Vor Ort Lob und Anerkennung für Bundeswehr-Soldaten – Zuhause nur eine stille Formalität

Angesichts der Behandlung der Afghanistan-Rückkehrer sollte sich niemand wundern, wenn nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Bundespolizei und die Dienste über Nachwuchsmangel klagen.

picture alliance/dpa/dpa-Pool | Hauke-Christian Dittrich

„Außer Spesen nichts gewesen!“ So dürfte wohl die übereinstimmende Meinung der Deutschen zum so abrupt in dieser Woche zu Ende gegangenen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr lauten. Zwanzig Jahre waren unsere Frauen und Männer in Uniform fern von zu Hause im Einsatz. Immerhin stellte die Bundesrepublik mit insgesamt 160.000 Soldaten im Laufe von zwei vollen Jahrzehnten das nach den USA größte Kontingent bei der Ausschaltung des Al Qaida-Terrorismus. Die Täter und Hintermänner des bislang größten Terroranschlags auf die freie Welt, des Angriffs auf die Twin Towers und das Pentagon, wurden bestraft und die Organisation neutralisiert. In der Heimat fast verschämt verschwiegen, von ihren Kameraden, gerade der US-Armee vor Ort, ob ihres Mutes und ihrer Tapferkeit hochgeschätzt, verloren dabei auch 59 Deutsche nicht einfach ihr Leben, sondern sind für die Sicherheit von uns allen gefallen. Nicht wenige davon waren Angehörige der zuhause immer wieder übel beleumdeten KSK-Kräfte, die gerade wegen ihres Einsatzes in Afghanistan mehr Anerkennung und Achtung verdient hätten. Das gilt auch für die Polizei; aus persönlicher Profilierung wurde dort das Spezialeinsatzkommando vom hessischen Innenminister verleumdet und aufgelöst. 

Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr
Erbärmlich: Niemand aus der Polit-"Elite" begrüßt die heimkehrenden Soldaten
Es war beschämend zu sehen, wie formal und ohne jegliches offizielle Protokoll die Heimkehrer empfangen wurden. Niemand kann sich wundern, wenn nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Bundespolizei und die Dienste über Nachwuchsmangel klagen. Wer will schon seine Haut für einen Staat und eine veröffentlichte Meinung zu Markte tragen, die sich im Kern ablehnend von einem abwenden. Oder was ist es anderes, wenn unter den Kriterien des Bundesamtes für Verfassungsschutz das alleinige „Stolz-sein“ auf Deutschland zu einem Kennzeichen rechtsextremen Gedankengutes erklärt wird? Für wen haben denn unsere Soldaten in Afghanistan ihr Leben riskiert, wenn nicht im Auftrag Deutschlands, auf das man dann ja auch stolz sein können muß?

Doch die Bilanz dieses Einsatzes geht im Sinne der Afghanen weit über die Beseitigung des Al Qaida-Unterschlupfes und deren Infrastruktur hinaus. Schulen wurden gebaut, Straßen gelegt, eine Stromversorgung geschaffen und Krankenhäuser eingerichtet. Tag für Tag zeigten auch unsere Soldaten, dass es noch eine andere Welt gibt als die mittelalterlichen Vorstellungen des radikalen Islam. Diese Eindrücke werden bleiben, selbst wenn jetzt eine Rückkehr der Taliban-Herrschaft mit all ihren Grausamkeiten droht.

Stellt sich die Frage nach einer Alternative. Um auf Dauer dem gepeinigten Land und seinen Menschen wenigstens eine Art von Frieden zu garantieren, hätte es der ständigen Präsenz westlicher Truppen am Khyber-Pass bedurft. Man hätte einen Schrecken ohne Ende in Kauf nehmen müssen, der von den Bevölkerungen des demokratischen Westens dauerhaft nicht mitgetragen worden wäre. Die Lehre daraus kann nur eine neue Art von Realismus sein. Schon die Sicherheitsberaterin von George W. Bush, Condoleeza Rice, zeigte zu Beginn des zweiten Irak-Krieges mit ihrer Einschätzung, man habe ja auch in Japan und Nazi-Deutschland eine Demokratie aufbauen können, und das ginge nun auch im Irak, eine erstaunliche Naivität und wenig Sinn für Geschichte und Kultur in anderen Teilen der Welt. Die Schlussfolgerung daraus kann nicht zukünftige Untätigkeit sein. Nur, ein bißchen mehr langfristige Strategie, Analyse und operative Planung für den Tag danach wären angebracht.

