Ergrünter Staatsfunk

Ein Team der ARD soll Fake News begegnen. Beim Thema Dieselgate agieren die gebührenfinanzierten „Faktenfinder“ jedoch selbst ziemlich postfaktisch.

© AFP/Getty Images

Deutschland bläst zum Krieg gegen das angeblich gesundheitsgefährdende Automobil. Die ARD nimmt kritische Stimmen mit dem „Faktenfinder“ aufs Korn, ein Format, das im April dieses Jahres als Reaktion auf das „Fake News“-Phänomen eingerichtet wurde. Wie gut hält der öffentlich-rechtliche Faktenfinder einem Faktencheck stand?

Stickoxid-Belastung

Zunächst bauen die Autoren Andrej Reisin vom NDR und Wolfgang Wichmann von tagesschau.de eine eher holprige Argumentationskette auf. Sie schreiben: „Wiederkehrend ist zu lesen, der jährliche Ausstoß an Stickoxiden ist in Deutschland seit Jahren rückläufig“ und führen dazu Artikel aus der Welt und dem Internet-Magazin Tichys Einblick sowie eine Stellungnahme der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik e.V. an.

Unumwundenen erkennen die Autoren an, dass diese Aussage stimmig sei, und verweisen auf eine Grafik des Umweltbundesamtes (UBA), die sehr eindeutig dokumentiert, dass in den vergangenen 25 Jahren der Stickoxid-Ausstoß um 1,7 Millionen Tonnen bzw. 59 Prozent zurückging (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Untersuchungen des Umweltbundesamtes belegen den kontinuierlichen Rückgang der verkehrsbedingten NOx-Emissionen seit 1990 (Grafik: UBA).

Der Leser reibt sich an diesem Punkt die Augen und rätselt, wie die einführende Passage gemeint ist. Wird den oben aufgeführten Journalisten und Wissenschaftlern etwa vorgehalten, dass sie die Wahrheit gesagt haben?

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Auch ansonsten fragt man sich bei der Lektüre, wie ernst die Autoren ihre journalistische Sorgfaltspflicht genommen haben. So sprechen sie im Zusammenhang mit Abbildung 1 von „27 Jahren“. Die Grafik zeigt jedoch lediglich den 25-Jahre-Zeitraum von 1990 bis 2015 und nicht bis 2017, aber das sei hier nur am Rande bemerkt. Auch, dass in dieser Zeitspanne der Anteil des Verkehrs an den gesamten Stickstoffoxid-Emissionen deutlich überproportional zurückging (absolut von 1,46 auf 0,491 Millionen Tonnen und prozentual von 50,7 Prozent auf nur noch 40,1 Prozent der Gesamtemissionen), wird nicht für erwähnenswert gehalten.

Abbildung 2: Im Jahr 2016 wurden die NO2-Grenzwerte nur in einigen meist größeren Städten überschritten. Der weit überwiegende Teil Deutschlands liegt bereits unterhalb der Grenzwerte (Grafik: UBA).

Begriffsprobleme

Nach diesem eher verunglückten Vorspiel kommt man dann doch langsam zur Sache. Die beiden Verfasser des „Faktenfinders“ scheinen aus irgendwelchen Gründen Schwierigkeiten mit der Tatsache zu haben, dass ein Rückgang nichts damit zu tun hat, ob zum aktuellen Zeitpunkt bestimmte Grenzwerte noch überschritten werden oder nicht. Selbst da, wo es im Moment noch Überschreitungen gibt, kommt es doch auch darauf an, ob der Trend in die richtige Richtung geht und wie schnell.

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Als nächstes ist die Frage zu stellen, wie stark die gesundheitlichen Auswirkungen der aktuellen Überschreitung von NOx-Grenzwerten überhaupt sind. Schließlich geht es hier um die Frage von Fahrverboten und damit um Millionen Schicksale. Fahrverbote, wie sie von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD), dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Chef des Abmahnvereins Deutsche Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, gefordert werden, betreffen schließlich nicht nur die einschlägigen Industrien, in denen hunderttausende Mitarbeiter um ihre Jobs fürchten müssen, sondern auch die Bevölkerung. Immerhin gibt es rund 15 Millionen Dieselbesitzer, die sich aktuell teils existenzielle Sorgen machen müssen. Man denke nur an die unzähligen Handwerker, Lieferdienste und Taxifahrer, die mit Dieselfahrzeugen unterwegs sind. Mit dem Thema sollte man daher nicht leichtfertig umgehen, sondern genau abwägen, was für Botschaften man aussendet. Das gilt besonders für den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der es in einer solchen Frage peinlichst vermeiden sollte, einseitig Position zu beziehen.

