Frankreichs Regierung gestürzt – droht eine neue Euro-Krise?

Die vierte Regierung seit Anfang 2024 scheitert – wieder an der Haushaltssanierung. Wohin das Nachbarland taumelt, lässt sich noch schwer abschätzen.

picture alliance / Xinhua News Agency | A UrelienMorissardgaojing

Es kam wie angekündigt und von allen Beobachtern erwartet: Die Regierung des französischen Premiers François Bayrou endete an diesem Montag. Sein Kabinett verlor die Vertrauensfrage in der Nationalversammlung, und das sehr klar: 364 Abgeordnete stimmten gegen die Regierung, nur 194 Abgeordnete sprachen ihm das Vertrauen aus.

Bayrou muss nun seinen Rücktritt der Regierung bei Staatschef Emmanuel Macron einreichen. Damit scheitert die vierte Regierung seit Anfang 2024. Im vergangenen Jahr mussten sich drei französische Premierminister verabschieden: Élisabeth Borne, Gabriel Attal, Michel Barnier. Bayrou, der seit dem 5. September 2024 amtiert, hielt immerhin ein Jahr durch. Er verlor sein Amt aus dem gleichen Grund wie schon Barnier: Beiden ging es darum, das völlig aus dem Ruder gelaufene Haushaltsdefizit Frankreichs wenigstens einigermaßen zu mindern. Für das Haushaltsjahr 2026 wollte Bayrous Regierung 43,8 Milliarden Euro aus dem Etat einsparen. Außerdem schlug der Noch-Premier als wirtschaftsbelebende Maßnahme vor, den Tag der Befreiung und den Ostermontag als Feiertage zu streichen.

Den Eisberg fest im Blick
Frankreichs Finanzminister warnt vor möglichem Bailout
Frankreich erstickt unter seiner Schuldenlast von mittlerweile 3,345 Billionen Euro, was einer Verschuldung von 114 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Nur in den ersten sieben Monaten 2025 häufte sich ein neues Haushaltsdefizit von 142 Milliarden Euro an. Der Schuldendienst für die Drei-Billionen-Last verschlingt allein in diesem Jahr fast 55 Milliarden Euro. Bayrous Kürzungsplan sah lediglich vor, das Haushaltsdefizit von derzeit 5,4 Prozent wenigstens auf den aktuellen Stand zu begrenzen. An eine Sanierung der Staatsfinanzen denkt in Paris sowieso niemand mehr. Den letzten ausgeglichenen Etat legte eine französische Regierung 1974 vor. Gelinge keine durchgreifende Ausgabenreduzierung, meinte Bayrou finster, müsste Frankreich demnächst womöglich die Hilfe des Internationalen Währungsfonds in Anspruch nehmen.

Seit der Parlamentswahl 2024 verfügt keine Regierung mehr über eine parlamentarische Mehrheit. Der Linksblock unter Führung von Jean-Luc Mélenchon, Gründer der Partei La France Insoumise (LFI), verweigert Haushaltskürzungen genauso die Zustimmung wie Marine Le Pens Rassemblement National.

Macron könnte nun einen neuen Regierungschef ernennen, der wahrscheinlich das Thema Haushaltssanierung nicht wieder anfassen würde. Oder eine Neuwahl des Parlaments ansetzen. Nur würden dann die Mehrheitsverhältnisse wohl kaum anders ausfallen als jetzt. Die dritte Möglichkeit: Präsident Emmanuel Macron tritt vorzeitig zurück – mit dem Kalkül, dass sich jetzt ein Sieg des Rassemblement an der Staatsspitze vielleicht noch verhindern ließe – aber 2027 nicht mehr.

Für den Euro bedeutet dieser Montag: Das zweitgrößte Land der Währungszone schafft es nicht, seine galoppierende Verschuldung wenigstens zu begrenzen. Frankreich droht nun möglicherweise eine Herabstufung der Bonität. Eins steht fest: Für den Euro-Rettungsschirm ist das Land links des Rheins zu groß – und zu tief in den roten Zahlen.

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Kommentare ( 38 )

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WGreuer
2 Monate her

Tja, wie überall im Westen: Milliarden für den längst als Betrug erwiesenen Klimawahn, Milliarden für die ausufernde Massenmigration, sinnlose Milliarden für die EU, sinnlose Milliarden für Ukraine und (nun neu) Kriegstüchtigkeit, Milliarden für einen völlig überzogenen Staatsapparat und die zugehörige Bürokratie.
Dagegen stehen eine abwandernde Industrie, Pleiten, Pech und Pannen sowie eine völlig desorientierte Gesellschaft, die keine Lust mehr hat, diesen Wahnsinn mitzutragen und damit fehlende Steuern.
Wie sagt man da? Viel Glück! Das gilt übrigens auch für „das beste Deutschland aller Zeiten“.

verblichene Rose
2 Monate her

Wenn die Franzosen eigentlich von ihrem Präsidenten „regiert“ werden, wozu bedarf es dann noch einer Schattenregierung?
Aber diese Frage stellt sich ja in Deutschland auch nicht. Wir haben auch eine Regierung und einen Bundespräsidenten.
Nur läuft das „Spielchen“ bei uns genau anders herum 😉

Sonny
2 Monate her

Und? Wer muss dieses Mißmanagement alles bezahlen?
Ich wünschte, ich könnte auch jedes Jahr Rekordverschuldungen vornehmen und von den Banken trotzdem immer wieder neues Geld erhalten (nach mir die Sintflut). Damit ließe es sich gut leben, wenn ich anderen Leuten permanent das Geld aus der Tasche ziehen könnte.
So wie es aussieht, ist es doch völlig egal, wer in Frankreich demnächst regiert.
Frankreich ist längst hochgradig pleite und in Deutschland sieht es genauso aus.

