Degrowth ist der Weg zurück in die Höhle

Probleme zu lösen, unterscheidet den Menschen vom Tier. Dieser Geist hat ihn auf dem Weg an die Spitze der Nahrungskette begleitet. Hätte er der grünen Idee des Degrowth angehangen, würde er heute noch in der Höhle sitzen und sich vor dem Mammut fürchten.

IMAGO / U. J. Alexander

Organischer Müll lässt sich rasch zu 90 Prozent zersetzen. Es müssen ihm lediglich einige Bakterien hinzugefügt werden, die sich aus dem Kot der Pandas gewinnen lassen. Das hat ein Forscherteam um Fumiaki Taguchi herausgefunden. Wer gerade keinen Panda zur Hand hat, der kann Sekret von Termiten nehmen – funktioniert ähnlich gut.

Nun mag der kritische Leser an dem Verstand von Wissenschaftlern zweifeln: Haben die nichts Besseres zu tun, als den Kot von Pandas zu untersuchen? Das verkennt aber das menschliche Wesen. Denn das unterscheidet sich von jedem anderen Lebewesen durch den Optimismus: Da gibt es ein Problem, also löse es. Das Mammut bedroht deine Familie? Grab ihm eine Grube und fang es darin ein. Einige wenige versklaven die anderen Menschen? Schick einen Wanderprediger durch die Wüste und lass ihn die anderen überzeugen, dass vor Gott alle gleich sind. Dir wird es auf deinem Kontinent zu eng? Bau Schiffe, siedle über. Mit dieser Einstellung hat es der Mensch heraus aus der Höhle geschafft – bis an die Spitze der Nahrungskette.

Diese Einstellung braucht er, um seinen Lebensraum zu erhalten. Die Diskussion ist überflüssig, ob der Klimawandel vom Menschen gemacht ist. Ja, selbst ob es einen Klimawandel gibt. Der Mensch hat seine Population in den letzten 200 Jahren verachtfacht. 200 Jahre sind im Kontext der Weltgeschichte ein Pandafurz. Und wenn sich das Lebewesen an der Spitze der Nahrungskette verachtfacht hat, dann macht das etwas mit seinem Lebensraum. Das müsste jedem klar sein, der im Biologie-Unterricht anwesend war.

Nur: Wie gehen wir mit diesem Problem um? Es gibt zwei mögliche Antworten. Die eine nennt sich Degrowth. Der Mensch solle seinen „ökologischen Fußabdruck“ so klein wie möglich halten. Mit anderen Worten: Er soll zurück in die Höhle und das Feuer nur noch an Feiertagen entzünden, etwa dem Erscheinungsdatum des Marxschen Kapitals oder dem Geburtstag von Robert Habeck.

Eine Vordenkerin dieser Idee ist in Deutschland die Taz-Autorin Ulrike Herrmann. Sie hat ein Buch darüber geschrieben, wie eine Gesellschaft aussehen würde, deren „ökologischer Fußabdruck“ so gering wie möglich wäre. Die Landschaft würde auf jeden zivilisatorischen Fortschritt verzichten, die Menschen auch. Viele würden dann arbeitslos. Was aber kein Problem wäre, weil sie als Arbeitskräfte in einer Landwirtschaft gebraucht würden, die auf Pestizide verzichtet, auf mit Diesel betriebenes Gerät – von Gentechnologie gar nicht zu reden. Der Rest würde die Siechen pflegen. So bliebe nur eine kleine Oberschicht, um die anderen zu führen. Wenig komplex ist die Frage, wo sich Ulrike Herrmann in dieser Gesellschaft sieht. Spoileralarm: Es ist nicht das Feld, auf dem Tausende von Hand den Kartoffelkäfer von den Pflanzen entfernen.

Herrmanns Ideen sind in Deutschland durchaus anschlussfähig. Es vergeht kaum eine Woche, in der sie ihr Gesellschaftsbild nicht in irgendeiner öffentlich-rechtlichen Talkshow propagieren dürfte. Nun ist das mit deutschen Vordenkern so eine Sache. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts langweilten sie sich und wünschten sich, dass ihre öde, bequeme Welt zerstört werde. Was der Erste Weltkrieg dann vorläufig übernahm. Als die Nazis an die Macht kamen, freute sich ein durchaus kluger Kopf wie der Gottfried Benns darüber, dass sich nun das Starke gegen das Schwache durchsetze. Um es abzukürzen: Die Deutschen haben mit ihren Vordenkern wenig Glück. Deswegen wundert es kaum, dass sie weltweit Vorreiter sind, sich den Dewgroth zu wünschen. Die Rückkehr in die Höhle.

