Warum Voltaires Candide für Steinmeier ein rechter Populist ist

Historisch war der Gegensatz zum Brandmaurer der Freimaurer. Einer wie Voltaire. Dem die englische Schriftstellerin Evelyn Beatrice Hall den Satz zuschrieb: „Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen“. Den dürfte Steinmeier als rechten Populismus abtun.

picture alliance / PIC ONE | Ben Kriemann

Warum Voltaires Candide für Steinmeier ein rechter Populist ist, „der Schurke schwamm glücklich ans Ufer, wohin auch Pangloss und Candide auf einer Planke getragen wurden.“

Einige von Steinmeiers Vorgängern hielten wichtige Reden, er hingegen stimmt nur das Phraseseiunser an. Über die Phrasenschmiede des Phraseseiunser hatte bereits Heinrich Heine bitter gespottet: Sie sangen „das alte Entsagungslied, /Das Eiapopeia vom Himmel, /Womit man einlullt, wenn es greint, /Das Volk, den großen Lümmel. //Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, /Ich kenn auch die Herren Verfasser; /Ich weiß, sie tranken heimlich Wein /Und predigten öffentlich Wasser.“

Weil es Steinmeier jedoch gelang, das höchste Staatsamt, dessen Amtsträger eigentlich über den Parteien zu stehen haben, zum Parteiamt zu machen, wurde Analyse durch Phrase, Vernunft durch Glaube, Gerechtigkeit durch Gesinnung ersetzt. Weil man im Mittelalter einschlägige Erfahrungen mit einigen unwürdigen Päpsten gemacht hatte, wand man sich mit der Vorstellung, dass das Amt den Mann heiligt, aus der Affäre.

Doch die heiligende Kraft des Amtes findet ihre Grenze dort, wo sie keine heilende Wirkung mehr zu erzielen vermag, wenn der Blick des Amtsträgers auf die Wirklichkeit nicht dem des über alle Gegensätze kreisenden Adlers, sondern das Panzerschlitzformat des Klassenkämpfer entspricht. Glücklich, in Bellevue einziehen zu dürfen, rief der auf sich selbst bedachte Mann vor fünf Jahren in der Ekstase höchster Selbstgerechtigkeit aus: „Ja, wir leben heute im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat.“ Steinmeiers „Wir“ entsprach nur dem pluralis majestatis des obersten Brandmaurers der Noch-Republik.

Historisch gesehen war der Gegensatz zum Brandmaurer der Freimaurer. So einer wie Voltaire beispielsweise. Den Voltaire von der englischen Schriftstellerin Evelyn Beatrice Hall zugeschriebenen Satz „Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen“, dürfte Steinmeier als rechten Populismus abtun. Doch gegen die Vorstellung, in der besten aller möglichen Welten oder der davon abgeleiteten Behauptung auf intellektueller Sparflamme, dass man im besten Deutschland lebte, das es je gab, verfasste Voltaire vor 267 Jahren unter dem Pseudonym Docteur Ralph den satirischen Roman Candide ou l’optimisme (Candide oder der Optimismus). Die deutsche Übersetzung erschien übrigens nur anderthalb Jahre später unter dem Titel „Die beste Welt“. Doch könnte sich Steinmeier, wenn er ihn denn wirklich kennte, auf Leibniz berufen?

Es ist ein grober, ein wilder, wenngleich von unvergleichlicher Boshaftigkeit orchestrierter Spaß, den sich Monsieur Voltaire mit dem guten Herrn Leibniz erlaubte. Eines war Voltaire mit Sicherheit nicht, ein guter Mensch, dazu war er wiederum zu scharfsinnig und zu rational. Er wollte es zwar selbst guthaben in der Welt, nicht aber um den Preis, sich die Welt gutsehen zu müssen Hierin unterschied er sich von seinem Philosophen-Kollegen Gottfried Wilhelm Leibniz, der an Rationalität und Scharfsinnigkeit Voltaire wohl übertraf, aber eben dazu noch ein Deutscher war, das heißt, es war ihm in die Wiege gelegt worden, dass er die Welt sich gutsehen musste, selbst um den Preis, dass er es nicht guthaben würde.

