Innenpolitischer Kulturkampf

Der Eindruck der Lähmung der Politik täuscht. Im Stillen entsteht ein radikaler Flügel des rotgrünen Lagers, schreitet der Verfall an Staatlichkeit und Abgabe staatlicher Aufgaben und Funktionen an Private fort. Die Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. So entsteht der Humus für den Sprung in die rotgrüne Ökodiktatur.

Hannelore Förster/Getty Images

Das politische Leben in Deutschland hat bizarre Züge angenommen. Äußerlich scheint das Land politisch wie gelähmt. Die Regierung hat weder Saft noch Kraft mehr, weder Schwung noch Ideen. Sie wird teils blockiert, teils getrieben von den internen Nachfolge- und Positionskämpfen der Koalitionsparteien. Ansonsten scheint es ihre Hauptbeschäftigung zu sein, Steuergelder zu verteilen – von den Autokäufern bis zu den Rentnern. Das ist sehr erfreulich für die Empfänger, mögen sie nun bedürftig sein oder nicht. Nicht zuletzt hilft es den beteiligten Politikern bei der Verwirklichung ihrer politischen Ambitionen.

Ein wenig fühlt man sich wie in Italien. Der Eindruck der Lähmung aber täuscht. Im Stillen vollziehen sich manche Entwicklungen. Die eine ist das Entstehen eines radikalen Flügels des linksgrünen Lagers. Die andere ist der fortschreitende Verfall an Staatlichkeit und die Abgabe staatlicher Aufgaben und Funktionen an Private. Die Gleichzeitigkeit dieser Vorgänge ist kein Zufall. Eine kraftlose, ihrem Ende entgegen treibende Regierung eröffnet den Raum, in den nun andere Kräfte eindringen. Natura abhorret vacuum – erst recht kennt die Politik keine leeren Räume.

Freiheit in Lehre und Forschung
Von der Abschaffung der Wissenschaft
Politische Denkräume oder Kulturkampf: Der seit 2015 virulent gewordene innenpolitische Kulturkampf – das ist der Kern des Konflikts – setzt sich mit Vehemenz fort. Das mit diversen Ausläufern bis in die Linksradikalismus reichende linksgrüne Lager kontrolliert weiter die wichtigsten meinungsbildenden Institutionen von den Leitmedien über die Universitäten und das Kulturleben bis hin zu den Kirchenhierarchien. Es ist jedoch endgültig in der Defensive. Es gibt in diesem Lager nahezu keinen intellektuellen Kopf von Bedeutung mehr. Es vergeht kaum einen Tag, an dem nicht ihr Mantra von den Realitäten im Land auf teils drastische Weise widerlegt würde.

Dabei geht es nicht nur um Schlagzeilen, wie sie spektakuläre Einzelfälle wie die causa Miri auslösen. Im Gewölbe der Politik knackt und knistert es. Die hergebrachten Instrumente der Meinungsherrschaft wie die in Linie aufgestellte Presse verlieren an Auflage und Einfluß. Die Jugend orientiert sich im Internet und schaut nicht nur in Thüringen in andere Richtungen als von den Hütern der
Meinungskonformität gewünscht.

Nun geht es für die Betroffenen um die Besitzstandswahrung. Sie beißen und sie kratzen, wo sie es nur können, und sie scheuen dabei selbst läppisch anmutende Petitessen nicht. Zugleich merken sie, wie der Boden unter ihren Füssen schwankt.
Die Segel sind noch prall gefüllt. Doch sie spüren: Es wird nicht mehr lange so bleiben. Es herrschen Unsicherheit und Unruhe auf Deck.

Was tun? Die Primitiveren unter ihnen, Antifa und ihresgleichen, versuchen es mit Gewalt und Niederbrüllen. Siehe etwa die in Flammen stehenden Baustellen in Leipzig, Überfälle in der Nacht oder die Tumulte um die Lucke-Vorlesungen. Die Klügeren dagegen wissen, daß sich dieses Land nicht in eine einzige große Rigaer Straße verwandeln lässt.