Doch es gibt einen zweiten Weg, mit der Zukunft des menschlichen Lebensraums umzugehen. Was uns endlich weg von den deutschen Grünen und zurück zum Panda-Kot führt. Seine Bakterien können helfen, das Müllproblem in den Griff zu bekommen. Zugegeben. Nur einen kleinen Teil des Problems. Aber immerhin ist es ein Anfang, ausgehend von Fumiaki Taguchi, der, wenn man ehrlich bleibt, bisher nicht allzu bekannt ist.

Die Welt mit acht Milliarden Einwohnern hat ein großes Problem mit Müll. Das kann gar nicht anders sein. Wächst die Menschheit, wächst der Müll. Es ist kein Zufall, dass es eine der Aufgaben des Herkules war, den Augiasstall auszumisten. Er hat das Problem mit einem Abwassersystem gelöst. Bester menschlicher Geist: Du hast ein Problem, löse es. In der Antike brauchte es dafür einen Halbgott, im heutigen Deutschland genügt eine Kanalisation, die es selbst im kleinsten Dorf gibt.

Vor wenigen Jahren war das Thema Plastikmüll in Mode. Die Journalisten sagten, es sei auch ein deutsches Problem, um Betroffenheit herzustellen. Bebildert haben sie die Texte aber in der Regel mit Szenen aus Bangladesch. Weil das im Netz besser klickte, aber auch weil viele von ihnen im Geiste Ulrike Herrmanns denken, sich den Dewgroth wünschen und ihre Leser ermutigen wollten, mit aufs Feld zu kommen, um den Kartoffelkäfer per Hand zu entfernen – was sie selbst nur journalistisch begleiten wollen würden.

Nun besteht kein Zweifel daran, dass Bangladesch ein ungeheures Problem mit seinem Müll hat. Das Problem ist so groß, dass es einen Halbgott benötigt, es zu lösen. Doch warum gelingt das nicht? Es gibt darauf grundsätzlich zwei mögliche Antworten. Eine wäre rassistisch und würde lauten, dass es nicht im Wesen der Bangladescher liege, ihren Müll zu entsorgen. Humaner, deutlich weniger falsch und zielführender ist das Argument, dass dieses Land einfach nicht wohlhabend genug ist, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Bangladesh ist ein benachteiligtes Land. Von der Topographie, die es immer wieder mit unvorstellbaren Hochwassern straft. Von der restlichen Zivilisation, die das ohnehin arme Land immer wieder unterdrückt und ausgeplündert hat. Es wäre ein wünschenswertes Ziel, wenn die Vereinten Nationen Bangladesch helfen würden, seine Probleme in den Griff zu bekommen. Auch das mit dem Müll. Nur: Welcher der beiden Wege wäre erfolgsversprechend?

Der Dewgroth? Die Probleme der Bangladescher dadurch beheben, dass sie ihren Lebensnotstand auf das Nötigste zurückfahren, um den „ökologischen Fußabdruck“ kleinzuhalten? Das haben sie schon versucht, lief nicht so gut. Um es genauer zu sagen: Dieser Lebensstil hat sie erst in die Situation gebracht, dass in ihren Gewässern der Müll so wuchert, wie es grüne deutsche Foto-Redakteure lieben.

Bliebe der Fortschritt. Der menschliche Geist des: Du hast ein Problem, löse es. Die Sache mit Herkules. Nun wäre Panda-Kot zu wenig. Aber Fumiaki Taguchi hat ja erst angefangen, vielleicht findet er noch etwas anderes, weitreichenderes. Falls nicht, gibt es noch ein paar andere Wissenschaftler, die es versuchen können. Man muss die Früchte des Fortschritts und des Wohlstands nur für dieses Ziel einsetzen. Wenn sich die Menschheit zurückzieht, um den Kartoffelkäfer von Hand zu entfernen, wird es nicht gelingen. Und egal, wie gering wir den „ökologischen Fußabdruck“ auch halten: Wenn wir nicht wie Herkules nach Lösungen suchen, werden wir sehr bald in Kot sitzen – und es wird nicht der von Pandas sein. Das gilt für ein Volk mit 170 Millionen Einwohner wie in Bangladesch. Es gilt aber auch für die 83 Millionen in Deutschland, wenn Ulrike Herrmann sich mit ihren gesellschaftspolitischen Forderungen durchsetzt.

