kosten steigen und explodieren. Die Finanzierung der desaströsen Energiewende soll deshalb nicht mehr über die EEG-Umlage erfolgen, wo es jeder Bürger mitbekommt, sondern über gut kaschierte Steuerzuwendungen. Da die Bürger Steuern zahlen, finanzieren sie am Ende die steigenden Energiekosten doch; sie merken es auch, doch sie sehen es nicht. Das dürfte in Sachen Transparenz der Stil der neuen Regierung werden.

Die einzige Sorge des 17. Landesverbandes der Grünen, zu dem Lindner die FDP macht, scheint darin zu bestehen, dass durch die Oppositionsarbeit der Union der Linksruck der FDP deutlich wird, deshalb drohte Lindner schon fast in der Sprache der Antifa: „Ich hoffe aber nicht, dass nun restaurative Kräfte die Partei nach scharf rechts führen.“ Um schließlich in der Hybris zu enden: „Im Bund wird die FDP jedenfalls die Anliegen der Wählerinnen und Wähler von CDU und CSU im Blick behalten. Würden wir in eine Regierung eintreten, wäre es ja unsere Aufgabe, dort die bürgerliche Mitte insgesamt zu vertreten.“ Die „bürgerliche Mitte“ wird sich bei der FDP für ihre Fürsorglichkeit bedanken.

Allerdings kann man Christian Lindner beruhigen, denn in der Union wird man, wie es bis jetzt ausschaut, auch schon aus Angst, mit der AfD zu stimmen, die Rolle der Opposition nicht annehmen. Man wird auf seinen Abgeordnetenplätzen dösen und davon träumen, wie schön es war, als man noch die Regierung stellte und von den Medien umworben war. Hierin könnte die FDP von der Union lernen, wie es ist, wenn man vom rotgrünen Establishment nicht mehr gebraucht wird, um grüne Inhalte durchzusetzen. Die FDP wird so wenig von den linken und linksliberalen Kräften in Politik und Medien geliebt wie die Union, sie wird eben nur zurzeit benötigt.


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Kommentare ( 114 )

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114 Comments
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Maja Schneider
2 Jahre her

Bei der Durchsicht dieses Sondierungspapiers findet man die Fortführung dessen, was Frau Merkel angestrebt hat, nur dass die Grünen es mit Hilfe der FDP noch vertiefen möchten, die SPD weiß sie ohnehin auf ihrer Seite. Für die FDP ist eine Entkernung, schon bald vergleichbar mit der der CDU, durchaus jetzt schon erkennbar, so dass der Höhenflug ganz schnell beendet sein könnte. Warten wir es ab!

Alt-Badener
2 Jahre her

Ich bleibe dabei, der mittlerweile herrschende Weiberstaat ist der Hauptgrund für den Niedergang dieses Staates. Überall nur noch das hysterische Rumgegeifere, überall nur noch -innen und diese -innen zerstören nicht nur das Staatswesen, auch unsere Sprache wird mehr und mehr zu einem lächerlichen und kulturlosen Verständigungsgebilde auf unterem Niveau. Besonders schlimm an dieser Entwicklung ist die Feststellung, dass die Frauen überhaupt nicht merken, was sie anrichten, nein, sie finden es ganz toll und das alles soll noch intensiviert werden. Es gab mal einen Politiker, der bei seinem Abschied sagte: „Gott schütze unser deutsches Vaterland“. Das hat Gott leider nicht getan,… Mehr

ossiosser
2 Jahre her

Lindner macht sich faktisch zum „nützlichen Idioten“ (Lenin) einer ökoszialistischen Planwirtschaft. Das Klima ist die große Ausrede für die ständige Ausrufung Nutzung von Ausnahmezuständen (bestens geübt während Corona), um die Macht der Regierungen und der politischen Klasse ständig zu vergrößern. Ein praktischer Nebeneffekt ist die Abschiebung aller Verantwortlichkeiten von Administrationsversagen (z.B. Flutkatastrophe) auf die große globale Ursache, die vorgeblich nur global in den Griff zu bekommen ist.

Wolfgang M
2 Jahre her

Der Klimawandel ist ein ganz normaler zyklischer Prozess, der fast nichts mit Klimagasen zu tun hat. Ab 300 vor Christus hatten wir die römische Warmphase, gefolgt von der Kaltphase der Völkerwanderung, gefolgt von der mittelalterlichen Warmphase und schließlich die kleine Eiszeit, die 1850 endete. Jetzt sind wir wieder in einer Warmphase, die auch wieder ca. 500 Jahre dauern wird. Wie bei den beiden genannten Warmphasen wird es noch wärmer werden. Dass die Menschheit durch Sparen beim CO2-Ausstoß etwas daran ändern kann, ist Unfug. Das werden 2050 oder spätestens 2100 schließlich alle verstehen. Die FFF-Kids werden das noch erleben und immer… Mehr