Will man die Kontroverse zwischen dem Franzosen und dem Deutschen verstehen, sollte man sich daran erinnern, dass die Heimat der deutschen Philosophie die Universitäten, die der französischen Philosophie die Salons sind. Ordentlich und gewissenhaft ging also Leibniz ans Werk, um eine Philosophie zu entwickeln, die die Menschen tröstet, optimistisch stimmt und deren Schlussfolgerung kühn lautet, dass wir nicht nur im besten Deutschland, sondern in der besten aller möglichen Welten leben.

Spätestens seit den Gesprächen mit der preußischen Königin im Park des Schlosses zu Lietzenburg plagte den guten Leibniz die Frage, wie es denn sein konnte, dass Gott, der als gut und allmächtig zu denken und zu glauben war, eine Welt erschuf, in der so viel Elend, so viel Ungerechtigkeit, so viel Leid und Grausamkeit existierte, kurz, warum der vollkommene Gott nur eine unvollkommene Welt hinbekam.

Begonnen hatte es damit, dass die Königin Auskünfte wünschte über die Ideen des französischen Philosophen Pierre Bayle über Gott und den Zustand der Welt, die sie in dessen „Dictionnaire historique et critique“ gefunden hatte. Gottfried Wilhelm Leibniz, der nicht nur ein großer Mathematiker und ein mindestens ebenso großer Philosoph war, war zudem ein freundlicher Herr und ein gründlicher Deutscher.

Natürlich hätte er sich gutkatholisch mit der etwas abenteuerlichen und inquisitionsgehüteten Erbsünde herauswinden können, aber Herr Leibniz war kein Katholik, sondern ein Protestant und, was schwerer noch wog, ein deutscher Philosoph, der einem Problem nicht aus dem Weg ging, auch wenn ihn das System darüber um die Ohren fliegt. Und weil es so und er ohnehin schon einmal beim Denken war, schuf er gleich ein neues System.

Er ging davon aus, dass man Gott nicht über die Klinge der Erkenntnis springen lassen musste, wenn man die Welt wissenschaftlich zu erklären versuchte. Denn es entsprach durchaus Gottes Weisheit, dass die Welt, Gott und die Menschen, Seele und Leib sich in einer Harmonie befänden, und da Gott diese Harmonie im Uranfange geschaffen hatte, nannte Leibniz sie eine prästabilierte (im voraus hergestellte) Harmonie. Sie war praktisch ohne Zutun des Menschen bereits vorhanden.

Das alles fand die kluge Königin ganz brav, doch, wenn es so war, woher käme dann das ganze Elend auf der Welt? Darauf gab es, wenn man die Existenz eines Gottes voraussetzt, mehrere Antworten: entweder hat Gott die Welt unvollkommen geschaffen oder er ist nur nicht in der Lage, das Elend aus der Welt zu bringen, das würde aber mit dem Wesen Gottes, der allmächtig ist, kollidieren. Dass Gott bewusst die Menschen leiden lässt, führte hinwiederum nicht zu einem guten, sondern zu einem zynischen Gott.

Leibniz fand eine geniale Lösung: Gott konnte zwischen verschiedenen Welten auswählen und hat diese Welt als die beste aller möglichen Welten geschaffen. Wenn Voltaire später spottete, dass er nicht die anderen Welten sehen möchte, wenn dies die beste aller Welten sei, gelang dem Franzosen zwar ein hübsches Bonmot, doch ging er an Leibnizens Gedanken vorbei, denn die beste aller möglichen Welten musste nicht unbedingt eine gute Welt sein, sondern eben die beste mögliche.

Von dieser Reflexion ist Herr Steinmeier natürlich weit entfernt, der sich nicht mit dem Spiel der Möglichkeiten aufhält, sondern sich an den gedeckten Tisch im Schloss Bellevue setzt und beim Tafeln vergnügt findet, dass es nicht das beste aller möglichen Essen ist, sondern das beste Essen, das er je aß – und damit es so bleibt, kämpft der Schlossherr gegen rechts.

Leibniz hingegen ging es nicht um das Wohlleben auf Kosten anderer. Er setzte bei zwei Voraussetzungen an. Die erste Prämisse lautete, dass es einen weisen und gütigen Gott gibt und die zweite erkannte das Elend und die Ungerechtigkeit in der Welt an. Leibniz vereint Glauben und Vernunft in einer Harmonie, indem er sagt, dass Gott die beste aller möglichen Welt geschaffen hat, die zu einer guten Welt wird, wenn sich der Mensch vervollkommnet.