Hätte es die Grünen schon in der Steinzeit gegeben, wären wir nicht an der Spitze der Nahrungskette. Wir würden nicht einmal das Feuer beherrschen. Nachdem sich der erste daran verbrannt hätte, hätten die Grünen gefordert, künftig darauf zu verzichten. Man hätte sich ja auch zurück in die Höhle ziehen und hoffen können, dass einen das Mammut verschont.

Die Menschen haben sich am Feuer verbrannt. Buchstäblich, vor allem aber metaphorisch. Es hat Schaden und Leid angerichtet. Aber das ist der Preis für Fortschritt. Auf jeden Herkules kommen #dutzende Ungenannte, die im Mist des Augiasstalls ersoffen sind. Wenn ein Herkules dann aber die nächste Stufe der Zivilisation geschafft hat, dann kann das irgendwann jedes Dorf schaffen. In Deutschland. In Bangladesch nicht. Noch nicht. Es liegt an der Welt, dem Land zu helfen. Mit Fortschritt. Denn Degrowth ist keine Lösung – lediglich der Weg zurück in die Höhle.

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Kommentare ( 50 )

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EinBuerger
11 Monate her

„Degrowth ist der Weg zurück in die Höhle“: Das ist doch sowieso alles nur Trash. Sie wollen ein „Zeichen“ gegen Russland und China setzen und für „feministische Weltinnenpolitik“ kämpfen. Dafür braucht man aber sehr sehr viel Geld. Und bei Degrowth gibt es davon immer weniger. Wenn die BRD kein Geld mehr geben kann, interessiert sich überhaupt niemand mehr (selbst in Europa) dafür, was die BRD-Retter so sagen, tun oder wollen. Ich glaube mittlerweile: Die „Konservativen“ haben immer nur Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft anzubieten. Deshalb wählen Leute (vor allem Frauen), denen es wirtschaftlich gut geht, die Grünen. Damit sie etwas „Sinn“ und… Mehr

elly
11 Monate her

Die Agora Energiewende wird finanziert von der European Climate Foundation, diese wiederum wir finanziert von der Childrens´s Investment Fund Foundation die von dem britischen Milliardär Christopher Hohn finanziert wird. Hohn verdient 2 Mio € am Tag und ist Hauptfinanzier der Klimaextremisten Extinction Rebellion. Er verdient sein Geld mit einem Hedgefond „Der Fonds konzentriert sich auf die Vergabe von Hypotheken und hochwertige Immobilien mit Schwerpunkt auf Großstädte in Nordamerika und Europa“ Die Metro Milliardäre finanzieren die Agora mit ihrem Steuersparmodell: „Mercator-Stiftung“. Auch der European Climate Fond des kanadischen Milliardärs John McBain bezuschusst die Agora. Graichens Gesetz schiebt Hohns Fond Kunden zu… Mehr

Klaus D
11 Monate her

JaNein! Das problem der menscheit ist das sie sich extrem schnell und viel ausbreitet und dann passiert das gleiche wenn sich Bakterien entsprechend ausbreiten können. Das system kippt udn zerstört seien eigene lebensgrundlage. Das ziel müßte sein die verbreitung und voaellem das wachstum zu bremsen bzw es wieder runter bringen.

Grund_tief
11 Monate her

Der Punkt mit den Grünen und ihren CDU und FDP sowie SPD Anhängseln im Geiste ist, das „Degrowth“ ist nur Vehikel für ihr Utopisches Kommunistisches Paradies. Genau wie alle davor wird es aber in einer (Umwelt)-Katerstrophe enden. Hier die privilegierten Grünen die alles in absoluter Dekadenz kaputtmachen, und nur für „ihre“ erlauben und wegsehen. Flugverbot = gilt nicht für Parteimitglieder und „wichtige“ Leute. Maximal 2x Pupsen am Tag, aber nicht wenn du Graichen heißt. Und da nun so viele nicht mehr „dürfen“, bleibt mehr für die Günstlinge. Das „beste“ was bei Grünem Degrowth passieren kann ist das der Umweltschutz auf… Mehr

Last edited 11 Monate her by Grund_tief
Willi4
11 Monate her

Der grundlegende Fehler der linksgrünen Verzichtsprediger liegt in ihrer Überheblichkeit, die verhindert, dass physikalisch-geologische Umweltveränderungen als exogene Fakten akzeptiert werden, auf die der Mensch nur durch Anpassung und Einsatz seiner technischen Ressourcen antworten kann. Sollte es also zu evidenten Klimaänderungen kommen, können wir nur mit Technik reagieren. Die Höhle ist keine Überlebenschance.