Akute Ignoranz
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Ein politischer Stoßtruppführer wie der SPD-Abgeordnete Kahrs fordert schon das Verbot der AfD und illustriert damit sein totales Nichtbegreifen der Situation. Auf Nachfragen der Presse, so eben noch der WELT, hält er sich, wie man leicht versteht, dann lieber bedeckt. Politisch intelligentere Kräfte versuchen stattdessen, eine Öko-Diktatur herbei zu schreiben. So etwa in der jederzeit strammen, sogar witzigen taz oder im linksgrünen Softporno der ZEIT, im tapfer abstürzenden Stern oder auch im ehrwürdigen Spiegel, dem Hausblatt der Alt-68er. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen wartet derweil ungeduldig auf seinen Einsatz. Unterdessen wird schon fleißig geprobt. Es könnte aber viel mehr sein.

Die außerparlamentarischen Öko-Frontorganisationen haben unterdessen auf ihren Interessengebieten das Heft in die Hand genommen. Sie wirken in Parteien und Öffentlichkeit hinein und treiben Regierung und Parlament bei Themen wie dem Klimaschutz so gut wie sie es vermögen vor sich her.

Die Umweltszene hat verstanden, dass ihre Stunde jetzt ist oder nie. Es überwiegt bei den meisten der Idealismus, aber es lässt sich natürlich auch Geld machen. Die Entwicklungen werden von Geschäftemachern aufmerksam verfolgt. Wer verdienen will, muss schnell sein. Einzelne Öko-Konzepte wie der massenhafte Bau von Windrädern haben sich schon am Widerstand der Bevölkerung festgefahren. Raus aus maroden Windkraft-Aktien; es gibt immer etwas Neues!

An Vorschriften und Verhaltensregeln ist dagegen unverändert kein Mangel. Sie reichen vom Speiseplan über die richtigen Verkehrsmittel bis zum Kinderkriegen oder vielmehr Nicht-Kinderkriegen. Immer noch nicht erhoben wurde, wie ein mißlauniger
Witzbold jüngst bemerkte, die Forderung nach dem rituellen Pflichtselbstmord aus Gründen des Klimaschutzes. Ein säuerlich schmeckender Witz!

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Anderes ist weniger abwegig. Aufmerksamkeit verdient die wirre und durchweg hochemotionale Kapitalismuskritik der Öko-Adepten, die oft genug aus sogenanntem guten Hause stammen. Die Neue Zürcher Zeitung bezeichnete ihre Sprecher, häufiger noch sind es Sprecherinnen, treffend als „wohlstandsverwahrloste Ökomarxisten“. Das ist hart. Aber es ist richtig, daß der totalitär ausgerichtete Flügel des Ökologismus den von der Geschichte gedemütigten Immer-Noch-Anhängern des Marxismus eine Hintertür zur Teilhabe an der Macht zu bieten scheint.

Mehr noch: Das Ganze wird veredelt durch apokalyptische Endzeit-Visionen und eschatologische Heilserwartungen. Die Heiligenfigur bei diesem medial geschickt inszenierten und erst recht so vermarkteten Spektakel ist natürlich Greta Thunberg, emotional anrührendes Fast-Noch-Kind und pseudoreligiöse Heilsbringerin, deren Ankunft den katholischen Erzbischof von Berlin sage und schreibe an den Einzug Jesu Christi in Jerusalem denken liess.

Als Nahziel geht es dem radikalen Flügel des linksgrünen Lagers darum, den Humus für den Sprung in die linksgrüne Ökodiktatur aufzubereiten, in der Form noch vorsichtig, in der Sache aber entschieden. Der Weg führt über eine Art Gesinnungsvormundschaft. Von maßgeblicher Seite ist bereits ein Gemurmel zu hören, Meinungswahrheit sei letztlich wichtiger als Meinungsfreiheit. Selbst die erzseriöse FAZ beginnt über die Grenzen der Meinungsfreiheit nachzudenken, was bekanntlich überall der erste Schritt zu ihrer Abschaffung ist.

