Kanzler Merz treibt Deutschland außenpolitisch in die Isolation und wirtschaftlich in den Ruin

Friedrich Merz wollte Europas Führer sein, doch niemand folgt ihm. Während Emmanuel Macron taktiert und Interessen durchsetzt, verzockt der Kanzler Deutschlands Einfluss, Geld und Glaubwürdigkeit. Es bleibt wie es war: Deutschland zahlt und andere bestimmen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Maryam Majd

Fast alle deutschen Medien geben die Version der Bundesregierung über Verlauf und Ergebnisse des EU-Rats am 18. und 19. Dezember wieder, doch ist diese Version nur der dilettantische Versuch, das vollständige Scheitern des Bundeskanzlers in Brüssel zu vertuschen. Merz ist nicht der Anführer Europas, sondern er ist der deutsche Kanzler, der Deutschland außenpolitisch in die Isolation führt.

Gab es in der Ampel noch einen Bundeskanzler Olaf Scholz, der die allerschlimmsten Entgleisungen der Baerbockschen Außenpolitik mit überschaubarem Erfolg suchte einzufangen, setzen Merz und sein Außenminister Wadephul die Baerbocksche Außenpolitik, die eine grüne Geisterfahrt war, bruchlos und mit größerer Intensität fort. Der Grund dafür ist einfach zu benennen, er liegt im fehlenden Kompass, die Nadel müsste eben nicht auf ukrainische, sondern auf deutsche Interessen stehen.

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Hierin, dass Merzens eigentliche Gegenspieler, Giorgia Meloni und Emmanuel Macron, italienische bzw. französische Interessen vertreten, sind sie dem deutschen Bundeskanzler überlegen. Man muss es leider Emmanuel Macron lassen, dass er den Mann aus dem Sauerland, der versuchte auf der Weltbühne den Heldentenor zu geben, aber als Buffo endete, geschickt ins Abseits manövrierte. Man ist bei Merz ein wenig an Molières „Bürger als Edelmann“ erinnert.

Was ist geschehen? Am 17. November verkündeten Macron und Selenskyj einen „historischen Rüstungsdeal“. Dass die Ukraine den Kauf der 100 Rafale-Kampfjets nicht bezahlen kann, dürfte klar sein, dass auch das vor dem Staatsbankrott stehende Frankreich den Deal nicht finanzieren wird, wussten alle – nur anscheinend nicht die Helden im Kanzleramt. Frankreich und die Ukraine hatten ein Geschäft zu Lasten Dritter abgeschlossen, nämlich Deutschlands und der EU, also verkürzt gesagt Deutschlands.

Zudem benötigte die Ukraine dringend Geld für Staats- und für Kriegsausgaben, und für ein paar Ausgaben für Leute und Zwecke, über die die EU und auch der deutsche Bundeskanzler nichts wissen wollen. Man gewinnt langsam den Eindruck, dass für von der Leyen und für Merz die Ukraine alles sein darf, auch korrupt. Die Zahlen variieren, mal heißt es, dass 90 Milliarden Euro fehlen, dann macht der Fehlbetrag 134 Milliarden Euro aus. Oben drauf kommt noch die Fälligkeit für einen Kredit der G7-Länder, an dem die EU mit 18,1 Milliarden Euro beteiligt ist.

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Am liebsten hätte Macron die Finanzierung nach dem Mechanismus des Umverteilungs- und Verschuldungsprogramms NextGenerationEurope, im Kern also durch Eurobonds, realisiert. Weder Frankreich noch Italien haben etwas gegen Schulden, wenn sie nicht auf den eigenen, bereits überschuldeten Staatshaushalt durchschlagen und wenn am Ende Deutschland zahlt. Es war richtig von Merz, darauf nicht einzugehen, doch der größere Fehler des deutschen Bundeskanzlers bestand darin, mit der deutschen Kommissionspräsidentin einen abenteuerlichen, manche würden sagen, fast schon kriminellen Plan auszuhecken, nämlich einfach die russischen Vermögenswerte, die in der EU verwahrt werden, zu entwenden. Dass Merz nicht wusste, dass mit diesem Schritt die Stabilität des Euros und der Finanzplatz Europa extrem gefährdet würden, lässt stark am Sachverstand im Kanzleramt zweifeln. Dass nach dem Griff nach den russischen Vermögenswerten Saudi-Arabien und China, vielleicht auch noch die Emirate nicht ihre Vermögenswerte aus Europa abgezogen hätten, kann man nur glauben, wenn man sich am inzwischen legalisierten Cannabis mehr als gütlich tut.

