Die Regierung Merz macht den Wehrdienst zum Glücksspiel

Die schwarz-rote Regierung hat einen Antrag zu einem „Gesetz zur Modernisierung des Wehrdienstes“ in den Bundestag eingebracht. Was darin steht, ist egal, weil am Ende eh etwas anderes herauskommt. Die Regierung Merz macht die Wehrpflicht zum Glücksspiel.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Deutschland brauche ein gerechtes Verfahren, um zu klären, welcher junge Mann zum Wehrdienst gezwungen werde und welcher nicht. Der gerechteste Weg dazu sei das Zufallsprinzip. Das hat nicht ein Spielsüchtiger im Endstadium gesagt. Auch nicht der Gesundheitsbeauftragte der Stadt Las Vegas. Thomas Röwekamp meinte im Deutschlandfunk, am gerechtesten sei es, per Los zu entscheiden, wer in Deutschland zur Waffe greifen muss – und wer Zivilist bleiben darf. Röwekamp ist Christdemokrat, Abgeordneter im Bundestag und dort Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. Würfeln als klügste politische Lösung. Sollten die Umfragewerte der CDU weiter abschmieren, steht Röwekamp immer noch eine Karriere in Las Vegas offen.

CDU, CSU und SPD sind sich immer noch nicht einig, wie es mit der Wehrpflicht in Deutschland weitergehen soll. Trotzdem haben sie ein „Gesetz zur Modernisierung des Wehrdienstes“ in den Bundestag eingebracht, um es in erster Lesung zu besprechen. Dazu muss man das grundsätzliche Verfahren kennen: Über Entwürfe zu Gesetzen stimmt das Parlament nach der ersten Lesung nicht ab. Der Entwurf geht in den Ausschuss, wird dort besprochen und kommt dann in die zweite und dritte Lesung. Erst danach stimmen die Abgeordneten darüber ab und kann das Gesetz gegebenenfalls in Kraft treten. Meist folgen die zweite und die dritte Lesung wenige Wochen nach der ersten. Doch das Parlament kann diese Zwischenphase auch ausdehnen – bei Bedarf auf mehrere Jahre. Durch Änderungsanträge kann sich der Entwurf ins Gegenteil verkehren. Überall, wo anfangs ein Ja stand, kann später ein Nein stehen.

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Die Regierungs-Fraktionen mussten das Gesetz zum Wehrdienst jetzt in den Bundestag einbringen, damit es den parlamentarischen Weg rechtzeitig hinter sich bringen kann, um zum Jahreswechsel in Kraft zu treten. Das hat sich die Regierung Friedrich Merz (CDU) vorgenommen. Damit treibt sie das gleiche Spiel wie bei der Kanzlerwahl oder der Wahl der Richterinnen fürs Bundesverfassungsgericht: Einem Beschluss eine Frist setzen, um Druck zu schaffen, unter dem die Widersprüche zwischen CDU, CSU und SPD dann zu überbrücken und die Abgeordneten auf Linie zu bringen sind. Nur ging halt bisher genau das schief. Merz und sein Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) beweisen nun echten Glücksspieler-Geist, wenn sie hoffen, dass es dieses Mal klappt. Viva Bär Linas.

Im Gesetzentwurf steht das, was das Kabinett vereinbart hat. Das betont der verantwortliche Autor, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), in Interviews. Damit trägt er öffentlich den Machtkampf gegen die Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (Union) und Matthias Miersch (SPD) aus. Die haben nachträglich Änderungen verkündet. Etwa, dass im Losverfahren entschieden werden soll, wer zur Musterung gezwungen wird und damit gegebenenfalls zu Wehrpflicht oder Ersatzdienst gezwungen wird. Während die meisten seiner Altersgenossen das zivile Leben genießen können.

Im Entwurf steht nun die Regelung, auf die sich das Kabinett Merz geeinigt hat. Sie trägt nicht den spielerischen Geist Las Vegas in sich, eher den umständlich, letztlich dysfunktionalen Geist Brüssels oder der Berliner Blase: Die Bundeswehr soll Fragebögen an junge Menschen verschicken. Männer müssen diese beantworten. Frauen nicht. Transfrauen auch nicht. Es sei denn, der Kriegsfall bricht aus. Dann sind selbst für Sozialdemokraten Transfrauen wieder Männer. Aus den beantworteten Fragebögen soll sich dann ergeben, wie die Bundeswehr zwischen 20.000 und 70.000 zusätzliche Soldaten rekrutieren kann, die sich aber freiwillig melden müssen. Falls sich nicht genug freiwillig melden … Dann sehen wir weiter. Würfeln, Rubbellos, Wetten auf Hahnenkämpfe oder Lose ziehen. Irgendeine Lösung, die Röwekamp halt als die gerechteste aller möglichen Lösungen bezeichnen würde.