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Eine wichtige Etappe auf diesem Weg ist bereits erreicht. Die Leute passen zunehmend auf, was und in welcher Umgebung sie reden. Es war interessant zu sehen, wie die sich angesprochen fühlende Presse von ZEIT bis SPIEGEL derartige Annahmen in den letzten zwei Wochen mehr oder eher weniger widerlegte und – falls eben doch – in einen gutartigen Kontext zu stellen bemüht war. Auch die Bundeskanzlerin hat sich diesen Bemühungen mit Bekundungen der Ahnungslosigkeit, was denn überhaupt gemeint sein könnte, beteiligt. Sie hat die Aktualität des des Themas damit sehr schön unterstrichen.

Ideenschmiede der Ökokämpfer bieten für das Funktionieren ihrer Diktaturvorstellungen bereits ein passendes Instrument an: Den parlamentarischen und anderen wichtigen Gremien sollen gesellschaftliche „Beiräte“ zur Seite gestellt werden, die offenbar von den Aktivisten kontrolliert werden sollen, welche dadurch natürlich das Heft in der Hand haben.

Historisch interessierte Beobachter denken dabei sofort an den Wohlfahrtausschuss der französischen Revolution, eingesetzt im Jahre 1793 zwecks Kontrolle der Exekutive, Verteidigung der Revolution und Erlass der für nötig gehaltenen Sofortmaßnahmen. Also eine Art Aufsichtsorgan über die reguläre Regierung.

Die Argumentation unserer linksgrünen Visionäre der unfehlbar kommenden Klimakatastrophe ist gewiß nicht zufällig die gleiche wie das Argument der Jakobiner des Wohlfahrtsausschusses mit Robespierre und Danton: Da uns sonst allen der Untergang droht, müssen wir uns und unsere Regeln, mit welchen Mitteln auch immer, durchsetzen – Not kennt kein Gebot!

Eine ernste Warnung
Hans-Jürgen Papier beklagt den Verfall des Rechtsstaats
Selbstabbau des Staates: Die zweite wichtige Entwicklung, die sich im Stillen vollzieht, ist der Verlust an Staatlichkeit. Gemeint damit ist die Umgehung der staatlichen Institutionen, um politische Ziele leichter und ohne Widerstände in der Bevölkerung durchzusetzen, die sich in den Wahlergebnissen niederschlagen könnten. Hierfür Beispiele: Ein aus der Sicht der Urheber vermutlich raffinierter Schachzug besteht darin, zur Durchsetzung von Zielen, die dem Wählerwillen entgegenlaufen, nichtstaatliche Institutionen, zum Beispiel Vereine, an die Gerichte zu schicken.

Diese werden zum guten Teil wegen ihrer vorgeblichen Gemeinnützigkeit ohnehin staatlich alimentiert. Zusätzlich erschafft man ihnen über den Gesetzgeber Klagebefugnisse, mit denen sie zum Beispiel mittels eines regen Abmahnbetriebs Einnahmen erwirtschaften. Mit diesem rechtlichen und finanziellen Rückhalt nehmen sie dann der Regierung die Aufgabe ab, politisch heikle Ziele wie etwa flächendeckende Fahrverbote vor den Gerichten durchzusetzen.

Eine andere Methode zur Durchsetzung politisch sensibler Ziele besteht in der Gründung eines Expertengremiums, das Vorschläge ausarbeiten soll. Eine geschickte Hand bei der Auswahl der Experten sorgt dann für das passende Ergebnis, dem sich die Regierung dann mit viel vorgetäuschtem Weh und Ach anzupassen bequemt – mit lautem Seufzen über das Schicksal ganzer
Regionen, kompletter Industriezweige und Abertausenden von Arbeitsplätzen.

Natürlich werden sofort diverse Hilfsprogramme mit Umschulungen pp. aufgelegt – wenn nur das eigentliche Ziel erreicht ist! Eine beliebte Verfeinerung besteht darin, dass die Regierung dafür sorgt, dass die Forderungen der Experten ein Stück über ihre letztlichen Entscheidungen hinausgehen. So lässt für die Regierenden sogar noch wunderbar bella figura als gemäßigt und kompromißbereit machen.