Merz beging vier große Fehler, weil er nicht deutsche Interessen, sondern nur grüne Phrasen kennt:

  • Erstens hätte er niemals die amerikanischen Friedensbemühungen torpedieren dürfen, sondern hätte sie unterstützen müssen.
  • Zweitens hätte er die Initiative ergreifen und versuchen sollen, mit Putin ins Gespräch zu kommen, allzumal, wenn er denn der Anführer Europas sein möchte – nun wird Macron mit Putin sprechen. Allenfalls in Krähwinkel spricht man noch mit Deutschland.
  • Drittens hätte Merz eine realistische Vorstellung über den wirklichen Finanzbedarf der Ukraine ermitteln müssen – und eine realistische Idee für die Bereitstellung der Kredite für die Ukraine entwickeln können. Diesen Plan hätte er eingedenk der Mitteleuropa-Konzeption mit den Ungarn, mit den Tschechen, mit den Slowaken, mit den Österreichern zuvor bilateral abstimmen sollen. Dass Macron ihn auf Glatteis führen wird, war von Anfang an klar, denn Macron steckt in innenpolitischen Schwierigkeiten, da kommt ihm außenpolitischer Erfolg sehr gelegen.
  • Viertens aber hätte Merz dem Franzosen den Vortritt lassen und die Linie verfolgen sollen, dass Deutschland sich an der Finanzierung der Ukraine beteiligt, im Gegenzug aber die deutsche Unterstützung vom Bürgergeld bis zu den Exportbürgschaften zurückfährt.

Außerdem hat der Grundsatz zu gelten, dass es Kredite nur gegen Gegenleistungen gibt, Rohstoffe beispielsweise, seltene Erden beispielsweise. Nicht einen Cent wird Deutschland aus der Ukraine zurückbekommen, nicht einen. Das kann man auch Veruntreuung von Steuergeldern nennen

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Im Vorfeld hatten von der Leyen und Merz ungebührlichen Druck auf das kleine Belgien und dessen Ministerpräsidenten Bart De Wever ausgeübt, sogar unter Verwendung eines nicht zutreffenden Artikels des EU-Vertrages die Einstimmigkeit gekippt. Macron und Meloni, wissend, dass der Von-der-Leyen-Merz-Plan scheitern würde, verhielten sich ruhig und abwartend. Merzens größter Fehler war jedoch, dass er für den Fall des Scheiterns keinen Plan B in der Tasche hatte. Wie naiv oder arrogant oder sogar beides muss man sein, wenn man nicht Optionen durchspielt im Falle des Scheiterns des eigenen Plans. Ein erfahrener EU-Diplomat äußerte Politico gegenüber: „Man schickt keinen Staats- und Regierungschef zu einem Gipfeltreffen des Europäischen Rates, ohne einen Plan B in der Hinterhand zu haben.“ Merz hatte keinen, er stand blank da.

Nachdem, wie man hört, ein überarbeiteter Plan den Regierungschefs vorgelegt worden war und Giorgia Meloni die Vorlage – möglicherweise in Absprache mit Macron – in der Luft zerriss, sah Macron seine Stunde gekommen. Laut den Recherchen von Politico hatte Macron im Vorfeld bereits mit den Ungarn verhandelt, dass die Ungarn nicht gegen den Plan der Franzosen stimmen würden, wenn sie im Gegenzug aus der Finanzierung des Kredits für die Ukraine draußen blieben. Politico schreibt: „Der Deal, der zuvor als Europas unwahrscheinlicher Plan B galt, war plötzlich die einzige Option. Während sich einige von diesem Manöver hinters Licht geführt fühlten, war für einen Diplomaten klar, dass Macron die Schlüsselfigur für das Zustandekommen des Plans B gewesen war.“