Abbildung 3: Rückgang der NO2-Immissionswerte in Deutschland von 1990 bis 2008 (Grafik: UBA).

Entwicklung der NO2-Immissionswerte

Vorab ist anzumerken, dass der Diesel nur einen einzigen Schwachpunkt hat, und das sind seine NOx-Emissionen. Feinstaub ist bereits seit Jahren kein Dieselproblem mehr. Und auch bei den NOx-Emissionen hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan, wie die Statistik des UBA zeigt (siehe Abbildung 1). Doch auch bei den NO2-Emissionen der Diesel-Pkw gibt es einen langjährigen deutlichen Abwärtstrend. Man betrachte etwa die Daten der Messstelle „Am Neckartor“ in Stuttgart (Abbildung 4).

Abbildung 4: In Stuttgart sind die Überschreitungen des NO2-Grenzwerts von 200 µg/m3 seit Jahren rückläufig (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart – Amt für Umweltschutz).

Zu beachten ist hierbei, dass Stuttgart die Stadt mit der höchsten NO2-Luftbelastung in Deutschland ist und die Messstation „Am Neckartor“ diesbezüglich der Rekordhalter unter allen Messstationen. Von 2010 bis 2015 gingen „Am Neckartor“ die Überschreitungen um 81 Prozent zurück. Dieses Jahr gab es noch keine einzige unzulässige Grenzwertüberschreitung. Dass dieser Abwärtstrend deutschlandweit gilt, zeigt Abbildung 5.

Abbildung 5: Schon 2015 lag der Durchschnittswert aller Messstellen selbst in hoch belasteten Städten unter dem gesetzlichen Grenzwert. Die Tendenz ist in allen Bereichen fallend (Grafik: UBA).

Medien im Dienst des grünen Zeitgeists

Beim sogenannten „Diesel-Skandal“ kann man beobachten, dass die Medien – allen voran die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD, ZDF und ihre Landesdependancen – einseitig, parteiisch und irreführend berichten.

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Ausgewogenheit und investigative Sorgfalt lassen zu wünschen übrig. Themen werden im Sinne des ökologistischen Zeitgeists dargestellt, der von den Parteien im Bundestag kaum noch hinterfragt wird. Man schreckt nicht davor zurück, kritische Medien, Journalisten und Blogger als unglaubwürdig darzustellen. Dabei wären gerade die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten aufgrund ihrer direkten Finanzierung durch die Bevölkerung zu besonderer Sorgfalt und Neutralität verpflichtet. Heute geht es gegen den Diesel, und damit gegen die Massenmobilität. Welche Errungenschaften der Moderne sind als nächstes an der Reihe?


Fred F. Mueller ist freier Autor und veröffentlicht seine Beiträge unter anderem in Blogs wie EIKE und Science Sceptical Blog. Dieser Beitrag ist zuerst bei Novo Argumente erschienen.

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Kommentare ( 19 )

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tc
6 Jahre her

Sehe ich genau so wurde schon mal auf dem Bürgersteig angemacht, weil die Dame etwas Rauch abbekommen hatte.

tc
6 Jahre her

Wer A sagt muss auch B sagen.
Viele Grüße nach Sachsen. Das die Lebenserwartung ansteigt hat nicht’s mit Bildern auf Zigarettenpackungen zu tun und der Ausbeutung durch Preiserhöhung. Ich habe nicht davon gesprochen, die Autos abzuschaffen.

T. Pohl
6 Jahre her

Hier verhält es sich ähnlich wie bei den Vorgängen in Schorndorf, die vom ZDF mit Statistikdaten als unauffällig im Vergleich zu den Verbrechenswahrscheinlichkeiten im Bund eingestuft wurden. Wenn man jedoch aus den (auch noch genannten Zahlen) Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet hat, dann war die Wahrscheinlichkeit daß man in Schorndorf Opfer wird, nur gar 130 Mal höher als im Bund; also nach Interpretation der ZDF-Journanalistessen ohne Mathematikkentnisse, unauffällig. Wenn es um Fake-News geht, müsste man ARD und ZDF sofort schliessen und den Schlüssel wegwerfen. Leute die etwas mit Medien studiert haben sind eben keine Wissenschaftler und können nicht rechnen. Beim Denken gibt manchmal… Mehr

