Der Bürgermeister von Teuchern und der Corona-Maßnahmen-Protest

»Nicht alles, was ihr sagt, teile ich. Aber in vielen Punkten habt ihr Recht: Die rote Linie ist überschritten, demokratische Verhältnisse sehe ich nicht mehr.« Sagt Marcel Schneider, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Teuchern in Sachsen-Anhalt am 10. Dezember bei einer Demonstration gegen Corona-Zwangsmaßnahmen.

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Marcel Schneider ist parteiloser Bürgermeister von Teuchern

Er zeige nicht zum ersten Mal Gesicht, sondern sei bereits zuvor ebenfalls »spazieren« gewesen. Das Virus sei zwar da, und das müsse man ernstnehmen, sagt der parteilose Bürgermeister, der in der Vergangenheit vor den Gefahren von Corona gewarnt hat, »aber das, was man mit uns als Gesellschaft macht, das, was man mit meiner Gemeinde macht, bin ich nicht mehr bereit hinzunehmen«, so Schneider. »Ich bin angetreten als Bürgermeister 2018 mit der Intention, meine Gemeinde zusammenzuführen, Bevölkerungsgruppen zusammenzuführen, und das, was ich dieser Tage erlebe, ist eine noch viel größere Spaltung, als ich dieses Amt übernommen habe. Diese ganzen unsinnigen Regeln – 2G, 2plus – das verurteile ich auf das Schärfste. Das kann mir auch keiner mehr erklären, die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahmen, die wir als Verwaltung umsetzen müssen.«

»Ich will aber auf zwei Dinge auch aufmerksam machen, die letztlich zu dem Problem, das wir haben, nämlich der Überlastung unserer Krankenhäuser geführt hat.« Er hat extra noch einmal nachgeschaut, ob das, was in seiner Erinnerung geblieben ist, stimmt: »Die Leopoldina hat 2016 gefordert, von den 1.600 Kliniken auf 330 runterzugehen. Das ist die Leopoldina … , die gefordert hat, einen noch härteren Lockdown zu fahren und eine Impfpflicht einzuführen. Das ist die Akademie, die unsere Politiker berät!«

— FranX ☀️ (@Fr4nX) December 25, 2021

Wer sich impfen lassen wolle, solle dies tun, sagte Schneider. Eine Impfpflicht lehne er jedoch ab. Alarmiert ob dieser für einen Bürgermeister unbotmäßigen Worte fragte die dpa gleich bei der Kommunalaufsicht des Burgenlandkreises an, ob der Mann dies denn dürfe. Antwort laut dpa: »Gegenwärtig wird der Umstand kommunalrechtlich und beamten-dienstrechtlich geprüft«. Wann die Untersuchung abgeschlossen sein werden, sei noch unklar.

Gegen Impfpflicht und neuen Lockdown
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Der SPD-Innenexperte Rüdiger Erben kritisierte die Rede Schneiders umgehend. Der frühere Unteroffizier der Nationalen Volksarmee, der nicht direkt gewählt wurde, sondern über die Landesliste in den Landtag von Sachsen-Anhalt gelangte, warf dem Bürgermeister vor, er habe seine Aussagen »unter ausdrücklicher Nennung seiner Amtsbezeichnung« getätigt. Dies sei ein »Ritterschlag für Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger«.

Nach zahlreicher Kritik am Aufritt Schneiders antwortete dieser auf Anfrage der MZ, dass er seine Worte anders hätte wählen müssen.

Während auch in vielen Städten und Gemeinden Sachsen-Anhalts die Bürger auf die Straßen gehen, fordern die Landtagsfraktionen von SPD und Grüne »klares« staat-liches Handeln. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sebastian Striegel: »Wir sehen, dass die weitgehende Nichtahndung von Verstößen in anderen Bundesländern neue Grenzüberschreitungen und Straftaten von Querdenkern begünstigt hat.« Soweit dürfe es in Sachsen-Anhalt nicht kommen. »Der Staat muss geltende Regeln konsequent durchsetzen. Auch gegenüber sogenannten Querdenkern.« Er beantragte eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums und bringt den Verfassungsschutz ins Spiel: »Zu klären ist, welche Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde in Sachsen-Anhalt zur Organisation der Proteste durch Neonazis und andere Rechtsextreme vorliegen.«

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