Big Öko-Brother is watching you
Ein Masterplan für den Weg in die ökologische Demokratie
Eine weitere, bei absehbaren innenpolitischen Widerständen gerne verwendete Lösung besteht darin, sich die für nötig gehaltenen gesetzgeberischen und administrativen Vorgaben in Brüssel zu bestellen. Das ist wegen der vielen Mitspieler nicht immer unproblematisch, aber mit dem neuen deutschen Kommissionsvorsitz mag es wenig Probleme geben. Selbst der Weg über die Vereinten Nationen kann mit guter und intensiver Vorbereitung erfolgversprechend sein, wie sich unlängst bei der grossen Flüchtlingsresolution beweisen liess.

Die zweite Fallgruppe unter der Rubrik „Entstaatlichung“ besteht in der Übertragung justizieller Aufgaben und Befugnisse an nichtstaatliche Institutionen, insbesondere an Nichtregierungsorganisationen (NROs) und damit ausserhalb der Reichweite des Großteils der für die Staatstätigkeit vorgesehenen demokratischen und rechtsstaatlichen Kontrollen und Sicherungen.

Der Anfang wurde gemacht mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz des damaligen Bundesjustizministers Heiko Maas. Mit ihm wurden private Unternehmen, konkret die großen sozialen Netzwerke, unter saftigen Bußgeldandrohungen in die Verantwortung genommen, die rechtliche Relevanz von Nutzeräußerungen zu beurteilen und Konsequenzen aus einem ungünstigen Ergebnis ihrer Einschätzung zu ziehen, das heißt in der Regel durch die Entfernung dieser Nutzeräußerungen aus dem Netz.

Der praktisch wichtigste Effekt dürfte jedoch darin bestehen, Druck auf die Netzwerke auszuüben, gegenüber unerwünschten Meinungen im Zweifel rigoros vorzugehen, um risikoträchtige und teure Bußgeldverfahren zu vermeiden. In der Auswirkung schlägt das natürlich auch auf das Verhalten der Nutzer durch und leistet einen vielleicht manchenorts sehr willkommenen Beitrag zur Uniformierung der Meinungen.

Die Zentralen dieser sozialen Netzwerke entscheiden damit quasi-erstinstanzlich über Inhalt und Umfang des Grundrechts auf freie Meinungsäusserung ihrer Nutzer. Eine gerichtliche Anfechtung ihrer Entscheidungen, die möglich bleibt, dürfte für die grosse Mehrzahl der Nutzer schon aus Kostengründen die Ausnahme bleiben.

Dystopien bedrohen unsere Kultur
Wie die ZEIT die Abschaffung der Familie und die Kollektivierung der Kinder propagiert
Die zweite Etappe, im Grunde eine Fortführung der ersten, befindet sich im Hause der neuen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht in Vorbereitung. Pressemeldungen sprechen von der Anforderung von 400 neuen Stellen im kommenden Bundeshaushalt für zusätzliche Mitarbeiter, mit deren Hilfe wiederum das Internet auf Hass- und Hetzkommentare rechtsradikalen Ursprungs durchforstet werden soll. Diese Fundstellen, wie man sagen könnte, sollen dann an eine ebenfalls personelle verstärkte Staatsanwaltschaft zwecks strafrechtlicher Verfolgung weitergegeben werden.

Das ist zweifellos eine interessante Tätigkeit, die sogar ein wenig an die Sykophanten der athenischen Demokratie erinnert, die sich gewerbsmäßig damit befassten, Anzeigen gegen fehlbare andere Bürger zu erstatten. Sie wurden auch in Verbannungsprozessen gegen missliebige Persönlichkeiten tätig, denen sonst keinerlei Fehlverhalten vorzuwerfen war. Im angelsächsischen Sprachgebrauch hat das Wort Sykophant vielleicht deshalb die Bedeutung „Speichellecker, Kriecher, Denunziant“ angenommen. Im Deutschen war es bisher wenig gebräuchlich, und es trifft auch wohl hier nicht zu.

