Warum es einen Untersuchungsauschuss braucht und keine Enquete-Kommission

Die neue Koalition verzichtet auf einen Corona-Untersuchungsausschuss, der eine wirkliche Aufarbeitung sicherstellen würde. Ein Großteil jener Politiker, die damals folgenschwere Fehlentscheidungen getroffen haben, sind bis heute in Amt und Würden. Eine Aufarbeitung wäre das Letzte, was diese Mandatsträger jetzt brauchen. Von Saskia Ludwig

picture alliance / Panama Pictures | Christoph hardt

Kennen Sie den Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“? Wenn ja: Chapeau! Wenn nein, gehören Sie wahrscheinlich zu jenen 99,9 Prozent der Bundesbürger, die noch nie einen Abschlussbericht solch eines Enquete-Gremiums gelesen haben.

Vorsitzender jener Afganistan-Enquete war Michael Müller (SPD), der bereits als Regierender Bürgermeister von Berlin gezeigt hat, wie man eine Hauptstadt politisch und wirtschaftlich zu Grunde richtet. Und es ist auch jener SPD-Müller, der seinerzeit die flächendeckenden 2G-Regeln verteidigte. Wer jetzt nicht geimpft sei, verhalte sich egoistisch und gleichgültig. Und weiter: „Es kann nicht so weitergehen, dass eine Minderheit eine Mehrheit dominiert und deren Gesundheit gefährdet“, sagte Müller im November 2021. Deshalb müssten Ungeimpfte nun damit leben, vermehrt vom öffentlichen Leben ausgeschlossen zu werden. Noch einmal: Die Ungeimpften müssten nun damit leben, ausgeschlossen zu werden.

Pandemieursprung und notwendige Konsequenzen
Wir dürfen die Risiken der Gain-of-function-Forschung nicht länger hinnehmen
Zeitensprung: Wir schreiben April 2025. Einige Jahre sind seit den Worten des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin vergangen. Auf Seite 112 im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD findet sich unter der Überschrift „Auswirkungen der Corona-Pandemie“ der bürokratisch trockene Satz: „Wir werden die Corona-Pandemie umfassend im Rahmen einer Enquete-Kommission aufarbeiten, insbesondere um daraus Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse abzuleiten.“ Also kein Corona-Untersuchungsausschuss, der eine wirkliche Aufarbeitung der Pandemie zum Beispiel mit dem Recht, das Erscheinen von Zeugen erzwingen zu können, sicherstellen würde.

Wie beim über 100 Seiten umfassenden Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“ ist zu vermuten, dass abermals auch in der Enquete-Kommission „Lehren aus Corona“ viel Papier auf Steuerzahlerkosten für die Bundestagsbibliothek produziert werden. Denn eine wirkliche Aufarbeitung der Corona-Pandemie kann es mit dem Format einer Enquete-Kommission nicht geben. Und es ist anzunehmen, dass man sich bei den Verhandlungen zum vorliegenden Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD schnell einig darin war, dass es keine Aufarbeitung der Corona-Pandemie in Deutschland geben soll!

Die Gründe liegen auf der Hand: Ein Großteil jener Politiker, die in den Jahren zwischen 2020 bis 2022 folgenschwere Fehlentscheidungen zulasten der Bevölkerung getroffen haben, sind bis heute in Amt und Würden. Eine Aufarbeitung – insbesondere der eigenen Fehler – wäre das Letzte, was all diese Mandatsträger für die aktuelle Legislaturperiode brauchen. Dabei braucht unser Land diese Aufarbeitung dringender denn je.

Bei den Fehlern in Afghanistan war der Blutzoll einfach zu benennen: 60 tote deutsche Soldaten. Wie viele Deutsche aufgrund von politischen Fehlentscheidungen in der Corona-Pandemie allein bis zum April 2025 in Deutschland gestorben sind, ist noch nicht publiziert. Da es laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD keinen Corona-Untersuchungsausschuss geben soll, werden von dieser Stelle auch keine Nachfragen dazu kommen.

