Parteitag der Grünen: Mit sich selbst in Frieden

Ruhig und friedlich starten die Grünen in ihren Parteitag: Die Wahl von Ricarda Lang und Omid Nouripour zum neuen Vorstand gilt als gesichert, auch sind die Umfragen der Partei freundlicher als die der Koalitionspartner. Doch wie ein rosa Elefant steht kommender Ärger im Raum.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Bevor der Parteitag beginnt, plänkeln auf Phoenix ein Moderator und eine Politikwissenschaftlerin: Die Grünen lebten von Widerspruch von unten, die ihre Regierungsvertreter antrieben und letztlich durch Kompromisse in der Regierung zu Fortschritt führten. Interessante Analyse. Sieben von 42 Jahren waren die Bundesgrünen in der Regierung. Diese Zeit war davon geprägt, dass ihre Basis mehr Kröten schluckte, als über die Straße zu tragen – und das Ganze endete damit, dass man sich selbst das Zeugnis aussprach, nicht mehr regierungsfähig zu sein.

Doch das Phoenix-Duo macht unbeirrt weiter. Mit Glanz in den Augen. Den sieht man im Fernsehen sonst nur in Kuppelshows von RTL so leuchten – oder wenn über die Grünen von Menschen geredet wird, die auf der Lohnliste von öffentlich-rechtlichen Sendern stehen. Intern müssten die Grünen jetzt lernen, auch mal die Ellbogen einzusetzen, schwadroniert der Journalisten-Darsteller von Phoenix – als ob es so was Profanes wie Ellbogen bei allen Parteien gäbe, nur nicht bei den Grünen. Bisher zumindest.

Neutrale Menschen wissen längst, dass die Grünen genauso normal sind wie andere Parteien. Nur Journalisten und Grüne selber versuchen eine andere Erzählung am Leben zu halten. Deshalb heißt der Parteitag auch nicht Parteitag sondern Delegiertenkonferenz – und der Generalsekretär nicht Generalsekretär sondern politischer Geschäftsführer. Dieses Amt erhält an diesem Samstag voraussichtlich Emily Büning. Sie arbeitet bereits für die Geschäftsstelle. Das qualifiziert sie für die Aufgabe, die ihr an diesem Samstag möglicherweise die Partei mit auf den Weg geben wird: den Wahlkampf 2021 aufarbeiten.

Sprich: Sie soll ihre eigene Arbeit beleuchten und Fehler, die ihre ehemaligen Chefs zu verantworten haben. Etwa Baerbock, mit ihrer Plagiatsaffäre. Oder Kellner, der mit Tweets Sauerstoff in das Feuerchen blies und so erst eine Sturmflamme draus machte. Wobei Büning in die Karten spielen dürfte, dass der Blick nach hinten bald keinen mehr interessieren dürfte – bei all dem, was der Blick nach vorne erwarten lässt. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann gehört zu den wenigen, die noch alte Fehler ansprechen.

Franziska Brantner bringt die kommenden Schwierigkeiten auf den Punkt: Sie hat einen „mulmigen Blick auf das, was in der Welt passiert“. Russland und die Ukraine erwähnt die neue Wirtschafts-Staatssekretärin. Und sie deutet wirtschaftliche Baustellen an, vermeidet aber Wörter wie „Inflation“, „steigende Energiepreise“, „Lieferengpässe“, „marode Infrastruktur“ oder „Konjunktureinbruch“ wie es sonst nur die Bewohner von Harry Potters Zaubereiwelt mit dem Namen „Voldemort“ tun. Auf den Punkt kommen – nein, das wollen die Grünen nicht gerne.

So fällt denn auch die Abschiedsrede von Baerbock und Robert Habeck nüchtern und sperrig aus. Von Applaus getragen können sie von einem Parteitag nicht werden, der zum größten Teil digital ist. Die Sätze des Führungsduos sind so schwülstig, dass Substantiv und Prädikat längst vergessen sind, wenn die Vielzahl an Objekten und Adverbialen heruntergezählt ist. Der rote Faden, der sich aus diesem Wulst heraussuchen lässt, sind die „guten Kompromisse“, die Habeck immer wieder anmahnt. Und womit er auch seine spontane Streichung der Förderungen für klimagerechtes Bauen meint.

Wenn es überhaupt ein Aufregerthema bei den Grünen gibt, ist es diese Streichung. Doch es gibt genug staatliches Geld, mit dem sich der Parteitag versöhnen lässt. Da sind zuallererst die 60 Milliarden Euro. Sie wurden einst vom Bundestag als Genehmigung zur Schuldenaufnahme fiktiv bereit gestellt, damit die Bundesregierung sich als Wirtschaftsretter in der Coronakrise verkaufen kann. Aber sie wurden nicht abgerufen, da die bürokratischen Hürden hoch genug waren, um ein Abrufen zu verhindern.