Es fragt sich jedoch, ob Frau Lambrecht ihre Vorhaben wirklich zu Ende gedacht hat. Bagatellverstöße und Ersttäter einmal beiseitegelassen – wenn jeder dieser neuen Mitarbeiter der Big-Brother-Behörde auch nur eine einzige strafrechtlich gravierende Internetäußerung pro Tag aufdeckt und diese dann zu einer Freiheitsstrafe führt, dann erleben wir innerhalb einer einzigen Legislaturperiode fast genau die gleiche Anzahl neu Verurteilter, wie es die gesamte deutsche Gefängnispopulation von 60.000 Personen derzeit ausmacht.

Das wird voraussichtlich schwierig, denn woher sollen die neuen Gefängnisse und das zusätzliche Personal kommen – oder will Frau Lambrecht Mörder, Vergewaltiger und Serieneinbrecher auf die Straße lassen, um Platz für die Neuen zu schaffen ?

Ein weiterer Einfall stammt von unserer sonst sehr netten Familienministerin Giffey. Sie möchte, daß die vom Staat alimentierten Nichtregierungsorganisationen, die sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und damit natürlich gegen Rechts einsetzen – warum denkt man gleich an Frau Kahane? – bei den staatlichen Finanzzuschüssen von der Projektförderung auf eine Dauerförderung umgestellt werden. Also nicht mehr befristet, von Fall zu Fall, nach Projektprüfung, mit Belegen, Berichtspflicht, Ergebnisbeurteilung, sondern eben durchgehend und auf Dauer.

Linksextremismus – die unterschätzte Gefahr
„Beängstigend, dass der Staat vor Extremisten kapituliert“
Man kann nur hoffen, daß der sympathischen Ministerin Giffey von ihren Beratern dabei gesagt worden ist, daß dies Verfahren einen Rückfall in die feudale vorkameralistische Finanzwirtschaft bedeutet, wie sie in Deutschland, ausgenommen in den Städten, bis zum frühen 16. Jahrhundert üblich gewesen war. Damals gab der Fürst den ihm verdient erscheinenden Seinen, was er für gut und richtig hielt, und das war es dann. Die Lösung kann daher wohl nur darin bestehen, dass Frau Giffey sich andere Berater sucht.

Lassen Sie uns zusammenfassen: Je mehr die Regierung Ziele verfolgt, die sie dem Wähler gegenüber nicht vertreten kann oder will, desto mehr ist sie auf die politische Trickkiste oder aus anderen Gründen problematische Einfälle angewiesen. Der Demokratie wird damit nicht gedient. In der Wirkung, nicht der Absicht, spielt sie damit den Extremisten jeglicher Couleur in die Karten.

Ergebnis ist, daß unsere Demokratie in Untiefe zu geraten droht. Auf der einen Seite das Bündnis von Linken und Grünen, das dabei ist, unter den Einfluss grünautoritärer oder sogar grüntotalitärer Elemente zu geraten. Offenbar sind wir in einer Entwicklung, in der bei den Grünen einen dritte Fraktion, nämlich die der Radikalos, neben die bekannten Strömungen der Fundis und der Realos treten möchte. Das Nachsehen hat die große Mehrzahl der grünen Anhänger, die für den konsequenten Schutz der Umwelt und die Achtung des Lebens und der Natur eintreten wollten, und jetzt ungefragt mit verqueren Lebensentwürfen und hochproblematischen Regierungs- und Gesellschaftsmodellen beliefert werden. Sie haben nicht bemerkt, dass ihre grüne Arche im Begriff ist, von ganz anderen Leuten gekapert zu werden.

Augen zu ist keine Strategie
Von der Staatsverwahrlosung in die Verfassungskrise
Auf der anderen Seite gibt es den ebenfalls in den letzten Monaten erstarkten Rechtsextremismus, der mit den Morden von Kassel und Worms Zeugnisse seiner skrupellosen Gewalttätigkeit abgelegt hat. Es ist richtig, daß es zu Taten dieses Schweregrads auf der linksextremen Seite bisher nicht gekommen ist. Bisher? Hoffen wir, dass es dabei bleibt. Richtig ist auch, daß die Untaten der Rechtsextremisten sowenig Schonung, geschweige denn Nachsicht verdienen, wie die Untaten ihrer politischen Antipoden auf der extremen Linken.

