Berlin: Super-Rente für Abgeordnete

Die Diäten der Berliner Abgeordneten steigen um fast 60 Prozent. Ebenso werden die Altersbezüge deutlich angehoben. Und noch ganz andere profitieren von den Diätenerhöhungen, nämlich die Parteien, allen voran die Grünen.

imago images / Christian Ditsch

Nein, wir haben uns nicht verlesen, und haben auch gründlich genug recherchiert. Es sind Fakten: Rund 58.000 Beamte beschäftigt das Land Berlin, und die erhalten rückwirkend zum 1. April 2019 sowie noch einmal ab Februar 2019 zum bisherigen Salär 4,3 Prozent dazu.

Doch vor allem die Berliner Abgeordneten genehmigen sich einen kräftigen Schluck aus der Steuergelder-Pulle. In ihrer Sitzung vom 26. September beschloss das Parlament – gegen die Stimmen der AfD: Die Diäten steigen von bisher 3.944 Euro im Monat ab 2020 auf 6.250 Euro. Das sind fast 60 Prozent oder auch 2.300 Euro pro Monat und Abgeordneten mehr.

Bei 160 Abgeordneten beläuft sich der zusätzliche Schluck aus der Steuergelder-Pulle auf 4,4 Millionen Euro pro Jahr. Wobei hinzugefügt werden darf, dass in Berlin das Ganze nicht gerade mit höherer Politikqualität verbunden ist.

Die Diäten werden versteuert, jedoch zahlen Abgeordnete weder in die Arbeitslosen- noch in die Rentenversicherung ein. Die Pensionen für die Volksvertreter kommen aus einem anderen Topf, nämlich wiederum aus dem Steuergeldertopf.

Eine Kostenpauschale kommt hinzu, die wird zwar nicht erhöht, es sind 2.600 Euro im Monat für jeden Abgeordneten – für Schreibarbeiten, Porto, Telefon, Fahrkosten und den Betrieb eines Wahlkreisbüros.

Als Grund für die saftige Diätenerhöhung dient die Selbstverordnung vom bisherigen Teilzeitparlament in ein Vollzeitparlament. „Die Lebenslüge vom Halbzeitparlament“ sei nun beendet, meint etwa Paul Fresdorf von der FDP. Die Begründung liest sich dann so: Statt der bisher 16 Plenarsitzungen pro Monat sollen es 18 Sitzungen werden – Verzeihung, ein gedanklicher Irrtum. Im neuen Vollzeitparlament gibt es statt bisher 16 Plenarsitzungen im Jahr ab 2020 nun 18, so muss es heißen. Und ach, auch die Ausschüsse müssen nun drei statt zwei Stunden dauern. Eben wie es sich für ein Vollzeitparlament gebührt. Wer fehlt, wird mit Geldabzug bestraft werden – vermutlich mit dem Sitzungsgeld für den Ausschuss. Das macht schon was her.

Der Bund der Steuerzahler kritisiert, „die massive Erhöhung der Abgeordnetenentschädigungen bei der in Berlin sehr hohen Anzahl an Mandaten wird die Kosten jetzt komplett aus dem Ruder laufen lassen“, so Verbandschef Alexander Kraus. Das Parlament müsse sich entscheiden, ob es ein Teilzeitparlament mit vielen Abgeordneten oder ein Vollzeitparlament mit voller Vergütung sein wolle. „Dann müssen aber auch weniger Mandate reichen“.
Dem wird in Berlin entgegengehalten, man verstehe sich künftig als „erweitertes Teilzeitparlament“. Ja was denn nun? Teilzeitparlament? Vollzeitparlament? Oder erweitertes Teilzeitparlament?

Die saftigen Diätenerhöhungen ziehen auch gehörige Super-Renten für das Vollzeit-Teilzeit-erweitertes Teilzeitparlament nach sich. Am 26. September beschloss das bisherige Teilzeitparlament – gegen die Stimmen der AfD –, dass Mitglieder, die neun Jahre lang im Parlament saßen, ab dem 63. Lebensjahr 35 Prozent der Diäten als Pension erhalten: Das sind 2187 Euro pro Monat.

