Der größte Schuft …? – Dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet

Ohne größere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sehen sich Deutschlands Unternehmen durch ein neues Gesetz dazu verpflichtet, interne Meldestellen für Whistleblower einzurichten. Was dies für die Unternehmer bedeutet und was aus seiner Sicht davon zu halten ist, kommentiert Christian Moser.

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Am 2. Juli 2023 trat das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft. Es sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sogenannte Meldestellen einzurichten haben, die ihren Mitarbeitern die Möglichkeit geben sollen, über Missstände im Unternehmen zu berichten. Für Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern gilt dabei eine Schonfrist für die Umsetzung bis zum 17. Dezember 2023.

Die betreffenden Unternehmer, Whistleblower genannt, sollen sowohl namentlich als auch anonym die Möglichkeit haben, sich an die entsprechenden Meldestellen zu wenden. Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, spezielle Vorsorge für anonyme Meldungen zu treffen, sollen anonyme Hinweise aber bearbeiten. Zugleich sieht das Gesetz vor, dass beim Bundesministerium für Justiz eine öffentliche Meldestelle eingerichtet wird. In dem Falle, dass das Anliegen betriebsintern behandelt werden kann, sollen sich die Mitarbeiter vorrangig an die betriebsinterne Meldestelle wenden.

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Insbesondere bezieht das Gesetz sich auf im Sinne des Gesetzes unberechtigte Benachteiligungen von Arbeitnehmern. Es sieht dabei eine Beweislastumkehr dahingehend vor, dass eine berichtete Benachteiligung grundsätzlich als eine strafbewehrte Repressalie gilt. Der Arbeitgeber hat dann die Verpflichtung, nachzuweisen, dass die gemeldete Benachteiligung keine Repressalie darstelle.

Das Ganze ist nicht unbedingt neu, denn es erinnert an das Antidiskriminierungsgesetz und wie jenes ist auch das Hinweisgeberschutzgesetz die Umsetzung einer EU-Richtlinie.

Schon das Antidiskriminierungsgesetz bedeutete einen schweren Eingriff in die Vertragsfreiheit, welche eine der wichtigsten Grundpfeiler unserer freien Wirtschaft ist. Sie drückte Bewerbern und Arbeitnehmern das Messer in die Hand, ihre Arbeitgeber auf Zugang zum Arbeitsplatz oder Schadensersatz zu erpressen.

Wie die meisten Gesetze in dieser überregulierten EU erscheint der Zweck der Regelung vordergründig als moralisch integer und würde sich mancher politisch Verfolgte in diesem Lande freuen, wenn das Gesetz auf ihn Anwendung fände. Die Praxis zeigt jedoch, dass Regierungskritiker auf den Schutz des Antidiskriminierungsgesetzes nicht bauen können, wohl aber diejenige Klientel, welche von der EU und unserer Regierung als Brechstange zur Zerstörung unserer Wirtschaft und Zersplitterung unserer Gesellschaft verwendet werden. Der gleiche Effekt wird sicherlich auch durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz erzielt.

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Besonders alarmierend ist, dass die Beweislastumkehr so weit geht, dass wenn ein Arbeitnehmer bei einer anstehenden Beförderung nicht berücksichtigt oder er entlassen wird, oder einen anderen Nachteil erfährt, der Arbeitgeber beweisen muss, dass dieser Nachteil nicht auf der vorherigen Meldung durch den Arbeitnehmer beruht. Sonst stellt jede nachteilige Änderung des Arbeitsvertrages eine strafbewehrte Repressalie dar. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer nur eine Meldung erstatten muss, die er nicht einmal zu beweisen hat, um es dem Arbeitgeber nahezu unmöglich zu machen, den Status des Arbeitnehmers zu verschlechtern. Das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor.

Die Unternehmer fühlen sich womöglich an den Dichter unserer Nationalhymne Heinrich Hoffmann von Fallersleben erinnert, der einst schrieb: „Der größte Schuft im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant!“.