Riffelblech
2 Jahre her

Der Klimawahn zeigt doch nur die komplette Verbohrtheit der Grünen Politik . Klima ,das ist nichts als eine Zusammenfassung von mathematischen Größen und Werten welche sich aus dem Wettergeschehen ergeben . Und diese Mathematischen Komponenten will man angehen ?, sie verändern ,verbessern ,zum Verschwinden bringen ,oder was ? Wir unterhalten uns hauptsächlich über 0,38 % Co2 in der Luft . 96 % davon sind natürlichen Ursprunges . Also bleiben 4% von 0,38 % . Davon wiederum ist Deutschland für 2 % in seiner Abgabe verantwortlich . Schlußendlich reden wir über 0;000178 % des vorhanden CO2 in der Luft ,welche die… Mehr

Kappes
2 Jahre her
Antworten an  Riffelblech

Die Korrektur ist nicht korrekt. Vor 166 Jahren, also 1855, betrug die CO2 Konzentration sicherlich nicht 0,038%, also 380 ppm, sondern kaum anders als 1850 ca 0,028%, also 280 ppm. (1850 ist das Synonym für den Beginn der Industrialisierung und auch die Zeit, als erste professionelle Wetterstationen in Betrieb gingen.) Die heutige Konzentration liegt bei ca 0,042%, also 420 ppm (kann auch etwas geringer sein, ist jahreszeitlich um ein paar ppm schwankend). Der Anstieg seit 1850 beträgt also ca 140 ppm bzw. 50%.

Auswanderer
2 Jahre her

Für Deutschland habe ich keine Hoffnung mehr. Die Ampel wird nicht besser als die GroKo. Ich vermute eher, dass mit dem Klimawahn die Ausgaben ins unermessliche steigen werden und man sich das Geld von den wenigen holen will, die noch einigermassen Steuern zahlen.

Wolfgang M
2 Jahre her
Antworten an  Auswanderer

Mein Wunsch ist immer noch die GroKo. Die Grünen und die FDP sollen sich streiten und nicht mehr gemeinsam in eine Koalition gehen wollen. Dann wäre Ampel und Jamaika gestrichen. Die CDU soll die „Verantwortung“ spüren und mit und unter der SPD eine Koalition bilden.

what be must must be
2 Jahre her

Sehr geehrter Herr Mai, es mag ein bißchen spießig für Sie klingen, aber falsches Deutsch stört mich inzwischen in diesen Kreisen am meisten. Vorschlag: steigern Sie „reichend“. Etwa reichend, reichender, am reichendsten? Oder sollte man bei „weitreichend“ den Teil „weit“ steigern, etwa: weitreichend, weiterreichend, am weitesten reichend? Gruß, wbmmb

Frank M.
2 Jahre her
Antworten an  what be must must be

Studieren Sie am besten die Flexion von „weitreichend“.
weitreichend
Sie werden erstaunt sein. 😉

Last edited 2 Jahre her by Frank M.
Kappes
2 Jahre her
Antworten an  what be must must be

Wenn ich mehrere weitreichende Maßnahmen miteinander vergleiche, kann die eine doch durchaus weitreichender sein als die andere. Wenn eine der Maßnahmen die beste ist, warum sollte sie dann nicht die weitreichendste Maßnahme sein?
Wenn ich mit einer Maßnahme 96% des gewünschten Zieles erreiche, mit einer anderen sogar 98%, sind beide weitreichend. Eine ist aber doch offensichtlich weitreichender als die Andere, oder nicht?

DW
2 Jahre her

„Christian Lindner rudert zurück – Aussage zu Klimaministerium war „ein Versehen“.

Lindner hat den Köder ausgeworfen: Ich darf Finanzminister werden, dafür bekommt ihr Grünen das Klimasuperministerium.
Doch die Grünen haben nicht nach dem Köder geschnappt. Jetzt war das Angebot natürlich „ein Versehen“ und das eigene Ansehen ramponiert. Dumm gelaufen.

moorwald
2 Jahre her

SPD und Grüne werden wie Pech und Schwefel zusammenhalten. Die FDP unter Lindner kann die Koalition jederzeit platzen lassen – was die beiden anderen natürlich genau wissen. Deswegen dürfen sie Lindner nicht zu sehr ihre Geringschätzung spüren lassen, müssen aber andererseits versuchen, ihm möglichst viele Zugeständnisse abzuringen.
Steht die Regierung erst mal, werden die im Grunde unvereinbaren Positionen (mal vorausgetzt, die FDP hat überhaupt noch Grundsätze) aufeinanderprallen.
Habeck gefällt es nicht, daß Lindner das Finanzmisterium beansprucht: ist klar, der Finanzminister hat mehr Macht als ein „Klimaschutz-Minister“…(Art. 112 GG)

moorwald
2 Jahre her
Antworten an  moorwald

Das Ministerium kann nur von Annalena besetzt werden.
Sie hat ja sonst keine Qualifikation außer „Klima“ .

U.M.
2 Jahre her

Einführung eines Klimaschutzministeriums. Dann wird in naher Zukunt die klimaepidemische Notlage ausgerufen und die ganze Show beginnt von vorne. Die CDU wir natürlich alles mittragen, da sie ja sonst evtl, mit der AFD stimmen müsste. Abeer es war ja alles so gewollt,

akimo
2 Jahre her
Antworten an  U.M.

Erst müssen wir nochmal durch den Covid -Lockdown -Winter. Es wird schon alles angerichtet. Wenn wir mürbe sind dann kommt das gott sei Dank unlösbare Problem Klima, der Big Brother unserer zeit