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Mercosur vom Tisch, der sogenannte Reparationskredit vom Tisch, eine 90 Milliarden Euro hohe Transferleistung, die man unzutreffend Kredit nennt, die Tschechien, die Slowakei und Ungarn nicht mitfinanzieren, und die vor allem von Deutschland getragen wird, dafür auf dem Tisch – dümmer geht nimmer. Und dann setzte Macron noch einen drauf, indem er unmittelbar nach dem Gipfel alle mit der Ankündigung überrumpelte, mit Putin verhandeln zu wollen. Laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti antwortete Putins Pressesprecher Peskow stante pede: „Wenn also der gegenseitige politische Wille vorhanden ist, kann dies nur positiv bewertet werden.“ Putin habe jedenfalls „seine Bereitschaft zum Dialog mit Macron bekundet“.

Jetzt steht Deutschland in der EU isoliert als Kriegstreiber und der Franzose als Friedensengel dar. Seit 2015 hat Deutschland gegen sein wichtigstes Einflussgebiet, nämlich Mitteleuropa, immer schriller agiert, mit den Skandinaviern hat es sich Deutschland durch seine komplett falsche Energiepolitik verdorben, mit den Mitteleuropäern ohnehin, mit den Italienern durch die Migrationspolitik, mit den Griechen durch die Austeritätspolitik, mit China liegt Deutschland im Clinch durch Baerbocks und Wadephuls Großsprecherei, der Balkan wird gedemütigt, Israel wird verprellt. Und vielleicht kann man sich das sogar leisten, wenn man wirtschaftlich stark, nicht aber wenn man wirtschaftlich nur noch ein Koloss auf tönernen Füßen ist. Unter Friedrich Merz ist Deutschland inzwischen wie der Kanzler, ein Scheinriese.

Keine Wende in der Wirtschaftspolitik, keine Wende in der Energiepolitik, keine Wende in der Außenpolitik, Deutschland ist mit Volldampf auf Kollisionskurs mit der Wirklichkeit wie die Titanic mit dem Eisberg. Am Ende siegt die Wirklichkeit immer.

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Kommentare ( 27 )

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Europafriend
7 Minuten her

Ich kann einfach nicht mehr das Antlitz von Herrn M. sehen, ohne Magen- Darm-Beschwerden zu bekommen. Und es werden immer mehr, denen es so geht, auch seinen angeblichen (noch) Getreuen, die die die Säge für die Beine seines Stuhles in der Tasche führen. Auch das läßt hoffen.

Karl Kaiser
14 Minuten her

Es klingt paradox: Das Scheitern der deutschen Regierung auf möglichst allen Politikfeldern liegt im unbedingten Interesse Deutschlands. Den deutschen Bürgern und Steuerzahlern bleibt nur die Hoffnung, daß die Welt zu trennen weiß zwischen einer völlig verblödeten deutschen Regierung und dem immer noch existierenden Volk der Dichter und Denker, der Erfinder und der Ingenieure.
Oder anders- wir brauchen einen kompletten Neuanfang ohne einen einzigen Angehörigen der derzeit regierenden angemaßten „Elite“
Das sind die Fakten und sie sind unbestreitbar..

Axel Fachtan
14 Minuten her

Stalingrad war 1942 Kiew ist heute.
Der größte Führer aller Zeiten (Selbsteinschätzung) hat Deutschland nach nur 7 Monaten Kanzlerschaft komplett zerstört. Der zweitgrößte hat dafür 12 Jahre gebraucht. Merz hat gemeinsam mit von der Leyen den Turbo angeworfen.