Ganz so einfach ist die Sache freilich nicht. Tatsächlich sollte es im Interesse eines Unternehmers liegen, über Missstände in seinem Unternehmen Bescheid zu wissen. Insofern zeugt es von der Weisheit des Unternehmers, selbst dafür zu sorgen, dass seine Mitarbeiter freien Zugang zu ihm haben. Wenn die Regierung meint, dies per Gesetz durchsetzen zu müssen, so sind entweder die deutschen Unternehmer nicht weise, oder es geht der Regierung um ganz andere Dinge.

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Die Regierung könnte zum Beispiel ein Interesse daran haben, dass Unternehmen gebrandmarkt werden, deren Mitarbeiter darüber berichten, dass irgendein Mitarbeiter oder Leiter sich kritisch über die Regierung geäußert habe. In Parteien, Vereinigungen und Initiativen besorgt diese Art von Schnüffelei derzeit der sogenannte Verfassungsschutz, der jene etablierten Parteien vor der Verfassung schützt. Er spürt in regierungskritischen Organisationen von ihm sogenannte Verschwörungstheoretiker, Corona-Leugner, Staatsdelegitimierer, Querdenker und Reichsbürger auf und sorgt dafür, dass die entsprechenden Organisationen als „gesichert rechtsextrem“ gelten und die mit diesen Organisationen auch nur entfernt in Verbindung stehenden Menschen hierzulande keinen Fuß mehr auf die Erde bekommen. Bei dem nicht erst seit Corona grassierenden Denunziationsfieber ist zu erwarten, dass die Meldestellen der Regierung reichlich Munition liefern werden, missliebige Unternehmen unter Druck zu setzen.

Dass unsere Regierung den wohlfeilen Zweck dieses Gesetzes unmöglich ernst meint, lässt sich leicht daran erkennen, wie sie selbst mit Whistleblowern umgeht. Weder ist unsere Regierung bereit, Edward Snowden Asyl zu gewähren, noch hat sie sich wohlwollend gegenüber Stephan Kohn gezeigt, der 2020 Fake News des Bundesinnenministeriums zu Corona aufdeckte. Wahre Whistleblower gelten in diesem Lande ebenso wie beim großen Bruder als Verbrecher.

Es bleibt also weiterhin bei der alten Weisheit, dass, wer die Wahrheit spricht, ein schnelles Pferd benötigt, trotz oder vielleicht gerade wegen des Hinweisgeberschutzgesetzes.

Christian Moser ist Rechtsanwalt und Steuerberater.

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Kommentare ( 69 )

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Hovercraft
8 Monate her

Ich hielt den britischen Weg, also den Brexit, von Anfang an für richtig. Die EU ist in meinen Augen nicht mehr (er)tragbar.

bfwied
7 Monate her
Antworten an  Hovercraft

Vorsicht, Sie zersetzen, delegitimieren, Sie kritisieren, und das ist in jedem totalitären Gebilde strengstens verboten!

Dieter Rose
8 Monate her

Mam ist fassungslos in diesem Land. Vor allem auch weil die, die das Geld haben, sich wieder nicht rühren, wieder sich gemein machen mit den Mächtigen. Wo sind Leute, die im Land Plakataktionen machen, damit a l l e hier aufmwachen.

Reinhard Schroeter
8 Monate her
Antworten an  Dieter Rose

Uns dieseits der Elbe wurde das Denuziantentum von den Sowjets nach 45 als Bestandteil des kommunistischen Weltanschaung aufgezwungen. Manche haben es auch noch im Blut gehabt aus den Jahren zuvor.
Unsere Brüder und Schwestern jenseits der Elbe scheinen das irgendwie vemisst zu haben . Um so glücklicher dürfen sie sich jetzt fühlen, dass die Parteien, denen sie schon immer ihre Stimme gegeben haben, ihren endlich die Gelegenheit dazu geben.

Astrid
8 Monate her

Fakt ist, die können soviel beschließen wie sie wollen, wer macht denn bei sowas mit? Ach ja, ich habe völlig vergessen, wie die Nachbarn während der Coronazeit die Polizei riefen, wenn eine Person zu viel am Kaffeetisch saß. Nachbarn haben die Polizei gerufen, wenn ein Kindergeburtstag gefeiert wurde.So schnell kann es gehen, dass die guten alten Zeiten wieder aktiviert werden. Wer gibt sich in den Firmen als Anlaufstelle für das Meldeportal her? Welche Arbeitgeber machen hier mit? Wer geht dorthin, um eine Meldung abzusetzten? Mir wird nur noch übel, wenn ich mitbekomme, wie tief unser Land gesunken ist.

