Richter Schleif: Der Rechtsstaat weicht zurück

Richter Thorsten Schleif: Justiz ist ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen

© Stefan Pick/Münchner Verlagsgruppe GmbH

Berlin. Der Buchautor und Richter Thorsten Schleif sieht die Justiz in Deutschland teilweise auf dem Rückzug. „Eine schwache Staatsgewalt, die sich zurückzieht, bildet eine Art rechtsfreien Raum“, sagt der Jurist, der als Vorsitzender des Schöffengerichts und als Jugendrichter am Amtsgericht Dinslaken arbeitet, im Gespräch mit dem am Montag erscheinenden Magazin Tichys Einblick. „Egal ob für Links- oder Rechtsextreme oder für gewaltbereite Ausländer: Toleranz kann sich nur der Stärkere erlauben. Diese Stärke haben wir momentan nicht. Wir haben den Rechtsstaat zurückweichen lassen.“

Zu viel Rücksichtnahme auf Täter aus fremden Kulturkreisen hält Schleif für falsch. „Ein in Deutschland geschehenes Verbrechen muss nach hiesigen Maßstäben beurteilt werden. Ehrenmorde sind nicht akzeptabel.“ Gleiches gelte für Clankriminalität. Doch die Justiz sei aktuell völlig überfordert. „Unser System funktioniert nur so lange, wie sich keine Herausforderungen stellen“, sagt der Jurist.

„Die Richter sind ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen. Zum Beispiel ist die Zahl der Asylverfahren von 2007 bis 2017 um 1650 Prozent gestiegen. Die damit verbundene zusätzliche Arbeitsbelastung kann kaum aufgefangen werden.“ Und es werde schlimmer, weil in den nächsten zehn Jahren 40 Prozent der Richter und Staatsanwälte pensioniert werden, es aber viel zu wenig qualifizierten Nachwuchs gibt, der bereit ist, im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Die Arbeitsbelastung sei deutlich höher als bei großen Privatkanzleien bei schlechterer Bezahlung. „Das Einstiegsgehalt in einer Großkanzlei beträgt bis zu 140.000 Euro jährlich – das verdient in Deutschland kein OLG-Präsident, geschweige denn ein junger Richter.“

Die Justiz nehme die Sorgen der Menschen zum Teil nicht ernst genug. „Wir haben seit 2015 in der Bevölkerung die Sorge, dass insbesondere die Ausländerkriminalität erhöht ist. Tatsächlich sieht man in der Statistik des BKA für 2018, dass 34 Prozent der Tatverdächtigen Ausländer sind. Die Zahl der Tatverdächtigen bei Mord, Totschlag oder Tötung auf Verlangen liegt sogar bei 43 Prozent. Die Sorge der Bevölkerung muss also ernst genommen werden.“ Dass man wegen solcher Feststellungen angegriffen wird, ist für den Richter unverständlich. „Ich verstehe nicht, wieso man da gleich losschreit. Das ist die Statistik. Wenn man anfängt, die Statistik zu verleugnen, verleugnet man die Realität.“


Thorsten Schleif, Urteil: ungerecht. Ein Richter deckt auf, warum unsere Justiz versagt. Riva, 192 Seiten, 19,99 €.


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Kommentare ( 94 )

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Hannibal ante portas
4 Jahre her

Nein Herr Schleif! Sie müssen die Statistik nur „richtig“ lesen lernen. Andere haben das auch schon vor Ihnen geschafft.

Joerg Baumann
4 Jahre her

Die Erklärung ist doch aber recht einfach. In einem anderen TE Artikel, „Douglas Murray über die Diktatur der Minderheiten“, ist die grundlegende Problematik doch sehr deutlich beschrieben. In Deutschland herrscht zurzeit eine Minderheit über eine Mehrheit. Für diese Minderheit sind beispielsweise Themen wie Muli Kulti, Gender, Klima etc. zentrale Bestandteile ihres Weltbildes. Für die Mehrheit der Bürger aber nicht. Politik kann aber nur funktionieren, wenn sie auch von einer Mehrheit getragen wird. Die Statistiken, die bei den Regierenden nicht gerne gesehen werden (oder von ihnen manipuliert werden), sind einfach mathematische Beweise für eine gescheiterte Politik. Genau wie diese unsinnigen Umfragen,… Mehr

Hannibal ante portas
4 Jahre her
Antworten an  Joerg Baumann

Ich bin eigentlich nicht so der „Verbotstyp“, aber ich glaube was Umfragen generell angeht, müsste ich wohl über meinen Schatten springen. Denn dabei gilt: wer frägt gewinnt.