Nicht genug damit, die Altersbezüge aus dem Steuersäckel steigen auch mit den Jahren der Zugehörigkeit zum Parlament. Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen, denn gleichzeitig sinkt außerdem das Lebensalter, ab dem die Pension ausgezahlt wird. Wer beispielsweise 20 Jahre lang dabei gewesen ist, kann beim Ausscheiden mit 57 Jahren mit 65 Prozent der Diäten rechnen. Das sind bei den neuen 6.250 Euro Diäten im Monat mithin 4.062 Euro pro Monat Superrente im Ruhestand.

Um zu einem anderen Berliner Teilzeitparlament zu kommen, den Bezirksverordnetenversammlungen, kurz BVV: Auch deren Bezüge erhöhen sich. Die Verordneten bekommen zwar keine Pensionen, sondern monatliche Grundentschädigungen während ihrer Tätigkeiten als Verordnete in den Bezirken, doch deren Höhe richtet sich nach den Diäten des Abgeordnetenhauses.

Erhielten sie bisher 590 Euro / Monat Grundentschädigung, wird sie ab 2020 aufgestockt auf 937 Euro, ein Plus von 347 Euro / Monat. In den 12 Berliner Bezirken sitzen je 55 Verordneten, macht Summa summarum knapp 230.000 Euro im Monat oder 2,7 Millionen im Jahr.

Und noch ganz andere profitieren von den Diätenerhöhungen, nämlich die Parteien, allen voran die Grünen. Es sind die Pflichtabgaben der Abgeordneten und Bezirksverordneten, verschämt auch freiwillige Sonderbeiträge genannt – und die fließen in die Parteikasse. Bei den Grünen sind es 20 Prozent der Abgeordneten-Diäten und 50 Prozent der Grundentschädigung der Mitglieder in den Bezirksverordnetenversammlungen, nicht zu vergessen die Pflichtabgaben der politischen Beamten, der Bezirksbürgermeister und Stadträte. Da kommen hübsche Summen zustande. Die SPD ist da schon gnädiger. Sonderbeiträge der Abgeordneten in Berlin: 332 Euro/Monat, Sonderbeiträge der Bezirksverordneten 77 Euro/Monat.

Davon werden aber nicht, wie man meinen könnte, die Mitarbeiter in den Fraktionen bezahlt. Diese Aufwendungen fließen über die Fraktionszuschüsse vom Land Berlin.

Der Parteienspender wiederum kann davon 50 Prozent in seiner Steuererklärung geltend machen.

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Kommentare ( 52 )

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Fawlty
4 Jahre her

Früher (viel früher), dachte ich immer, dass es doch ok sei, wenn Politiker gut verdienten, denn der Job soll ja auch für gute Leute attraktiv sein.
Inzwischen aber habe ich realisiert, dass der Staat von großteils unfähigen Leuten übernommen und AUSgenommen wird.
Es sind besonders die Pensionen, die jedem normalen Arbeitnehmer die Zornesröte ins Gesicht steigen lassen, besonders dann, wenn Politiker beschließen, dass Renten doch bitteschön auch noch versteuert werden sollen.
Die Pensionen sind in ihrer Höhe, besonders gemessen an der Länge des Dienstes in Parlamenten, schlicht pervers.

m braun
4 Jahre her

Und für das Volk werden die Steuern erhöht, damit sie ihr Konsumverhalten ändern. Der Bürger soll sich einschränken und zum Ausgleich gönnt sich dann der Politiker mehr. Und dann wundert man sich, dass viele Bürger genau dieses dreiste Verhalten so wütend und fassungslos macht.