Übrigens, nicht überall ist zur Befriedung von Konflikten die langfristige Anwesenheit ausländischer Kräfte auszuschließen. Gelungene Beispiele sind Südkorea, Zypern, aber auch Bosnien-Herzegowina und das Kosovo. Als ich nach 20 Jahren in der vergangenen Woche zum ersten Mal wieder in den kosovarischen Städten Pristina und Prizzen war, erkannte ich so gut wie nichts wieder. Entstanden sind dort prosperierende Wirtschaftskreisläufe, ein sichtbarer Wohlstandszuwachs für große Teile der Bevölkerung und ein gesellschaftliches Klima, das nur mit Gewalt von außen wieder vernichtet werden könnte. Als Deutscher hört man immer wieder großes Lob für die Rolle, die gerade die Bundeswehr bis heute durch ihre Anwesenheit spielt. Einigkeit besteht aber auch darüber, daß ohne diese Präsenz, und besonders die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten im Kosovo ihren größten militärischen Stützpunkt in Europa eingerichtet haben, der Frieden schon morgen wieder vorbei sein würde. Das gilt übrigens auch für andere Teile des Balkan. Ein Grund mehr, unseren Soldaten Achtung und Anerkennung zu erweisen – auch bei der zur Zeit gefährlichsten Mission im Kampf gegen den organisierten islamistischen Terror in Mali und an vielen anderen Stellen der Welt.

Es lohnt sich eben doch, Verantwortung zu übernehmen, denn es geht beim Kampf gegen die hybride Kriegsführung des Terrors auch um die Sicherheit in unseren Städten und Gemeinden. Zur Verantwortung gehört aber jetzt auch, diejenigen vor Ort, die uns zur Seite standen, nicht im Stich zu lassen. Das wäre schäbig und würde den Einsatz mit einem schalen Nachgeschmack versehen.


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Kommentare ( 27 )

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LRH
2 Jahre her

Es ist eine Schande das die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben nicht ehrenhafter empfangen werden ! Man hat wahrscheinlich Angst das welche in rechten Chatgruppen unterwegs sind ! Junge Leute sollten sich fernhalten ! Da die Politik den Leuten keinen Respekt zollt !

Holzdrache
2 Jahre her

Sorry Herr Gafron, meine Sicherheit musste weder jetzt noch in der Vergangenheit am Hindukusch verteidigt werden. Das war lediglich geniale Rhetorik von Peter Struck. Im Gegenteil ich finde es verrückt das unsere jungen Männer aka Soldaten ihren Kopf in einem uns fremden Land hinhalten und die genuinen jungen Männer dieses Landes hier in Schland auf Stütze leben und es unsicher machen. Die mit viel Geld und Schweiss gebohrten Brunnen, die Mädchenschulen, Stromleitungen etc werden schneller wieder in Schutt und Asche liegen als Sie denken. Das zeigen viele Hinterlassenschaften der Entwicklungshelfer.

Digenis Akritas
2 Jahre her

Mir fehlt in der Lobeshymne auf die serbische Provinz Kosovo eine Strophe über die serbischen Enklaven, die sehr bedrängt werden (Entführungen, zuweilen Progrome). Das Damokles-Schwert hängt täglich über ihnen.

anita b.
2 Jahre her

Wozu soll eigentlich anderen Ländern ständig unsere Lebensweise aufgedrückt werden?
Es funktioniert doch nicht mal in deutschland selbst. Auch hier wollen doch die nichtdeutschen ihre Kultur weiterleben, genau wie die es ausjahrhunderten gewöhnt sind.

Meykel
2 Jahre her

Die Bilanz ist, 20 Jahre dort in Afghanistan gewesen,160.000 Soldaten eingesetzt,
13 Mrd. Kosten verursacht, 59 Tote sind zu beklagen und ungezählte weitere Opfer mit schweren Traumata und Verletzungen. Und das alles für nichts, absolut gar nichts!

Man hat den Afghanen und besonders den Frauen Hoffnung gemacht und lässt sie jetzt im Stich.

Und von den Mali- Verwundeten hört man auch nichts mehr.

Als ehemaliger Reserve- Offizier bin ich wirklich entsetzt.