MartinKienzle
15 Minuten her

Es ist ermüdend, selbst hier auf TE die inkorrekte Wiedergabe der Begrifflichkeiten zu lesen (Konfuzius: „Wenn die Sprache nicht stimmt, ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist.“): BRD-Bundeskanzler Merz handelt mitnichten im Namen Deutschlands, sondern als Geschäftsführer der alliierten Nichtregierungsorganisation BRD (https://www.youtube.com/watch?v=UPJu7t5E9Mg), da „Deutschland“ das noch existierende Deutsche Kaiserreich im Gebietsstand 27.Juli 1914 umfasst (https://www.youtube.com/watch?v=aHHDOGYw_9Mhttps://www.youtube.com/watch?v=AL9KKVlcDEk), das allerdings aufgrund der Tatsache, dass der sogenannte „Erste Weltkrieg“ zwecks fehlender Friedensverträge nach wie vor tobt, gegenwärtig handlungsunfähig ist (https://www.ewigerbund.org/eb/heute/http://www.ewigerbund.org/eb/was-stimmt-hier-nicht/)!

ceterum censeo
19 Minuten her

Es hätte kein besseres Bild geben können: Fritze freut sich wie klein Fritzchen vor dem Weihnachtsbaum und das Macrönchen zwinkert im Hintergrund, daß er den tumben Boche mal wieder über den Tisch gezogen hat…

Peter H.
22 Minuten her

Man muss in Erinnerung rufen, das Alice
Weidel dieses Desaster mit Merz prophezeite , 70,2 % wollten es nicht glauben ! Jetzt , nach 8 Monaten Kanzlerschaft sind plötzlich 75 % unzufrieden ! Diese kollektive Geheile ist mittlerweile so peinlich wie der Kanzler selber ! Seit Merkel wählt doch die Mehrheit immer wieder diese Politilk und somit fängt das Desaster in der Wahlkabine an

Spyderco
23 Minuten her

,,Merz treibt Deutschland außenpolitisch in die Isolation und wirtschaftlich in den Ruin“

Im Alleingang?
Der Rest der schwarz-rot-grünen Einheitspartei und deren Wähler befinden sich wohl seit Jahren im Widerstand?🤔🙈🤡

kb
25 Minuten her

Bitte Merz und die CDU/CSU! Da hängt noch eine orientierungslose, vollkommen entkernte Partei dran (man denke nur an EU Weber von der CSU). Wer eine dieser Parteien wählt, gell ihr Bayern, wählt diese Stümper und ist mitverantwortlich!

Dreiklang
33 Minuten her

Zitat: „Merz beging vier große Fehler, weil er nicht deutsche Interessen, sondern nur grüne Phrasen kennt“ – das gilt für die gesamte CDU/CSU. Außer „Kampf gegen Rechts“ gibt es nichts! „Tichys Einblick“ kann über Merz schreiben, so viel es will, jedoch: Merz ist einfach nur noch peinlich . Besserung ist nicht zu erwarten , denn die liegt außerhalb des geistigen Horizonts dieses Mannes. Wir müssen einstweilen damit leben, dass er Deutschland dem Gespött preisgibt.

BKF
33 Minuten her

Wann wird man im Westen Deutschlands endlich verstehen, daß sowohl EU wie auch NATO nur Mittel zur Einhegung und Nutzbarmachung für fremde Interessen sind und nie zum Nutzen für Deutschland gedacht waren? War die Reeducation in den Westzonen so erfolgreich, daß man das nur aus der ehemaligen SBZ wahrnimmt?

Hutten
16 Minuten her
Antworten an  BKF

In der Tat hat es die Bundesrepublik Deutschland nie verstanden, geistig aus dem Status einer Besatzungszone herauszukommen. Mag sein, daß es nach 1949 zum Westbündnis zunächst keine realistische Alternative gab. Aber spätestens nach 1990 hätte eine souveräne, an deutschen Interessen orientierte Aussenpolitik entwickelt werden müssen. Dies haben vor allem Kohl und Schäuble bewußt vereitelt. Versuche einer eigenständigen deutschen Aussenpolitik kann man allenfalls in Gerhard Schröders Ostpolitik erkennen, der dann aber auch dementsprechned schnell beseitigt wurde. Niemand hätte Deutschland tatsächlich daran hindern können, eine souveräne Aussenpolitk wie das kleine Ungarn zu treiben. Aber die deutschen Eliten waren berauscht von der Idee… Mehr