Wie weiter? Eine weitere Zuspitzung der politischen Spannungen ist unter den Umständen möglich. Pessimisten mögen sie für wahrscheinlich halten. Offen ist, ob unserem politische System eine Neutralisierung dieser Entwicklung gelingt. In der jetzigen personellen Besetzung wird das kaum der Fall sein. Im Gegenteil: Das Land treibt vor sich hin, die Regierungschefin reist viel und kümmert sich kaum noch um das Geschehen zuhause. Sie wirkt freudlos und müde. Die Politik verengt sich wie beim Ausverkauf auf das Geldausgeben, Es wird nicht mehr mit dem Verstand, sondern mit dem Füllhorn regiert. Die Finanzierung bleibt offen. Wichtigeres bleibt liegen. Regierung und Koalitionsparteien haben Angst vor den Wählern. Sie halten noch wie alte Bierwagengäule im gewohnten Trott zusammen, doch gemeinsame Ideen und Ziele sind ihnen, man weiß nicht einmal mehr wann, längst abhanden gekommen.

Es lässt sich knapper sagen: grauer Mehltau liegt über dem Land. Womöglich schlägt die Stunde von Extremisten. Das ist kein unvermeidliches Verhängnis, sondern das Ergebnis einer falschen Politik, genauer von Nicht-Politik. Es ist Zeit für die einen zu gehen. Andere mögen kommen und das Land mit Ruhe, Vernunft und Augenmaß voranbringen.

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Kommentare ( 71 )

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Nachrufer
4 Jahre her

Zu den von Herrn Schramm beleuchteten Horrorszenarien gehören willfährige Medien und ebensolche Ministerialbürokraten als politische Beamte, die sich bei der „Umsetzung“ politisch korrekter Vorgaben gute Karrierechancen ausrechnen dürfen. Die Medien können sich seit der Unterzeichnung des UNO-Migrationspakts schon fleißig warmlaufen. Dessen Unterzeichnerstaaten verpflichten sich in Ziel 17 z. B., hinsichtlich Migrationsfragen, eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien zu fördern, unter anderem durch Sensibilisierung und Aufklärung von Medienschaffenden, um den Pakt umzusetzen. Das lässt sich auf alle Politikbereiche übertragen. – Für die Leitung der Ministerien leistet die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gute Dienste. Die jahrzehntelange Praxis, Beförderungen, Höhergruppierungen und Versetzungen… Mehr

Karl Schmidt
4 Jahre her

Ich erkenne in der gezielten Radikalisierung der Politik kein Idealismus. Auch die Vereinnahmung von Steuermitteln für das eigene Wählerklientel (z. B. Energiewende, Unterstützung von ausgesuchten nicht-demokratischen, privaten Organisationen – „NGOs“) stellt ein (angeblich verwerfliches) Streben nach dem eigenen Vorteil und Profit dar. Der Staat wird auch nicht wirklich zurückgedrängt: Die Funktion der mit Steuergeldern gepäppelten „Zivilgesellschaft“ (Was ist an Organisationen, die staatliche Mittel erhalten, noch „zivil“?) besteht darin, das Handeln der Politik als von unten gewünscht darstellen zu können. Tatsächlich wird dieser politische Druck durch die ausgesuchte und großzügige Zuwendung von Geldern durch die Politiker selbst künstlich erzeugt. Es ist… Mehr

Hoffnungslos
4 Jahre her

Grauer Mehltau liegt nur scheinbar über dem Land. Wie Sie sehr gut herausgearbeitet haben, wird massiv an der Beseitigung unseres noch demokratischen Staatssystems gearbeitet. Nichtregierungsorganisationen übernehmen mehr und mehr Bereiche der Politik und entziehen politische Entscheidungen auf diese Weise der allgemeinen Kontrolle. Ausgerechnet mit dem Argument der Meinungsvielfalt wird vielfältige Meinungsäußerung behindert, bzw. verhindert. Das noch freie Internet soll „im Namen der Freiheit“ seine Freiheit verlieren.