John Sheridan
4 Jahre her

Stehen die deutschen Malocher schon mit Mistgabeln vor dem Abgeordnetenhaus oder versuchen Sie doch, die +60% zu „erwirtschaften“ und dafür gerne etwas mehr von ihrem kärglichen Netto abzugeben?!

Oblongfitzoblong
4 Jahre her

Es ist möglicherweise eine interessante Recherche, wie viele Abgeordnete und nachgeordnete Beamte in Berlin aus dem alten SED-Kader kommen. Es erhellt sicher einige Vorgänge.

Peter Gramm
4 Jahre her

die AfD hat zwar dagegen gestimmt, kommt aber auch in den Genuss dieser Erhöhungen. Eine Antwort, was die Parlamentarier mit diesen Erhöhungen machen, blieb bis heute aus. Ich glaube, da stehen sich a l l e Politiker in nichts nach , wenn es um das Nehmen geht.
Es wird halt genommen.

Oblongfitzoblong
4 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Nehmen ist seliger denn Geben. Oder habe ich da was falsch verstanden?

Wilhelm Cuno
4 Jahre her

Wie kann die böse AFD es wagen, gegen die anderen Parteien zu stimmen. Das würde ich dieser Partei in den tagesthemen und im heute-journal aber so richtig um die Ohren hauen…^^

Eines muss man den anderen Parteien lassen. Sie können die tatsächliche Inflationsrate in Berlin ziemlich gut schätzen und für sich selbst ausgleichen und widersprechen damit in eigener Sache den Vorurteilen von angeblich so weltfremden Politikern.

Name ist der Redaktion bekannt
4 Jahre her

Dazu passt:
Der Appetit kommt mit dem Essen: Auch in der Berliner SPD wächst die Lust auf Enteignungen
https://www.nzz.ch/international/der-appetit-kommt-mit-dem-essen-auch-in-der-berliner-spd-waechst-die-lust-auf-enteignungen-ld.1512523

Ruud
4 Jahre her

Ich nehme an, die Qualitätsmedien haben dem interessierten Bürger flächendeckend berichtet, dass die AfD als einzige Partei mit NEIN gestimmt hat?

Lars Baecker
4 Jahre her
Antworten an  Ruud

Würde ich auch, wenn ich wüsste, dass es trotzdem durchgehen wird. Man kann immer sagen, dass man dagegen war und trotzdem vom süßen Nektar der Steuer (hier des Länderfinanzausgleichs) naschen. 😉

Frank v Broeckel
4 Jahre her

Juhuu, ihr lieben Bundestagsabgeordneten, diese Rentenerhöhung für euch selbst ist allerdings nur von recht kurzer Dauer!

Denn SÄMTLICHE Parteiendemokraten, die in wahrheitswidriger und betrügerischer Absicht ILLEGALE Migranten, die in Wahrheit überhaupt KEINE Flüchtlinge im Sinne des Völkerrechtes sind, MITTELS bandenkriminellen Betruges TROTZDEM(!!) als sogenannte Flüchtlinge ausgegeben haben, sind selbstverständlich mit ihrem gesamten Privatvermögen wohlgemerkt für den dadurch entstandenen Gesamtschaden VOLL regresspflichtig!!!

Und wir reden hier immerhin von dreistelligen Milliardenbeträge!

Und bandenmäßiger Betrug, also die Qualifizierte Organisierte Kriminalität im formaljuristischen Sinne wohlgemerkt, darf sich persönlich auch NIEMALS auszahlen!

NIEMALS!

Lars Baecker
4 Jahre her
Antworten an  Frank v Broeckel

Es geht um den Berliner Senat. Also dem „pleitesten“ weit und breit.

Name ist der Redaktion bekannt
4 Jahre her
Antworten an  Lars Baecker

Es geht ums Abgeordnetenhaus und die Diäten der Abgeordneten.

Thorsten
4 Jahre her

So langsam verstehe ich, WARUM die SPD das Bildungssystem so ruiniert hat und dabei munter weitermacht…