Die Vervollkommnung des Menschen erfolgt über die Ausbildung der Vernunft. Vernunft – und nicht der Kampf gegen rechts – heißt also das göttliche Mittel, das Gott in der besten aller möglichen Welten bereits angelegt hat, um zur guten Welt zu kommen. Die Theodizee, wie Leibniz die Rechtfertigungslehre Gottes nennt, bedarf weder des Kreuzweges, noch Jesus Christus. Sie benötigt weder Sünde noch Erlösung, noch Klassenkampf. Er denkt sich einen Gott als Impulsgeber. Das System funktioniert nach dem ersten Impuls von allein: er ist Deist. Nicht Erlösung, sondern Vollendung in einer von Gottes Weisheit angelegten Welt, in der der Mensch planvoll stetig zum Guten kommt. Leibniz ist Optimist. Vernunft wird ihm nicht zum Inhalt, sondern zum Maß des Glaubens.

Doch Voltaire fühlte sich nach flüchtiger Lektüre von Leibniz schlicht veralbert, nahm ein paar Bögen und verfasste einen sardonischen Roman. Der Deutsche hatte das Problem aus seiner Sicht nicht gelöst, sondern nur auf eine andere Ebene verlagert und es schlicht mit „zureichendem Grund“ wegphilosophiert. Auf dieser abstrakten Ebene, die der deutsche Philosoph gewählt hatte, konnte die Wirklichkeit seinen Gedanken nichts mehr anhaben, denn alles Wesentliche, was zu diskutieren war, wurde von Leibniz wahrscheinlich an einem 23. Dezember – einem dunkeln Tag des Jahres – in die Voraussetzungen geschmuggelt, die nicht hinterfragt, sondern einfach gesetzt wurden. So übrigens wie die Lebensumstände der Bürger im niedergehenden Deutschland dem Mann in Bellevue im besten Deutschland, in dem er je gelebt hat, etwas anhaben könnten.

Der Franzose fühlte wenig Neigung, dem Deutschen in die Spekulationen eines Geistersehers zu folgen, und erfand einen armen Kerl, den er auch noch Candide nannte, zu deutsch etwa: der Arglose, der Reine, der Unverdorbene, der Naive, in einem Wort der Urgroßonkel von Forrest Gump oder das Opfer der Philosophie des Herrn Leibniz oder schlicht der deutschen Michel.

Nicht genug damit, dass Candide die heilige Einfalt personifizierte, bekam er noch einen Philosophen an die Seite gestellt, den Voltaire Pangloss, also Allesredner oder besser im Deutschen Vielschwätzer nannte – und dieser Pangloss, das konnte sich Monsieur Voltaire einfach nicht verkneifen, so sehr ärgerte er sich über den eleganten Trick des Herrn Leibniz, brillierte als eine in ihrer Boshaftigkeit auf die Spitze getriebene Karikatur des deutschen Philosophen, der ganz gleich, in welch schlimme Situationen und Katastrophen Candide auch geriet, ihm immer wieder stoisch erklärte, dass sich Candide glücklich schätzen konnte, dass er in der besten aller möglichen Welten, im besten Deutschland, das es je gab, lebte und jedes Missgeschick, jedes Unglück, das Candide wiederfuhr, ihm letztlich zum Guten dienen würde.

Kennengelernt hatte Candide Pangloss bei der Gelegenheit, von ihm unterrichtet zu werden, im Paradies, in den Voraussetzungen des Herrn Leibniz, in der prästabilierten Harmonie, im westfälischen Schloss des Barons Thunder-ten-tronckh, dessen illegitimer Neffe Candide war. Über seine Wahl des Paradieses lächelte Voltaire maliziös, denn mit Westfalen spielte Voltaire auf den Westfälischen Frieden an, der ein Jahrhundert zuvor den 30-jährigen Krieg beendet hatte, nachdem alle Kriegsparteien erschöpft waren und der Krieg den Krieg nicht mehr ernährte.

