Revolution in der Unionsfraktion

Der Countdown für Angela Merkels Kanzlerschaft hat begonnen. Sie wird womöglich Horst Seehofer, dessen Rücktritt nach der Bayernwahl zwingend ansteht, nicht lange politisch überleben.

John MacDougall/AFP/Getty Images

Das wurde von niemandem erwartet. Und ich bekenne mich selbst einer kolossalen Fehleinschätzung schuldig. Die Sensation allein mit einer unterirdisch schlechten Vorstellungsrede von Volker Kauder und einer starken Performance von Ralph Brinkhaus vor der versammelten Unionsfraktion zu erklären, ist viel zu oberflächlich.

In der Union – in der CSU wie in der CDU – liegen die Nerven blank. Die Angst vor dem Absturz bei den Wählern, die tief sitzende Unzufriedenheit mit der Parteivorsitzenden und Kanzlerin, mit dem CSU-Vorsitzenden und Innenminister Horst Seehofer und dem treuen Vasallen Volker Kauder hat auf eine Art durchgeschlagen, die niemand für möglich hielt. 125 Stimmen für Herausforderer Ralph Brinkhaus und nur 112 für Volker Kauder. Das sind, allen Selbstberuhigungsappellen zum Trotz, mehr als nur Ohrfeigen für das aktuelle Spitzenpersonal der Union.

Die Wochen bis zu den Landtagswahlen im Oktober werden für die Union mehr als spannend. Beim Bundesparteitag im Dezember wird die CDU mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen neuen Vorsitzenden oder eine neue Vorsitzende zu wählen haben. Der Countdown für Angela Merkels Kanzlerschaft hat begonnen. Sie wird womöglich Horst Seehofer, dessen Rücktritt nach der Bayernwahl zwingend ansteht, nicht lange politisch überleben.

Was sich aus diesem sensationellen Nachmittag in der Unionsfraktion für die Regierung im Land weiter entwickelt, bleibt spannend. Ein „Weiter so“ ist auf jeden Fall abgeblasen.


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Kommentare ( 87 )

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HeinerL
5 Jahre her

Mag sein, dass sich der Erste getraut hat und aus dem Glied ausgetreten ist. Ich glaub nicht dran, nicht nach den ersten Statements von Brinkhaus. Eher erinnert der mich an Honneckers Nachfolger. Kopf ausgetauscht und weiter wie bisher. Nur … er ist nicht der Kopf, sondern auch auch nur Merkels Gefolgsmann. Wie wärs denn damit: Merkel hat ihren treuesten Paladin geopfert, mit fetter Abfindung in seinen Weinberg geschickt und fürs Volk einen „Revoluzzer“ installiert. Der jedoch alles ist, nur nicht Revoluzzer – das waren Steuerberater noch nie. Einen Haken hat es für sie: Klappen muss es. Hat es aber bei… Mehr

Gerhart
5 Jahre her

Beim Parteitag steht keiner auf. Da liegt Oswald sicher daneben. Das Ergebnis wird indes aber eine Katastrophe werden. Was ist eigentlich, wenn Merkel nur 48 % bekommt. .. ? Machts Schäuble.

Gerhart
5 Jahre her

Ich habe es für möglich gehalten. Wenn der Brinkhaus nicht gewusst hätte, daß er einen „Schuß“ hat, wäre er nicht angetreten.
Ich bekenne aber auch, daß ich kalte Füße bekam und an ein sehr schwachen Kauder Ergebnis, 51 oder 52, dachte.

Dreiklang
5 Jahre her

Die Paladine machen sich vom Acker – so ein Beitrag wie jetzt auf SPON wäre dort noch vor einem Jahr UNDENKBAR gewesen. Vernunftwidrige Entscheidungen Merkels mit der Logik der Brechstange zu erläutern, ist in den letzten Jahren die einzige „Leistung“ der MSM – mit dem SPIEGEL als Vorreiter – , gewesen. Link zu SPON: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/volker-kauder-abwahl-union-in-aufloesung-kommentar-a-1230223.html