Contenance
4 Jahre her

Fulminante Analyse.

Der gelassene Ton des Autors beeindruckt im Angesicht der Ergebnisse.

Zum Thema Kultureller Selbstmord… da gibt’s einen Film dazu: „Flucht ins 23. Jahrhundert“. Und merke – schlimmer geht immer.

Chloepfts
4 Jahre her

Ich darf erinnern, was Marx in den ökonomisch-philosphischen Manuskripten 1844 in Bezug auf Frauen und Ehe schrieb: „Der physisch unmittelbare Besitz gilt dem Kommunismus als einziger Zweck des Lebens und des Dasein; die Bestimmung des Arbeiters wird nicht aufgehoben, sondernauf alle Menschen ausgedehnt; das Verhältnis des Privateigentumes bleibt das Verhältnis der Gemeinschaft zur Sachwelt, endlich spricht sich diese Bewegung dem Privateigentum das allgemeine Privateigentum entgegenzustellen, in der tierischen Form aus, daß der Ehe (welche allerdings eine Form des exklusiven Privateigentums ist) die Weibergemeinschaft, wo also das Weib zu einer gemeinschaftlichen und gemeinsamen Eigentum wird, entgegengestellt wird. Man darf sagen, daß… Mehr

Chloepfts
4 Jahre her

Hier fällt mir ein was Chruschtschow 1959 zu Minister Benson sagte: „Ihre Enkelkinder werden unter dem Kommunismus leben. Ihr Amerikaner seid so leichtgläubig. Nein, sie akzeptieren den Kommunismus nicht direkt, aber wir werden ihnen kleine Dosen Sozialismus zuführen, bis sie endlich aufwachen und feststellen, daß sie bereits Kommunismus haben“. Bei uns sind es u.a. die Grünen mit ihren Alt-KBW-Kadern, die mit diesen Methoden arbeiten, freie Geister wurden ja zügig aus der Partei gedrängt. Wer einigermaßen wachen Geistes ist kann den immer ungenierter in den Vordergrund sich drängenden totalitären Ansatz, der heuer auch offen zutage tritt, gut erkennen. Die intellektuelle Dürfigkeit… Mehr

Dill Schweiger
4 Jahre her

Im Übrigen bin ich auch gegen Nass und Hitze.

Wilhelm Cuno
4 Jahre her

Es ist wie immer in der Geschichte: eine herrschende Klasse gibt ihre Pfründe nicht gerne auf und greift die neuen Wettbewerber an. Das ging der Linkspartei vor 20Jahren so und den Grünen vor 35; bei der SPD liegt das schon 130 Jahre zurück. In 20 Jahren haben die Altparteien bis auf die Redaktion des Spiegel die AFD resigniert akzeptiert. Wahrscheinlich kommt dann die nächste Bewegung, die die AFD zu den Altparteien rechnet…^^

Schonclode
4 Jahre her

Und was ist mit der RAF?. Ich erinnere mich sehr gut daran. Aber kaum waren die Grünen in den Landtagen und später im Bundestag angekommen….Da hat die RAF ihren Terror beendet.
Zitat………….daß es zu Taten dieses Schweregrads auf der linksextremen Seite bisher nicht gekommen ist.

Andreas aus E.
4 Jahre her

Ich wünschte, „die Politik“ wäre gelähmt. Leider ist sie das ja nicht, ganz im Gegenteil.

Aber eine Bitte: Nennen Sie diese Geschäftemacher nicht „Umweltszene“. Die Umwelt ist denen doch völlig egal, das Getue derer ist nur Vehikel um linksgrüne Ideologie zu verbreiten oder satte Staatsknete abzugreifen.
Kein wirklicher Umweltschützer (besser: Naturschützer) wäre begeistert von einbetonierten Vogelschreddern und noch weniger würde er Massenzuwanderung in ein dichtbesiedeltes Land forcieren.
Das tut nur, wer sich daran gewissenlos ne goldene Nase verdient und/oder dieses Land abgrundtief hasst.