Die Voraussetzung des Paradieses liegt also in der Hölle, wie die prästabilierte Harmonie vom Inferno ausging. Und auch dieses Paradies wird wieder zur Hölle werden, aber da hatte der Baron Candide schon aus dem Paradies vertrieben, weil der Gimpel sich in die legitime Tochter des Barons, Kunigunde, verliebt hatte. Bei Pangloss lernte Candide, „dass die Dinge nicht anders sein können, als sie sind, denn da alles zu einem Zwecke erschaffen worden ist, geschah es notwendigerweise zu einem besten Zwecke. Beachtet wohl, daß die Nasen zum Tragen von Brillen erschaffen wurden, und so haben wir denn auch Brillen! Beine sind offenbar zum Tragen von Stiefeln eingerichtet, und wir haben Stiefel! Die Steine sind so gebildet, dass man sie behauen und Schlösser daraus erbauen kann, und so hat der gnädige Herr denn auch ein sehr schönes Schloss, und zwar muss der größte Baron der Provinz am besten behaust sein! … Aus allem diesen geht hervor, dass jene, so behauptet haben, alles sei gut, eine Dummheit sagten: sie hätten sagen müssen, alles sei zum besten.“

Candide wird jedenfalls aus dem Schloss vertrieben, von wilden Bulgaren zum Kriegsdienst gepresst, flieht, nachdem er die Schrecken des Kriegsdienstes erlebt hat, und stößt auf seiner Flucht auf seinen alten Lehrer Pangloss, der ihn informiert, dass Kunigunde tot sei. Candide trifft es wie ein Schlag mit der Axt und ihm schwindet für einen kurzen Augenblick wie nach einem islamistischen Anschlag die Idee, in der besten aller möglichen Welten zu leben.

Auch der Tod seiner Geliebten an Syphilis, die von den Spaniern von den karibischen Inseln nach Europa eingeschleppt wurde, erschütterte Pangloss nicht in seinem Optimismus, denn auch die Syphilis „ist ein in der besten aller Welten völlig unentbehrliches Ding, ein notwendiger Bestandteil, denn hätte Christoph Columbus auf einer Insel Amerikas diese Krankheit nicht bekommen, als welche die Quelle der Fortpflanzung vergiftet, ja zuweilen sogar verstopft und ganz offenbar der Gegenpart des großen Zweckes der Natur ist, so hätten wir weder Schokolade noch Kochenille.“

Candide kommt durch die Welt, gerät von einem Unglück in ein noch größeres Unglück, eigentlich wird es für ihn immer schlimmer, während ihm Pangloss immer wieder sagt, dass es in der besten aller möglichen Welten zu diesen Unglücken kommen muss, weil alles seinen „zureichenden Grund“ hat: „Alles dies ist unerlässlich…privates Unglück bildet das allgemeine Glück, so daß alles um so besser steht, je mehr privates Unglück es gibt.“

So mag auch Herr Steinmeier denken, dass, um so schlechter es den Deutschen geht, sie nur um so mehr im besten Deutschland leben, das es je gab, dass Deutschland mit jeder Insolvenz, mit jedem, der seine Arbeit, seinen bescheidenen, hart erarbeiteten Wohlstand verliert, mit dem zusammenbrechenden Gesundheitswesen, mit dem Niedergang der Wirtschaft, mit jedem islamistischen Anschlag, mit jeder Hausdurchsuchung als Einschüchterung nur um so besser wird.

Und wenn wir – Steinmeier und die classe politique von dieser Zumutung verschont – unser letztes Hemd für die Ukraine geben, „uns selbst einiges abverlangen“, eigentlich alles abverlangen, dann werden wir im besten Deutschland leben, das es für Steinmeier je gab. Und wer daran zweifelt oder widerspricht wie Voltaire, ist einfach rechts oder ein Populist oder schlimmer noch ein rechter Populist, der nicht in unsere Demokratie gehört. Aber auch Leibniz würde der Bannstrahl Steinmeiers treffen, denn der hatte seinen Optimismus auf das Axiom gesetzt, dass die Vernunft das Maß des Glaubens, und eben nicht die Gesinnung das Maß der Vernunft abgibt.

