Pegida und Polizei

Es geht hier nicht um die Aktualität der Schlagzeile zum politischen Jubelfest der Wiedervereinigung, wo die Polizei ausgerechnet der Gegenseite einen erfolgreichen Tag wünscht, sondern vielmehr um den inneren Zustand der Sicherheitsinstitution. Der nämlich wurde in Dresden bei der Einheitsfeier unabsichtlich etwas sichtbarer gemacht.

© Miguel Villagran/Getty Images
1. Mai Demo in Berlin

Unsere Spitzenpolitiker feiern den Tag der Wiedervereinigung, der uns doch alle freuen und das historische Ereignis wieder in unser Bewusstsein rücken sollte. Alles was in den über zwei Jahrzehnten nicht geschafft wurde, verschweigt man am Besten. Und wer stört wieder? Das Pack, die Fremdenhasser, die Dunkeldeutschen und einfache Merkel-Kritiker. Alle vermengt in der Pegidahorde.

Nachdem die Lautsprecheranlage der Krawallmacher versagte, half ein freundlicher Polizeibeamter, Dein Freund und Helfer, was der Beamte wohl zu wörtlich nahm und nicht darauf geachtet hat, wem er hilft, las er die Versammlungsauflagen gleich mit vor. Nicht genug damit: Nun wünscht der freundliche Beamte diesen lautstarken Republikzweiflern und den in der Demonstrationsmasse vermengten Neonazis auch noch einen erfolgreichen Tag. Die Pegidaaktivisten in Dresden bedankten sich mit Sprechchören bei der Polizei: 1,2,3 Danke Polizei!

Man stelle sich nur einmal fiktiv vor, es hätte sich bei den Demonstranten um Asylbewerber gehandelt, die wegen der miserablen Unterbringung zu Felde ziehen. Dabei hätten sie vielleicht gefordert, dass Merkel weg muss und gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass sie die moderne Lebensart dieser Christen und weltoffenen Gesellschaft ablehnen. Dafür muss man ja Verständnis aufbringen und nicht alles Gesagte und zum Ausdruck gebrachte gleich auf die öffentliche Goldwaage legen.

Wenn in der ähnlichen Situation dann der freundliche Beamte eingesprungen wäre, hätte er sich wahrscheinlich vor Schulterklopfern nicht mehr retten können. Unser lieber Bundespräsident hätte sicher auch ein paar gesalbte Worte gefunden, so wie man ihn halt kennt. Zu guter letzt wären ihm ganz bestimmt noch ein paar Tränen der Rührung von Claus Kleber über den Äther übermittelt worden. Pech gehabt, der freundliche Helfer hat sich gewaltig verirrt.

Sie erkennen die Signale nicht

Alle sind wieder aufmarschiert, um zu schwadronieren, zu loben und zu heucheln. Die Einheit, die Flüchtlingspolitik, sämtliche Missstände der Republik werden zu einem Brei verrührt und so viel Zucker beigemengt, dass einem normalerweise schlecht werden müsste.

Dresden und Schwarzwald
Populistischer Mummenschanz zum Tag der Einheit
Was bezwecken unsere Spitzenpolitiker damit? Sie wollen dem Volk diesen Brei bei jeder Gelegenheit schmackhaft machen. Die Kellner aus der Kommunalpolitik und den unteren Ebenen dürfen beim Servieren helfen. Und dann? Ja, und dann platzen die Pöbler wieder herein und vermasseln das ganze Fest und weisen am Ende noch auf das Wortgepanschte in bekannter Manier hin.

Was wünscht sich das normale, nicht radikale Volk, das auch durchaus Verständnis für das Elend der Flüchtlinge aufbringt? Die Leute wünschen sich von dieser Kanzlerin einmal ehrliche Worte und einen notwendigen Kurswechsel. Sie wünschen sich, dass diese Kanzlerin und der salbungsvolle Bundespräsident endlich einmal zur Realität stehen.

Nein, was machen sie stattdessen? Ständig die AfD und ihre Wähler verteufeln, alles, was auf die Straße geht mit der Pegidabewegung zusammen unter pack- und nazihaften Generalverdacht stellen. Alle die, die vielleicht aus Verzweiflung über diese chaotische und nur noch phrasendreschende Politik und deren Einheitsvolksvertreter mit dieser Bewegung sympathisieren, ja, die werden gleich mit nach rechts und in Richtung Pack abgedrängt. Mit zu den Verdächtigen gehört immer mehr die Polizei, die scheinbar rechtslastig ist oder immer mehr wird.

Das war übrigens in der alten Bundesrepublik nicht anders. Im SPIEGEL stand 1989 aus Untersuchungen über die Wähler der REPs: „Überdurchschnittlich viele Parteigänger der neuen Rechtsradikalen gibt es unter den bundesdeutschen Beamten, demnach ist die Popularität der Partei im öffentlichen Dienst nicht auf Polizisten beschränkt.“ 

Wenn man heute das Innenleben der Polizei, ganz besonders das der Basis und Frontkämpfer kennt, weiß man, warum etliche unter ihnen heimlich AfD wählen und heimlich mit der  Pegidabewegung sympathisieren.

Der freundliche Polizeibeamte hat durch sein Verhalten und seine Gesten zum Ausdruck gebracht, was die meisten seiner Kolleginnen und Kollegen denken. Sie fühlen sich auch von dieser Kanzlerin und ihrer kopfnickenden Gefolgschaft verkauft. Verraten und verkauft von der alternativlosen Merkelpolitik und den Mainstreammedien, die brav auf diesem Pfad mitwandern.