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Pistorius möchte erstmal alle in Frage kommenden jungen Männer mustern. Das wären etwa 200.000 Mann. Ohne Transfrauen und Frauen. Dass es derzeit an Kräften fehlt, die diese Musterungen durchführen könnten? Und Gebäuden, in denen die Untersuchungen auf Tauglichkeit stattfinden könnten? Details, über die Glücksspieler erhaben sind.

Sollte der Kriegsfall eintreten, könnte die Bundeswehr über die Form eines Pflichtdienstes alle benötigten Männer einziehen, wenn die schon gemustert sind. Wie die dann ausgewählt werden, dazu macht Pistorius bisher keine Angaben. Damit rechtfertigt der Christdemokrat Röwekamp in dessen Theorie, dass Losen das gerechteste Verfahren sei – weil der Verteidigungsminister ja keinen Gegenvorschlag habe.

Der Ältestenrat des Bundestages hat das Thema erstmal heruntergefahren. Der Entwurf geht zwar in erster Lesung durch das Parlament, aber alle Redner haben zusammen nur 30 Minuten. Der zuständige Minister drei Minuten. Das ist die Spielwiese von Spahn und Miersch. Hier gönnen sie ihrem Rivalen wenig Raum. Doch nun ist es an den Fraktionsvorsitzenden, unter Druck eine Einigung zu finden. Etwas, an dem sie bisher auf peinliche Weise gescheitert sind. Vielleicht sollten sie Röwekamp beherzigen und Streichhölzer ziehen, Münzen werfen, Flohrennen veranstalten oder Steine-Schere-Papier spielen. Schlimmer als die Politik von Merz, Klingbeil, Spahn und Miersch können die Folgen von Glücksspiel auch nicht sein.

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Kommentare ( 33 )

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giesemann
1 Monat her

Art. 4 GG lautet seit Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland am 24. Mai 1949 wie folgt:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Art. 4 GG schützt die Freiheit von Glauben und Gewissen. Diese Aspekte weisen einen engen Bezug zur durch Art. 1 Absatz 1 GG geschützten Menschenwürde auf, weswegen die Rechtsprechung ihnen einen besonders hohen Stellenwert in der Rechtsordnung beimisst.

Milton Friedman
1 Monat her

> „Junger Mann“

aber werter Herr Grün-Rot-Merz: Was genau ist denn ein Mann? Ich tue mich da ehrlich gesagt schwer, wenn mir niemand sagen kann, was eine Frau ist.

Und weil Sie uns diese einfachen Fragen nicht zu beantworten imstande sind, wird sicherlich keiner der „jungen Männer“ sich für diese Grütze freiwillig melden.

giesemann
1 Monat her
Antworten an  Milton Friedman

Ein Mann ist erst ein Mann, wenn er auszieht, um die Weiber des Feindes als Beute herzuschleppen. Also zB die: Chinese Female Soldiers Parade – YouTube Vorschlag: Wir lassen die Heere aufeinander zumarschieren, ohne Weiber. Dann kömmt der Befehl: Räächts um! Gegenüber warten schon die Maiden mit Wodka, Borschtsch, Plini und vice versa die unseren mit Schwarzwälder Schinken, -Schnapps und – Kirsch, Fässer voller Bier und schwäbische Spätzle. Was dann geschieht, spottet jeglicher Beschreibung, ein Gelage, eine Orgie, bis sie alle vor Erschöpfung im Feld liegen, manche bleiben, andere nehmen ihr Schätzchen mit, zur Erholung – bis zur nächsten Kampagne.… Mehr

MarcusPorciusCato
1 Monat her

Ich kenne niemanden in der infragekommenden Altersgruppe, der freiwillig oder erzwungenermaßen sein Leben für dieses woke, CO2-faschistische von innen durch mohamedismus zerfressene Shithole geben würde.

giesemann
1 Monat her
Antworten an  MarcusPorciusCato

Schon gar nicht gegen Russland; die Russen kriegen Byzanz zurück, wenn sie uns helfen, die Moslems aus dem Land zu schaffen. Den deal feiern wir dann in der Russendisko von Wladimir Kaminer, o.k. deal? https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Kaminer – dawai!