Candide kommt jedenfalls, während wir uns kurz mit Herrn Steinmeier beschäftigten, nach Lissabon, als gerade das berühmt-berüchtigte Erdbeben von Lissabon ausbricht. Das Erdbeben mit knapper Not überstanden, verschlägt es Candide und Pangloss nach Cadiz, dann weiter nach Paraguay, begleitet stets von Qual, Pein, Bedrohung an Leib und Leben, von dort ins Goldland El Dorado, weiter nach Surinam, wo er den Manichäer Martin trifft, den Pessimisten und Skeptiker, den Gegenspieler von Pangloss, in dem man unschwer Voltaire erkennen kann, freilich nicht ganz, dazu ist Voltaire zu klug, sich schutzlos einer Roman-Figur auszuliefern:

„Ich muss Ihnen gestehen, wenn ich einen Blick auf diese Erdkugel oder vielmehr auf dieses Erdkügelchen werfe, so kommt mir der Gedanke, Gott müsse es irgend einem bösartigen Wesen preisgegeben haben…Ich habe nicht eine einzige Stadt gesehen, die nicht den Untergang der Nachbarschaft gewünscht, keine Familie, die nicht den Zerfall einer anderen begehrt hätte. Allenthalben verabscheuen die Schwachen die Mächtigen und kriechen vor ihnen, und die Mächtigen behandeln sie wie Herden, deren Wolle und Fleisch man verkauft. Eine Million in Scharen geordnete Mörder durchziehen Europa von einem Ende zum anderen und üben Mord und Räuberei mit Fug und Recht, um ihr Brot zu verdienen, weil es kein ehrlicheres Gewerbe gibt; und in den Städten, die sich des Friedens zu erfreuen scheinen und in denen die Künste blühen, werden die Menschen von mehr Süchten, Sorgen und Drangsalen verzehrt, als eine belagerte Stadt an Heimsuchungen auszustehen hat. Heimliches Ungemach ist noch weit grausamer als offenkundiges Elend“.

Schließlich trifft Candide in Konstantinopel ein, wo er die totgeglaubte, allerdings verunstaltete Kunigunde wiedertrifft. Doch heiratet er sie dennoch, kauft ein Landgut, lässt sich dort mit seinen Begleitern nieder und widmet sich der Landwirtschaft. Ist dieses Landgut auch nicht die beste aller möglichen Welten, so steuert doch jeder sein Bestes bei, damit es ein gutes Leben wird. „In dieser lobenswerten Absicht vereinigte sich die ganze kleine Gesellschaft, ein jeder begann, seine Gaben zu nutzen, und das kleine Gütchen brachte viel ein. Kunigunde war zwar recht hässlich, aber sie wurde eine ausgezeichnete Zuckerbäckerin…und Pangloss sagte bisweilen zu Candide: „In dieser besten aller möglichen Welten sind alle Ereignisse miteinander verkettet, denn wären Sie nicht wegen Ihrer Liebe zu Fräulein Kunigunde mit wuchtigen Fußtritten in den Hintern aus einem schönen Schlosse verjagt worden und nicht in die Hände der Inquisitoren geraten, hätten Sie nicht Amerika zu Fuß durchwandert und dem Baron einen tüchtigen Degenstich versetzt, ja, hätten Sie nicht alle Ihre Hammel aus dem guten Lande Eldorado eingebüßt, so würden Sie hier nicht eingemachte Zedratrinde und Pistazien essen.“ „Vollkommen richtig,“ erwiderte Candide, „aber wir müssen unseren Garten bestellen.“

Und darin besteht die Aufgabe, worin sich schließlich Voltaire und Leibniz einig wären, nicht das Elend innerhalb planetarer Grenzen zu bekämpfen – und es dabei letztlich nur zu vergrößern, weil man dadurch auch das Elend hinter die deutschen Grenzen holt -, sondern darin, seinen Garten zu bestellen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Regierung, die Alt-Eliten in diesem Land die Bürger nicht daran hinderten, ihre Gärten zu bestellen, sie nicht die Erträge der Gärten konfiszierten, sondern ihre Aufgabe erfüllten. Aber wahrscheinlich benötigen sie das Trugbild vom besten Deutschland, das es je gab, weil sie unfähig sind, unseren Garten zu bestellen, worüber er verkommt.