WGreuer
2 Monate her
Antworten an  Sonny

Man sollte nie vergessen wem die Gläubiger-Banken und auch die Zentralbanken gehören: den Superreichen Globalisten im Hintergrund. Dank der Möglichkeit dieser Banken Geld „zu schaffen“ (FIAT-Money), haben diese eine wunderbare Einnahmequelle – ohne Kosten. Die Gelder dazu kommen von den Steuern der Bürger. Hierdurch besteht eine perfekte Methode, den Bürger weiter abzuzocken. Und wenn der Staat am Ende Pleite ist, kommen Enteignungswellen (man muss die Gläubiger ja bedienen) und der Bürger verliert noch den Rest seines Besitzen. Wir kennen das ja noch von der Griechenland-Krise: Gewinne werden privatisiert (gehen also an die Besitzer, zumeist die Superreichen), Verluste werden sozialisiert: der… Mehr

Phil
2 Monate her

Frederic Bastiat, der (französische) Staat (1848) „So hat die Öffentlichkeit die zwei Hoffnungen, die Regierung die zwei Versprechen: viele Wohltaten und keine Steuern. Hoffnungen und Versprechen, die sich widersprechen und sich daher niemals erfüllen. Ist nicht dies die Ursache aller unserer Revolutionen? Denn zwischen den Staat, der unmögliche Versprechungen gibt, und die Öffentlichkeit, die unerfüllbare Hoffnungen hegt, stellen sich jetzt zwei Klassen von Menschen: die Ehrgeizigen und die Utopisten. Ihre Rolle ist von der Situation ganz vorgezeichnet. Es genügt für diese Populisten, dem Volk in die Ohren zu schreien: Die Regierung betrügt dich. Wenn wir an ihrem Platz wären, würden wir dich… Mehr

Teiresias
2 Monate her

Und wer ist EZB-Präsidentin?
Die Französin Lagarde.
„Whatever it takes.“
Da muss man sich weniger um Frankreich sorgen.
Sie werden ihre Probleme zu unseren machen.
„Kein Land haftet für die Schulden eines anderen“.
Ein Blauwal könnte nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte.

Haba Orwell
2 Monate her
Antworten an  Teiresias

Zumindest Orban wird sicherlich gegen die Schulden-Vergemeinschaftung protestieren. Vielleicht zerbricht die EUdSSR daran?

verblichene Rose
2 Monate her
Antworten an  Teiresias

Verglichen mit der Körpergröße und dem Energieverbrauch ist ein Blauwal geradezu auf Diät.
Ganz anders die EU 😂

Schwermetaller
2 Monate her

Gute Nachrichten! Weiter so!
Verwundert rieb ich mir gerade etwas die Augen: Die (Franzmänner) haben also einen Staatschef, unter welchem Regierungschefs arbeiten und gewechselt werden wie die Unterhosen? Na ja, jedes Land wie es will. Bei den Franzosen gabs ja auch schon mal einen, derselbst der Staat war. Und in Südostasien gibt es ein Volk, daß an die Idee des Großen Führers glaubt… Gut, daß es Leute wie Trump und Putin gibt – ansonsten müsste man ja denken, daß die Welt ausschließlich von Irren regiert wird.

EUje
2 Monate her

Preisfrage:
Wie lange wird es noch dauern, bis uns die Vergemeinschaftung der Schulden als Lösung verkauft wird?

Klaus Uhltzscht
2 Monate her
Antworten an  EUje

Nach der Faustregel, daß Verschwörungstheorien nach 3 Monaten Realität werden, sind es jetzt noch 3 Monate.

verblichene Rose
2 Monate her
Antworten an  EUje

Sie stellen diese Frage leider zu spät, denn „wir“ bezahlen seit geraumer Zeit in €uro.

Verzeihtnix
2 Monate her

Deutschland wird es zahlen. Entweder über die EU, oder ungehemmten Anleihenkauf der EZB oder sogar direkt als Gebühr für die Teilhabe am nuklearen Schutzschild Frankreichs. Oder alles zusammen.

Der-Michel
2 Monate her

Seit der Parlamentswahl 2024 verfügt keine Regierung mehr über eine parlamentarische Mehrheit. Der Linksblock unter Führung von Jean-Luc Mélenchon, Gründer der Partei La France Insoumise (LFI), verweigert Haushaltskürzungen genauso die Zustimmung wie Marine Le Pens Rassemblement National.

Daran kann man erkennen wie sinnlos die Einteilungen in Rechts, Links; Mitte oder Nazis sind.Melenchon und LePen unterscheiden sich nur minimal in den Forderungen im Bereich des „Sozialen“.

Haba Orwell
2 Monate her

> Eins steht fest: Für den Euro-Rettungsschirm ist das Land links des Rheins zu groß – und zu tief in den roten Zahlen.

Und dennoch willig, gegen Russland in den Krieg zu rennen? Oder gerade deswegen, wenn man an die These denkt, um 120% BIP an Staatsschulden würden Staaten in Kriege flüchten? https://tkp.at/2025/07/02/krieg-oder-konkurs/