Stolze
4 Jahre her

Auf der einen Seite die Zersetzung des Rechtsstaates und auf der anderen Seite dazu die nervenden großen Plakate an fast allen Bushaltestellen, an denen Schüler vorbeikommen, die ich bei meinem Besuch in einer Großstadt gesehen haben, mit unterschiedlichen Bildern zum Rechtsstatt, den wir ja hätten. So viel Aufmerksamkeit auf den Rechtsstaat lenken zu müssen bedeutet, dass der Regierung bekannt ist, dass sie gegen das Erkennen des Unrechtsstaats einschreiten muss. Und das an so den vielen Bushaltestellen. Was für eine Dialektik. Die Dialektik der Regierung kostet uns viiiiiiel. Die Schüler fallen auch darauf herein, wie auf die Klimashow. „Tatsächlich sieht man… Mehr

ellogo
4 Jahre her

„Ich verstehe nicht, wieso man da gleich losschreit. Das ist die Statistik. Wenn man anfängt, die Statistik zu verleugnen, verleugnet man die Realität.“

Das ist leicht zu verstehen, denn bestimmte Realitäten dürfen in unserem Land nicht angesprochen werden.
Sie passen nicht in das Bild, was links-grüne Träumer von der Realität haben.
Da diese nun einmal mehrheitlich in Politik (gilt auch für die Merkel-CDU) und Medien vertreten werden, ist der Aufschrei eine logische Folge.

Hannibal ante portas
4 Jahre her
Antworten an  ellogo

Wenn Sie lange genug suchen, finden Sie in jeder umfangreichen Statistik Werte, die irgendwie zu Ihrer Ideologie passen. Ob die Hauptaussage der Statistik da noch vorkommt scheint nebensächlich!

Schwabenwilli
4 Jahre her

Einen gefährliche Zeit in der die Realität von Ideologen ans Kreuz genagelt wird.

Danton
4 Jahre her

Wenn jemand, der in einer demokratisch legitimierten Partei ist, seine Hirse nicht mehr vertreiben kann, und ihm befohlen wird erst dann wieder geduldet zu werden wenn er krimminelle Asylanten einstellt, dann ist das ein gesamtgesellschaftlicher Offenbarungseid. In solch einer Gesinnungsgesellschaft wird vom Richter erwartet jeden schwerkrimminellen Asylante (Moslem) trotz allem als Heilsbringer anzuerkennen. Das ist der Duktus. Das ist die Mentalität der Horde der sich auch jeder Richter unterzuordnen hat. Wenn nicht, siehe Maaßen etc pp.

Wolfskind
4 Jahre her

Ich bin zutiefst dankbar, dass es noch Bürger in verantwortungsvollen staatlichen Positionen gibt, die den Mut, die Ehrlichkeit und die Aufrichtigkeit besitzen, die Realität de facto und de jure zu beschreiben.

MrTruth
4 Jahre her

„Ich verstehe nicht, wieso man da gleich losschreit. Das ist die Statistik. Wenn man anfängt, die Statistik zu verleugnen, verleugnet man die Realität.“

Willkommen in der Realität kann ich nur sagen. Eine Sache halte ich jedoch für eine schwache Ausrede von Richtern. Arbeitsüberlastung hin oder her. Aber was hindert einen Richter daran trotzdem halbwegs gerechte Urteile zu fällen, so weit es das deutsche Strafrecht überhaupt zulässt?

Ich kann nicht erkennen, was die Arbeitsüberlastung mit teilweise völlig absurden Urteilen zu tun haben soll. Wo Ausländer bestimmter Couleur zb für offenkundigen Mord geradezu lächerliche Strafen bekommen.

Erasmier
4 Jahre her

„Eine schwache Staatsgewalt, die sich zurückzieht, bildet eine Art rechtsfreien Raum“

Merkel sagt stets, das Internet dürfe kein rechtsfreier Raum sein. Von der realen Welt redet sie bewusst nicht, denn dort schafft ihre Politik rechtsfreie Räume.

Enrico Stiller
4 Jahre her

„Wenn man… [korrekte] Statistik leugnet, leugnet man die Realität.“ Genau das ist ja der kennzeichnende Geist unserer Zeit. Das Wort vom Postfaktizismus, das von Linken als Keule gegen Rechte erfunden worden ist, wanderte viel zu schnell in den Mülleimer. Wir wohnen seit einiger Zeit nicht mehr und nicht weniger als einer Rückabwicklung der Aufklärung auf breiter Front bei. Als ich 2015 bei einer westdeutschen Zeitung im Leserbrief auf die Gefahren unkontrollierter Zuwanderung hinwies, antwortete man mir, dass Moral wichtiger sei als Fakten. Genau so verhält sich unsere tonangebene „Elite“ in der Öffentlichkeit. Man tut alles, um Fakten abzuleugnen, unter der… Mehr