Olli Gator
8 Monate her

Das staatlich geförderte Denunziantentum ist ein markantes Kennzeichen des Sozialismus (national- und internationalsozialistisch). Die Regierung bedient sich der schwachen Geister, um die Kontrolle zu behalten. In diesem Fall beginnt die ökosozialistische EU damit bei den Unternehmen, wird das System aber gerne auf die gesamte Gesellschaft ausdehnen.
Wie war das noch: wehret den Anfängen!!

Dieter Rose
8 Monate her
Antworten an  Olli Gator

Man hat den ehemaligen Stasi-Nachwuchs unkontrolliert sich selbst überlassen – jetzt haben wir die Bescherung!

Hovercraft
8 Monate her
Antworten an  Olli Gator

Wenn man das Gesamtbild betrachtet, sind das leider keine Anfänge mehr 🙁

Querdenker73
8 Monate her

Gibt es solchen Mist auch im Bundestag? Wo kann denn der Souverän seine Beschwerden gegen Regierungsmitglieder abgeben? Vorn gegen angebliche Nazis gewettert – hinten deren Methoden klammheimlich eingeführt! Klasse Politik!

Yossarian
8 Monate her

Spalte und Herrsche! Das ist die Devise. Ich sehe schwarz für dieses Land. Ich habe mich immer gefragt, warum nichts gegen Mobbing an Schulen unternommen wird. Jetzt weiß ich es. Jemanden zu mobben ist ein Skill, der einen guten Denunzianten ausmacht. Dazu noch die Komponente Gruppendynamik, fertig ist die vergiftete Gesellschaft.

WGreuer
8 Monate her

Das war doch zu erwarten. Und es ist erst der Anfang.
Ich in gespannt, wann der letzte Altparteienwähler hier bei TE (es soll noch viele CDU, CSU oder FDP Wähler hier geben) bemerkt, was er sich hier eigentlich wählt. Wann erkennen diese Leute, dass sie ihr Kreuz genau bei denjenigen „demokratischen“ Parteien machen, die all diese schönen, neuen Überwachungs-, Denunziations- und Zensurgesetze durchdrücken (siehe auch die Zensurrichtlinie der EU) und die damit andere Meinungen, unbequeme wissenschaftliche Erkenntnisse oder unliebsame Parteien bekämpfen.
Nur die dümmsten Kälber …

Emsfranke
8 Monate her

Der nächste Anschlag auf die Freiheit, so meine Erwartung, wird die Pflicht zur Beflaggung von Gebäuden mit der neuen Gesinnungsflagge des Regenbogens anlässlich der noch auszurufenden Gedenktage für die Opfer von Rassismus, Antisemitismus und des Kampfes gegen Rechts sein. Wer sich weigert, so lehrt uns auch die historisch gewachsene Erfahrung, für den gibt es den speziellen Denunzianten und seine multiplen Meldewege zu Bedarfsträgern (gerne wieder eine App). Es gibt ja bekanntlich nichts Neues unter der Sonne. Die als Folge zu ergreifenden Maßnahmen für den „Flaggenleugner“ wurden im letzten 3-jährigen Manöver der gesellschaftlichen deutschen „Heckenschützenarmee“ in Funk und Fernsehen, in der… Mehr

Armin Reichert
8 Monate her

Ich würde mal gerne von irgendeinem der vielen CDU-Wähler hier klipp und klar hören, ob er nun die WEF-Agenda mit ihren ganzen dystopischen Elementen unterstützt oder ob er sie bekämpft. Mutige vor!

elly
8 Monate her

Für Unternehmen, die an der NYSE notiert sind, gehört eine „Whistleblower Line“ zu SOx.
https://www.sec.gov/whistleblower
Es ist immer eine Frage, wie damit umgegangen wird. Das Denunziantentum hat allerdings Tradition in Deutschland.