Wahrscheinlich aus Wuhanlabor
Kanzleramt hielt unpassenden Geheimdienstbericht zu Corona-Ursprung zurück
Wie wichtig ein Corona-Untersuchungsausschuss ist, zeigt das jüngste Beispiel „Bundesnachrichtendienst“, der laut eines gerichtlichen Urteils nicht verpflichtet ist, seine Informationen zum Ursprung der weltweiten Corona-Pandemie zu veröffentlichen. Was die Richter aus Leipzig aber sicher nicht untersagen können, ist, dass die Legislative (Bundestagsabgeordnete) sich über die Aktivitäten der Exekutive (Kanzleramt) informiert. Wenn das Kanzleramt beispielsweise den Bundesnachrichtendienst beauftragt, den Ursprung des Coronavirus Sars-CoV-2 in Erfahrung zu bringen und diese Geheimdienstbefunde dann längere Zeit unter Verschluss gehalten haben sollte, besteht hier parlamentarischer Nachfragebedarf.

Fragen wie diese sind in einem Corona-Untersuchungsausschuss an der Tagesordnung. Im Format einer Enquete-Kommission hingegen werden keine Zeugen gehört. Dort ist es irrelevant, ob das Coronavirus Sars-CoV-2 aus einem Labor im chinesischen Wuhan stammt. Dort können auch keine Mitarbeiter des BND zu näheren Auskünften über ihre Erkenntnisse befragt werden. Auch die Frage, ob ein die Bundesregierung beratender Virologe jemals einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden sei, bleibt unbeantwortet.

Zum Glück sind sowohl die über 100 Seiten umfassenden Abschlussberichte von Enquete-Kommissionen als auch der 146 Seiten umfassende Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD am Ende nur bedrucktes Papier. Es liegt nun auch am persönlichen Einsatz des kommenden Bundeskanzlers Friedrich Merz, das Wort „Enquete-Kommission“ durch „Untersuchungsausschuss“ zu ersetzen. Sonst würden weiterhin rund 17,5 Millionen Deutsche von der Bundesregierung in Berlin ausgegrenzt werden. Oder wie es Berlins Regierender Bürgermeister (a.D.) und Enquete-Ausschussvorsitzender Müller formuliert hatte: Die Ungeimpften müssen nun damit leben, ausgeschlossen zu werden.

Dr. Saskia Ludwig (CDU) ist seit März 2025 Mitglied des Bundestages. Zuvor war sie von 2004 bis 2025 Landtagsabgeordnete in Brandenburg. Dort war sie treibende Kraft im Corona-Untersuchungsausschuss.

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Kommentare ( 28 )

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AlNamrood
14 Tage her

Wann war der letzte Rücktritt? Wann wurde zuletzt ein Politiker der Kartellparteien rechtlich belangt?
Es wird keine Aufarbeitung von oben geben.

joerg hensel
16 Tage her

Juristisch-ethische Denkschrift zum Corona-Komplex in Deutschland

https://menschenrechtsverfahren.wordpress.com/2025/04/29/corona-eine-juristisch-ethische-denkschrift/

Der Michel
18 Tage her

Dazu bräuchte es aber zunächst einen Ankläger, der was zu sagen hat. Sehen Sie einen? Ich nicht.

Kassandra
17 Tage her
Antworten an  Der Michel

Es gibt Dr. Wolfgang Wodarg, der schon bei der fälschlich als Pandemie gewerteten Schweinegrippe vor dem Europarat die politische Vorgehensweise aufrollen ließ. Den Rechtsanwalt Dr. Reiner Füllmich halten sie ja seit Oktober 2023 noch immer in Untersuchungshaft wegen angeblicher Veruntreuung von Spenden – inzwischen ist das Urteil gefällt: 3 Jahre und 9 Monate Haft. Füllmich hat aus dem Corona-Ausschuss Tiefenkenntnisse, die über Sachverhalte weit über das Debakel mit mRNA hinaus gehen. . Zudem wird uns ja gar nicht eröffnet, wer alles bereits Klagen aus welchem Grunde auch immer eingereicht hat – oder? . Die einzige Regel, auf die sich jedermann… Mehr

Dr. Rolf Lindner
18 Tage her

Zellkulturen, die Antigene produzieren, werden aus zwei Gründen gezüchtet: Entweder um die Antigene zu extrahieren und sie als Impfstoff zu verwenden (siehe Stöckerimpfung) oder um mit ihnen den Antikörpertiter eines Serums zu bestimmen, wobei in einer Verdünnungsreihe der Titer durch die Verdünnung angegeben wird, in der das Serum die Zellkultur „nur“ zu 50 % tötet. Zum ersten Mal in der Medizingeschichte wurde eine Zellkultur gezüchtet, in der das Antigen zusammen mit dem die Zellkultur tötenden Serum produziert wird. Diese Zellkultur hat mit den bisherigen Zellkulturen noch eine Eigenschaft gemeinsam – sie hat kein Gehirn. Wofür braucht man eigentlich eine Untersuchungskomission?