MeinerEinerSeiner
11 Monate her

Auch in diesem Artikel wird das Hauptproblem nur gestreift. Ich habe in der Grundschule gelernt, dass 3,5 Mrd. Menschen auf diesem Planeten leben. Nun rund 50 Jahren später sind es mehr als doppelt so viele. Es ist absehbar, wann es 10, 12 oder 16 Mrd. werden.
Ich halte diese exponentielle Bevölkerungswachstum für eines der Hauptprobleme unserer Zeit. Die meisten Probleme lassen sich sehr einfach darauf zurückführen. Aber es scheint keinen Politiker zu interessieren. Es werden Unsummen zur Bekämpfung der (vermeintlichen) Probleme ausgegeben, aber die Wurzel des Übels wird ignoriert.

Edwin
11 Monate her
Antworten an  MeinerEinerSeiner

… und welche Länder haben ein geringes Bevölkerungswachstum? Das sind die Wohlstandsländer. DeGrowth und Wohlstandsvernichtung sind daher der falsche Weg.

elly
11 Monate her
Antworten an  MeinerEinerSeiner

In Niger bekommt jede Frau im Durchschnitt fast sieben Kinder. 

andreashofer
11 Monate her

Eine der Folgen des Zweiten Weltkriegs war die völlige Auslöschung Preußens. Irgendwie habe ich bei Ulrike Herrmann den Eindruck, der preussische Landjunker kommt zurück. Von Geburt an bestimmt, über Bauern und Gesindel zu herrschen.
Diese Antimodernismus durchzieht doch das ganze deutsche Bürgertum. Schön, wenn er sich Lyrik und Musik sublimiert. Fatal, wenn er Politik wird.
Es wird häufig darauf hingewiesen, dass die Grünen Berufsversager sind. Mag sein. Vor allem aber sind sie Innovationsverlierer, denn wenn sie schon irgendetwas (zumindest an-) studiert haben, sind das klassische, bürgerliche Fächer wie Philosophie, Theologie, also eher das, was von der humanistischer Bildung übrig geblieben ist.

ketzerlehrling
11 Monate her

Irgendwann wird es auch die Verursacher dieser Katastrophe treffen. Sie halten sich für gottgleich, unantastbar, für das Beste, was der Welt passiert ist, oder besser diesem Land (vielleicht haben sie damit sogar recht) und bilden sich offenbar sein, dass sie niemals die Konsequenzen und Folgen ihrer bösartigen und verqueren Ideologie zu spüren bekommen. Ich sehe das ein wenig anders. Sie werden nicht immer die Helden sein, sie gehören irgendwann zu den Verlierern.

StefanB
11 Monate her

Anzumerken ist noch, dass sich das von den linksgrünen Nichtsnutzen propagierte Degrowth selbstredend nur auf die anderen, aber nicht auf sie selbst bezieht. Sie selbst ermächtigen sich dazu, aus dem Vollen zu schöpfen, weil alles, was sie machen, ja fürs „Gute“ ist.

Hannibal ante portas
11 Monate her

Degrowth ist der Weg direkt in die Hölle. Ganz ehrlich, ich weiß nicht ob ein „menschengemachte Klimawandel“ diese Erde früher der später unbewohnbar macht, auch wenn es daran durchaus mehr als berechtigte wissenschaftliche Kritik gibt. Aber eines ist für mich zumindest glasklar zu erkennen: ein Wirtschaftsschrumpfen nach Idee der grünen Hofideologin Herrmann werden die Kipppunkte der irdischen Unbewohnbarkeit in greifbare Nähe rücken. Ich glaube die meisten hier auf dieser Plattform sind sich einig, dass der real existierende Sozialismus früher nicht unbedingt ein Erfolgsmodell war, aber Herrmanns Ideen würden dies alles bei Weitem in den Schatten stellen: früher wurden noch Ansteckbleche… Mehr