Oswaldo
5 Jahre her

Wenn Sie zur Abwechslung eine Vorhersage suchen, bei der die Chancen, richtig zu liegen, sehr hoch sind, dann verkünden Sie, dass Angela Merkel beim Parteitag der CDU im Dezember nicht erneut zur Parteivorsitzenden gewählt wird – und sehr wahrscheinlich auch gar nicht mehr kandidiert. Die knabbernde Dame wird jetzt versuchen, den Parteivorsitz aufzugeben, um die Partei zu befrieden und sich noch etwas länger im Kanzleramt zu halten. Wie Schröder. Und sie wird versuchen, eine oder einen ihren Getreuen (Kramp-Karrenbauer, Günther oder vielleicht auch Laschet) auf den CDU-Vorsitz zu heben, damit Jens Spahn ihr diesen nicht in eine Kampfkandiatur wegnimmt, denn… Mehr

Ulrich Bohl
5 Jahre her

Mag sein daß das es eine kleine Sollbruchstelle im Gerüst der CDU ist. Aber wer als erstes eine Ergebenheitsadresse an Merkel sendet ist kein Revolutzer , den Eindruck macht der Mann nicht. Es mag, sein das es für eine Partei wie die CDU schon nach Revolution klingt, aber diese Bezeichnung hat das nic ht verdient. Falls man in der CDU so etwas wirklich als Revolution ansieht zeigt das nur, wie weit, sie von der Realität entfernt ist und sich nun wie die SPD in dem un- berechtigten Gefühl sonnt, WIR ERNEUERN UNS. Mit wem will man sich denn erneuern bei… Mehr

Karl Napf
5 Jahre her

Dieser Wechsel an der Fraktion ist ein wichtiges Zeichen für alle CDUler, die Merkel-kritisch JETZT aus der Deckung zu kommen, we zu spät kommt, verliert die Chance gross rauszukommen. Brinkmann fuehrt mit Abstand.

Werner Brunner
5 Jahre her

Das war keine Revolution , Herr Metzger ….
Solch ein Verhalten kennt man / frau auch bei Hunden …
Da heißt es Angstbeißerei !!!!
Andernfalls würde es ja bedeuten , diese Leute hätten irgendwie
etwas verstanden ……
Es ging und geht bei denen , wie immer , nur um eines :
Geld und Pöstchen !

Mozartin
5 Jahre her

Zugegeben kann ich die CDU/CSU nicht gut einschätzen, da ich mich SPD-Mitglied seit Jahrzehnten nie um sie gekümmert habe, mit Ausnahme von Kohl und Merkel. Herrn Kauder hielt ich von Weitem nie für einen Merkelgetreuen, sondern einen bis zum Umfallen CDU-Getreuen. Merkel hätte sich Kauders nie entledigen können, um einen wirklichen Merkel-Anhänger zu installieren, solange Kauder das Vertrauen seiner Fraktion hatte. Die Frage für mich lautet jetzt also, löst damit ein anderer Vertrauter der Fraktion Kauder ab oder gelang es Merkel, mit Brinkhaus einen ihr wirklich Getreuen an die Macht zu bringen, so wie es der Herr Tauber war. Ich… Mehr

ch
5 Jahre her
Antworten an  Mozartin

Kauder ist, war Merkels verlängerter Arm.
Zum anderen: die SPD wird ihren Neubeginn nicht mehr erleben.

Cojo Tee
5 Jahre her
Antworten an  Mozartin

Bei einer derartig krassen Fehleinschätzung wundert mich die Lage der SPD ganz und gar nicht!

Jens N.
5 Jahre her

Es ist nicht nur eine Niederlage für Merkel und Kauder – es ist auch erneut eine krachende Klatsche für den Journalismus in Deutschland. Die Hauptstadtkorrespondenten haben offenbar keinen blassen Dunst von der Stimmung in der Union, offenbar weil sich ihr Informantenkreis auf sehr regierungsnahe Kreise beschränkt. Die drehen sich jedoch erkennbar vor allem um sich selbst. Deshalb haben die Damen und Herren der Medienzunft auch kaum eine Ahnung von der Stimmung in der bürgerlichen Mitte. Die Vertrauenskriese der Medien hat abermals neue Nahrung erhalten.