Was ist los mit unseren Politikern? Man kann nur noch entäuscht sein über dieses Verhalten.

Wer wählt solche Leute? Das deutsche Volk vertreten die jedenfalls nicht!

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Ein Grund mehr, unseren Soldaten Achtung und Anerkennung zu erweisen – auch bei der zur Zeit gefährlichsten Mission im Kampf gegen den organisierten islamistischen Terror in Mali und an vielen anderen Stellen der Welt.“

> WOBEI diese „Anerkennung“ schon VOR Einsatzbeginn erfolgen sollte indem man unseren Soldaten VERNÜNFTIGES, HEILES u. MODERNES Material(zB -auch bewaffnete- Drohnen) und Ausrüstung in die Hände gibt.

~~~~~~

Über (auch)das politische „Begrüßungskommando“ brauche ich hier mit Blick auf unsere „Politelite“ wohl keine weiteren Worte verlieren außer:

Pfui Deibel diesen linksgrünen Regierungsversagern aus CDU/CSU und SPD. Welch eine Schande für dieses Deutschland.

Felicitas21
2 Jahre her
Antworten an  Manfred_Hbg

Respekt, Dank und Anerkennung fehlt unseren linken Politiker für die Saldaten genauso, wie für unsere Polizisten, inkl. SEK. Und da ist auch kein Wunder, dass sich viele Bürger genauso verhalten. Sie halten den Kopf hin für das Politikversagen und bekommen Null Dank dafür. In den USA sind Eltern stolz, wenn ihre Kinder zu den Marines gehen.

EinBuerger
2 Jahre her

Ob diese „Hilfskräfte“ die woke Ansicht der BRD teilen? Würde mich nicht wundern, wenn diese „Hilfskräfte“, wenn sie einige Zeit hier sind, auch irgendwie „auffallen“ könnten. Das sind ganz normale Afghanen mit ganz normalen afghanischen Ansichten. Und was die von der real existierenden tollen BRD wohl denken werden, wenn sie hier sind?
Die meisten dieser „Hilfskräfte“ haben das wegen Geld getan und nicht wegen irgendwelcher westlicher Werte.
Außerdem habe ich gehört, dass die Taliban sehr human sein sollen, und nur die feindliche Offiziere „bestrafen“, die einfachen Soldaten in Ruhe lassen.

EinBuerger
2 Jahre her

„… sondern sind für die Sicherheit von uns allen gefallen“: Meine Sicht der Dinge: Es gab die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Alle Staaten der NATO haben den Bündnisfall ausgerufen. Was militärisch natürlich ein Schwachsinn war, aber politisch und emotional sicherlich nötig. Sonst hätte man es sich mit den Amerikanern endgültig verscherzt. Der hochwahrscheinliche Drahtzieher Osama bin Laden war in Afghanistan und wurde von der damaligen Taliban-Regierung nicht ausgeliefert. Daraufhin haben die USA diese Regierung bekämpft und gestürzt. Die USA gingen dann nach Afghanistan rein. Warum, weiß ich nicht genau. Um Osama bin Laden zu finden? Um… Mehr

Mausi
2 Jahre her

Die Afghanen wissen, wie die Welt ohne Taliban aussieht. Denn bevor sie kamen, lebte man in Afghanistan weitaus weniger islamisch. Aber das liegt wieviele Jahre zurück? 20? So erzählte es mir eine junge Frau aus Afghanistan. Verschleierung erst mit den Taliban. Als Schutz, um nicht in die Büsche gezerrt zu werden. Die Einflussnahme ausländischer Staaten erzürnt Afghanen. Dass ihr Land Kampfplatz ist. Eine Armee gibt es nicht. Welche Armee könnte sich auch gegen Rußland etc. zur Wehr stzen.Taliban sind Untergrundkämpfer. Gut im Kampf, aber schlecht für die Freiheit der eigenen Bevölkerung. Inzwischen ist ein Kampf der Taliban für den Islam.… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Gerd Heidenreich
2 Jahre her

Apropos Nachwuchsmangel bei Bundeswehr und Polizei:
Man hört überhaupt keine Zahlen dazu. Dabei kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass intelligente junge Leute sich diesem Druck von allen Seiten noch freiwillig aussetzen wollen, der auf diesen Berufen lastet.
Man sollte über Zahlen reden, bevor es Peng! macht und niemand mehr da ist, der für Sicherheit und Ordnung bereit steht!