Nun fließen diese 60 Milliarden Euro in reale Schulden, auch wenn der liberale Finanzminister Christian Lindner sich in Framing übt, um es anders darzustellen. Das Geld wird in Klimaschutz investiert. Ein warmer Regen für all die Agenturen, Institute und Entwicklungsgesellschaften, deren Inhaber sich oft genug im grünen Milieu bewegen. Aus Überzeugung oder aus Lobbyismus.

So ist genug Geld und sind genug Stellen da, um alle Delegierten mit den „guten Kompromissen“ zu versöhnen. Kellner wurde nicht gefeuert, sondern ins Wirtschaftsministerium weg befördert. Die erste politische Rede nach Habeck und Baerbock hält Steffi Lemke. Sie wurde 2021 Umweltministerin. 2013 war sie als politische Geschäftsführerin nicht mehr tragbar, als sie in einem katastrophalen Wahlkampf von dem Thema Grüne und ihre pädophile Vergangenheit überfahren worden ist. Auch war ihre Bundesgeschäftsstelle nicht auf das Thema Steuerpolitik vorbereitet gewesen. Lemke räumte in internen Runden ein, dass sie nicht gedacht hätte, dass sich Journalisten dafür interessieren würden.

Zwei Wahlkampf-Versager in lukrativen Jobs. Dazu passt, dass Ricarda Lang zur Vorsitzenden befördert wird, nachdem sie schon in den Bundestag eingezogen ist. Doppelte finanzielle Versorgung für eine 28-Jährige, die sieben Jahre lang studiert hat, um dann abzubrechen. Sie gehört zu denen im Vorstand, die in strafrechtliche Ermittlungen geraten sind, weil sie sich selbst einen Corona-Bonus gegönnt hatten.
Im Vorfeld des Parteitags hat Kretschmann ein Interview gegeben, in dem er die Fehler der Vergangenheit hart kritisiert hat. In seiner Rede lässt der ehemalige Maoist sich von den wulstigen Worten des Parteitages einlullen. Milder als im Interview erklärt er: Seine Partei habe es im Wahlkampf versäumt, der Bevölkerung ein „Sicherheitsversprechen“ zu geben. Das müsse sie künftig tun, wenn sie sich als Regierungspartei etablieren wolle.

Nach innen klappt das schon ganz gut mit dem Sicherheitsversprechen. Im Moment kann sich jeder sicher sein, Job oder Aufträge zu bekommen, wenn er sich wohlfällig genug verhält. Oder sie. Ob dieses Sicherheitsversprechen auch nach außen klappt, wird sich erst nach dem Parteitag zeigen. Falls das nicht klappt, können die Grünen immer noch auf die Journalisten hoffen, die mit Glanz in den Augen von ihnen schwärmen.

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Kommentare ( 52 )

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jorgos48
2 Jahre her

Heute, mit 73 Jahren, schaue ich auf mein Leben zurück. Ich habe zwei Berufsabschlüsse und bin damit gut über die Runden gekommen. Nur für eine politische Karriere hat das vor gut 50 Jahren nicht gereicht. Da waren die cleveren Jura-und Polwiss.Studenten, die uns „ Werktätigen „ intellektuell überlegen waren. Zumindest glaubte ich das damals. Von Stamokap und Charly Murx hatte ich keine Ahnung. Und heute werde wir von Nichtsnutzen regiert die uns mit Ökosozialistisch-Feministisch-Pazifistischen Woken Märchen einlullen. Wer solche Nullnummern an die Macht bringt hat es nicht besser verdient. Den Schrott müssen die nach Katastrophe dann selbst wieder abräumen und… Mehr

Dieter Rose
2 Jahre her

Beck und Baer –
Deutschland, verkommen‘ Vaterland!
Erkennbar auch am Kleidungsstil.

Michael M.
2 Jahre her

Hm, wenn man sich die beiden neuen Gesichter so anschaut dann würde mich mal interessieren ob diese zwei Veganer sind.
Zumindest haben die beiden schon mal keine abgeschlossene Berufsausbildung, wenn man eine ebensolche hat kann man bei den Grünen offensichtlich kein Amt bekleiden. Realitätsinn bzw. Lebenserfahrung scheint hier nicht erwünscht zu sein.
Zur Corona-Risikogruppe muss man die Zwei wohl auch zählen und damit wird die Panikmache bzw. der ganze Irrsinn wohl auch einfach so weitergehen.
Ein absolut gruseliges Duo.