Karlito
18 Tage her

Wie misshandelte Kinder hat der Grossteil der Bundesbürger die Prügel hingenommen, die es während des Corona-Regimes für den Wunsch nach einem normalen Alltag gab, beziehungsweise sich der Willkür gefügt. Bei der Steigerung von Impfzwang zur Impfpflicht ähnelte das Verhalten von Ministern dem eines dysfunktionalen Elternpaars, das zum Rohrstock greift, wenn Ohrfeigen keine ausreichende Besserung der Schulnoten bewirken. Mangelnde Harmonie des Familienlebens ist anschließend allein die Schuld AfD-wählender Schmuddelkinder, die den Duckmäusern eine Verschnaufpause verschaffen, indem sie den Zorn der macht- und vielleicht auch sonst besoffenen Eltern auf sich ziehen. Weil aber die Duckmäuser nicht realisieren, wie vollkommen irrational das Verhalten… Mehr

Ron
18 Tage her

>Es liegt nun auch am persönlichen Einsatz des kommenden Bundeskanzlers Friedrich Merz, das Wort „Enquete-Kommission“ durch „Untersuchungsausschuss“ zu ersetzen. Sonst würden weiterhin rund 17,5 Millionen Deutsche von der Bundesregierung in Berlin ausgegrenzt werden.<
Ist das der Witz der Woche oder des Jahres?
Abgesehen davon, geht es nicht um Fehlentscheidungen, sondern um bewusste Schädigung des Landes als auch der Gesundheit der Bürger bis zu mindestens fahrlässiger Tötung. Spätestens seit Veröffentlichung der RKI Protokolle ist dies bewiesen und müsste nun auch so benannt werden.

Montesquieu
18 Tage her

Wir haben mittlerweile nicht mehr ein juristisches und ethisches „two tier system“ sondern blanke Willkür. Dass z.B. Drosten und Lauterbach noch ohne Stastsanwaltschaft an der Tür rumspielen dürfen, ist ein Problem. Dass sie aber als Wissenschaftler bzw. als Politiker nicht erledigt sind, ist skandalös.

Konstanze Werner
18 Tage her

Die Forderung nach einer umfassenden Aufarbeitung muss von den Geimpften kommen. Die sind es, die den Politikern geglaubt haben und das „Mittel“ jetzt im Körper haben. Wenn diese Impflinge dann auch noch ihre minderjährigen Kinder eine Genehmigung zur Impfung erteilt haben oder ihre Eltern dazu gedrängt haben, möchte ich heute nicht in deren Haut stecken. Sie werden sich nicht ewig die Augen, die Ohren bzw. den Mund zuhalten können.

Der Michel
18 Tage her
Antworten an  Konstanze Werner

Und was kommt von den „Impflingen“? Dröhnendes Schweigen; wenn man als ungeimpfter „Tyrann der Zivilgesellschaft“ an die Geschehnisse der letzten Jahre erinnert wird man bestenfalls mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck, normalerweise mit einem mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen „lass‘ mir doch meine Ruhe“ und manchmal mit Reaktionen wie 21/22 seitens Politik und Medien konfrontiert. Ich habe es aufgegeben. (Auch) In Sachen hohes C hat dieses Land endgültig fertig.

Geschichte
18 Tage her

Es wird bis 2030 ohnehin lKrieg in Europa geben. Ob dann zwangsgeimpfte Soldaten eher ihren geimpften Vorgesetzten erschießen, anstatt eines ungeimpften Russen bleibt abzuwarten. Das wäre dann auch eine Form der Aufarbeitung, leider, aber durchaus möglich.

Konstanze Werner
18 Tage her

Dann reden Sie, Frau Ludwig, bitte mit dem Mitglied Ihrer Partei, Frau Nina Warken, die als zukünftige Gesundheitsministerin im Gespräch ist.
Nach deren Einsatz für eine Impfpflicht (erinnert sei hier u.a. an ihre Rede im Bundestag am 26.01.2022) habe ich diesbezüglich keine Hoffnung.