Gast
6 Jahre her

Das mit dem Prinzip „Lieferant liefert, Kunde bezahlt“ wurde ja Dank der politisch Verantwortlichen wunderbar ausgehebelt. Konnte ich früher noch auf TV/Radio verzichten und ggf. auch die GEZ-Gebühren damit vermeiden, so bin ich heute als Haushalt zum Rundfunkbeitrag verpflichtet (und wenn ich Pech habe und als Freiberufler das Büroräume in der Wohnung habe, dann darf ich sogar den Beitrag in doppelter Höhe abführen … kein Witz!). Über die Qualität der Privaten kann man streiten, aber daraus einen Anspruch auf Beitragszahlung abzuleiten, ist ziemlich dünn. Zumal immer mehr Menschen gänzlich auf TV/Radio verzichten und Online-Medien nutzen, um überhaupt ein breites Meinungsspektrum… Mehr

Klaus Eckhard
6 Jahre her

Herr Frankenberger, Sie begeben sich auf das Niveau von Herrn Resch, Sudienabbrecher und Vielflieger. Der behauptet auch mal so frei weg 10.000 Tote jedes Jahr durch den Diesel.
Nehmen wir mal an ein Mensch wohnt an einer viel befahrenen Kreuzung, ja, dann hat er noch 30 Jahre lang reichlich geraucht, im Bergwerk gearbeitet, und eventuell schlechte Gene und sie wollen sagen der starb am Diesel? Das ist völlig haltlos und unwissenschaftlich. Aus Vermutungen, Korrelationen und Hochrechnungen werden nie belastbare Beweise.

Jochen Menke
6 Jahre her

Vielleicht wird das einige interessieren. Die deutsche Umwelthilfe wird hauptsächlich durch Gelder aus der USA finanziert. Richtig gelesen, der USA. Jetzt fragt sich natürlich der interessierte Leser, wie das sein kann und vor allem “ warum“. Haben die Amerikaner denn ein Interesse daran, der deutschen Autoindustrie zu schaden? Der deutsche Gutmensch schüttelt natürlich sein Haupt. Die Amerikaner sind doch unsere Freunde. Träum weiter, deutscher Michel. Alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Und was die Freunde angeht. Deutschland hat keine Freunde. Und spätestens, wenn der letzte deutsche Scheck platzt, wirst du das ganz schnell erkennen.

Eberhard
6 Jahre her

Was sind überhaupt Fakten, wer schafft sie und was sagen sie tatsächlich aus? Schon die Wahrheit ist oft vielfältig, vom jeweiligen Standpunkt abhängig und oft erst in der Zukunft rückwirkend beweisbar. Selbst angebliche echte Fakten werden von Politikern, abhängigen Medien usw. immer wieder seltsam verdreht, bis sie den gewollten Zweck erfüllen. Das Beispiel aus dem Artikel, der Diesel ist Schuld und es müssen Dieselverbot und Fahrverbote her, belegt das wieder eindeutig. Die im Artikel angeführte Überschreitung des NO2 Grenzwertes tritt eindeutig nur in Ballungsgebieten, an speziellen Verkehrspunkten und dazu noch von der Witterung abhängig auf. Fraglich daher, ob es ein… Mehr

DerMichel
6 Jahre her

Luftverschmutzung, in diesem Zusammenahng möchte ich einfach nochmals auf diesen Artikel aufmerksam machen:

http://www.badische-zeitung.de/bildung-wissen-1/in-der-ddr-gab-es-nur-halb-so-viel-allergien-wie-im-westen–112103272.html

nick
6 Jahre her

Fr. Henricks fordert keine Fahrverbote, sondern sie weist darauf hin, dass Gerichte Fahrverbote fordern könnten. Hier irrt der Gastautor mit seiner Aussage.Wenn Fahrverbote kommen, dann ist nicht Hr. Resch, sondern sind die Automobilhersteller schuld. Sie haben, um Kosten zu sparen, eine billige Technik eingesetzt, obwohl alle wussten, wie man das NOx effektiv senken kann. Mit illegalen Tricks (VW) und mit legalen Tricks (Ausrede Motorschutz) wurde die NOx-Reduktion in starkem Maße abgeschaltet. Jetzt steht die Industrie vor einem Scherbenhaufen. Sie hofft, dass Merkel ihnen wie immer hilft. Die hat zumindest gesagt, dass sie „stinksauer“ sei.Fr. Henricks hat Recht. Bei Fahrzeugen ohne… Mehr

Detlef Ka.
6 Jahre her

Sie behaupten und beweisen gar nichts, wie immer!

47000 Tote durch verseuchte Luft in Deutschland?, Europa? der gesamten Welt? Das heißt 47000 Menschen wurden nach Ihrem Tode in der Pathologie eines anerkannten Krankenhauses obduziert?
Oder Lügen Sie die Daten mal so zusammen?

Sagen Sie die Wahrheit und beweisen Ihre Zahlen oder schleichen sich!