Last edited 2 Jahre her by Michael M.
Reinhard Schroeter
2 Jahre her

Eine adipöse ( hab ich das überhaupt richtig geschrieben ? , also in der Sprache von Dr. Martin Luther, eine übergewichtige Fau, die weder über einen Berufsabschluss, noch über eine abgschlossene akademische Ausbildung verfügt , kann es in Schland ganz schön weit bringen. Natürlich ist es inzwischen so , dass Kanditdaten für irgendwas , gut bei meinem Katzenzüchterverein noch nicht, der Meinung sind, das Publikum mit ihren sexuellen Befindlichkeiten auf die Nerven zu gehen. Ich will das gar nicht wissen , ich weiss nicht mal was das ist, so bisexuell zu sein. Kommt für mich ohnehin weder in Frage noch… Mehr

Franz Grossmann
2 Jahre her

Die beiden neuen Spitzenfiguren zeichnet aus, dass sie keinerlei Abschlüsse nachweisen können. Ricarda Lang hat 7 Jahre Rechtswissenschaften studiert und brach das Studium dann 2019 ab. Omid Nouripour hat alles Mögliche studiert aber keinerlei Abschluss. Beide sind die typischen Grünen-Politiker, im wesentlichen verkrachte Existenzen, die in normalen Berufen keinerlei Chance hätten.

StefanB
2 Jahre her

Ist das schon der Zenit der Negativauslese, oder gehts noch schlimmer?

Peter Gramm
2 Jahre her

Grüne sind infantil. Ihre Naivität dürfen sie jetzt in Regierungsverantwortung ausprobieren. Deutschland geht sehr schweren Zeiten entgegen.

R.Baehr
2 Jahre her

Mit der Wahl von Ricarda Lang ist für jeden ersichtlich, wohin die Reise bei den Grünen geht, wer dachte, nach Baerbock kann es nicht mehr weiter abwärts gehen, wird eines besseren belehrt. Der Boden ist bei den Grünen noch lange nicht erreicht, nur die Geschwindigkeit dahin hat sich noch einmal erhöht.

Auswanderer
2 Jahre her

Deutschland wird nur noch von Dekadenz regiert. Turmbau zu Babel auf der Strasse und in der Politik nur noch Versager im produktiven Leben. Wenn ich vor 30 Jahren gewusst hätte wie dumm Deutschland wird, dann wäre ich schon viel früher gegangen. Seit 2010 ist Deutschland nur noch Dummland und die Ampel setzt dem ganzen noch die Krone auf! Ich bin mal gespannt wann der Lindner endlich aufwacht. Wie will der denn die Finanzen in Ordnung halten? Die Steuereinnahmen können aufgrund von Corona doch kaum sprudeln! Und wenn die Automobilindustrie endlich platt ist, dann ist Schicht im Schacht!

RMPetersen
2 Jahre her

„Doppelte finanzielle Versorgung für eine 28-Jährige, die sieben Jahre lang studiert hat, um dann abzubrechen.“ Die Grünen haben einen langen Weg gemacht, von der Anti-Establishment-Partei bis mitten in den verfilzten politisch-wirtchaftlichen Komplex, wo ihre Führungspersonen sich wohlig in Geld und Macht suhlen. Nun ja. Hätte ich dies Ergebnis ahnen können, als ich die „Umweltbewegten“ über Jahrzehnte vielfach gewählt und mit Sachargumenten unterstützt habe, damals? Was ich überhaupt nicht erwartet hätte, war das aufgekommene totalitäre Gedankengut, dass sich zB in den Reden der neuen Co-Vorsitzenden Lange, aber auch der bayrischen Franktionsvorsitzenden Schulze zeigt. Nicht, dass sich viele Grüne Glaubenssätze als naiv… Mehr

Michael M.
2 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Genau das ist ja das perfide, wenn es um Genmais etc. geht dann bekommen die Damen Schnappatmung (bei der bayrischen Grünen ist das so massiv, dass man wohl auch von Verhaltensauffälligkeit sprechen könnte) bei der Gen-Spritze ist jetzt plötzlich alles egal bzw. super und völlig risikofrei.
Gerade bei den Grünen waren doch auch immer die Befürworter von alternative Medizin und Heilpraktiker, sowie auch der ein oder andere Esoteriker, zu Hause. Jetzt ist die Partei voll auf der Linie von Big Pharma, das Ganze passt doch vorne und hinten nicht zusammen.

Last edited 2 Jahre her by Michael M.
jorgos48
2 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Schauen Sie mal in die Deutsche Geschichte, welche seltsame Existenzen im Nazireich und auch in der DDR Karriere machen konnten. Die Ideologie und die Farbe der Fahne hat gewechselt. Und auf einmal fällt der Vorhang und das totalitäre Denken der Ökofaschisten kommt ganz klar zum Vorschein. Ob Kata Schulze, Lange oder Palmer.