verblichene Rose
1 Monat her
Antworten an  MarcusPorciusCato

Tja, damals hiess es noch „für Führer, Volk und Vaterland“. Irgendwie nachvollziehbar. Und heute? Echte Führungspersonen sind nicht erkennbar und eigentlich auch nicht wünschenswert, das „Volk“ existiert nicht mehr und „Vaterland“ zu sagen ist voll Nazi. Aber dann reden Sie mal mit den jungen Leuten. Die wollen scheinbar alles so, wie Sie es beschrieben haben. Nur merken die gar nicht, daß Deutschland schon längst keinen klassisch-kriegerischen Feind von aussen mehr benötigt, um demnächst unter zu gehen. Daß das bei den Befürwortern einer Wehrpflicht kein Thema ist war klar. „Echte“, bzw. vernünftige Gründe für einen Krieg gab es allerdings in der… Mehr

giesemann
1 Monat her

Solange der Artikel 4, Absatz 3 GG besteht, solange ist alles halb so wild. „Niemand darf … gezwungen werden“.

suesssauer
1 Monat her
Antworten an  giesemann

Das Grundgesetz ist zur Verhandlungsmasse verkommen. Man wird es so ändern das es passt.

giesemann
1 Monat her
Antworten an  suesssauer

Es gibt unveränderbare Artikel im GG, die auch mit 100% Mehrheit nicht geändert werden dürfen. Dazu gehört selbstverständlich der von mir zitierte Artikel 4 GG. Wird hieran geschraubt, dann ist das das Ende des Landes. Verstehen Sie das?

Ohanse
1 Monat her

Die Regierung Merz konnte von Anfang an nicht ernst genommen werden. Es wäre anständig, wenn das jemand dem Friedrich mal sagen würde. Der blamiert sich doch fortlaufend auf offener Bühne. Und Linnemann unternimmt nichts.

haqus b.
1 Monat her

In Berlin muss man vor dem Gegner der dort a die Wand gemalt wir ja richtig Angst haben, um sich von einer ausgelosten Armee verteidigen zu lassen. Sie, also die welche die Niete gezogen haben sollen für die im Reichstagsgebäude ihren Allerwertesten hinhalten. Ernsthaft? Was soll das werden?
Wie wäre das, wenn die jungen Männer/Frauen die dienen danach umsonst studieren, oder andere Weiterbildungen bekommen und die zukünftige Kinderbetreuung umsonst ist. Dafür werden für die, welche kein Wehrdienst oder Ersatzdienst machen, pro Semester z.B. >2500 Euro bezahlen.

Konservativer2
1 Monat her
Antworten an  haqus b.

Aha. Studium nur für Reiche. Gaaaanz tolle Idee. Noch weniger MINT-Studenten. Darüber hinaus fragen sich Kinderreiche, weshalb ihre Kinder Gebärverweigerer beschützen sollen. Aber diese Diskussion müsste auch bei der Rente geführt werden.

Last edited 1 Monat her by Konservativer2
Eddie
1 Monat her

Dass nur Männer der Wehrpflicht unterliegen ist ein eklatanter Verstoß gegen den Gleichheitsheitsgrundsatz des Artikels 3 GG und müsste daher umgehend als verfassungswidriges Gesetz aus dem GG beseitigt werden. Erst dann kann über eine Einführung einer Dienstpflicht diskutieren

Teiresias
1 Monat her

Das Prinzip des Staates als Lotterie hat durchaus Potential.
So könnte man auswürfeln, wer Rente oder sonstige staatliche Leistungen bekommt und wer arbeiten muss.
Am Ende könnte das Losverfahren eine echte Alternative zur Demokratie sein.

Der Lotteriestaat wäre der Inbegriff des gerechten Staatswesens.
So wäre ein zufällig bestimmter Kanzler mit grosser Wahrscheinlichkeit …..besser.
Was hätten wir zu verlieren?

suesssauer
1 Monat her
Antworten an  Teiresias

Nichts ! Der Bürger würde nichts merken außer dass das lästige zur Wahl gehen wohltuend wegfällt.

alter weisser Mann
1 Monat her

Eine Regierung, die es noch nicht einmal schafft, den Wehrdienst (incl. Ersatzdienste m/w/d und minder Taugliche) insgesamt und dann speziell das „Wir holen die Besten und die Geeignetsten dorthin wo sie gebraucht werden.“ in saubere Gesetzesvorlagen umzusetzen, ist unfähig und sollte einpacken.

Last edited 1 Monat her by alter weisser Mann
Konservativer2
1 Monat her

Früher hatte „Pech“, wer keine verwertbaren Atteste vorweisen konnte (abgesehen von denen, die freiwillig wollten), heute wird stattdessen gewürfelt – was für ein Fortschritt.

Erinnert mich an meine drei Autos, die ich während der letzten 25 Jahre hatte: das erste brauchte 8 1/2l auf 100km, das zweite achteinhalb, das aktuelle 8,5 – das letzte bei „moderner“, um nicht zu sagen „revolutionärer“, Motorentechnologie und dem Zwang, Super zu tanken. Es lebe der Fortschritt!