Mehr Polizei und bessere Ausrüstung wg. Pegida und AfD

Indirekt sehen sie AfD und Pegida gar als eine Art Polizeigewerkschaft. Durch den AfD-Aufstieg werden polizeifreundliche Forderungen möglich, können Maßnahmen zum Ausbau und zur Modernisierung der Polizei verwirklicjht werden, die nach Polizeimeinung vom Politestablishment schon längst hätten vollzogen sein müssen. Nachdem die Pegidas ihren Krawall und Unmut auf den Straßen austragen, kam plötzlich Bewegung in die Sache.

Ich habe noch sehr gute Kontakte zu meinen früheren Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich mich mit ihnen unterhalte, läuft ihnen der Frust fast schon an den Ohren heraus. Dort bekomme ich genau das zu hören, was der freundliche Beamte auf sich bezogen ungeschickt zum Ausdruck gebracht hat. Die Signale waren eigentlich deutlich. Doch man kann sicher davon ausgehen, dass die Politikspitze sie nicht erkennt, nicht erkennen will und nicht die notwendigen Konsequenzen daraus zieht.

Wo haben wir unsere Kanzlerin schon überall gesehen? In Flüchtlingsheimen und an Stätten der Menschlichkeit, wenn sie sich dabei auch hin und wieder tollpatschig verhält und dabei Migrationsmädchen verstört. Bei der Polizeibasis? War sie dort schon?

Sie könnte sich nun genau mit diesem Beamten der Dresdner Polizei einmal auseinandersetzen und ihn direkt fragen, was er sich bei dieser Aktion gedacht hat. Er sollte dann ehrlich sein Herz ausschütten dürfen. Er würde dabei für einen Großteil der Polizei sprechen, auch vielleicht wieder unbeabsichtigt. Dabei könnte die Kanzlerin diese genannten Signale bei so einem nie stattfindenden Gespräch unverschlüsselt empfangen. Dann müsste Merkel die Vorgesetzten des Beamten einmal richtig einnorden, so dass sie den freundlichen Helfer dafür weder mobben oder in den polizeilichen Kerker werfen. Ich habe nur etwas phantasiert. Das wird nicht passieren. Ich kann mir denken was geschehen wird.

Bauernopfer

Es ist nichts mehr weg zu vertuschen. Passiert ist passiert. Ursache und Wirkung. Wie schon erwähnt, wurde alles vermengt. Pegida nutzt jede Chance, ihren gesamten Frust breit zu machen. Viele Zaungäste verhalten sich ruhig und bedeckt, denken aber gleich wie viele Menschen in der Republik, natürlich überwiegend  heimlich. Heimlich ist auch dieser freundliche und hilfsbereite Polizeibeamte der Held dieser aktiven und passiven Frustrierten. Nur nützt ihm das nichts.

Wie wir wissen oder ahnen, will die Politik natürlich hohe Beamte, die ihnen gefügig und linientreu sind. Wenn dann einmal etwas schief geht oder nicht politisch korrekt abläuft: absägen. Siehe linientreuer Polizeipräsident der Kölner Silvesternacht. Wenn auch viele denken, hier hat es den Richtigen getroffen. Leider nur symbolisch den einen. Der oberste Dienstherr gehört ja immer noch zum politischen Schwadronierclub des einwohnerstärksten Bundeslandes. Und ein paar nicht ganz so hohe wirken ja weiter.

Keine Sorge, der Ex-Präses ist weich gefallen. Er hat es mit der Linientreue übertrieben und die falschen Entscheidungen getroffen. Sicher war er irritiert, was er darf, soll oder muss oder wie man es oben gern gehabt hätte. Sein Pech, die Migrationsgrapscher denken doch nicht an die Probleme, die ein Polizeipräsident mit ihnen bekommen könnte, nur weil wegen ihnen die politische Korrektheit aus dem Ruder geraten ist. Er wusste halt einfach nicht, dass er präventiv dürfen oder sollen oder müssen hätte.

Noch stärker verunsicherte Polizei

Diese Vorkommisse, wo nun auch Dresden sich mit einreihen kann, verunsichert die Polizei gegenüber ihren obersten Dienstherren noch mehr. Erfahrungsgemäß hat dies zur Folge, noch mehr Fehlern und damit in der tatsächlichen Wirkung seinen eigentlichen Aufgaben am besten irgendwie aus dem Weg zu gehen.

Am Ende weiß keiner mehr, was er gerade bei so einem Großeinsatz darf oder nicht darf. Gesetzliche Legitimationen für das Einschreiten werden häufig so entstellt, dass noch die rechtliche Verunsicherung dazu kommt. Von der Justiz ganz zu schweigen. Bei den Stellungnahmen in dieser Sache wird man sich wieder in alle Richtungen biegen, der freundliche Beamte als Bauernopfer mit eingeschlossen.

In vorauseilendem Gehorsam, wie man es kennt, werden sie den Beamten dann von oben und teilweise auch seitlich spüren lassen, was er angerichtet hat. Gleichzeitig werden seinesgleichen damit abgeschreckt. Zurück bleibt eine noch mehr verunsicherte Polizei, die wir gerade jetzt so notwendig brauchen, die aber zum Stillhalten verdonnert wird. Dabei muss sie zudem aufpassen, dass sie nicht gleich mit in die rechte Ecke gestellt wird.

Das haben wir vom Schönreden der Politiker, wo mit gezinkten Karten gespielt wird, wo verdeckt, getrickst – gewollt oder ungewollt – und vorgegaukelt wird, alles sei dauerhaft den Umständen entsprechend im grünen Bereich; notfalls wird noch mit irgend einer durch die Leitmedien sofort nachgeplapperten ungeprüften Statistik nachgeholfen.

Norbert Zerr, Hauptkommissar a.D., war 22 Jahre bei der Polizei, engagierte sich in der CDU, war Bürgermeister und gab 2000 zusammen mit Professor Adolf Gallwitz das Buch Horrorkids? heraus.

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