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Kommentare ( 35 )

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Micky Maus
3 Stunden her

Alle, diejenigen, welche Steinmeiers Hass gegen Andersdenkende nicht folgen, sind in seinen Augen rechtsradikale Ratten, von einer „rechtsradikalen Rattenfängerpartei“ geblendet. Was für ein „SUPERDEMOKRAT“ dieser Bundespräsident Ich muß gleich wieder kot…. gehen!

rainer erich
3 Stunden her

Ein kleine Anmerkung zur Theodizee: Wenn der Gläubige diese Welt für die bestmögliche hält, reduziert er damit zwingend die Macht des Schöpfers. An der objektiven “ Unvollkommenheit “ dürfte es wenig zu zweifeln geben. Sie hat übrigens nicht wenig mit der Konstruktion des menschlichen Gehirns zu tun, ein Teil der Schöpfung. Da kann man sich sogar unterhalb Gottes gewisse Verbesserungen vorstellen. Wenn dem Schöpfer, dessen Raum ohnehin nicht sehr stabil erscheint, Besseres nicht möglich war, könnten ähnliche Zweifel entstehen ,wie sie qua Wissenschaft, nicht dem aktuellen Szientismus oder auch Aberglauben, durch deren Befunde entstanden sind. Immerhin ist für manche die… Mehr

Marcus Tullius
6 Stunden her

Wer wählt denn einen Frank Walter in ein Amt, das reine Deko ist? Sollte dann nicht wenigstens etwas Stil vorhanden sein? Aber dieses „Land“ hat erst recht keinen Stil. Die Reden eines Menschen mit einem Gesicht, das an andere Körperteile erinnert, mit eingefrorener Mimik, Rigor-mortis-Gestik, sind auf das Hertz monoton vorgetragen, mit der Stimme eines Bademeisters, der den ganzen Tag geschrien hat: „Nicht vom Beckenrand springen!“

Nibelung
9 Stunden her

Dazu könnte nur noch die Feststellung von Goethe eine gewissse Relevanz erhalten, die da lautet: Hier steh in nun ich armer Thor und bin so klug als wie zuvor.

Den Rest kann man sich sparen, weist er doch auf das Gleiche hin und im Gegensatz zu Goethes Zeiten hat sich diese Feststellung in einem Ausmaß multipliziert, wo es dem Betrachter himmelangst werden kann, von solchen Koryphäen beglückt zu werden, die wiederrum erwählt werden, weil sie die Tragweite solcher Aphorismen nicht verstehen.

heinrich hein
17 Stunden her

ich kenne niemanden, der diesen Typen achtet. und ich glaube, er weiss, dass ihn niemand für einen guten Bundespräsidenten hält. Typen wie der sind mE nie beliebt und haben wenige Freunde.

karlotto
17 Stunden her

Schon im Georgien Krieg, hat er nur Müll geredet.
Parteifreund Schröder, must es richtigstellen.
Übrigens Schröder , der letzte Volkskanzler.

Peter Triller
23 Stunden her

Danke für diese großartige Philosophiestunde. Es ist wohl eine Eigenschaft der Deutschen, die Widersprüche solange wegzudiskutieren, bis Harmonie entsteht. Die beste aller Welten ist notwendigerweise gar keine gute, auf so einen Gedanken muss man erst einmal kommen, um das eigene Weltbild zu schützen. Und es trifft immer noch auf die heutige „Elite“ zu: sie verbiegen und verdrehen, bis aus einer unverantwortlichen, zerstörerischen und irrationalen „Energiewende“ ein angebliches Vorbild für eine neue klimaneutrale, nachhaltige und decarbonisierte Welt geworden ist. Und damit es jeder auch endlich begreift, schreiben sie das auch noch in die Verfassung.

Siggi
1 Tag her

Die SPD Ansprache der Bundeseule wurde schöngerechnet, ca 5 % der Einwohner vorgesetzt. Rechnet man die Zwangszuseher und vergessenen Umschalter raus, waren es wohl nur die SPD Parteimitglieder. Der große Rest hat sich das Gesabber erspart.

Zack
1 Tag her

Und so ist Steinmeier also einer aus dem Volke der Phrasisäer.
Die Namens-Ähnlichkeit ist durchaus gewollt.

Last edited 1 Tag her by Zack
PK110
1 Tag her

Ich weiß nicht, ob Steinmeier Voltaire gelesen hat.
Verstanden hat er diesen mit Sicherheit nicht.